Willen, die hier zutage traten, eine Angelegenheit, wie sie in so ernster Ausführung und in diesem Ausmaß jenseits der deutschen Grenzen kaum zu finden sein wird. Der Erfolg war bedeutend und sicherlich von tiefer Nachwirkung. Im Mittelpunkte stand der Dresdner Chordirektor, Prof. Otto Richter, der hier noch nicht Gehörtes vollbrachte ... Es bedurfte erst des Eingreifens einer kompetenten musikalischen Persönlichkeit von auswärts, um hier einmal Wandel zu schaffen . . . Schillings hatte die Stuttgarter Oper groß gemacht, Fritz Busch das Konzertleben. Nun stockt der frische Pulsschlag wieder! Otto Richter feierte als Dirigent der Matthäus- passion einen Triumph. Er stellte durch die Tat fest, daß die ungestrichene Aufführung (mit einstündiger Zwischenpause) nicht nur möglich, sondern eine Notwendigkeit ist (wenn man auch einige veraltete Arien und drama tische Hemmungen ruhig beseitigen könnte) In einer „Motette“ in der Stiftskirche lernten wir den Dresdner Kreuzdior kennen und be wundern. Den kommenden Abschluß des Festes brachte das letzte Chor- Q) konzert [Magnifikat usw.] mit stürmischen Ovationen für Richter. O. K. „Leipziger Abendpost“, den 17. Juli 1924. Den Kreuzchor zu hören war erfrischend! Er verfügt über viele helle und dabei ungemein weiche Soprane. ... In der Matthäuspassion erzielte Otto Richter oft durch Tempo und Steigerungen stärkste dramatische Wirkung. . . . Im letzten Konzert („Magnifikat“, Kantate „Es ist das Heil" usw.) kam Richters stark geistige Führung noch einmal glänzend zur Geltung. In Bescheidenheit nahm Prof. Richter den stürmischen Beifall nur wider strebend entgegen. K-z. „Dresdner Nadirichten“, den 14., 15. und 17. Juli 1924. Eine Sonnabend-Vesper des Kreuzchors in der Stiftskirche eröffnete den 1. Festtag. Die Kruzianer sangen die beiden großen doppelchörigen Motetten „Komm, Jesu" und „Der Geist hilft". Mögen die Fachgelehrten darüber streiten, ob die Motetten richtiger mit Begleitung eines gleich lautenden Orchesters zu singen sind, ob eine so freie Deklamation und farbenreiche Dynamik, die vor dem kühnsten Rubato nicht zurückschreckt, hier am Platze sind, die Wirkung war zweifellos tief und gewaltig. Otto Richter spielt auf seinem Chor wie ein echter Künstler auf einem kost baren Instrument: nicht nur als Virtuos des Klanges, sondern vor allem als Virtuos des Herzens. Das war die Meinung aller, die unbefangen den Dingen gegenüberstanden und denen höchste Kunst höchste Religiosität bedeutet . . . . . . Der Nachmittag des 2. Tages brachte die ungekürzte Matthäus passion bei mehr als 30 Grad im Schatten. Es wird wenig Menschen geben, die das schon erlebt haben und für erlebbar halten; das scheinbar Unmögliche, hier ward's Ereignis! Von 5 bis 10 Uhr einschließlich einer Stunde Pause währte die Aufführung, und, von Einzelfällen abgesehen.