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8MWU zm AGW NMitiiR Nk. 70. zu Nr. SS des HauptblatteS. 1931. Beauftragt mit der Herausgabe Regierun-Srat Brauße in Dresden. eases» LandtaMerhaudlungen. 3». Sitzung Dienstag, de« 28. April 1921. Präsident Weckel eröffnet die Sitzung 13 Uhr b Minuten. Am Regierungstisch die Staatsminister vr Hedrich und Richter sowie andere Regierungsvertreter. Für die heutige und die nächste Sitzung hat sich - wegen Krankheit der Abg. Gustav Adolf Müller (Leipzig) entschuldigen lassen. Der Abg. Müller (Planitz) ist ebenfalls noch entschuldigt und wird wohl noch längere Zeit den Sitzungen fernbleiben müssen Der Präsident wünscht beiden gute Erholung. (Bravo!) Bor Eintritt in die Tagesordnung gibt Abg. Kautzsch (Soz.) folgende zwei Erklärungen ab: In der 38. Sitzung des Landtags hat der Abg. . Siegel (Komm.) die Behauptung aufgestellt, die Sozial« demokratische Fraktion habe im Braunschweiger Stadt- verordüetenkollegium eine ganze Reihe kommunistischer Forderungen „restlos geschluckt" (Verhandlungen des sachs. Landtags, 38. Sitzung, S. 1384/1390). (Abg. v. Killinger: Laßt uns doch mit eurer Familien geschichte in Ruhe!) Wie der SPD.-Fraktion des sächsischen Landtags aus Braunschweig mitgeteilt wird, ist an diesen Behaup tungen kein Wort wahr, sondern Tatsache ist folgendes: (Hört, hört! b. d. Soz.) Im Verlauf einer Besprechung zwischen Vertretern der Sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion und der Kommunistischen Partei legten die Kommunisten eine Reihe von Mindestforderungen vor, auf die ein zugehen die sozialdemokratischen Vertreter aber von vornherein ablehnten, weil es sich zum Teil um ganz demagogische Agitationsanträge handelte. Ähnlich sah es mit anderen Bedingungen aus; über die überhaupt nicht verhandelt worden ist, weil sie außerhalb jeder ernsthaften Diskussion standen. Die Sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktconen in Stadt und im Lande Brauyschweig haben es demgemäß abgelehnt, sich auf die von der KPD. geforderten Bedingungen fest- zuleaen und es der KPD. überlassen, ob sie die aus KPD. und SPD. bestehenden Mehrheiten im Interesse der Arbeiterschaft ausnutzen wollte oder nicht. Ohne weitere Verhandlungen hat dann die KPD für die von der SPD. vorgeschlagenen Kan didaten gestimmt. (Hört, hört! b. d. Soz. — Zurufe b. d. Komm.) In der 38. Sitzung des Landtags vom 24. März 1931 stellte der Abg. Renner (Komm.) die Behauptung auf, der sozialdemokratische Reichstagskandidat, der Stein arbeiter Max Winkler in Zwickau sei aus der SPD. ausgetreten (siehe Verhandlungen d. sächs. Landtags, 5. Wahlperiode, S- 1406, Abs. 6 und v). Diese von Herrn Renner aufgestellte Behauptung entspricht aber ebensowenig den Tatsachen (Hört, hört! b. d. Soz), wie alle anderen von Herrn Renner in der gleichen Rede angeführten Argumente gegen die SPD. und die freien Gewerkschaften. (Sehr wahr! b. d. Soz. — Lachen b. d. Komm.) Abg. Renner (Komm. — zur Geschäftsordnung): Die Tagesordnung der heutigen Sitzung enthält reichlich viel Punkte, aber ein wesentlicher entscheidender Punkt fehlt. Die politische Lage und vor allen Dmgen die Auswirkung der letzten Maßnahmen auf die arbeitenden Schichten gebieten eine Stellungnahme im Interesse der arbeiten den Massen zu den Notverordnungen des Reichspräsidenten, zu der Durchführung dieser Notverordnung durch die Landesregierung und zu den geplanten Notverordnungen der Reichsregierung, die in den nächsten Tagen heraus kommen sollen über den erweiterten Abbau der Erwerbs losenunlerstützung und den Raub an den Sozial- und AlterSrentnern. (Sehr wahr! b. d. Komm.) Wir haben einen diesbezüglichen Antrag Nr. 385 eingebracht, der in seinem zweiten Absatz fordert, der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu beauftragen, bei der Reichs regierung und bei dem Reichspräsidenten dahin gehend vorstellig zu werden und zu verlangen, daß die Notver ordnung des Reichspräsidenten sofort zurückgezogen wird. Inzwischen ist eine ganze Anzahl von Versammlungen auf Grund der Notverordnung aufgelöst worden: man hat Flugblätter beschlagnahmt, weil auf ihnen vom absterbenden Kapitalismus und vom Lohnraub an der Arbeiterklasse stand; man hat Trans parente beschlagnahmt, die ausfordern: Demonstriert am 1. Mai! Für die Genehmigung zur Verteilung von Flugblättern werden 2 M Gebühren erhoben. Das ist eine schikanöse Anwendung, selbst über die Bestim mungen der Notverordnung hinaus. Es wird verlangt, daß ein Flugblatt, das für einen Kreis verteilt wird, jeder einzelnen Polizeibehörde eines Ortes zur Ge nehmigung vorzulegen ist. Das bedeutet, wenn irgend eine Organisation ein Flugblatt im ganzen Lande ver teilen will, sie es drei- bis viertausend Polizeibehörden vorlegen müßte. Wir haben deswegen schon während der Ferien mit dem Ministerium Rücksprache genommen, aber wir haben einen Brief bekommen, der diese Tat sache nicht aufhebt. Herr Innenminister Richter hat hier «klärt, daß die Notverordnung loyal durchgeführt werden sollte. Bei der Anwendung deS Sozialistengesetzes hat BtSmarck im Reichstag eine gleiche Erklärung avgegeben. Präsideut (unterbrechend): Herr Abg. Renner, wir leben im Jahre 1931. Ich bitte Sie, zur Geschäfts ordnung zu sprechen. (Heiterkeit.) Abg. Renner (fortfahrend): Roch bevor die Not verordnungen veröffentlicht sind, geht man in Leipzig dazu über, den Wohlfahrtsunterstützungsempfängern, Leuten, die ein Wochengeld von S,25 RM bekommen, 1,25 RM von diesem Gelde abzuziehen und sie dem krassen Hunger auszuliefern. Diese Fragen müssen hellte mit auf die Tagesordnung gesetzt werden. Wir be antragen, daß unsere Anträge Nr. 385 und 388 auf die Tagesordnung gesetzt werden und ersuchen darüber hinaus, daß man einen bei der Kanzlei eingebrachten, aber bis jetzt noch nicht gedruckt vorliegenden Antrag ebenfalls auf die Tagesordnung nimmt, und zwar den Antrag: die Regierung zu ersuchen, sofort bei der Reichs regierung und beim Reichspräsidenten gegen die neuen geplanten Notverordnungen zum Abbau der Arbeits- loseuversicherung und der Kürzung der Sozial- und Kriegsrenten Einspruch zu erheben. Der Präsident schlägt vor, die Drucksachen Nr. 385 und 388 auf die nächste Tagesordnung zu setzen, da heute ein Teil der Abgeordneten nicht anwesend ist. Dem widerspricht Abg. Vr. Bünger. Der andere kom munistische Antrag kann nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden, da er noch nicht gedruckt ist. Einstimmig wird dann an Stelle des Abg. Müller (Planitz) der Abg. Hart sch in den Ausschuß und Abg. Kuhn an Stelle des Abg. Hartsch in den Rechts ausschuß gewählt. Hierauf wird in die Tagesordnung eingetreten. Punkt 1: Erste Beratung der Bortage Nr. 32 über den Austausch von Land aus Anlaß der von der Stadt Dresden geplanten Errichtung einer neuen «roßmarkthalle. Der Inhalt der Vorlage, der im wesentlichen bereits bekannt ist, geht auch aus der folgenden Rede des Ministers hervor. StaatSminister vr. Hedrich: Meine hochgeehrten Damen und Herren! Mit der Vorlage Rr. 32, deren erste Beratung heute ansteht, ist dem Landtage der Entwurf zu einem Vertrage über den Austausch von Land zwischen dem sächsischen Staate, der Stadt Dresden und der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft zugegangen. Schon seit geraumer Zeit haben Staat und Stadt wegen der gegenseitigen Überlassung von Land inner halb der Stadtgrenzen verhandelt. Dem Staate liegt an der Erwerbung von städtischem Gelände für eine spätere Erweiterung der Technischen Hochschule, der Gefangenenanstalt hinter dem Landgerichtsgebäude am Münchner Platz und des Pädagogischen Institutes. Der Stadt liegt an der Erwerbung des zum Bau der Kaditzer Brücke verwendeten staatlichen Geländes sowie des staatlichen Geländes, das zur Errichtung einer neuen städtischen Hauptfeuerwache an der Devrient straße und emer neuen Großmarkthalle an der Berliner Straße in Dresden-Friedrichstadt gebraucht wird. So wohl die Stadt als auch der Staat haben bei diesen Verhandlungen unter den jetzigen wirtschaftlichen Ver hältnissen besonderen Wert darauf gelegt, die Zahlung einer Ausgleichssumme zu vermeiden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen bildet der Ihnen im Entwürfe vorliegende Vertrag, der e- ermöglicht, jene Wünsche von Staat und Stadt zu befriedigen, ohne daß Staat oder Stadt eine Ausgleichssumme auf zubringen hätten, selbstverständlich auch ohne daß der Staat sich finanziell an der Durchführung des Groß markthallenplanes beteiligte. Da das Ergebnis der Tauschverhandlungen als be friedigend bezerchnet werden kann, darf ich Sie bitten, dem Abschlusse dieses Tauschvertrags zuzustimmen, und zwar umso mehr, als mit der Genehmigung der geplanten Projekte eine große Anzahl von Arbeitern Beschäftigung finden wird. Die nähere Begründung der Vorlage be halte ich mir für die Beratung im Ausschüsse vor. Ich möchte zum Schluffe noch um eine baldige Ver abschiedung der Vorlage bitten, da die Stadt mit den Bauten so bald als möglich beginnen will. Abg. Herrman« (Leipzig — Komm): Wir haben gegen den Austausch von Land grundsätzlich nicht- ein zuwenden. Nicht aber einverstanden können wir uns mit dem erklären, was der Vertrag in Z 13 vorschlägt, die Räumung de- Flurstückes 472. Die Regierung nimmt nicht Bezug darauf, daß in diesem Grundstück zurzeit ein Teil gewerblicher Mieter vorhanden ist und daß diese Mieter auch mit der Regierung bereits Ver handlungen über entbrechende Entschädigungen oder einen entsprechenden Ausgleich geführt haben. Richtig ist, daß hier die in Frage kommenden Kontrahenten, Stadt, Staat und Bahn, zwar einen Ausgleich geschaffen haben, der keinerlei wesentliche finanzielle Belastungen bringt, aber es ist doch ausgeschlossen, daß man 10 oder 11 gewerblichen Metern, die dort ihren gewerb lichen Betrieb haben, zum Teil auch Arbeitnehmer be schäftigen und wesentliches Kapital in ihren gewerblichen Betrieb investiert haben, jede Entschädigung verweigert. Damit werden wir uns keinesfalls abfinoen können, sondern wir wünschen, daß die Regierung uns zum mindesten bi- zu den Ausschußverhandlungen Klarheit darüber gibt, wer nun derjenige ist, der eine Ent schädigung an die betreffenden Personen auswerfen muß, ob die Stghj dB Stqat. Abg. Ebel (Soz): Eine lange Diskussion über diese Vorlage ist ganz gegenstandslos. Es kommt darauf an, daß wir möglichst bald eine Gelegenheit zu einer größeren Arbeitsbeschaffung nicht vorübergehen lassen. Deshalb sind auch die Bedenken, die hier von der kommunistrschen Seite erhoben worden sind, als ganz gegenstandslos zu betrachten. Angesichts der Interessen der Allgemeinheit müssen die Sonderinteressen einzelner weniger zurückstehen, die erfahrungsgemäß bei solchen Gelegenheiten ein Sondergeschäft zu machen bemüht sind. Im Rat der Stadt Dresden haben diese Ver träge einstimmig die Zustimmung aller Parteivertreter gefunden. Ich habe der Eilbedürftigkeit der Vorlage wegen Schlußberatung beantragt, da tatsächlich nach den monate- langen, beinahe jahrelangen Verhandlungen aus einer neueren Verschleppung der Angelegenheit nichts mehr hervorgeht. Entweder fällt das Projekt oder es wird so angenommen, wie es nach den mühseligen Ver handlungen zwischen der Regierung und der Stadt Dresden gefunden worden ist. Abg. Siegert (Dnat.): Gewiß sind die Verträge schon angenommen, aber immerhin bedürfen Einzelheiten noch mancherlei Aufklärung, und die können nur erfolgen in der Ausschußverhandlung. Ich nehme an, daß die Regie rung selbst kein besonderes Interesse an der Schluß beratung, höchstens natürlich an der beschleunigten Er ledigung der Vorlage hat. Deshalb, weil auch wir unsere Stellungnahme immerhin zu Einzelheiten noch Vorbehalten und diese uns Vorbehalten haben für die Ausschußberatung, möchten wir bitten, von der Schluß beratung heute abzusehen und doch die Vorlage dem Laushaltausschuß zu überweisen, allerdings mit dem Anheimgeben, daß eine möglichst beschleunigte Erledigung der Vorlage wünschenswert ist. Abg. Herrmann (Leipzig — Komm ): Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß wir gegen eine beschleunigte Erledigung der Vorlage nichts ernzuwenden haben. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß wir die Notwendig keit anerkennen. Das besagt aber noch gar nicht, daß wir deshalb einfach 11 Existenzen damit vernichten. Es bleibt der Regierung Vorbehalten, festzusetzen: Was ist der wirkliche, der reale Wert und was kann al- Entschädigung in Frage kommen. SS dreht sich nicht nur um diese Leute, sondern auch um gewerbliche Be triebe, die Arbeitnehmer beschäftigen, und wir haben schon die Auffassung, daß auch denAroeitnehmern unter allen Umständen die Möglichkeit erhalten wird, ebenfalls solche Arbeitsplätze weiter zu besetzen. Wenn schon von der Frage der Arbeitsbeschaffung ausgegangen wird, dann sagen wir, daß gerade auch die Umlegung dieser Leute für die Möglichkeit, sich wo anders wieder eine neue Existenz zu gründen, ohne weiteres in der Frage der Beschäftigung von Arbeitern liegt. Wenn die Regierung eine Erklärung abgeben würde, daß diese Leute entschädigt werden, würden wir heute auch mit der Schlußberatung einverstanden sein. Wenn aber eine solche Erklärung nicht abgegeben werden kann, widersprechen wir der Schlußberatung und be halten uns weiteres für den Ausschuß vor. Abg. Dieckmann (D. Vp.): Ich schließe mich für meine Fraktion den Ausführungen des Herrn Abg. Siegert an; auch wir kalten es für unbedingt notwendig, eine Reihe Fragen, die im Zusammenhang mit der Vorlage stehen, im Ausschuß einer weiteren Klärung zuzuführen. Ich bitte ebenfalls um Ausschußberatung. Abg. Edel sSoz.): Ich möchte nur kurz bemerken, daß mir gar nicht eingefallen ist, was mir der kommu nistische Redner unterstellt hat, nämlich behauptet zu haben, es sollten Leute zugrunde gehen. Es handelt sich hier um angebliche Rechte von 11 Personen, die meiner Kenntnis der Dinge nach hinlänglich gewahrt sind. Anderseits handelt es sich darum, gerade Hunderten von Mittelstandsexistenzen zu helfen, was dabei über sehen wird, und darum, daß durch die Verwirklichung des Projektes Hunderte von Erwerbslosen beschäftigt werden sollen. (Sehr wahr! b. d. Soz.) StaatSminister vr. Hedrich: Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen de- Herrn Abg. Herrmann nur erwidern, daß von einer Vernich tung zahlreicher Existenzen gar keine Rede sein kann. (Hört, hört l b. d. Soz. — Abg. Herrmann widerspricht.) Die Mieter und Pächter, die auf diesem Grundstücke ihre kleinen Gewerbe betreiben, haben schon sehr lange genau damit rechnen müssen, daß sie demnächst einmal diesen Platz räumen müssen, denn e- ist ihnen selbstver ständlich ordnungsgemäß gekündigt worden. Wir werden bei dieser Räumung alle Härten zu vermeiden suchen und werden, wenn wirklich irgendwelche Schäden ent stehen, auch hier versuchen, Abhilfe zu schaffen. Ein Rechtsanspruch steht diesen Leuten ganz gewiß nicht zu, nachdem ihnen ordnungsgemäß gekündigt ist. (Zuruf b. d. Komm.) Sie finden außerdem, meine Damen und Herren, in tz 13 die nähere Bestimmung darüber, wie dieser Fall behandelt werden soll; dort ist ausdrücklich vorgesehen, daß. soweit Schäden zu bezahlen sind, da von A die Stadt Dresden und H der Staat zu über nehmen hat Damit ist die Aussprache geschloffen. Die B»rl«-e wird «« de« H««SH«ll««Sfch«ß »»erwiese«.