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ÄÄGkilM W AWm AMeitW 9!l. 62. zu Nr. 6 des Hauptblattes. 1931. Beauftragt mit der Herau-gabe Regierung-rat Brauße in Dresden. Lantztagsderhandlungen. 3». Sitzung. Freitag, de» 1». März 1S3L. PrSsident Weckel eröffnet die Sitzung 11 Uhr 7 Minuten. Am Regierungstisch Ministerpräsident Schieck, die Minister vr.Hedrich, vr. Mannsfeld und Richter sowie weitere Regierungsvertreter. Der Landtag beschließt zunächst, bei Behandlung der heutigen Tagesordnungspunkte den Fraktionen eine Stunde Redezeit zu gewähren. Weiter tritt für die kommenden Verhandlungen im Rechtsausschuß an Stelle des Abg. Schmidt (DVp.) Abg. stellv. Präsident v. Hickmann (DVp.) in den Rechtsausschuß ein. Dann wird in die Tagesordnung eingetreten: 1. Erste Beratung der Vorlage Nr. 24, de« Ent wurf eines Gesetzes über de« Staatshaushalt ans das Rechnungsjahr 1S31 und die Entwürfe des ordentlichen und des außerordentlichen Staatshaushaltsplans für dasselbe Fahr betr. 2. Erste Beratung der Vorlage Str. 2«, de« Rechen schaftsbericht über de» Staatshaushalt auf das Rech nungsjahr 1S2» betr. 3. Erste Beratung der Vorlage Str. 22, den Entwurf eines Gesetzes über die vorlänfige Ablösung von Staatsleistungen an die evangelisch-lutherische Landes kirche im Kreistaate Sachsen betr 4. Erste Beratung der Vorlage Str. 2V, den Ent warf eines Gesetzes über die Übernahme des in den sächsischen Umschlagshäfen beschäftigten Reichsbahn- KranPersonalS in die sächsische Staatsverwaltung betr. 5. Beratung des Antrags der Abgg. vr. Bünger, Voigt «. Gen. auf Ermächtigung der Regierung zur VorwegverauSgabuug von Etatmitteln zurVefchaffung von Arbeitsgelegenheit. (Drucksache Nr. 334.) Zur Vorlage Nr. 24 wird auf den Auszug in der Landtagsbeilage Nr 60 zum Hauptblatt Nr. 53 und auf die Etatrede des Herrn Finanzministers in der letzten Landtagsbeilage hingewiesekk. Zur Vorlage Nr. 26 wird auf die Ausführungen des Herrn Finanzministers in der letzten Landtagsbeilage Seite 275 Spalte 2 über den Rechenschaftsbericht ver wiesen. Zur Vorlage Nr. 22 wird auf die Landtagsbeilage Nr. 36 zum Hauptblatt Nr. 13 von: Jahre 1930 Be zug genommen. Der Inhalt der Vorlage Nr. 22 deckt sich mit dem der Vorlage Nr. 9 von damals. Außer dem sei auf die folgenden Einführnngsworte des Herrn Ministerpräsidenten hingewiesen. Zur Vorlage Nr. 20 geben die folgenden Ein führungsworte des Herrn Finanzministers über den In halt genügend Aufschluß. Der Antrag Nr. 334 lautet: Der Landtag wolle beschließen: die Regierung zu ermächtigen, im Interesse der Be schaffung von Arbeitsgelegenheiten die im ordentlichen und außerordentlichen Staatshaushaltplan auf das Rechnungsjahr 1931 eingestellten Summen für Bauten und andere Arbeitsaufträge, ungeachtet der späteren Verabschiedung des Gesamtetats, schon jetzt zu ver ausgaben. Ministerpräsident Schieck: Meine Damen und Herren! Zur Einführung der Vorlage Nr. 22, die heute auf der Tagesordnung steht, möchte ich mir einige kurze Bemerkungen erlauben. Die Vorlage hat bereits früheren Landtagen zur Beschlußfassung vorgelegen und ist von meinem Amts vorgänger, Herrn vr. Bünger, in den Sitzungen vom 5. März 1929 und 14 Januar 1930 eingehend erläutert worden. Um Wiederholungen zu vermeiden, nehme ich auf diese Ausführungen im allgemeinen Bezug. Die Vorlage, die als Hauptteil der früheren Vorlage Nr. 9 bereits im Rechtsausschuß des vorigen Landtags durchberaten worden ist, hat sich auf den Vertrag zwischen dem Freistaat Sachsen und der ev.-luth. Lan deskirche beschränken müssen. Der Vertrag mit dem Bistum Meißen ist als gescheitert anzusehen, da Rom erklärt hat, sich den Vertragsabschluß selbst Vorbehalten zu müssen. Was den Vertrag mit der ev.-luth. Kirche anlangt, so hatte der Herr Vorsitzende des Rechtsausschuffes des letzten Landtags die Stellungnahme dieses Ausschusses zu dem Berrragswerk der Regierung mittels eines Schreibens vom 27. Februar 1930 mitgeteilt. Auf Grund dieses Schreibens, das eine Anzahl Änderungswünsche enthielt, hat dann die Regierung mit dem Ev.-luth. LandeSkonsistorium neue eingehende Verhandlungen ge führt, ohne daß da- Konsistorium zu bewegen war, den Änderungswünschen zuzustimmen. Besonders an zwei Punkten, die der Rechtsausschuß wünschte, sind die Ver handlungen gescheitert, einmal an der Befristung des Vertrages auf 10 Jahre und dann an der Forderung, die Kirchschullehensauseinandersetzung in diesem Vertrage mit zu regeln. (Hört, hört l links.) In einen: Schreiben vom 30. Oktober 1930 hat die oberste Kirchenbehörde ge beten, daß der Vertrag in der früher abgeschlossenen Form dem Landtage wieder voraelegt werden möchte. (Abg. Neu: Sehr begreiflich!) Dresen: Antraae mußte die Regierung entsprechen, da der Bc^tragsabschluß der früheren Neuerung naturgemäß auch oie folgenden Re gierungen bmdet (Abg. Claus: War doch abgelehnt!), bis der Landtag über Genehmigung oder Nichtgenehmi gung Entschließung gefaßt hat. In der Zwischenzeit hat auch die Ev.-luth. Landes synode im Juni 1930 zu dem Ablösungsvertrage ein stimmig folgenden Antrag angenommen: Die Landessynode bedauert, daß der am 15. Januar 1929 zwischen Staat und Kirche rechtsverbindlich ab geschlossene Vertrag über eine vorläufige Ablösung von Staatsleistungen vom Landtag nicht verabschiedet worden ist und daß lange, mühevolle Verhandlungen, nachdem sie ohne sachliche Berechtigung mit der Auseinandersetzung über die Kirchschullehen Verbundei: worden sind, durch die kürzlich erfolgte Auflösung des Landtags abermals zum Scheitern gebracht worden sind. Die Synode dankt dem Landeskonsistorium für die Vertretung der berechtigten Ansprüche der Landes kirche gegenüber der Staatsregieruna, und sie sieht in dein Ablösungsvertrag trotz der in ihm enthaltenen erheblichen Verzichte der Landeskirche die geignete Grundlage für die vorläufige Ablösung der Staats leistungen. Die Synode erwartet deshalb, daß dieser Vertrag den: neugewählten Landtag baldigst wieder vorgelegt wird und daß die Staatsregierung und der Landtag noch für dieses Rechnungsjahr — gemeint ist 1930 — endlich die Haushaltleistungen für die evangelisch lutherische Landeskirche mit den im Vertrag vorgesehenen Beträgen in Einklang bringen. Die Synode ist mit dem Landeskonsistorium einig in den: Willen zu einer friedlich-schiedlichen Ausein andersetzung (Abg. Claus: Und lehn: alles ab!), fordert aber, daß dabei die verfassungsmäßigen Rechte der Landeskirche nach jeder Richtung gewahrt werden. (Abg. Claus: Und auch die des Landtags!) Sie ist sich hierbei der einmütigen Zustimmung und tatkräftigen Unterstützung des ganzen evangelischen Volkes gewiß. (Abg. Reu: Des evangelischen Zwangsvoltes!) Ferner hat nach Beratung der Vorlage Nr. 9 im Rechtsausschuffe des vorigen Landtags das Reichsgericht durch Beschluß vom 20. Mai 1930 auf Grund von Art. 13 Abs. 2 der Reichsverfassung entschieden: § 3 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Gesetzes über die Trennung des Kirchen- und Schuldienstes der Volksschullehrer vom 10. Juni 1921 (S. GBl. S. 147) ist mit dem Reichsrecht nicht vereinbar. Die Entscheidung ist abgedruckt in den Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 129 S. 72 ff. Die nnt dem Reichsrecht für unvereinbar erklärte Gesetzesstelle lautet: Lehrer, die bis zum 30. Juni 1921 Kirchendienst versehen haben, behalten ihren Anspruch auf staatliche Ruhestands- und Hinterbliebenenversorgung hinsichtlich des kirchendienstlichen Einkommens in dem Umfang, in dem diese gewährt werden würden, wenn der Übertritt in den Ruhestand oder der Todesfall am 30. Juni 1921 erfolgt wäre. In der Begründung führt dasReichsgerichtunteranderm aus: Das Recht und die Pflicht, die Entstaatlichung der Kirche durchzuführen und die dazu erforderlichen Gesetze zu er lassen, könne dem Staat nicht bestritten werden, beide fänden aber ihre Grenzen an den von der Reichs verfassung selbst geschaffenen Schranken. Die Trennung der Kirche vom Staat habe wie auf allen anderen Ge bieten selbstverständlich auch auf finanziellem Gebiet ein zutreten. Gerade auf ihm aber wolle die Verfassung, wie aus den Art. 138 und 173 erhelle, jeden einseitigen gewalttätigen Eingriff feiten- des Staates, jede Unbillig keit zuungunsten der Kirche vermieden wissen. Nach weiteren Ausführungen heißt es dann wörtlich: Wenn der sächsische Staat daher den in den Ruhestand tretenden Kirchschullehrern Pension auch von den während ihrer aknven Dienstzeit für ihre kirchenamtliche Tätigkeit von der Kirche bezogenen . Einkünften aus allgemeinen Mitteln gewährte, so kann in dieser Zahlung rechtlich nichts anderes als eine unter oie Art. 138, 173 Reichsverfassung fallende staat liche Leistung an Kirchendiener erblickt werden, die mittelbar zugleich eine solche an die Kirche selbst ent hielt, denn sie entlastete diese von der ihr nach all gemeinen öffentlich-rechtlichen Normen hinsichtlich der in den Ruhestand tretenden Kirchenbeamten und Kirchen diener obliegenden Fürsorgepflicht, wie sie sie auch be züglich derjenigen Kantoren, Organisten und Kirchner ausübte, die, ohne ein ständiges Schu amt zu bekleiden, in ihrem Airchendienst chre hauptsächltche Beschäftigung und ihren wesentlichen Unterhalt fanden Auf Grund dieser Entscheidung des Reichsgericht wünschte die Regierung zunächst festzustellen, ob sich etwa an der Höhe der Gesamtleistungen de- Staates an die Kirche etwa- ändere. Da- Ev.-luth. Landeskonsistorium hat jedoch, ohne sich in: übrigen zu äußern, daran fest gehalten, daß an dem vorliegenden Vertrage nichts ge ändert werden dürfe. Es kann sich dabei auf 8 > de- Vertrages stützen, der vorsieht, daß, sowe:t:m Vertrage nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt:st, die übngen Rechte der Vertragschließenden in chrem Berhaltnrsse zu einander durch die vereinbarte Ablösung mcht berührt werden. Ob es in dieser Frage auf Grund der Rerchs- gerichtsentfcheidung noch nachträglich zu Ausemander- setzungsverhandlungen kommen wird, muß abgewartet werden. Die Staatsregierung möchte jedoch glauben und wünschen, daß die ev.-luth. Landeskirche, wenn der Landtag d:e Vorlage genehmigt, davon absehen könnte, neue Forderungen zu stellen, um so mehr, als d:e Pen sionen der vormaligen Kirchschullehrer als wohl erworbene Rechte von Staats wegen mit der Entscheidung des Reichsgerichts in Einklang gebracht werden sollen. Es handelt sich insoweit um Leistungen, d:e sich nach und nach mindern nnd schließlich mit den: Tode des letzten Kirchschullehrers oder der letzten Hinterbliebenen eines solchen ganz aufhören Daß das Ev.-luth. Landeskonfistormm schließlich Nicht darauf eingegangen ist, das vom Rechtsausschuffe des vorigen Landtags gewünschte Schiedsgericht zur Er ledigung der Kirchschullehcnsstreitigkeiten einzusetzen, be dauert die Negierung im Interesse aller Beteiligten lebhaft. Doch dürfte sich nach Ansicht der Regierung das Ev.-luth. Landeskonsistorium zu Verhandlungen über eine vertragliche Regelung anch über die Kirchschullehens frage nach Genehmigung des vorliegenden Vertrags bereitfinden lassen. Seiner Auffassung, daß es sich bei den Kirchschullehen nicht um ablösungspflichtige Staats- leistungen an der Kirche handele, lind daß daher die Auseinandersetzung über die Rechte an Kirchschullehen nicht in den vorliegenden Vertrag gehöre, kann mit rechtlichen Gründen nicht entgegengetreten werden, wenn auch die Einbeziehung vielleicht zweckmäßig und vom Standpunkt der Schule erwünscht gewesen wäre. Die Regierung glaubt sich aber zu der Annahme berechtigt, daß die ev.-luth. Landeskirche bei den kommenden Ver handlungen weitgehendes Verständnis für die Bedürf nisse der Schule zeigen wird, wenn der Landtag durch Genehmigung des vorliegenden Vertrags auch seiner seits den guten Willen gezeigt haben wird, mit der Kirche zu einen: ihren Lebensbedürfnissen gerecht werdenden Abkommen zu gelangen. Ltaatsminister vr. Hedrich: Meine hochverehrten Damen nnd Herren! Der Gesetzentwurf über die Über nahme des in den Häfen beschäftigten Kranpersonals der Reichsbahn in die sächsische Staatsverwaltung, der dem Landtage mittels der Vorlage Nr. 20 zugegangen ist, ist die Folge der Zurückbehaltung der sächsischen Um schlaghäfen bei dem Übergänge der Landeseisenbahnen auf das Reich. Diese Zurückbehaltung war im Staats- vertrage von: Jahre 1920 den: Lande Vorbehalten und am 30. September 1924 vom Lande Sachsen mit der Reichsregierung und den: Unternehmen Deutsche Reichs bahn vereinbart worden. In dieser Vereinbarung hatte das Land erklärt, die Häfen künftig selbst bewirtschaften zu wollen, während die Reichsbahn sich bereiterklärt hatte, die Hafenbahn auf Grund eines besonderen Be triebsvertrages auch weiterhin zu betreiben. Eine der Bedingungen der Reichsbahn für die Weiter führung des Hafenbahnbetriebes ist, daß die jetzt in den Häfen von der Reichsbahn beschäftigten Kranbeamten, die die Reichsbahn anderweit nicht unterbringen kann, nach ähnlichen Grundsätzen vom Lande übernommen werden, nach denen früher die Landesbahnbeamten vom Reiche übernommen werden mußten. Der 8 6 des nach jahrelangen Berhandlnngen endlich zustande gekommenen vorläufigen Hafenbahn-Betriebsvertrags bestimmt des halb, daß wegen des Übertrittes von Reichsbahn-Be diensteten in den sächsischen Staatsdienst besondere Ver einbarungen zu treffen sind, die gleichzeitig mit dem Hafenbahn-Betriebsvertrag in Kraft treten müssen. Das Ergebnis dieser besonderen Vereinbarungen sind die in gemeinsamer Beratung zwischen der Reichsbahn, dem Lande Sachsen und den zuständigen Personalver tretungen aufgestellten Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes. Nach diesem Gesetzentwurf sind die jetzt in den Häfen beschäftigten Reichsbahn-Kranbeamten vom Freistaat Sachsen als Staatsdiener zu übernehmen, soweit sie sich zum Übertritt in den Staatsdienst und zur Dienstleistung bei der zu gründenden Hafen-Betriebsgesellschaft bereit erklären. Beim Ausscheiden der Inhaber sollen diese Beamteu- stellen nicht wieder besetzt werden, die Tätigkeit der Bs- amten soll dann künftig von Angestellten besorgt werden. Diese Kranbeamten sollen ebenso wie die jetzt in den Häfen bereits beschäftigten Beamten der sächsischen Wasser bauverwaltung unter Aufrechterhaltung ihrer Rechte und Pflichten als Staatsdiener dauernd zum Dienste bei der Elbhafen-Betriebsgesellschaft abgeordnet werden. Auch ein etwaiger freiwilliger Übertritt der Beamten in ein Anstellungsverhältnis der Elbhafen-Betriebsgesellschaft soll ermöglicht und dadurch noch erleichtert werden, daß diesen Beamten die bisher erdienten Bersorgungsansprüche in ähnlicher Weise erhalten werden wie den seinerzeit zur Aktiengesellschaft Sächsische Werke übergetretenen früheren Staatsbeamten. Die Eibhafen-BetriebSgesellschaft erstattet dey» Staate während der Abordnung der Beamten den ihm für die Beamten entstehenden persönlichen und sächlichen Auf wand einschließlich de- Bedarfs für BersorgungSbezüge, da- sind zurzeit 2d Proz. der ruhegehaltsfähigen Dienst-