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4sr Erdbeben von Lissabon 1755. Die schrecklichen Folgen dieses Erdbebens wußte Pombal'S Verstand und Thatkraft zu mildem und zu beseitigen; die Jesuiten aber klagten ihn al- Urheber des Erdbebens an, Bon den Kanzeln herab wurde im ganzen Lande laut verkündigt, das schreckliche Erdbeben sei eine Straft Gottes, verhängt über König und Volk, weil man den Bösewicht Pombal als Minister dulde. Pombal gab nunmehr sein berühmtes Buch heraus: „Kuner Bericht über das Verfahren der Jesuiten in fremden Welttheilen." Zugleich verklagte er die Jesuiten beim Papste Benedikt XI V.; dieser sandte den Car dinal Saldanha als Legaten nach Portugal und untersagte auf dessen Bericht den Jesuiten die Kanzel und den Beichtstuhl in ganz Portugal. Benedikt XIV. starb unmittelbar darauf und zwar jedenfalls an — Gift, das ihm die Jesuiten beigebracht hatten. Sein Nachfolger, der jesuitenfreundliche Clemens XIII., hob die Verfügungen seines Vorgängers gegen die portugiesischen Jesuiten wieder auf. Um Pombal, gegen welchen eine Reihe Mordversuche gescheitert waren, sicher zu stürzen, wurde ein Mordversuch gegen den König gemacht; der König wurde schwer, doch nicht tödtlich verletzt. Die Mörder waren die Tavora'S und andere hohe Adelige; die Anstifter des MordplanS waren die Jesuitm, namentlich Gabriel Malagrida. Die Mörder wurden ohne Ansehen der Person auf'ö Blutgerüst geschleppt. Alsdann ließ Pombal, da der Papst jede Bestra fung der schuldigen Jesuitm ablehnte, sämmtliche Jesuiten mit Gewalt aus Por tugal entfernen; eS war im Jahre 1759. Seinem Beispiel folgte 1764 der Minister Choiftul in Frankreich, 1767 Aranda in Spanien und alsdann wurdm sie auch aus Venedig, Parma, Malta und Neapel ausgetrieben. Endlich hob der neue Papst Clemens XIV. im Jahre 1773 den Jesuitenorden als dem Wohle der Menschheit und insbesondere der katholischen Kirche verderblich für immer auf. Wenige Monate darauf starb ClemmS XIV. an Gift! — Pom bal'S femere Thätigkeit war für Portugal höchst segensreich. Den Krieg gegen Spanien und Frankreich von 1759 bis 1763 führte er glücklich durch, so daß daö stolze England nachgeben mußte. Insbesondere aber hob Pombal das unter dem Jesuiten-Regimente ganz verkommene Schulwesen auf eine hohe Stufe. Nach Joseph Emanuels Tode aber wurde Pombal durch jesuitischen Einfluß gestürzt. Seine Feinde, lauter Anhänger der Jesuiten, wohl auch heimliche und verkappte Jesuiten, kamen an's Ruder. Der Prozeß der Königsmörder von 1759 wurde einer Revision unterzogen, und das dazu eingesetzte Gericht erklärte Alle für — unschuldig!! Pombal hingegen, der 82jährige Greis, wurde zu einem marter vollen Tode verurtheilt! Doch die Königin Maria begnadigte Pombal aus Pietät für das Andenken an ihren Vater Joseph Emanuel; er starb wmige Monate nachher." Dieses ist nur ein Blatt aus der Geschichte der Jesuitm; aber noch lange nicht daö schwärzeste. Die Jesuitm waren seit ihrem Bestehen die Apostel der Verfinsterung und Verdummung, der Zwietracht, der religiösen Unduldsam keit rc. rc. unter dm Völkern zu allen Zeiten, und Deutschland wird nicht eher zum kirchlichen Friedm gelange, bis dle Jesuitm aus dem ganzm deutschen Reiche mtfernt sind. Deutschland. Berlin. Durch die Erklärungen, welche Fürst Bismarck in der ReichS- tagSsitzung vom 14 d. gelegentlich der Berathung des Etats für das auswär tige Amt über die Beziehungen zum Heiligen Stuhle gegeben hat, werden auch dem mißtrauischesten Gemüth die Ueberzeugung beibringen, daß die ReichSregie- rung nicht gewillt ist, in ihrem Kampfe gegm die Anmaßungen der Curie auf halben Wege stehen zu bletben. „Wir werden nicht nach Canossa gehen!" hat der Fürst unter dem rauschenden Beifall deS Hauses gesagt und gleicher weise angekündigt, daß man ebm so wenig in Zukunft dm Weg der Concor date mit dem Vatikan verfolgm, sondern die Gesetzgebung allein zur Ordnung der bezüglichen Verhältnisse heranziehen werde. Versicherungen, unter solchen Umständen gegeben, darf man alles Vertrauen mtgegentragen, indem sie derart engagirm, daß ein Zurücktreten von dem angezeigten Wege nicht mehr möglich. Dle „Spen. Ztg." erinnert bei dieser Gelegenheit an eme frühere Aeußerung BiSmarck'S, dahin lautend, daß, wenn man anfange, wirklich geschriebene De peschen zu veröffentlichen, dies das Zeichen eines bedenklich gespannten Zustande- sei, in welchem man sich deö Beistandes der öffentlichen Meinung vergewissern wolle. In der Affaire Hohenlohe sei nun mit Veröffentlichung solcher Depeschen begonnen worden; deshalb scheine der uns von Rom aufgezwungme Feldzug seiner Eröffnung nahe, und wenn die AuSfiihrung dem Programm entspreche, welche- Fürst Bismarck von dem Feldzugsplan gegeben, so dürft er der ganzm Unterstützung der überwiegenden Mehrheit der Nation, ohne Unterschied der Confesstonen, versichert sein. Wie der „Hannov. Cour." mittheilt, ist dem Festausschuß für daö 4. deutsche Bundeöschießen vom Bundesvorstände auö Wien nachfolgendes Tele gramm zugesandt: Gemeinderath Wien vot'rte Eintausend VereinSthaler zur Fest gabe für daö 4. deutsche Bundeöschießen in Hannover. Berlin, 15. Mai. Die Jesuitendebatten habm heute im Reichstage be gonnen. Sie erfüllten aber in ihrem heutigen Verlaufe nicht die Erwartungen, welche man allgemein gehegt hatte. Wesentlich trug dazu eine beinahe zwei stündige Rede deö fortschrittlichen Abg. Windthorst (Berlin) gegm die Jesuitm bei, welche die Versammlung ziemlich ermüdete. Sle begrüßte daher einen An trag, die Sitzung gegen ^5 Uhr zu schließen, mit Freuden. Morgen findet die Beendigung dieser Debatte statt. Den Auögang derselben vorauszusehen ist un möglich, da, wie sich aus dem speciellen Sitzungsberichte ergiebt, die Ansichten der Mehrheit deö Hauseö darüber, waö gegen die Jesuitm zu geschehen habe, außerordentlich wett auöeinandergehen und in zahlreichen Anträgm sich wider- syrechenden Inhalts Ausdruck gefunden haben. ES sprachen heute nur 4 Red ner; vom klerikalen Standtpunkte aus vertheidigte vr Moufang die Jesuiten nach allen Richtungen; eindrucksvoll war schon wegen der Person deS dem Reichskanzler nahestehenden Redners die Entgegnung des Abg. Wagener (Neu stettin) und dessen Antrag. , , „ . . , Berlin, 15. Mai. Fürst Bismarck wird nur die Pfingstferim in Varzin zubringm, sodann hieher zur Theilnahme an den ReichStagSarbeitm zurückkehren und erst Anfangs Juni einen längeren Urlaub antretm. Berlin, 16. Mai. Der Reichstag setzte heute die Debatte über die Je suitm fort; nach sechsstündiger Debatte nahm das HauS den Compromißantrag aller Parteien, mit Ausnahme deS CentrumS und der Polen, an, welcher die ReichSregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfes auffordert, welcher auf Grund Artikel 4 der ReichSverfaffung die rechtliche Stellung der religiösen Orden und Congregationm und Genossenschaften, die Frage ihrer Zulassung, sowie deren Bedingungen regelt und die staatögefährliche Thätigkeit namentlich der Gesell schaft Ächt unter Strafe stellt. Oesterreich. Wien, 14. Mai. Erzherzogin Sophie ist an einem typhösen Fieber er krankt. Professor Bamberger wurde berufen. Der Zustand ist leider Besorgniß erregend, so daß Erzherzog Carl Ludwig von Constantinopel telegraphisch an'S Krankmbett berufen wurde. Italien. Rom, 12. Mai. Man schreibt der K. Ztg.: Die hiesige österreichische Gesandtschaft ist selbst durch dle unvermuthete Emennung deö Baronö Kübeck zum Botschafter beim Papste überrascht wordm. Wie der Gazetta d'Jtalia ge schrieben wird, ist jener Entschluß weniger durch die Fürsprache der Erzherzogin Sophie und die Bemühungen der klerikalen Partes als durch gewisse Informa tion motivirt worden, die Graf Andrassy und Kaiser Franz Joseph von einer hochgestellten Persönlichkeit in Rom über den Gesundheitszustand deS h. Vater- erhalten hätten. Derselbe sei der Art, daß die Nothwendlgkeit eines baldigen ConclaveS in nicht zu femer Aussicht stehe. Gemäß der hier zu Recht beste henden Gewohnheit aber könne Oesterreich von dem ihm zustehenden Veto nur dann Gebrauch machen, wenn eö durch einen Botschafter vertreten sei. Frankreich. Der Erkaifer Napoleon wird nach dem Rathe seines Leibarztes, de- vr. Conneau, diesen Sommer die Bäder von Wiesbaden gebrauchen. Die Ex kaiserin soll ihn begleiten. Eine Anzahl französischer Damen hat für den Papst eine goldene Dornen krone anfertigen lassen. Ein päpstlicher Erzuave hat dieselbe nach Rom gebracht und sollte sie dem Papst an seinem Geburtstage überreichen. Versailles, 12. Mat. Beim Ministerium deS Ackerbaues und HandelS laufen noch fortwährend schlimme Nachrichten ein. Die seit Anfang Mai fort während strömenden Regengüsse bedrohen mehrere Departements mit Ueberschwem- mung. Nässe und Kälte gefährd« die Anfangs vielversprechenden Saaten. In Versailles selbst zeigte verflossene Nacht das Thermometer nur zwei Grad über Null. Nicht besser lauten die Berichte, welche dem Ministerium deö In nern zugehen. Außer dm in mehreren industriellen Städtm bereits bestehenden Arbeitseinstellungen treten Tag Mr Tag neue auf. So haben die Tischler- gesellen von Louviers in dem Departement derSeine-Jnferieure Strike gemacht. Die von Angouleme sind ihrem Beispiele gefolgt, und die von Montauban werden nicht lange auf sich warten lassen. Zu TourS haben die Fayence-Ar beiter ihre Arbeit eingestellt. So geht eS noch in manchen anderen Städtm. Zu Paris haben die Bäckergesellen auf heute eine große Versammlung anbe raumt, um sich über die Abschaffung der nächtlichen Arbeit zu berathen. Rußland. Petersburg, 10. Mai. Der Reichskanzler Fürst Gortschakoff hat auf sein Ansuchen einm mehrmonatigen Urlaub zu einer Auslandsreise erhalten, die ihn zunächst in ein Deutsches Bad führen wird. Während sonst immer in Abwesenheit des Reichskanzlers die Geschäfte deS auswärtigen Ministerium- von seinem Gehülfm sortaeführt wurdm, soll diesmal zu seinem Stellvertreter der Gesandte in Konstantinopel, General Jgnatieff, bestimmt sein. Sollte die- Gerücht sich bestätigen, so würde die Schlußfolgerung berechtigt sein, daß der mehrmonatige Urlaub des hochbetagten Fürsten Gortschakoff der Vorläufer seiner Entlassung ist, und daß der definitive Nachfolger des Fürsten der General Jgnatieff sein wird. Donaufürstenthümer. Die ruffenfteundliche Partei in Rumänien sucht die Regierung, natürlich vergebens, in einm Krieg gegen Oesterreich zu Hetzen. Die neueste Nummer der Allumce Latino-Ruffe, das Organ dieser sauberen Pattone, greift den Fürst« Karl auf daS heftigste an und enthält dann wörtlich folgmden PassuS: „Der Fürst hat die Wahl zwischen zwei Wegen. Entweder er hört auf die Stimme des Blutes, erinnert sich, daß er der Vetter deS Königs von Preußen ist, und stellt sich auf deS Letzteren Seite. Dann ruft er auf sein Haupt dm Blitz des CzarS herab, welcher nöthig hat, sich um jcdm Preis die Allianz der Ru mänen zu sichern, um, mit einer rumänischen Avantgarde, Siebenbürgen zu in- surgirm. Oder der Fürst will nur mehr Rumäne sein, er setzt sich zu Preu ßen in Opposition und zieht den Degen gegm Preußens Avantgarde, gegm Oesterreich. In diesem Falle versprechen wir lhm Amnestie für alle seine Fehler und prognosticirm ihm, daß er sogar populär wird." Gibt eS etwas Lächerlichere-, als diese» Größenwahnstnn und diesm Deutschenhaß? Die Rothen in Rumänien find die würdigm Brüder der Czechen und Fmier. Königreich Sachfen. Dresden, 16. Mai. Durch eine heute im „Dresdner Journal" veröf fentlichte Verordnung des königl. GesammtministeriumS wird unser vertagter Landtag zum 22. d. M. (nächste Mittwoch) zu einer kurzen Sitzung einberufm. Wie daö officielle Blatt erklärt, hat diese Einberufung lediglich den Zweck, die Regierung zu ermächtigen, während der weitern Vertagung deö Landtags die Deputationen der beiden Kammern zur Vollendung ihrer Arbeiten einzuberufm. Leipzig, 15. Mai. Die Schuhmachergehilfen habm sich mit der von dm Meistern auf 15 Procmt herabgesetzten Lohnerhöhung einverstanden erklärt und so auf friedlichem, freundschaftlichem Wege ohne Strike, somit ohne Verlust, eine ihnen wohl zu gönnende Verbesserung ihrer Verhältnisse erreicht. Kirchennachrichten au- Schneeberg. Am I. und S. Pfingstfeiertage fällt der Frühgotteidienst aus, um 8 Uhr pred. Hr. Sup. vr. Pastg, um 2 Uhr Hr. Diac. Ela»«. — Boni 18.—25. Mai hat die Woche Hr. Diac. Flade. — Geborne: 7. Mai d. Bergarb. C. E.Böhm ein E.; d. ans. B und Schmiedemstr. W. M. Dinter eine T. — 9. Mai d. RathS-Registra« tor H. A. Fauth eine T.; d. Maschinensticker I. C E. Müller ein S. — 12. Mat d. Cigarrenarb. C. L. Ziegenrücker ein S.; d. ans. B. und Bergh. E. E. Otto et» S. — 18. Mai d. Sergeanten H. F. Härtrl eine T. — 15. Mai d. ans. B. und Maschinrnsticker B. Hagert ein ZwilUngipaar. — 16. Mai d. Bergh. C. v. Grimm eine T. — Getraute: 9. Mai F. E. Burchardt, Sergeant und Christiane Wil helmine Lorenz; C. F. Dunger, Weber, ein Wittwer und Johanne Auguste Pannachi O. F. Heydt, Kaufmann hier, Jungges. und Jfr. Anna Selma Unger. — l2. Mat I. Möckel. Kohlenarb., Wittwer und Friederike Wilhelmine Dietrich. — 14. Mat H. A. Seifert, Schuhmacher und Alma Rössel. — Gestorbene: 8. Mai Eduard Paul, CH. F. Drechsel-, Weber«, ehel. S. im 7. I. — 9. Mai Ernst Herman«, B. G. Ebert«, Betdtener«, ehel. S. im 15. I. — 12. Mal Anton Heinr. Richard, A. H. R. Hüttel«, Handarb., außerehel. S. im 1. I.: Jfr. Sophie Emma Dreysel, im SS. I.; Anna Rosa, G. F. Lenk«, Bahnarb., ehel. L., im 2. I. — IS. Mar Anna Auguste, E. E. Tautenhahn «, Cigarrenarb., ehel. T. im 1. I. — 14. Mat Auguste Pauline, I. G. Wendler-, Kohlenarb., ehel. T. im l. I. — 15. Mai Earl Hugo, T. H. Zimmermann«, Schuhmacher-, ehel. S., tm 1. I. Kicchennachrichten aus Lößnitz. Am 1. Pfingstfeiertage predigen Borm. Hr. Sup. Anacker, (1. Tor. »2, S-7), Nachm. Hr. Diac. 0». pb. Eckardt, (Ap.-Sesch. 2, l—iS.) Die Beichtredr hält Hr. Diac. ve. pd. Eckardt. Am 2. Pfingstfeiertage predigen Borm. Hr. Sup. Anacker, (Ezech. LS, 28—27), Nach«. Hr. Diac. o». I>k. Eckardt, (Ap.-Gesch. 2, 11—18.)