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Rabenauer Anzeiger : 02.09.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-192909027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19290902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19290902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-09
- Tag 1929-09-02
-
Monat
1929-09
-
Jahr
1929
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Mr kommenden preHenwDen. SV Das Land Preußen hat am 17. November einen Eroßwahltag. An diesem Tage wählen sämtliche preußi schen Gemeinden ihre Gemeindevertretungen, sämtliche preußischen Landkreise ihre Kreistage und sämtliche preußischen Provinzen ihre Prooinziallandtage. Die meisten preußischen Gemeindevertretungen sind im Mai 1924 gewählt worden, und die Provinzallandtage und Kreise im November 1925. Groß-Berlin und eine An zahl anderer Städte haben noch andere Wahltermine ge habt. Als nun im Jahre 1928 feststand, daß durch die Auflösung der Gutsbezirke eine große Anzahl von Staatsbürgern zum ersten Male sich eigene Gemeinde vertretungen wählen durften, als weiter feststand, daß für das rheinisch-westfälische Industriegebiet eine große Umgemeindungsvorlage zur Verabschiedung gelangen würde, die dort sowieso zu neuen Gemeindewahlen und Kreistagswahlen Anlaß gegeben hätten, trug man auch dem alten Wunsche Rechnung, diese drei Selbstverwal tungswahlen auf einen und denselben Tag zu legen. Man hätte sonst in der Zeit von Ende 1928 bis Ende 1929 vier oder fünf verschiedene Wahltermine be kommen. Nachdem nun die rheinisch-westfälische Umge meindungsvorlage vom Preußischen Landtag in seiner jetzt abgeschlossenen Sommertagung verabschiedet wor den ist, stand der Festsetzung des Einheitswahltages nichts mehr im Wege. Er findet am Sonntag, den 17. November 1929, statt. Im öffentlichen Gemeinschaftsleben Deutschlands ist die Selbstverwaltung der von Freiherrn vom Stein unternommene erste Versuch, der Demokratie zur Gel tung zu verhelfen. Der Zusammenbruch des Jahres 1806 hatte Fretherrn vom Stein erkennen lassen, daß es zur Erzielung einer gefestigten Staatsgesinnung not wendig sei, den Staatsuntertan zum Staatsbürger zu machen, und zwar dadurch, daß man ihn teilnehmen ließ an der Ausgestaltung des Gemeinschaftslebens in Ge meinde und Staat und ihn damit zu mitverantwort lichem Träger am Schicksal seines Volkes machte. Aus die Selbstverwaltung der Gemeinden als Unterbau sollte sich eine demokratische Regierungsform des Staa tes aufbauen. Die Selbstverwaltung in den Gemeinden durchzuführen, ist trotz starker Widerstände Freiherrn vom Stein und seinen Mitarbeitern, insbesondere dem viel zu wenig genannten Königsberger Stadtrat Frey, gelungen. Selbstverwaltung auch im staatlichen Leben durchzusetzen, verhinderte die Reaktion. Die Selbstverwaltung ist die Elementarschule des Gemeinschaftslebens in Deutschland geworden, und sie ist auch heute noch die Urzelle des Verantwortlichkeits gefühls gegenüber der Gesamtheit. Im Gesamtorganis mus des deutschen Gemeinschaftslebens sind die Selbst verwaltungskörper diese Urzellen, und die kraftvolle Entfaltung der Selbstverwaltung ist unerläßliche Vor aussetzung für eine gefestigte demokratische Staatsord nung und für ein gesundes Volksleben. Die Reichs gesetzgebung hat deswegen die Pflicht, die organischen Grundlagen und die materiellen Daseinsbedingungen der Selbstverwaltung zu sichern, nachdem in der Reichs verfassung die Selbstverwaltung innerhalb der Schran ken der Gesetze ausdrücklich gewährleistet ist. Der Selbstverwaltung sind im weitesten Umfange die Wahrnehmung und die Durchführung der wirtschaft lichen, sozialen und kulturellen Wohlfahrt der örtlichen Volksgemeinschaft zu überweisen und zu überlasten. Das Schwergewicht wird immer bei den einzelnen Gemein den liegen müssen. Ueberörtliche Selbstverwaltungs körper kommen als Ergänzung für diejenigen Aufgaben in Betracht, welche die Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden übersteigen. Großstädte, Mittel- und Klein städte erfüllen innerhalb des Eesamtorganismus des Gemeinschaftslebens Aufgaben von verschiedener Art, aber von gleich wesentlichem Wert Das Kesamtwohl Ein Maienglück. Roman von E. Wildeubur«. 11. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Waren nicht in seiner Wohnung gar schon Vorbe- reUungen für Wilmas Empfang getroffen worden? Ye- densalls machte der Diener Gras Dictcrs ein sehr er- staumes Gesicht, als er seinen Herrn ohne Begteitunz heimkommen sah, hatte ihm doch dieser bereits am Mittag gesagt, alles wie üblich für Damenbesuch her- zurickten. Das schlaue Lakaiengesicht grinste höhnisch. Also abgeblitzt? ES litt Gras Dieter an diesem Abend nicht lange in seinem Heim. Die Nt'Verlage war für ihn zu groß gewesen. So verbrachte er die Nacht in einem übel- berüchtigten Sptelklub für Lebemänner. Wilma kam anderen Tags ihr Sllaveadafein noch viel unerträglicher vor als sonst, nachdem sie ge ern das Milieu der vornehmen Welt mit seinem L>uus u n. geben hatte. Seine Spuren waren unverkennbar: oaS süße, berauschende Gist des Wohllebens und deS Glan- zes, dem sie schon immer sehr zugänglich gewesen war, es hatte beunruhigend auf sie eingewir 1; sie sand ihre Zufriedenheit nicht wieder, weil der Abstand zu groß war. Sie wollte und muhte einen Ausweg finden, Geld zu verdienen. Müde und widerwillig tat sie ihre Pflicht, und oft mals sah ihre Kollegin Frieda Wutke sie erstaunt an ob ihres finsteren Gesichtes. Wenn Wilma auch stets eine vornehme Reserviertheit gezeigt hatte, so war voch trotzdem für die klSlne Kollegin dann und wann etn freundliches Wort abgefallen. Heute aber wurde sie von Wilma kaum beachtet. .Die hat sich wahrscheinlich mit ihrem vornehmen Verehrer gezankt,* dachte die Kleine gi Üg Wilma aber sann und sann bei ihrer ei-f rmiaen Arbeit. Sie tonnte das Joch hier n chl mehr weiter verträgt deswegen eine einseitige Bevorzugung einer dieser Gattungen der Selbstverwaltungskörper nicht. Da die Selbstverwaltung ein organischer Bestandteil der öffentlichen Funktionen des Gemeinschaftslebens ist, muß sie sich organisch in die staatlichen Funktionen ein- gliedern. Daraus ergeben sich die Notwendigkeit, aber auch der Inhalt des staatlichen Aufsichtsrechts über die Selbstverwaltung, das insoweit begründet ist, als es die Aufrechterbaltuna des Zusammenwirkens der Selbst verwaltung mit dem staatlichen Organismus bedingt. Dabei ist Aufsicht im wesentlichen nicht Bevormundung, sondern Rat und Hilfe. Der Grundsatz: „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus", gilt natürlich auch für die Selbstverwaltung. Trä ger des öffentlichen Willens der Selbstverwaltungs körper ist die Gesamtheit der Bevölkerung. Deswegen muß die Struktur der Selbstverwaltungs-Vertreter körperschaften die Gewähr dafür bieten, daß die wirt schaftlichen, kulturellen und persönlichen Kräfte der Be völkerung, insbesondere auch der Frauen, möglichst um fangreich und ausgeglichen in den Dienst der Selbst verwaltung gestellt werden. Innerhalb der künftigen staatlichen Entwicklung des Reiches wird die Eigenstaatlichkeit der Länder sich im mer mehr in Selbstverwaltungstätigkeit umsetzen müssen. Wenn der Staat wirtschaftet. Die »iedria-n G winne des Forstfiskus. Jeder weiß, daß die staatlichen Unternehmungen und alle Betriebe, die von Staatsmitteln unterhalten oder mit solchen subventioniert sind, zumeist Zuschüße brauchen. Ein mal stellen sie unliebsame Konkurrenzen der Privatbetriebe dar, sodann aber müßen die Steuerzahler noch di« Mittel für die schlechte Wirtschaft aufbringen. Man kann also gar nicht davon überrascht sein, daß die vielen und großen staatlichen Forsten in den letzten fünf Jahren, nur den Gewinn von 699 009 Mark brachten. Wieviel von diesen Gewinnen außerdem nock als Unkosten gebucht werden müßen, wird leider verschwiegen. Es erscheint daher durchaus verständlich, wenn in parlamentarischen Kreisen die Forderung verfochten wird, die staatliche Forst wirtschaft auf neue Grundlage zu stellen. Augenblicklich schweben Erwägungen darüber, ob eine Verpachtung der Forsten oder die Gründung einer Wirtschaftsorganisation, die selbstverständlich völlig in staatlichen Händen bleibt, ratsam erscheint. Eine Herausnahme der Forstverwaltung aus dem Ministerium und die Schaffung einer eigenen Selbstverwaltung wird wahrscheinlich der einzige Ausweg sein. Freilich würde diese nach kaufmännischen Grundsätzen aufgezogene Gesellschaft auch nur dann rentabel und mit größeren Gewinnen arbeiten können, wenn man nicht einen Beamten an die Spitze stellt, sondern die Leitung tüchtigen Kaufleuten überträgt. * Bei dieser Gelegenheit darf vielleicht erwähnt werden, daß noch aus der Inflationszeit unseligen Angedenkens eine ganze Anzahl von Unternehmungen der öffentlichen Hand auf Kosten der Steuerzahler dürchgeschleppt werden, die das Reichsfinanzministerium bzw. die Länderfinanzministe- rien außerordentlich belasten, ohne Gewinne zu erbringen. Es wäre höchste Zeit, daß ohne Rücksicht auf Einzelpersonen deren Abbau endlich und endgültig durchgeführt würde. Erschreckend hohe Zahlen. Er ekuts der R>°tchvfüriora>sta'tsttk. Die Reichsfürsorgestatisttk für das Rechnungsjahr 1927 ergibt zum erstenmal eine statistische Zusammenfassung der Ausgaben der gesetzlichen in der Fürsorge zuständigen Be hörden und berichtet über den Umfang und Grad der Für- sorgeleistung. Es wurden im Berichtsjahr laufend 21L Mil lionen Personen unterstützt. Daneben wurden einmalige Unterstützungen in 21 Millionen Fällen gewährt. 1,15 Millionen Personen waren während des Jahres in geschloßener Fürsorge und in Familien untergebracht, und zwar 340 000 dauernd und rund 800 000 vorübergehend. i Don den unterstützten Fällen waren 4,6 v. H Kriegsbe- ! schädigte, Kriegshinterbliebene, 30 v. H. Sozialrentner, 10,7 v. H. Kleinrentner, 48,9 v. H. eigentlich Arme einschließlich s Hilfsbedürftiger und Minderwertiger. Von den von den i Landesfürsorgeverbänden in offener und geschlossener Für- sorge wegen Krankheit oder Gebrechen unterstützten 450 000 ! Personen waren 28 v. H. Geisteskranke, 0,83 v. H. Taub- ! stumme, 0,75 v. H. Blinde, 4,5 v. H. Krüppel, 1,6 v. H. sonstige Gebrechliche und Kranke und zwei Drittel sonstige ! Hilfsbedürftige. Auf die Gruppe der Geisteskranken mit : 126 000 Personen entfällt allein ein Fürsorgeaufwand von 97 Millionen Reichsmark. Die Gesamtausgaben von rund 1926 Millionen ergeben für den Kopf der Bevölkerung im Neichsdurchschnitt 16,44 Reichsmark. Die Not der Kleinbauern und Winzer. Eine R«de d?s Retchsrrvährungsmtnisters Dr. Dietrich. Auf der ersten Kongreßsitzung des deutschen Weinbau verbandes sprach Reichsernahrungsminister Dr. Dietrich über den deutschen Kleinbauern- und Winzerstand. Er führte u. a. aus: „Die Schwierigkeiten, die die Landwirtschaft hat, kenne ich ganz genau. Ich bin von Jugend a«f mit den Sorgen und Nöten der Landwirtschaft vertraut und speziell mit den der Winzerschaft. Ich hm der letzte, der den Standpunkt vertritt, man sollte den Getreidebau ciuf- geben, aber es ist falsch, zu meinen, der Getreidebau sei das Fundament der deutschen Landwirtschaft. Ist stelle fest: der deutsche Kleinbauer ist von entscheidender Bedeutung. Der Obst-, Gemüse-, Wein- und Tabakbau übersteigt heute schon den Wert des gesamten Getreidebaues in unserem deutschen Vaterland. So wie der Tabakbau ist auch der Weinbau der wichtigste Produktionsteil der kleinen Leute. Der Weinbau ernährt heute eine Million Menschen in Deutschland. Wir haben nicht die Absicht, uns trocken legen zu lassen. Der deutsche Wein ist qualitativ etwas ganz anderes als die impor tierten Weine. Wir müßen di« Konsumenten daran gewöhnen, nur einen naturreinen Wein zu trinken. Der Weinbau gehört zu den ganz großen Problemen der deutschen Wirtschaft. Der Minister erklärte dann weiter, er sei überzeugt, daß sich die Weinbauern aus eigener Kraft durchsetzen und er halten würden, wobei sie aber des Schutzes und der Huse des Staates nicht entbehren könnten. Inland und Ausland. Eine Einberufung des Reichstags soll in der zweiten Sep' temberwoche zu erwarten sein. Man rechnet mit heftigen parla mentarischen Kämpfen. Die Frage der Tariferhöhung der Reichsbahn ist nach der Meldung eine, Münchener Blattes noch nicht entschieden. Er seien lediglich vorbereitende Besprechungen im Gange. Die Zahl der Hauptunterstützungrempsänger in der Er werbslosenfürsorge ist um ca. 4000 gegenüber dem 31. Juli mit 710 000 gestiegen. Dr. Eckener teilte gelegentlich eines Empfanges mit, daß dieser Flug die letzte größere Fahrt des Luftschiffes sei. Dem Weltverkehr würden künftig größere Luftschiffe dienen. Eine Anerkennung der Sowjetregierung durch Amerika kommt, wie Mitglieder der amerikanischen Delegation bei der Rückkehr von ihrer Rußlandretse erklärten, nicht in Frage. Es würde mindestens noch ein Jahrzehnt vergehen, ehe die Sowjet- regierung außenpolitisch reif genilg sei für die Aufnahme ehrlicher offizieller Beziehungen zu den Bereinigten Staaten. Abgesehen davon stehe der Pflege wirtschaftlicher Beziehungen nichts im Wege. All« groben Ozeandampfer haben jetzt Börsenmakler an Bord. Der amerikanische Dampfer ,Leviathan' hat auf seiner Reise von New Pack nach Soulhamvion eine Rekord-Börsenge schäft zu verzeichnen gehabt. Der Umsatz in fünf Reisetagen l etrug rund 500000 Wark. Man sieht, es wird den Menschen immer bequemer gemacht. Eine Note der chinesischen Regierung ist in Washington etngelaufen, worin schwere Beschuldigungen gegen die Sowjetre gierung erhoben werden. Die Nankingregierung habe Schrift stücke tn der Hand, die beweisen, daß die Sowjetregierung den Sturz der chinesischen Regierung vorberette. — Eine 24stündige Schlacht mit Flugzeugen, Artillerie und Tanks hat an der russisch- mand churischen Grenze stattgesunden. Die Chinesen wurden ZU- rückgedrängt, konnten aber die Russen an der üeberschreitung des Ha'lar Flusses verhindern. — Die japanische Flotte hat die den Offizieren gewährten Urlaube zurückgezogen. Von Nagasaki wur den 2500 Mann nach China abtransportiert. schleppen; es mußte bald etn Weg gefunden werden, eine andere Täiigkeit aufzunehmen. Bei dieier entiey- lichen Packarbeit würde sie langsam zugrunde gehen. Wilmas Entschluß wurde dann noch bestärkt durch den Abteilungsches, der sich ihr schon häufig in lästiger Weise genähert hatte. Er war wohl eifersüchtig au Graf Dieter geworden. Wilma hörte das aus feinem Gespräch mit der Direktrice heraus, als er sagte: ,Er heiratet sie ja doch nicht, der wilde Graf, wenn sie sich auch noch so Mühe gibt, ihn einzusangen." Die Direktrice antwortete höhni ch: »Aber sie trägt ja doch auch eine Krone, ich hab's in ihren Pa pieren gesehen, da wird er über andere Sachen schon ein Auge zudrücken.' Das gab den Ausschlag. In Wilma stiegen Heitz« Tränen der Empörung ob dieser ungerechten Anschuldi- gung aus. In der Mittagspause saßt« sie den Entschluß, gleich zu der Grotztanie nach Kloster Chorin zw fahren und diese um ein keines Darlehen zu bitten, mit dem si« vielleicht tn der Lage sein würde, ein bescheidenes Ge- schäft einzurichten, in dem sie ihre Leidenschaft für di« Fabrikation und Nachbildung von Blumen betätigen konnte. Vielleicht ließen sich auch da noch einige paßende Nebenzweige mit ausnehmen. Man sagt ja, daß da« Kunstgewerbe einen ganz leidlichen Verdienst abwüne. Aus diese Weise würde sich vielleicht doch ein Aus- weg aus ihrer entsetzlichen Lage finden laßen. 9. Dem Auge mit seinem herrlichen Park eine ange. nehme Erholung bietend, so lag das Kordulastift in der Vorstadt bei Kloster Chorin. Unweit davon erhoben sich Fabrikschornsteine und Geschä'tshäuser. „Wie eine Oase tn der Wüste", pflegte der Direktor, etn wegen Krankheit entlaßener Kapitan, zu sagen, der lange Jahre einen Verznügungsvampfer von Stettin nach Ahlbeck geführt hatte. Er war un verheiratet und die zahlreichen alten Jungfern Uev- äugelten mit ihm. Wenn er sie aber ärgern wollte, brauchte er sie nur als .Jungfer" anzureden. Daß er sie ohne weiteres so nennen durfte, war auf der großen schwarzen Tafel unten am Eingang zu erschauen, wo die Namen aller Stistsinsaffen nach gu ter alter Sitte mit diesem Titel angeschrieben standen. Er war ihrer Bitte immer noch nicht nachgekom- men, das Wort .Jungfer" in das moderne .Fräulein' umzuwandeln. .Aber, meine Damen, daS urdeutsch« Wort -Jimg- fer" ist doch tausendmal schöner als .Fräulein »Pflegte er zu sagen, um sie erst recht dam« zu necken. Ja, er war eben ein Querkopf, diese alte Teeriacke. Jungfer Eulalia von Leßdorf, die hochgeborene Baronesse und Großtante Wilmas war e ne der äl e- sten Bewohnerinnen des Stifts, das ihr hätte ein Ruhehafen sein sollen stand ihr Beneh ¬ men dazu meist in schärfstem Widerspruch, denn sie war der zänkischsten und verbit^rtsten eine. Sie hielt sich, da sie von altem Adel war, von den bürgerlichen Mtt- bewohnerinnAt zuruck und war auch ihrer bösen Zunge wegen gefürchtet. ...» Heule hatte die Jungser Eulalia einen besonders bösen Tag, und als die andern tn die Stiftskirche gtn- oeu Mitgehen aufsorderten, ries sie 'h""! etn bitterböses: .Laßen Cie mich in Ruhe!" zu. FH* Reißen hatte sie wieder gequält und sic wirt schaftete mit viel unnötigem Geräusch iu cbren R^.u- men herum, ihre Verstimmung an allen Gegenständen auslaßend, die ihr gerade in den W g kamen. Die verbitterte Alte iah nichts von dem herrlich duftenden Frühling, von dem Knospen und Blühen, daS draußen aufkeimte.
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