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Rabenauer Anzeiger : 20.12.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-192912207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19291220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19291220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-12
- Tag 1929-12-20
-
Monat
1929-12
-
Jahr
1929
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Wirkschafkumschau. (Bon unserem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter.) Die Wirkungen der Reichsfinanzreform. — Für und gegen Schacht.' — Der dauernde Kreditmangel. — Die Aussichten des Weihnachtsgeschäfts. — Die Reichspost erhält 206 Mil lionen. — Optimisten und Pessimisten. Noch immer geht der Streit darum, ob wir Optimisten oder Pessimisten sein sollen. Auf der einen Seite wird selbst von amtlicher Seite verlangt, man solle nicht zu schwarz in die Zukunft sehen, auf der anderen Seite geben amtliche Stellen wiederum trostlose Berichte heraus, die die Schön färbereien der Banken amtlich dementieren. Man weiß nicht, wem man zuneigen soll, und wird deshalb aus der Lage, die man selbst täglich sieht und erkennt, sich ein Bild machen müssen. Eigentlich müßte ja die Aussicht, daß nun zahlreiche Steuersenkungen durchgeführt werden sollen, die Wirtschaft neu beleben. Aber die Bekanntgabe des Finanz- planes hat gerade das Gegenteil erwirkt: die Börse rea gierte schlecht, die Papiere sanken. Leider soll sich die Wir kung der Finanzreform auf fünf Zah-re erstrecken, ^nd das läßt wieder die Befürchtung aufkommen, daß schließlich, wenn sich wieder eine Etats-Unterbilanz ergibt, doch hier und da die Steuerschraube angezogen werden muß. Das Steuergeschenk erfolgt nicht auf einmal, die Kapitalien können nicht sofort in die Reservekasse disponiert werden Es ist eine langsame und vorsichtige Aufbaupolitik der deutschen Wirtschaft erforderlich. Sie könnte beschleunigt werden, wenn der Kredit besser flösse und auf die Ein sparungen im Laufe der Jahre Mittel herangeholt werden dürften. Aber leider will der Auslandskredit nicht so recht fließen. Dr. Schachts Einfluß ist groß, schon deshalb, weil er am ehesten in der Lage ist, den Puls der Wirtschaft zu fühlen. Wohl wäre es aber angebracht, wenn er mit seinem um fangreichen Wißen auch eine geschicktere Taktik verbinden würde. Vielleicht ist er mit der Reichsbank zu engherzig gewesen, vielleicht wäre der Geldumlauf normaler, wenn er nicht den Finger zu stark aus den Geldbeutel gelegt hätte. Andererseits freilich hat die Reichsbank einen bedeutenden Zuwachs des Wechselumlaufs nachgewiesen, was wiederum dafür spricht, daß sie schon zu helfen suchte, soweit es möglich war. Ihre enge Zusammenarbeit mit den Großbanken aber läßt sich nicht fortdiskutieren, und deshalb ist es erklärlich, wenn keine Hand sich rührte, als in den beiden letzten Monaten 30 Privatbanken zusammenbrachen. Nur in ein zelnen Fällen haben die Großbanken, weil sie ein Geschäft darin sahen, für Sanierungen gesorgt, im übrigen aber ruhig zuaesehen, wie mit den zusammengebrochenen Banken auch zahlreiche industrielle und gewerbliche Unternehmun gen ihre Tore schließen mußten. Der Erundzug unseres Wirtschaftslebens ist nach wie vor Kreditmängel. Und wie der muß man feststellen: dieser Kreditmattgel zeigt sich nie mals bei den Eroßunternehmungen, bei den Syndikaten und Konzernen. Sie finden, da es sich um Millionen geschäfte handelt, offene Kassen. Dieses erkennend, ist das Bestreben weiter im Gange, den Zusammenschluß schwacher Industriegruppen zu forcieren. Ob letzten Endes aber der Zusammenschluß immer das richtige ist, muß sich erst er weisen. Man ist es gewohnt, daß namentlich das Weihnachts geschäft von den Banken finanziert wird. In diesem Jahre zeigten sie sich nicht sonderlich bereitwillig, Kredite für War'enanschaffung zu geben. Dagegen haben sie, auch wohl nur, weil hier das Auslandskapital erfolgreich arbeitet, sich an den Abzahlungs- und Kreditinstituten beteiligt. Das Weihnachtsgeschäft verspricht leider nicht Len Umfang anzu- nebmen, der notwendig wäre, um die schwer ringende Ge schäftswelt aus den vorübergehenden Schwierigkeiten zu heben. Sollte es nicht bester werden, so haben wir damit zu rechnen, daß nach der Jahresbilanz anfangs Januar eine Reihe von Zahlungseinstellungen kommen, die tiefe Wirkung ausüben müssen. Wiederholt hat ein gutes Weih nachtsgeschäft schon vorübergehende Schwierigkeiten beheben können. Begreiflich, wenn die Geschäftswelt in d^sen Tagen die Entscheidung sieht für die Zukunft Der Geldmangel macht sich jedoch in der breiten Maste in einer Weise geltend, daß man die schlimmsten Befürchtungen hegen muß. Hinzu kommt, daß die Zahl der Arbeitslosen ständig wächst. Wenn auch die Reichsarbeitslosenversicherung einen recht guten Stand ihrer Finanzen nachweisen kann, so ist das erfreulich für das Reich, das nicht die gefürchteten Zuschüsse aufbrin- qen muß' kür die Belebung der Wirtschaft kommt dieses Moment nicht in Frage. Die geringe Unterstützung der Arbeitslosen kann den Handel nicht heben und sicherstellen. Bemerkenswert ist, daß gerade die amtlich kontrollierten Unternehmungen das beste Ansehen haben und als Kredit nehmer mehr willkommen sind als die mittlere Industrie oder gar der gewerbliche Mittelstand. So ist es der Reichs post gelungen, in kurzer Zeit einen Kredit von 200 Mil lionen flüssig zu machen. Er soll für werbende Zwecke gel ten, könnte also indirekt der Industrie nützen und dadurch wieder rückwirkend auf die Arbeitslosigkeit sein. Im ganzen ist also auch diese Woche nicht so rosig ge wesen, daß man ohne weiteres sich zum Optimismus be kehren könnte. Davon rät uns schon die Berliner Börse ab, die nach wie vor ihren Kummer hat und mit ihren ewigen Schwankungen aus keinen grünen Zweig kommt. Und be müht man sich auch, ein oder das andere Papin günstig zu gestalten, bemüht man sich auch, von einer oder der anderen Gruppe die besten Gerüchte zu lancieren, um die Aktien höher zu treiben: die Spekulation ist nach wie vor eine gewagte Sache und kein leichter Broterwerb mehr. Schachts Forderungen. Er erklärt das Sofort-Programm für unzureichend. Viel erörtert wird in parlamentarischen Kreisen eine neue Schwierigkeit: Reichsbankpräsident Schacht hat die Reichsregierung wissen lassen, daß das vorgeschlagene Sofort-Programm nicht genüge, ui» die Kreditfähigkeit des Reiches zu sichern. Insbesondere bedeute die Beitrags erhöhung bei der Arbeitslosenversicherung keinen Zufluß für die Reichskafse. Der Reichsbankpräsident soll ferner eine Reihe weiterer Forderungen ansgestellt und u. a. auch die sofortige Erhöhung der Biersteuer verlangt haben. Neichsbankpräsident Dr. Schacht erschien persönlich im Reichstag, wo er mit den Mitgliedern des Neichskabinetts verhandelte. Die Garantiesumme, die der Reichsbankpräsident vor dem Abschluß der Kreditverhandlungen durch das Sofort- Programm erfüllt sehen will, beläuft sich aus 500 Millionen Mark. Das von der Reichsregierung vorgeschlagene Sofort- Programm sieht nach den Erklärungen des Reichskanzlers nur einen Betrag von 360 Millionen Mark vor, wobei neuerdings von Finanzsachverständigen einiger Parteien behauptet wird, daß die Erhöhung der Tabaksteuer nicht die erwarteten 220 Millionen Mark, sondern nur 156 Mil lionen Mark erbringen werde. Der Schritt des Rcichsbankpräsidenten soll, wie in par lamentarischen Kreisen behauptet wird, dadurch veranlaßt worden sein, daß die amerikanische Bankengruppe, mit der die Negierung in Kreditverhandlungen steht, für die Kredit hergabe die Gegenzeichnung des Reichsbankpräsidenten verlanat. Die Frage der Ostbank. Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff äußerte sich in der Haushaltsaussprache im preußischen Landtag u. a. über das Eingreifen der Staatsregierung beim Zusammenbruch der Er erläuterte kurz das Sanierungsverfahren und be tonte, die Negierung habe die Ostbans mit Rücksicht auf die Lage der ostpreußischen Wirtschaft nicht fallen lassen können. Vor Uebernahme der Bürgschaft durch die Staatsbank habe die Negierung jedoch zur Bedingung gemacht, daß die Kon ten der Hugenberg-Unternehmen bei der Ostbank glatt ge stellt werden und daß Hugenberg und seine Vertrauens leute ihre Aemter sofort zur Verfügung stellen. Beide Bedingungen seien erfüllt worden. Die Staatsregierung habe zwar keinen Anlaß gehabt. Hugenberg zu schonen, und es sei richtig, daß seine Nieder lage ohne Hilfe der Staat^regierung zweifellos noch größer gewesen wäre, doch hätte die ostpreußische Wirtschaft dann den Preis zahlen müssen. Die deutschen Reichsbahnverhältnisse. Der Verkehrsausjchuß des Reichstages verhandelte in Gegenwart des Neichsverkehrsministers Dr. Stegerwald über die gegenwärtigen und zukünftigen Rechtsgestaltungen im Verhältnis des Deutschen Reiches zur Reichsbahn- Gesellschaft. Bezüglich der bevorstehenden Haager Verhand lungen, wobei die Reichsbahnverhältnisse eine nicht unbe- deutende Rolle spielen werden, wurden von den Ausschuß mitgliedern an den Reichsverk'ehrsminister eine Anzahl Fragen gerichtet, wie sich die Reichsregierung einen größeren Einfluß auf die Reichsbahn-Eesellschast zu sichern gedenke. Der Neichsverkehrsminister erklärte, daß er mit Bezug aus die internationalen Vereinbarungen vor der Haager Konferenz nicht in der Lage sei, die Fragen im einzelnen zu beantworten. Er sei bereit, nach Abschluß der Verhand lungen dem Ausschuß und dem Parlament über alle Ein zelheiten Reds und Antwort zu stehen. Schon jetzt aber glaube er, daß durch die Ersetzung der ausländischen Mit glieder des Verwaltungsrates durch deutsche Persönlich keiten eine größere Einflußnahme möglich sei. Entgegen den Befürchtungen, daß die Reichsbahn-Eesellschast in den Tariffragen freie Hand bekäme, erklärte der Minister, daß das Reich sich auch jetzt und fernerhin vorbehalten müsse, zu verlangen, daß die Tarife veröffentlicht und gegen jeder mann gleich angewendet werden. Inland und Ausland. Auf dem Verbandstage der sozialistischen Studenten Deutschlands und Oesterreichs in Berlin erklärte Abgeordneter Criiptn, die Hochschulreform sei eine brennende Frage, da die Deutsche Republik ohne diese Reform keine zuverlässigen Beam ten erhalten könne. Ministerpräsident Braun erklärte, die Bestre bungen zur Republikamsierung der Verwaltung würden mit größ tem Nachdruck fortgesetzt werden. Gegen Hugenbergs Gewisseuzwang und gegen sein dik tatorisches Vorgehen wendet sich der Deutschnationale Arbeiter- bund. Er steht, wie es in einer Erklärung heißt, in Treue zu seinem Bundesoorsitzenden Hartwig. Durch Aenderung der Bun dessatzungen soll die bisherige absolute Bindung an die Deutsch nationale Volkspartei aufgehoben werden. Die Vereinigten Vaterländischen Verbände Deutschlands haben auf ihrer Jahresversammlung in Berlin in eimr Ent schließung die Teilnahme am Volksendscheid, die sofortige bedin gungslose Rückgabe von Rhein und Eaar, die Publikation des Polenvertrages und den Kampf gegen den Marxismus gefordert. Die Gemeindewahlen in Danzig bezw. in den 37 Gemein den des Freistaates haben einen bedeutenden Rückgang der pol nischen Stimmen gebracht. Die österreichischen Heimwehren erklären in einem Aufruf, die neue Verfassung könne nicht als eine Erfüllung des Staats ideals, sondern nur als ein erster Schritt zum Endziel angesehen werden. Der heutige Parteistaat habe es nicht verstanden, die Kräfte der Volksbewegung zu einer entscheidenden Niederlage der Gegner auszunützen. Der Kampf müsse weitergehen. Riesen-Giftmordprozetz in Ungarn. Die seit langem mit Spannung erwarteten Gistmord prozesse gegen 31 Frauen nahmen ihren Ansang mit einer Verhandlung gegen 1 Frauen, die sich vor dem Strafgericht Szolnok wegen Mordes oder Anstiftung zum Mord zu ver antworten haben. Die erste Angeklagte, die 41jährige Rosa Holyba, wird beschuldigt, im Oktober 1924 mit Arsenik ihren Mann vergiftet zu haben. Die zweite Angeklagte, die 68jährige Lydia Sebestyen, wird der Anstiftung zum Giftmord, die dritte Angeklagte, die 66jährige Juliane Lipka, des dreifachen Mordes und in zwei Fällen der An stiftung zum Mord und die vierte Angeklagte, die fünf zigjährige Marie Köteles, des Mordes an ihrem Mann be schuldigt. Rosa Holyba gab zu ihrer Rechtfertigung an, ihr Mann habe sie schlecht behandelt und sei arbeitsunfähig gewesen. Das Gift beschaffte sie sich von der Hebamme Ohla. Die Angeklagte Juliane Lipka erklärte, sie habe eine alte Frau ermordet, weil es ihr lästig war, diese, die sie beerben sollte, weiter zu pflege" Einen Mann habe sie aus Mitleid ermordet, weil er seit Jah ren ein Krüppel war: seine Frau habe sie aus dem Weg geräumt, weil sie unverträglich war, zwei Frauen habe sie Gift gegeben, weil sich diese bei ihr beklagten und sie mit ihnen Mitleid hatte. Die Angeklagte Köteles gab an, daß sie mt ihrem Manne unglücklich verheiratet war. Die Anklage verlangt für die vier Angeklagten die Todes strafe. Zu der Verhandlung sind 140 Zeugen, darunter 40 Be lastungszeugen geladen. Gegen die übrigen 30 Giftmörderin nen, gegen die noch die Untersuchung läuft, wird die Verhand« lung im Februar und März staltsinden. Auch sie haben ihre Männer. Eltern oder Kinder mittels Eist aus dem Wege ge räumt, um sich dadurch entweder in den Besitz einer Erbschaft zu setzen oder einen in anderer Art unbequemen Hausgenossen los zu werden Die Stätte dieser Untaten! das in der unga rischen Tiefebene liegende Dörfchen Tiszakürt, wurde von der Ortshebamme Susanne Ohla beherrscht, die das tödliche Gift an die Frauen des Dorfes verkaufte und fast die ganze Gegend Der Ireiiildcr Schuld uud SWe. s Origknal-Roman von Ludwlg Berger. ky „So mache heute einmal eine Ausnahme. Der Herr Oberförster wird es dir nicht verübeln, wenn ich ihm nach her den Grund erkläre. — Du mußt mich zu Ende anhören, denn ich habe dir noch etwas überaus Wichtiges mitzuteilen, etwas, das dich und mein Schwesterlein angeht. — Also, nur Geduld! — Als das geliebte Wesen mein Weib geworden war, da sah ich den Himmel offen'stehen. Doch auch das Glück der Flitterwochen vermochte mein Gewissen nicht zu beruhigen, und die Sehnsucht nach der HeimH zu mindern. Täglich wünschte ich mir "Flügel, um über Berg und Tal, über das weite Meer, zu den Meinen fliegen zu können. — Persönlich wollte ich es ihnen und dir, Wilhelm, ja doch sagen, was der Himmel an mir getan hatte. — Allein die Wunde an der Schulter brach von neuem auf und hielt mich immer noch zurück, bis jetzt. — Nun aber bin ich bei dir, und morgen will ich vor die Eltern hintreten. Hu sollst mich begleiten. Der Oberförster muß dich auf ein paar Tage beurlauben. — Ich glaube, er tut es herzlich gerne, wenn ich ihm andeute, daß,für ihn die Möglichkeit besteht, dich auf anständige Art los zu werden. — Doch davon nachher!" „Und was ist es, was mich und Gretchen besonders an- geht? — Spanne mich nicht auf die Folter, Otto?— Sprich, sprich! — Ich komme sonst noch um Sinn und Verstand! „Nun denn, so höre das überaus Wichtige und Bedeut same: Du entsinnst dich, daß ich den Vetter Karl niemals aus- -stehen konnte, weil ich immer die Ueberzeugung hatte, daß er ein Erzabenteurer sei. Dafür habe ich jetzt die volle Bestätigung. Dieser Erbärmliche, der unsern Namen trägt, ist nicht wert, daß ihn die Sonne bescheint und wird nie mals der Gatte meiner Schwester werden. — O, man kennt ihn dort drüben in Südafrika nur zu genau. Daß ich feine .Spuren entdecken sollte, ist abermals eine Fügung des Himmels. — In weiten Kreisen ist dieser Betrüger übel berüchtigt. Freilich nannte er sich in Kapland nicht Karl Normann, sondern führte den Titel eines Lords. — Lord Wilsley hieß er, und einem uralten englischen Adelsge schlecht entstamme er, gab er an. Unter allerlei Vorspiege lungen falscher Tatsachen verstand er es, sich Verbindungen mit Diamantfelderspekulanten zu verschaffen. In Pre toria heiratete er sodann die Tochter eines solchen, und mit dem Vermögen dieser hochachtbaren, mir persönlich bekannten jungen Dame glückte es ihm, seine Schätze in recht kurzer Zeit zusammenzugaunern. Wie viele Exi stenzen er dabei vernichtet hat, welcher Mittel er sich be diente, wieviel Tränen und Blut an seinem Eelde kleben, das weiß nur der ewige Richter über uns. — Genug, er gilt als ein Vampyr. — Wie ich seine Spur fand? — Das ging höchst merkwürdig zu. — Komme ich da eines Tages im Auftrage des Herrn Ulbrich nach Johannesburg. Müde und abgespannt schlendere ich mit ein paar guten Bekannten .nach getaner Arbeit durch die President Street und bleibe vor dem Schaufenster eines Photographen stehen, da mir dessen marktschreierische Reklame in Gestalt einer Unzahl lebensgroßer Lichtbilder in die Augen fiel. — Und siehe da, unter diesen in der Tat höchst künstlerischen Photo graphien entdeckte ich zu meinem nicht geringen Erstaunen die Vetter Karls. — Sofort entsann ich mich, daß dieser uns gelegentlich meines letzten Besuches daheim gerade von Johannesvurger Geschäften und seinem dortigen Aufenthalt so besonders viel erzählt hatte. — Das hier war sein Konterfei. Es konnte nicht anders sein. — Wie vorzüglich getroffen! — Selbst die unbedeutende Narbe über dem rechten Auge sah man. In meinem Staunen rief ich, auf das Bild weisend, aus: „Mein Vetter Karl! — Da muß ich diesen widerlichen Menschen also wirklich noch einmal zu sehen bekommen!" „Ihr Vetter Karl?" fragte einer meiner Begleiter, der Ingenieur van Straten. Und im Ton der Entrüstung fuhr er fort: „Wenn diese Bestie in Menschengestalt mit Ihnen verwandt wäre, mein Lieber, dann kündigte ich Ihnen Lie Freundschaft. Aber beruhigen Sie sich nur: em englischer Lord zählt sicher nicht zu Ihrer Vetternschaft. Dieser Herr heißt Lord George Wilsley." Ich bestritt das mit aller Entschiedenheit und erklärte, auf meinen Eid nehmen zu können, daß es sich um Karl Normann handle, fügte auch gleich hinzu, daß der zwar mein Verwandter, doch mir im übrigen höchst unsympathisch sei. — Da sagte der zweite Begleiter, ein deutscher Arzt namens Rothe' „Für ausgeschlossen halte ich das nicht. Habe immer die Ueber- zeugunä gehabt, daß Wilsley kein waschechter Engländer war. Er wechselte seinen Namen häufiger. — Vielleicht könnten Sie ein gutes Werk tun, wenn Sie der hiesigen Polizei seinen jetzigen Aufenthalt verrieten. — In Johan nesburg lebt sein am meisten betrogenes Weib mit einem Söhnchen in recht bedrängten Verhältnissen und ist der Meinung, der Gatte weile schon seit Jahr und Tag nicht mehr unter den Lebenden. Er mußte vorüber Wut und Erbitterung der Leute, die er um ihre Ha.be gebracht, bei Nacht und Nebel flüchten, dachte aber nicht daran, seine Familie zuvor wenigstens sicher zu stellen. Wo er sich jetzt aufhält, weiß niemand hier zu Lande." An der Rich tigkeit dieser Angaben zweifelte ich nicht einen Augenblick. Trotzdem hielt ich es kaum für ratsam, mich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, denn der schlaue Fuchs würde, so meinte ich, dem Garn ganz »bestimmt entgehen. Selber wollte ich ihn entlarven. — Doktor Rothe kannte seine Gattin als deren früherer Hausarzt sehr wohl. Er machte mich mit der Bedauernswerten noch an demselben Tag be kannt, und ich wußte mir ein Bild zu verschaffen, auf dem du das Ehepaar Wilsley gleich selber sehen wirst." — — Er zog seine Brieftasche hervor ^und entnahm ihr eine Photographie, die er Wilhelm vor die Augen hielt. s „Bei Gott, das ist Karl!" rief dieser entsetzt aus. „Oh, dieser Nichtswürdige! — Verheiratet ist er, und Gretchen Vurde seine Braut. — Wer sollte so Unerhörtes für mög lich halten." . ' - , , . Fortsetzung folgt.)
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