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hier eine Vereinbarung zwischen Nationalsozialisten und dem Bürgertum ergibt, ist für uns natürlich selbstver ständlich. Wir wissen ja, daß gerade die Auseinander setzungen, die gegenwärtig in der Bolkspartei spielen, dazu angetan sind, jetzt endgültig in das Wasser der Faschisten hinüberzusegeln. Dre Presse meldet, daß selbst der ungekrönte König von Sachsen, Herr vr. Blüher, jetzt über das Verhalten gegen den Wahlvorschlag des Abg. Kunz zum Präsidenten stürzt. Das zeigt uns die immer schärfere Verschmelzung der bürgerlichen Gesell schaft mit dem rechten Flügel der Nationalsozialisten. Wir sind deshalb der Meinung, daß heute hier längere Ausführungen nicht notwendig sind, sondern wir werden bei der Schlußberatung all das Material zum Bortrag bringen, das zur Charakterisierung der Vorlage not wendig ist. Abg. Kaden (Dnat.): Nach den Ausführungen des Herrn Finanzministers und der Herren Vorredner habe ich nur noch wenig zu sagen. Es ist zweifellos, daß sich hier das Reich wieder einmal auf den Standpunkt de-Z Stärkeren stellt, nachdem es Sachsen jedes Mittel ent zogen hat, sich dagegen zu wehren. Es ist unter allen Umständen klar, daß der Vertrag, wie das Herr Abg. Neu schon ausführlich klar gelegt hat, für Sachsen sehr ungünstig ist. Trotzdem werden »vir dem Anträge, ihn dem Rechtsausschuß zu überweisen, zuftimmen und wer den von den Ausführungen und Erklärungen, die die Regierung in» Ausschuß abgeben wird, uusere Stellung zur Vorlage abhängig machen. Abg. Lasch (Natsoz.): Wir Nationalsozialisten nehmen als felbstverstänolich an, daß die Regierung alles getan hat, für Sachsen herauszuholen, was nur herauszuholen ist. Aber der rechtliche Teil berührt uns National sozialisten gar nicht. (Lachen links.) Wir wünschen nur, daß diese Heeresgrundstücke erhalten bleiben für unsere Armee. (Lachen und Zurufe b. d. Komm.) Daraus machen wir durchaus kem Geheimnis und haben auch nie ein Hehl daraus gemacht. Wir werden auch der Überweisung der Vorlage an den Rechtsausschuß zu- stimmen. Wir freuen uns aber, daß wenigstens von diesem großen Ausverkauf, den diese November-Verbrecher seit dem November 1918 durchgeführt haben, wenigstens etwas übrig geblieben ist. (Lebhafte Zurufe und große Unruhe b. d. Soz. u. Komm. — Abg. Kautzsch ruft dem Redner zu: Du Lausejunge! und wird dafür von dem zum ersten Male fungierenden Vizepräsidenten Kunz zur Ordnung gerufen.) Damit ist die Aussprache erschöpft. Die Vorlage Str. 1» wird dem Stechtsausschuß überwiesen. (Schluß der Sitzung 1ö Uhr 49 Minuten.) späterer Regelung Vorbehalten. Damit ist auch daS» Schicksal des Alaunplades nach dem jetzt vorliegenden Vertrage besiegelt, und auch das müßte nach meiner Ansicht den Landtag dazu zwingen, den Antrag abzu lehnen. Besser ein vertragSlofer Zustand, als ein solcher Vertrag! Noch viel mehr zwingt die politische B edeutung dieses Vertrages zu seiner Ablehnung. Warum das Reich Sachsen die Grundstücke vorenthält, »vird in der Vorlage dem, der zu lesen versteht, deutlich genug an gedeutet. Der Herr Reichswehrminister sieht darnach schon in ferner oder naber Zukunft den Zeitpunkt kür gekommen, wonach sich diese Kasernengrundstücke wieder mit Militär bevölkern werden. (Zuruf b. d. Natfoz.: Hoffentlich! — Zuruf b. d. Soz.: Damit Ihr »vieder Rekruten schinden könnt!) Dieser Standpunkt verträgt sich aber nicht mit dem Friedensvertrag von Versailles und der Haltung, die Deutschland sonst immer öffentlich verkündet; auch nicht mit dem Kellogg-Pakt, dem Deutsch land beiaetreten ist, und der den KrieL aus ewig ächten will. (Zuruf b. d. Natfoz.: So ein Schwindel!) Weil wir ehrlich gegen jede neue Aufrüstung sind, so lehnen wir auch aus diesen: politischen Grunde die Vorlage Nr. 10 und das Bertragswerk ab, das uns mit ihr unter breitet worden ist. Wir haben auch kein Interesse an einer Ausschußberatung, denn an dein Vertrage kann ja im Ausschuß sowieso nichts geändert werden. (Beifall b. d. Soz.) Abg. Herrmann (Leipzig — Komin., mit dem Zuruf von den Natsoz. begrüßt: Der will die Rote Armee unterbringen! — Heiterkeit.) Und Sie auf dem Alaun- Platz Ihre Sturmabteilungen! (Heiterkeit b. d. Komm.) Uns interessieren hier weniger die juristischen Aus führungen zu dein Vertrage, uns interessieren mehr die politischen Fragen, die zweifellos in dem Vertrage ver steckt liegen. Es dreht sich hier darum, die militärische Gewalt einfach über das Recht bestimmen zu lassen. Es dreht sich darum, daß es dein Reichswehrminister Vorbehalten bleibt, zu entscheiden, ob irgendwelche mili tärischen Gebäude überflüssig sind. Und daß der selbst verständlich nie zu der Überzeugung kommt, daß solche Gebäude überflüssig sind, geht aus der Vorlage ganz klar hervor. Und wenn jetzt die Regierung der Auf fassung der Reichsregierung beitritt, mdem sie darauf hinweist, daß, wenn dieser Vertrag nicht abgeschlossen würde, der sächsische Staat verpflichtet wird, die rückstän digen Mieten von 4 Mill. M. zu bezahlen und diese Miete auch für die Zukunft zu bezahlen, so bedeutet, glaube ich, diese Auffassung lediglich eine Zustimmung zu der Ten denz, »vie sie von der Reichsregierung ausgeht. Deshalb ist für uns die entscheidende Frage die Tendenz und das Ziel der Vorlage, das versteckt damit erreicht werde:: soll. Und wir werden auch in: Ausjchuß dementsprechend »unsere Anträge stellen. Wir sagen ganz offen: Daß sich ungünstig der Vertrag für Sachsen ist. DasReich hat offenbar mit dem Vertrage ferne altbekannte Aushöhlungsvolitik ge gen Sachsen verfolgt: es entzieht Sachsen eine Reihe von Millionen,aufdieSachsenzweifeUosAnspn«ch hätte,umeben den Effekt zu erzielen, der dem Reich offenbar bei dieser Politik vorschwebt, daß die Länder schließlich einmal, wenn sie nicht mehr finanziell leistungsfähig sind, ihre Selbständigkeit dann aufgeben müssen. Diese Aus höhlungspolitik erkennt man ohne wetteres auS der Tat sache, daß Sachsen auch der Wert, der Erlös derjenigen Grundstücke vorenthalten wird, die die Reichsverwaltung, wie es in der Vorlage ohne nähere Zeitangabe heißt, während der Inflation verkauft hat, der Grundstücke, deren Wert, »vie das Reich selber schätzt, etwa über 5 Mill. RM. ausmacht Für diese verkauften Grundstücke mußte nach dem Gesetz von 1873 Ersatz geschafft werden durch den Ankauf anderer Grundstücke. Aber in der Vorlage findet man kein Wort darüber, daß dies ge schehen ist, daß dein Gesetz Genüge getan worden ist. Mai: muß also bei dem Schweigen der Vorlage annehmen, daß sich das Reichswehrministerium über das Gesetz von 1873 glatt hinweggesetzt hat. Wenn es das aber getan hat, dann kann es meiner Ansicht nach nicht mehr den Standpunkt vertreten, daß die verkauften Grundstücke — das ist die Kronprinzenkaserne in Chemnitz und die Pulverfabrik Guaschwitz — für den Fiskus nach wie vor unentbehrlich sind. Das geht so gegen den gesunden Menschenverstand, daß man meiner Ansicht nach diesen Standpunkt ernstlich überhaupt nicht vertreten kann. Die Vorlage sagt auch kein Wort darüber, »vas denn nun das Neichsministerium mit den 5,4 Mill. RM gemacht hat. Wo sind diese Millionen, die in Wirklichkeit Sachse»: gehören, hingekommen? In welche»: Fonds sind sie geflossen? Sind sie in eine»: der berühmten Geheim fonds der Reichswehr geflossen? Hat sie vielleicht Herr Lohmann mit verwirtschaftet, als im Reiche der Pönitz- Skandal war? Ich glaube, Sachsen hätte in: Reichsrat die Verpflichtung gehabt, nachzuprüfen, wohin diese 5,4 Millionen, die ihm vorenthalten werden, gekommen sind; sie müsse»: doch im Reichshaushaltetat der früheren Jahre irgendeinmal aufgezeigt werden. (Zuruf b. d. Natsoz.: Tun Sie das lieber nicht, es könnte für Sie peinlich werden!) Das wird nicht peinlich werde»:. Ich glaube, in diese»: Dinge»: muß auch der Reichswehrminister die Wahrheit sagen; und wen»: er nichts zu verberge»: hat, kann er sagen, wohn: diese 5,4 Millionen geflossen sind. Also ich glaube, man kann nicht zusehen, daß auf der eine»: Seite Millionen verpulvert werden, auf der andere»: Seite man Sachsen die Erfüllung der berechtigte»: Ansprüche vorenthält. Ganz bedanerlich ist es aber auch, daß es Sachsen nicht gelungen ist, den Alaunplatz für Sachsei: und da mit für Dresdei: zu retten. Im Hauptvertrag steht zwar nichts davon, aber im Schlußprotokoll heiyt es: der Alaunplatz »vird ausgenommen, sei»: Sckncksal bleibt Druck V- G. 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