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und verursachten arge Zerstörungen. Die Bevölke rung flüchtete in die Reller. Gegen Abend besetzte ein größeres Truppenkommando die Stadt, die Rusten plünderten, zerstörten die Wohnungen und brannten die Rirche nieder. Der Rommandierende General hatte mit den vordersten Teilen der ). Infanterie-Diviston die Stadt betreten. Er erzählt, daß alle Straßen durch russische Bagagen und Trains so verstopft waren, daß er zu Fuß nach dem Marktplatz gehen mußte, wo das Hotel lag, in dem er Ouartier nehmen wollte. „Vor wenigen Stunden erst hatte eine größere Zahl von russischen Generalen und Offizieren das Hotel verlassen. Als Francois das Hotel betrat, meldete sich bei ihm ein russischer Oberst als: ,Rommandant von Neidenburg'. Er meinte, er fei inaktiver Offizier, febe feine Feldzugs aufgabe setzt, wo die Deutschen in Neidenburg feien, als beendet und bäte, zu seiner Familie ent lasten zu werden. Dieser Wunsch konnte ihm zwar nicht erfüllt werden; da der anwefende Bürger meister von Neidenburg, der mit dem Obersten sechs Tage zusammen gearbeitet hatte, ihm ein gutes Zeugnis ausstellte, wurde ihm erlaubt, in seinem Hotelzimmer als Gefangener zu bleiben." Aber wir wollen noch einen Blick auf die Nord gruppe der deutschen Armee werfen, wie erinner lich, hatte das I. Refervekorps den Befehl erhal ten, nicht mehr nach Süden vorzugehen, sondern Marschrichtung aufAUenstein zu nehmen, da dieses von den Truppen des XIII. russischen Rorps (Rlusew) besetzt war. Jedoch schon auf halbem Wege erfuhr man, daß die Rusten die Stadt eiligst geräumt hatten und wieder nach Süden abgezogen waren. Schon hatte die 3ö. Referve-Diviston die glänzenden Türme der Stadt vor Augen, als sie den Befehl erhielt, die Chaussee zu verlassen und nach Südwesten in Richtung Hohenstein weiter vorzugehen. Nur das Reserve-Infanterie-Regi ment Nr. 5 behielt die Richtung auf Allenstein bei. Bei diefem Vormarsch kam es bei Dorothowo am Wulping-See zu einem schweren Gefecht, in das besonders das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. L) und das aktiveInfanterie-RegimentNr.54 verwickelt wurden. In der Geschichte des Infanterie-Regiments von der Goltz lefen wir: „Es ist U Uhr geworden, als das Regiment antritt mit dem I. Bataillon rechts, der U» und ZL. Rompagnie links. Ohne Schuß gelingt die Entwicklung im Schutze der Nacht. Dann beginnt der Sturmlauf über die freie Ebene. Ein wahnsinniges Schnellfeuer bricht über die Rompagnien herein. Betäubend rafen die Maschinengewehre, wie blind und toll rennen die Pommern in die Nacht, von der blitzenden, zuckenden Flammenkette angezogen, was fällt, das fällt! Um Sieg oder Vernichtung rollen hier die Würfel. In einem einzigen, atemraubenden Anlauf wird die bochgelegene Chaussee erreicht. Im mannstiefen Graben ist für den Augenblick gute Deckung. Uber die Straße feuert der Russe sein wildestes Massenfeuer in Erwartung des letzten Anfprungs der tollen Deutschen. Mit feinen zahlreichen Maschinengewehren hält er die un bedingte Feuerüberlegenheit in Händen. Die ist ihm nicht zu entreißen! Die ersten, die versuchen, Ropf und Gewebr über die Chaussee zu heben, gleiten mit zerspelltem Schädel die Böschung her ab. Nur nach und nach gelingt es hier und da, das Feuer zu erwidern. Aber so ist der Russe nicht klein zu kriegen. Hier gibt es nur einen weg zum Erfolg: den Sturm mit der blanken Waste ... Eben setzen die Rompagnien des I. Bataillons zumentfcheidendenSprungan,dameldetder sprach- kundigeFahnenjunkerRoschmiederdemRegiments- führer, daß die Russen in polnischer Sprache sich verständlich zu machen versuchen. Sie sprechen von Ergebung und wollen unterhandeln. Auf atmend gibt Major Walter Befehl, das Feuer einzustellen. Da springt auch schon in mächtigen Sätzen ein russischer Offizier über die Straße her, über und hält dem deutschen Regimentsführer Säbel und Pistole hin. Mit sprudelnden Worten, in denen die wilde Erregung der letzten Stunde flackert, erklärt der Stabskapitän, die Russen wür den sich ergeben, wenn ihnen Leben und gute Be handlung durch das Ehrenwort eines deutschen Offiziers zugestchert werde. Als Leutnant Rersten fein seltsames Verlangen in französischer Sprache erfüllt, springt der Offizier zurück. Und während das Feuer von der Mitte aus nach den Flügeln zu langsam erstirbt, kommen die Verteidiger über die Gcraße, erst einzeln, mißtrauisch zögernd, dann in langer, ununterbrochener Rette und geben erleichcrt ihre Wassen ab. Noch sitzt ihnen im Nacken das Grauen; ungläubig fühlen sie sich von der Schwelle