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Rabenauer Anzeiger : 20.03.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-192903208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19290320
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19290320
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-03
- Tag 1929-03-20
-
Monat
1929-03
-
Jahr
1929
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Nie Reparationskrifs. SV Lebt unsere - Zeit wirklich so phantastisch schnell, oder aber ist unser Gedächtnis so entsetzlich schlecht geworden? Als seinerzeit durch das berühmte Genfer SonntagscommuniquS der staunenden Mitwelt die Kunde wurde, daß die Einsetzung eines neuen Dawes ausschusses zur Behandlung der Reparationsfrage be schlossen worden sei, da galt es als Aufgabe dieses Aus schusses, die Reparationsfrage endgültig zu li quidieren. Diese Liquidation aber konnte nichts anderes bedeuten, als Festsetzung der endgültigen Schui- denschlußsumme und infolgedessen auch der Höhe der deutschen Jahresleistungen. Wochenlang tagt nun bereits der zweite Dawesausschuß in den von Niggersongs und Jazzbandklängen durchzitterten Räu men des Pariser „Hotel Georg V.". Bon allem mög lichen hat man gehört, Reden wurden gehalten, Stati stiken gewälzt, aber, wovon am wenigsten bisher zutage gekommen ist, das ist jener eigentliche Zweck, zu dem die Herren Morgan, Schacht und Genossen nach Paris berufen wurden, jene „endgültige" Liquidation der Reparationen, nach der sich die gesamte Weltwirt schaft mit Hangen und Bangen sehnt. Immerhin man kann diesmal nicht sagen, daß die kreißenden Bergs ein Mäuslein zur Welt gebracht hät ten! Im Gegenteil! Der Plan einer g i g a n t i s ch e n R e p a r a t i o n s b a n k, den die Sachverständigen der Weltöffentlichkeit vorläufig als eine Art prunkvoller Schaugericht vorgesetzt haben, ist ein Projekt von so ungeheuerlichen Ausmaßen, wie es die Wirtschaftsge schichte bisher niemals gesehen hat. In einer, bei inter nationalen Konferenzen sonst nicht üblichen Weise ha bsn denn auch die Konferenzteilnehmer ihre Pläne klar gelegt, noch bevor sie aus der Welt theoretischer Erwä gungen auf den unerbittlichen Boden der Realitäten hinübergeführt worden sind. Aber nicht etwa deshalb weil die Teilnehmer der Pariser Besprechungen stak' wie üblich -Berufsdiplomaten, diesmal „praktisch Männer der Wirtschaft" sind, ist dieser modu procedendi gewählt worden, sondern vielmehr am einem sehr einfachen Grund: Diese Idee einer „Ueber bank", eines bankartigen Zentralorganismus' von Au? maßen und Befugnissen, wie sie bisher unbekannt wa ren, mußte der gesamten unbeteiligten Fi nanzwelt einen panikartigen Schrecken in die Elie der jagen, wenn nicht unverzüglich eine Beruhigung? pille von Paris aus verabreicht wurde. Denn es steht in der Tat eins zu befürchten: Der Trank, den Herr Morgan, der Jüngere, in der Bar des Pariser Hotels Georg V. zusammengemixt hat, das Ragout, das die mächtigsten Vankpotentaten der Erde dort zusammengeschmort haben, wird nur für die ganz wenigen wirklich wohlschmeckend sein, die zu den ge wohnheitsmäßigen Besuchern der feudalen Earden-par- Kes und der eleganten Five-o'clock-Tees der höchsten in ternationalen Finanz gehören. Für gewöhnliche Sterbliche aber — einschließlich der nicht direkt beteiligten Schichten der Bank- und Geschäftswelt — und insbesondere für uns ausgepowerte Deutschs, wird diese Mahlzeit mit ihrer Bitternis und Sauerkeit höch stens ein neues Mittel bedeuten, um uns nicht nur den Mund zusammenzuziehen, sondern auch, um unsere echt ledernen Geldbeutel zusammenschnurren zu lassen. Ueber diesen Riesenplan also hat Herr Schacht nun dem Reichspräsidenten Bericht erstattet. Im Dun kel aber liegt nach wie vor die Frage nach der Höhe der deutschen Endschuld und der deutschen Jahresleistungen. In der Hauptaufgabe ist man keinen Schritt weiter gekommen, und alle nur organisatorischen Ideen können auch in diesem Punkte nicht weiter helfen. Denn, mag der vorgeschla gene neue Riesenorganismus auch die Transferfrage durch die auf diese Weise gegebenen Buchungsmöglich keiten erleichtern, mag er den komplizierten Mechanis- . mus der Sachlieferungen vereinfachen, mag er der Zu- - sammenarbeit der internationalen Notenbanken dienlich und für die Stabilität der Währungen eine vor treffliche Garantie sein, ja, mag er sogar, wie die Her ren'^Sachverständigen behaupten, keine Konkurrenz für die Arbeit der unbeteiligten Bank- und Geschäftswelt darftellen — so vortrefflich er auch sei, er wird niemals die widerstreitenden Interessen von Schuldner und Gläubiger ausgleichen, die Quadratur des Zirkels errechnen können. Mit Fug und Recht kann man also erneut von einer Reparationskrise sprechen. Alle vortrefflichen Reden, die in Paris gehalten worden sind, ändern dar an nichts. Mit der Festsetzung der Höchstgrenze für die deutschen Jahresleistungen, mit der „endgültigen" Li quidation der Reparationsfrage steht und fällt das Resultat der zweiten Daweskonferenz. Hat sie in diesen Punkten keine Lösung gebracht, so wird sie, allen genialen Projekten zum Trotz, ausgegangen sein, wie das Hornberger Schießen! Die Führer der „xrassin"»Gxpeütlton in Berlin. Prof. Samoilowitsch (rechts) und dec Flieger Tschuchnowsky llinks) die berühmten Retter der Nobile-Expedition, sind in Berlin ein-' getroffen. Prof. Samoilowitsch und der Flieger Tschuchnowsky. der durch seine Erkundungsflüge die Bewohner des „roten Zeils" entdeckte, werden in der Reickshauptstadt Vorträge über den Verlauf der Rettungsexpedition halten. Der Eideszwang abgeschafft. Der Strafrechtsausschuß des Reichstages nahm die Beschlüsse des Unterausschusses an, nach denen der Eid zwar nicht abgeschaff', aber nirgendwo mehr zwingend vorgeschrieben wird. Ueber die Anträge führte der Berichterstatter Em minger vor der Beschlußfassung aus, daß die Frage des Parteieides oder der eidlichen Vernehmung der Parteien im Zivilprozetz erst bei dem Einsührungsgssetz ent schieden werde. Die einzelnen Anträge bestimmen in der Hauptsache folgendes: Im Strafprozeß kann das (bericht zwar die Beeidigung des Zeugen beschließen, aber nur wenn es der Aussage ausschlaggebende Bedeutung für die Urteilsfassung beimißt und wenn es der Auffassung ist, daß bei Würdigung der Sachlage die Beeidigung als äußerstes Mittel der Wahrheitserforschung nicht entbehrt werden kann./Für die anderen Fälle, wo ! bisher beeidet wurde, ist die nichteidliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben vorgesehen. Aber auch diese ist gegenüber der bisherigen Eidesabnahme wesentlich eingeschränkt. Die Vereidigung hat nicht nur i zu unterbleiben bei Leuten unter 16 Jahren oder wegen V e r st a n d e s s ch w ä ch e oder mangelnder Ver standesreise bei Personen, die als Täter, Teilnehmer Be günstiger oder Hehler verdächtigt sind oder bereits ab geurteilt sind, sondern auch, wenn das Gericht und Be teiligte darauf verzichten. Die Versicherung hat auch zu unterbleiben, wenn die Aussage nach der lleberzeugung aller Mitglieder des Gerichts unerheblich ist. Die Versicherung kann unterbleiben in einem Strafver fahren, das ausschließlich eine Uebertretung betrifft, oder in einem anderen Verfahren, wenn die Aussage nach der lleberzeugung aller Mitglieder des Gerichts offenbar unglaubwürdig ist. Fahrlässigkeit und ckolus even- tualls sind nach den Beschlüssen des Unterausschusses a b - geschafft. Die Mindeststrafe für vorsätzlich falsche Versicherung ist drei Monate E e f a n g n i s vorbe haltlich besonderer Milderungsgründe des allgemeinen Teils, die Höchststrafe in besonders schweren Fällen Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren. Ist die Aus sage nur in einem bedeutungslosen Punkte unrichtig oder unvollständig, so kann das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen mildern oder von Strafe absehen. Soweit eine Aussage beeidigt wird, ist sie wörtlich in das Protokoll aufzunehmen. Die Strafe für wissentlichen Meineid ist Zuchthaus bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen Zucht haus bis zu zehn Jahren. Inland und Ausland. Ueber das Genfer Kompromiß, in der Minderheitenfrage qt man in Berlin insofern befriedigt, als es Stresemann gelungen ist, gegen-alle Widerstände die Frage in Gang zu bringen und sie in den Brennpunkt der internationalen Debatte zu stellen. Es sei von vorn herein klar gewesen, daß man nicht aus den ersten Hieb alle Widerstände würde brechen können. ÄMDer Dunk der Minderheiten an Stresemann. Die Führer der nationalen Minderheiten sind von dem Ergebnis der großen Mindcrhettendebatte in Genf nicht unbefriedigt.^Der Ausschuß des europäischen Nationaliräten-Kongresses will in einem Schrei ben an Dr. Stresemann den Dank sür sein Eintreten für die Rechte der Minderheiten ausjprechen. In diesem Sinne hat sich auch der Präsident des Minderheiteukongresses, Dr. Wtlfan ausgesprochen. Im Zusammenhang mit der deutschen Minderheiten-Ak- tion tn Gens haben die kulturellen Organisationen der Lausitzer Wenden eine Eingabe an den Reichskanzler gerichtet, in der sie bitten, die preußischen Zugeständnisse für die polnische und die dänische Minderheit auch aus sie anzuwenden. 2335 Millionäre gibt es lt. Feststellung des Statistischen Reichsamtes heute in Deutschland, während es vor dem Kriege 15547 Millionäre gab. In der belgischen Kammer erklärte ein wallonischer Abge ordneter, in Belgien wimmle es zwar von deutschen Spionen; es werde aber mindestens ebenso viele vetgijchc und französische «pwne in Deutschland und besonders im Rheinland geben, wo sie unter den Fittichen der Besatzungslrüppen arbeiten. Churchills Erinnerungen an die Jahie 1919 bis 1922, die in Buchform erschienen sind, enthalten über die Tage des Waffen- stillstandLabschlusses interessante Auszeichnungen. Wenn die deut schen Armeen sich ohne den Waffenstillstand hinter den Rhein hätten zurückziehen können, wären sie im darauffotgenden Som mer von Tausenden von Flugzeugen angegriffen worden. Deutsch lands Städte wären aus dem Luftwege zertrümmert worden, und zehntausend Kanonen würden die Front zerdlasen haben. Es seien Vorbereitungen getroffen gewesen, um täglich 2500V0 Mann in Panzerwagen um 30 Kilometer vorschieben zu können. Ganz un gewöhnlich gefährliche Giftgase, gegen die nur eine besondere, den Deutschen nicht bekannte Gasmaske Schutz verlieh, würden jed.- Lebensfähigkeit an der Front unmöglich gemacht haben. Massenerkrankungen an der Grippe in der Eifel. Sehr bösartiger Verlauf der Krankheit. Aus dem Kreise Prüm in der Eifel wird das Auftreten zahlreicher schwerer Erippefälle gemeldet. In mehreren Orten mußten die Schulen geschlossen werden, da Lehrer und Schüler erkrankt waren. In Lasel, einem klei nen Ort mit 270 Einwohnern, waren bis zu 1öO Personen erkrankt und allein in acht Tagen vier Todesfälle zu be klagen. In Feuerscheid und Wawern müssen ein zelne Häuser, in denen ganze Familien erkrankt sind, von den noch gesunden Nachbarn mit dem Nötigsten versorgt werden. Die Grippe tritt in allen Fällen sehr bösartig und mit hohem Fieber auf. Frau /Donzss Lebensweg Original-Roman von L. Scheibenberg 21 IRachdr. verbj Zwei Tage nach dem letzten Wiedersehen mit Julius erschien seine Mutter, angeblich um Onkel und Tante zu besuchen, in der Hauptsache, um eine Unterredung unter vier Augen mit mir herbeizuführen, — ein sorgendes Mutterherz, das zürnen wollte, und schließlich seine Wünsche in Bitten und Tränen ausklingen ließ. Wie schwer mochte der stolzen Frau diese Demütigung geworden sein,: „Mein Sohn will von Ihnen nicht lasten, er ist im Begriff, feine Laufbahn und uns zu opfern. Ich müßte ihm und Ihnen fluchen, wenn das geschähe. Sie wüsten ihn freigeben. Die Fama sagt, daß sich ein reicher Holländer um Sie bewirbt. Wie leicht ist es da, den schwierigen Knoten zu lösen. Machen Sie meinen Sohn glauben, daß Sie dieser Bewer bung Gehör schenken wollen ..." „Frau Gräfin," fiel 'ich abwehrend ein, „mit einer Lüge soll ich ihn von mir stoßen?" „Liebes Kind, in einem Fall wie dem unseren ist selbst eine Lüge heilig. So hören Sie, was auf dem Spiel steht: Unser Besitz ist durch die Schuld meines ver storbenen Gatten mit Hypotheken überlastet, und alle diese Hypotheken hat Baronesse Vetsei — aus welchen Gründen bleibe dahingestellt — aufgekauft. Sie hat nun eine furcht bare Waffe in der Hand. Und wenn sie gereizt wird, wenn sie sich Ihretwegen zurückgesetzt sehen wird, wird sie diese Waffe gebrauchen, — denn sie ist stolz und heißblütig — und wir können wie Bettler von dannen gehen. Wie furchtbar träfe mich das in meinem Alter, wie vernichtend wäre es für alle Zukunftsmöglichkeiten meiner Tochter! Beim Andenken an ihre Mutter beschwöre ich Sie, verhin dern Sie das, denn nur Sie allein haben diese Macht über ihn, — und ich will Sie segnen dafür!" „Sie können sich beruhigt nach Hause begeben, Frau Gräfin, Ihre Muttertränen sind mir heilig, und für sie gebe ich in dieser Minute mein Herz als Opsergabe. Ihr Sohn soll sich frei fühlen, ohne daß ich meine Liebe zu ihm mit einer Lüge beflecke," war alles, was ich mühsam über die Lippen brachte. Ich fühlte noch ihren Dankeskuß auf meiner Stirn, dann war sie fort und ich atmete auf, denn nicht länger hatte ich meine Kraft und Ruhe in der Ge walt .... Jetzt noch das Schwerste, — die Abschiedszeilen an ihn, der mein Licht, meine Sonne war: „Es steht die Notwen digkeit vor mir, für immer von Dir Abschied zu nehmen. Ich könnte doch nie die Deine werden. Beim Andenken an unsere Liebe bitte ich dich, vergiß nicht die Pflichten, die Du gegen Deine alte Mutter hast und Gottes Segen wird auf Dir ruhen. Frage nicht, forsche nicht nach mir. Wenn Du diese Worte liest, bin ich weit weg von Kalten- wästerns Himmel. Lebe wohl, — nie wird aufhören um dein Glück zu beten, — Hanna." Der Wagen steht bereit zur Fahrt nach der Bahnstation. Es ist fünf Uhr früh. Tantes Schwester, die aus Buenos Aires zur Kur hier weilt, macht einen Abstecher zu einer Jugendfreundin am Attersee und nimmt mich mit. Auch wenn es zu den Antipoden ginge, müßte ich mit, denn die ewige Vorstellung, feinen leise klirrenden Schritt unter dem Fenster zu hören, oas herzensbange: „Hanna?" zu ver nehmen und seinen Ruf doch nimmer hören zu dürfen, würde mich um den Verstand bringen. Ade, ade, du wonnesüßer Maientraum! Am Attersee, Mitte Juli. Meine Beschützerin will jeden Tag schon nach Kalien- wässern zurückkehren, meine Bitte lautet immer wieder: „Bleiben wir noch", so groß ist mein Bangen vor einer zufälligen Begegnung, vor einem unerwarteten Wieder sehen; denn das würde mich schwach machen, und ich muß stark sein, — es würde mich in die entsetzlichen Seelen kämpfe zurückreißen. Es darf nicht sein! Nun erreicht uns heute ein Telegramm Tante Bertas: ,Kehrt nicht zurück; gefährliche Typhusseuche ausgebrochen, auch mein Mann schwer erkrankt/' Und jetzt schreit und drängt alles in mir: „Zurück, in Not und Krankheit will ich bei meinen Lieben sein. Und im Hintergrund meiner Seele erhebt sich die Hoffnung, daß Gott der Herr mich vielleicht hinweg nimmt und von aller Sehnsuchtspein erlöst. Anfang August. Wir fanden bei unserer Rückkehr das liebe Kalien- wässern wie ausgestorben. Panikartig war alles geflohen, was fliehen konnte. So viele Nützliche, so viele unentbehr lich Scheinende hat der unerbittliche Mäher hinweggerafst, — an der Ueberflüssigen aber, die ihn als erlösenden Freund begrüßen wollte, ging er vorüber. — war Tag und Nacht um die mir so teuren Kranken, ich und der treue Lenz. Aber in Gottes Ratschluß war es bestimmt, daß mir auch die Heimstätte genommen wurde und datz mir nur Gräber, — Gräber als Letztes bleiben, vor denen wir üns in verzweifelter Ratlosigkeit umschlungen hielten, ich und der fassungslose, arme Heinz. 10. August. Nun fallen die Tore der alten Welt Hinler mir zu. Was wird hinter jenen der neuen W^t aus mich warten? Denn Tante Bertas Schwester nimmt mich mit übers Meer. Irgendwo im Hause verkündete eine Uhr mit Hellen Schlägen Mitternacht. Die einsame Frau schauerte zu- ammen, als würde sie aus einem schweren Traum aufgc- chreckt, denn sie hatte sich io tief in den Bann des Ee- esenen hineinverloren, daß sie Zeit und Ort darüber ver gessen hatte. Nun schlug sie das Buch langsam zu und legte es zögernd in die kleine Kaffctte zurück. Mit aufgestützten Ellbogen blieb sie noch eine ganze Weile davor sitzen, "as Gesicht in die Hande gedrückt. Aus den zuckenden Bewe gungen der Schultern war zu erkennen, daß sie weinte. End lich ermannte sie sich, nahm mit einem Seufzer die kleine Kassette, um sie in einem juchtenledernen Reisekoffer sorg fältig zu verwahren. Dann löste sie das noch so glanzende, dichte Haar, um es für die Nacht aufzuslechten und schlüpfte ins Bett. Aber noch lange floh in dieser Rächt der Schlaf ihre Augen. Denn die Vergangenheit war lebendig ge- worden und wollte sie nicht loslassen. (Forts, folgt.)
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