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Sächsische Staatszeitung : 14.12.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192912141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19291214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19291214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-12
- Tag 1929-12-14
-
Monat
1929-12
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 14.12.1929
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stand eine Ziegelscheune oder etwa- ähnliches. Der Fach- mann bat das aber alle- für schön und gut befunden. Dann ging es los. Am 2. Oktober 1924 hat Herr Seidemann 50000 M. bekommen, 14 Tage später 5000 M. 3 Tage später 10090 M, und einen Tag später ist der gesamte Seidenmnnkredit bereit- auf 200 000 M. angelausen gewe sen. Dann kommt eine ganze Reihe von Gutsagen. Am 12. Februar1925 ist der gesamte Kredit an Seidemann bereit- auf 420000 M. angewachsen. Aber nun geht das Drama weiter, immer unter der Regie Vr. Böhmes. Run kommt 1926, und zwar am 17. Juli, am 12. August, am 21. August, am 18. September, am 7 Oktober und am 2. November, da werden Summen ausgeworfen in Höhe von 500000 M., 150000 M, 180000 M. 450000 M., 350600 M. und nochmals 350000 M. Das sind doch allerdings Summen, wo sich Herr vr. Böhme hätte sagen müssen, hier mußt du einmal abbremsen oder mußt milwestenS deinen Berwaltungsrat einmal befragen. Wer Herrn De. Böhme ist sicher eingedenk seines hohen Berufs als Hilfsarbeiter diefer Gedanke gar nicht erst gekommen. Der BerwaltungSausschuß der Wohlfahrtshilfe hat ja dann auch eine Aufsichtsbeschwerde gegen vr. Böhme meines Wissens eingereicht. Dagegen allerdings ist niemand gefeit, daß in irgend einer Form Pflichtvernachlässigungen vorkommen, daß in irgendeiner Form ein Mensch — vielleicht in diesem Fall gerade vr. Böhme — glaubt, er kann die Dinge noch meistern. Es ist ja auch in der sozialdemokratischen Presse einmal kurz vor den Wahlen in emer Notiz darauf hingcwiesen worden, daß es durch die geschickten Manipula tionen des Seidemann möglich war, den vr. Böhme ein zulullen und cinzuwickeln Ich will durchaus nicht den Stab über vr. Böhme brechen. Aber wenn ein Stab gebrochen wird, dann sind auch wir dabei, dann wollen auch wir ein Stückchen von diesem gebrochenen Stab mit nach Hause nehmen. Aber ich sage, die garrze Tendenz der Anfragesteller, die Tendenz des Herrn v. Killinger, die Tendenz des Herrn vr. Wilhelm ist deutlich erkennbar^ Nicht Vr. Maier, nicht vr. Böhme, nicht der Arbeitsminister soll weg, sondern die Wohlfahrtshilfc hat zu verschwinden. Warum sagen Sie denn das nicht offen und ehrlich? Wir sind jederzeit bereit, mit dahinzuwirken, daß die Dinge rest los geklärt werden, aber das betone ich noch einmal, daß wir als Sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses uns mit all unserer Kraft dagegen wehren werden, daß aus diesen Dingen heraus eine Erdrosselung, eine Abschnürung der Wohlfahrtshilfe eintretcn soll. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Es sind vorhin Andeutungen gefallen — ich glaube, es war dem Herrn Renner Vorbehalten, Parallelen zu ziehen mit Unsauberkeiten, die in Berlin vor- gekommeu sind, und an denen die Partei des Herrn Renner mindestens ebenso stark beteiligt ist, als alle anderen Parteien zusammen. (Zuruf b. d Nalsoz.) Ihr seid ja keine Partei, Ihr seid ja bloß ein Klub. (Heiterkeit.) Es handelt sich dort nicht bloß um einen Sklarek-Skandal, in letzter Zeit möchte man sagen, hat doch fast jeder Tag einen neuen Skandal gebracht. Und »var es lein Skandal, als die Ruhr-Kredite ver geben wurden? War die Frage des Phoebus kein Skandal? Ich erinnere daran, daß im Landbund der große Skandal über die Raiffeisen-Gesellschaft herein- gebrochen ist. Und bleiben wir stehen innerhalb des Landes: ich erinnere an den Bolksopfer-Skandal. Mit allen diesen Dingen haben wir als Sozialdemokraten absolut nichts zu tun. Auch die Herren vom Mittelstand sind vor solchen Dingen nicht gefeit. Ich erinnere an den großen Betrug, den der miUelständlerischc Malermeister Schönefelder gegen das Leuna-Werk durchgeführt hat; ich erinnere an den Leipziger Schlachthofskandal; alles Dinge, die mit der Arbeiterschaft gar nichts zu tun haben. Nun noch einige kurze Worte zu den AuSftihnmgcn des Herrn Renner! Ich habe vorhm durch einen Zwischen ruf die Frage aufgeworfen, als er wieder einmal die Hypothese der Weltrevolution entwickelte: was sott in der Zwischenzeit geschoben? Warten bis zur Welt rcvolution? Ich will Ihnen eins sagen, Herr Renner: dem arbeitenden Menschen ist durch Proarammfetzung, durch Worte, durch eine ferne oder nahe Zielsetzung gar nicht geholfen. (Zurufe b. d. Komm.) Der Mensch, der heute aus dem Produktionsprozeß ausgeschaltet und auf die Mittel der Unterstützung angewiesen ist, der innerlich zermürbt ist, weil er befürchtet, nie wieder Arbeit in seinem Berufe zu bekommen, der wird sich im Augenblick nicht nach Forderungen, nach Bewegungs gesetzen richten, die erst in einem ferneren Zeitpunkt Wirklichkeit werden, der verlangt für die Gegenwart, daß ihm geholfen, wird (Sehr richtig! b. d. Soz.) Und den besten Beweis für dieses Verlangen bringt der nächste Punkt der Tagesordnung, wo auch die Kom munisten Anträge stellen, die nicht die Weltrcvolution herbeiführen sollen, sondern das bringen, was Herr Renner vorhin an unserer Partei, an unserer Taktik, an unserer Politik kritisiert hat. (Sehr gut! b. d. Soz.) Ich sage, es grenzt sehr stark an zwiespältiges Verhalten, tvcnn man sich jetzt hierherstellt und sagt: hier kann nur die Welt revolution helfen, um die Arbeiterschaft aus dem Elend herauszubringen, und in demselben Atemzug sich begründet, warum eine sofortige Hilfe für gewiffe Schichten Not leidender eine zwingende Notwendigkeit bedeutet. Wir als Sozialdemokraten betrachten diesen ganzen Prozeß, vor allen Dingen den Umstand, daß es immer wieder solchen kapitalistischen Schmeißfliegen, solchen Leuten, die innerhalb ihrer Gesellschaftsschicht fast immer die erste Geige mit gespielt haben, möglich ist, irgend welche Institutionen, die unter der Republik unter schweren Opfern errichtet wurden, um wirklich Not leidenden zu helfen, zu benützen, um sich zu bereichern und diese Institutionen und die Republik und alle, die auf politische Sauberkeit sehen, in Mißkredit zu bringen, als höchst bedauerlich. (Lebhaftes Bravo! b. d. Soz.) Ministerpräsident Vr. Vnnger: Zwei Richtig stellungen I Die Abkommandierung oder Abordnung des Herrn Regierungsrat vr. Böhme an das Oberverwal tungsgericht ist keinerlei Beförderung gewesen, noch nicht einmal eine Auszeichnung. Er ist nicht etwa in einen Senat des Oberverwaltungsgerichts übernommen als Richter mit der Befugnis zur Beratung und Abstimmung, sondern nur mit gewissen Vorarbeiten, die für die Ent scheidungen nötig sind, beschäftigt. Der Grund ist der, daß jetzt zwei Räte beim Oververwaltungsgericht werde« wir ihn glatt raffeln lasten, wenn irgend eine Schuld erwiesen ist. Aber e- ist zuletzt von Herrn vr. Wilhelm ave- aus die Formeln zusammengefa-1 morden: Schadet nicht-, der Jude wird verbrannt I Und Herr Kittinger wird rhm Gefolgschaft leisten. Ich nehme an, daß die Äußerung des Herrn vr. Wilhelm deutlich genug war, um zu erkennen, nach welcher Richtung der Gegenstoß geführt werden soll, und wer das bis jetzt nicht erkannt haben sollte, wird sicher aus einer der letzten Nummern der „Frankfurter Zeituirg" ganz deutlich ersehen, was eigentlich gespielt werden soll. Herr Kollege Günther hat immer von „Hilfsarbeiter",ge sprochen. Da denkt man sich so einen kleinert 16—18 jährigen Bengel, der in der Werkstatt das Frühstück holt, zusammen kehrt usw Dieser Eindruck sollte erzeugt werden, und des wegen diese Betonung des Wortes „der Hilfsarbeiter". Der Hilfsarbeiter hat staatliche Examina hinter sich, er ist Re gierungsrat geworden und ist dank der Gnadensonne, die auf ihn leuchtet, weil er eilt deutschnationales Parteibuch hat, einstweilen ans Oberverwaltungsaericht abkommandwrt worden. Er wird sicher in der nächsten Zeit avancieren und wird ein beschauliches Dasein führen. Man hat ihn, wie man im Volksmunde sagt, verpaddelt, inan hat ihn die Treppe hinaufgeworfen. Das ist der kleine Hilfs arbeiter vr. Böhme. Daß er eigentlich von Haus aus etwas mitbringen mußte, weil sein Vater em hoher Kirchengeist des Freistaates Sachsen ist, ist doch klar. Aber ich sage, wenn jetzt der Streit zwischen den einzelnen Ministerien über die Verantwortung und darum geht, wem der Herr vr. Böhme eigentlich gehört hat, wenn jetzt der Streit darum geht, daß niemand eigent lich Herrn vr. Böhme haben will, dann tväre es doch meiner Auffassung nach Aufgabe aller beiden Ministerien und des Ministerpräsidenten gewesen, einzugreifcn und endlich hier das zu schaffen, was vielleicht diese ganze Geschichte verhindert hätte: klare Bahn. Wir wollen uns doch einmal den historischen Werde gang dieser Wohlfahrtshilfc ganz kurz vor Augen halten. Die Wohlfahrtshilfe ist ein Institut des öffentlichen Rechts, gewissermaßen ein Selbstverwaltungskörper. In diesem SclbstverwaltungSkörper haben Regierungsbeamte die ganze Tätigkeit ausgeübt. Damals wurde der Herr vr. Böhme — es ist wohl im Jahre 1923 gewesen, da war er auch schon ein kleiner Hilfsarbeiter — mit der Verwaltung der ganzen Finanzgeschäfte betraut. Herr vr. Böhme war außerdem noch Dezernent für das gesamte Stiftungswesen im Freistaat Sachsen, so daß man das Argument „Hilfsarbeiter" nicht immer so her- vorkchren sollte, sondern sich sagen muß, dieser Herr hat sicher das Zeug gehabt, voll und ganz zu disponieren, und er muß auch die Verantwortung für das über nehmen, was er getan hat. Und wenn ihm die Arbeit über dem Kopf zusammengewachsen wäre, wenn er die Verantwortung nicht mehr hätte tragen können, dann wäre es ja seine Pflicht gewesen, seine vorgesetzten Stellen darauf aufmerksam zu machen. Und wie war cs denn, wenn der Hilfsarbeiter vr. Böhme in Urlaub war?' Kam da ein Vertreter des Arbcits- und Wohl- fahrtsministeriums? Nein, der Vertreter des Herrn vr. Böhme wurde vom Innenministerium abgeordnet. Daraus jetzt einen Vorwurf zu ziehen gegen sozialdemo kratische Beamte, die Schuld senm, das überlassen wir Herrn vr. Wilhelm und Herrn v. Kittinger. Es ist in dem Gutachten der Denkschrift weiter Bezug genommen worden auf eine aktenmäßige Darstellung des Herrn vr. Böhme in bezug auf den Auftraggeber. Da führt er aus, daß der damalige Ministerialdirektor vr. Freund es gewesen sei, der ihm Anweisungen gegeben habe. Ich habe mich an Herrn vr. Freund gewandt. Er hat mich ermächtigt, eine Erklärung hier zu verlesen, die foldcndermaßcn lautet: In dem Bericht des Ausschusses zur Klärung der Beziehungen zwischen der Sächsi chen Wohlfahrtshilfe und dem Seidemann-Konzern wird auch mem Name gc- uannt. Auf Seite 21 wiro aus dem dienstlichen Bericht des Herrn vr. Böhme angeführt, daß er von mir bestimmte Anweisungen über die Verwendung von Wohl- fahrtsgeldcrn bekommen habe. Die Art der gegebenen Darstellung erweckt den Eindruck, als ob ich mit der Kredit- resp. Wohlfahrtshilse irgend etwas zu tun gehabt hätte. Die Sächsische Kredithilfc ist durch Verordnung vom 3. Mai 1924 ins Leben gerufen worden Ich habe mein Amt ain 1. April 1924 mit der Auflösung der IV. Abteilung verlassen. Die Aus sage des Herrn Böhme muß sich also auf irgendeinen anderen Punkt beziehen. Ich stelle also hier fest, daß das bereits eine schiefe Darstellung ist, und man könnte noch weitere schiefe Darstellungen aus der Denkschrift hcrauslesen. Außerdem hat wohl, wen» ich richtig unterrichtet bin, eine Ver nehmung der beiden Herren vr. Maier und vr. Böhme überhaupt nicht stattgefunden, ich sage deshalb, es ist eine Denkschrift, zusammengetragen aus Aktenmaterial, zusammengctragen durch schriftliche Äußerungen, und da kann man dieser Denkschrift nicht den Wert beimcssen, daß man jetzt schon sagt, der Schlußstrich ist gezogen, der Verantwortliche ist festgcstellt. Ich will gleich betonen, wenn wir den Schlußstrich ziehen würden unter objektiver Würdigung alles dessen, was in der Denkschrift enthalten ist, wäre der Haupt- bclastete der Regierungsrat vr. Böhme. (Abg. Günther: Das Gegenteil steht drin! Vr. Maier steht drin!) Von vr. Maier steht überhaupt so gut wie gar nichts drin, Herr Kollege Günther. Das haben Sie sich ausgeschrieben, aber das ist doch nicht maßgebend, was Sie sich ausge schrieben haben. (Abg. Günther: Abgeschricben habe ich es von Seite 25 der Denkschrift!) Ich will darauf Hinweisen, daß Herr vr. Böhme damals erklärt hat, daß die Häufung der Kredite tatsächlich in einer Form vor sich ging, daß ordnungsgemäß eine Anrufung des Ver- »vn^ungsausschusses nicht möglich war. Allein der Um stand — das ist vorhin schon dargestellt worden —, wie die Kredite gewährt worden sind, ist bezeichnend. Am 2. Oktober bekommt Seidemann den ersten Kredit. Vorher ist Herr vr. Böhme, dieser junge Hilfsarbeiter, der neben bei Sachverständiger war, der Fachbearbeiter war, der auf die Börse gegangen ist und dort spekuliert hat, der Wert papiere angelegt hat, dieser junge unerfahrene Mensch zu Seidemann hinausgefayren uno hat sich als Fachmann die ganzen Betriebe beguckt Herr Renner bat vorhin schon festgestellt: Wo ein Elektrizitätswerk sein sollte, dort fehlen. Ich glaube, Herr vr. vöhine hat da- selbst nick- al- eine Beförderung «»»gesehen. Aber da- alles H nicht so wichtig. Wichtiger war mir, auf di« Au-sübrunaen des Herrn Abg. Kautzsch zu erwidern, betreffend die Verteilung der Denkschrift. Herr Aba. Kautzsch hat übersehen, daß diese Denkschrift ja gar nicht ein vom Landtag geforderter Bericht gewesen ist, sondern au- eigener Initiative von der Regierung herbeigezogen und veranlaßt ist, und zwar nur zu dem Zweck, der RegierunadaS Matenal an die Hand zu geben, um die Sache völlig zu durchschauen und ihre Antwort auf die Anfrage dementsprechend abgcben zu können. Es ist keineswegs Absicht gewesen, wie Herr Kautzsch sagte, daß diese Denkschrift vor der Behand lung im Landtag veröffentlicht werden sollte. Das wäre sogar ein großer Fehler gewesen. (Abg. Kautzsch: Habe ich nicht behauptet!) Sie haben bemängelt, daß wir sie nicht eher veröffentlicht hätten. Eine solche Veröffent lichung wollten wir gerade nicht. Wir haben uns aber von vornherein einverstanden erklärt, daß, wenn die Denkschrift vom Landtag angefordert würde —- und eS war ja bekannt, daß sie bearbeitet wurde, aus diesem Grunde ist schon einmal ein Termin im Landtag an gesetzt worden —, sie dem Landtag zuging, und diese Zusage haben wir durchaus eingehalten. Zunächst sind von dem Herrn Präsidenten Weckel drei Exemplare an- gefordert worden, wir haben ihm drei Exemplare herüber- aegeben, für ihn selbst, zweitens für das Archiv und dritten- für Hernr Abg. Günther, dessen Fraktion den An trag gestellt hatte. Dann sind wir in den nächsten Tagen gebeten worden, auch für die Fraktionen die Denkschrift herüberzugebcn. Wir haben darauf für jede Fraktion ein Exemplar herüberaegeben. Viel weiter reichten die Exemplare nicht. Wir hielten es auch nicht für richtig, die Denkschrift in zu großem Umfange zu verteilen, well sonst die Gefahr bestand, daß sie allzu ausgiebig schon vor dem Plenum in der Presse behandelt wurde. Wie wenig erwünscht das gewesen wäre, haben Sie ja aus einem Teil der tatsächlich erfolgten Ver öffentlichungen gesehen. Ich glaube, wir haben hier ganz korrekt gehandelt. Selbstverständlich haben wir nichts gagegen cinzuwrnden, wenn die Denkschrift jetzt in die Hände jedes Abgeordneten gelangt. Das tväre aber Sache des Landtages. Der Landtag bat das Gutachten bekommen und kann jetzt die Umdrucke Herstellen lasten. Abg. Hctdt (Altsoz.): Für mich kann die Denkschrift, die von dem Herrn Präsidenten Schieck verantwortlich gezeichnet ist, nicht für die Beurteilung des Falles maß gebend fein. (Hört, hört! b. d. Soz.) Einmal ist sie außer ordentlich lückenhaft, sie unterläßt es beispielsweise, auf die Tinge cinzugehen, die sich abgespielt haben, als die ganze Angelegenheit in der II. Abteilung des Ministerium- des Innern spielte. (Zuruf b. d. Soz.: Absicht!). Es wird zwar in der Denkschrift gesagt, der Direktor der I. Ab teilung, Herr Ministerialdirektor vr. Fritzsche, habe die Verantwortung für die Kreditgewährung an die Firma Seidemann abgclehnt, aber die ganze Sache hat ja auch sehr lange in der II. Abteilung deS Ministeriums des Innern gespielt. Was ist denn nun daraus geworden? Wenn drc Denkschrift Rückschlüffe zulassen wollte, auf denen man ausbauen kann, dann müßten doch zum min desten auch diese Vorgänge in der Denkschrift enthalten sein. Sie fehlen aber vollständig. (Abg. Günther: Des halb Untersuchungsausschuß!) Ich kann es dem Herrn Präsidenten Schieck nachfühlen — ich teile in dieser Be ziehung auch feine Auffassung —, weshalb er darauf nicht cingcgangen ist. Dann wäre es aber schon besser gewesen, man wäre mit dieser Denkschrift überhaupt nicht an die Öffentlichkeit gekommen. Jur übrigen kann diese Denkschrift aber auch aus einem zweiten Grunde nicht maßgebend sein. Wer sie durchaeleseu hat, wird finden, daß sehr viele Werturteile in dieser Denkschrift enthalten sind, und Werturteile sind — mag man sich dazu Kellen, wie man will — doch immer mehr oder minder subjektiv. (Sehr richtig! b. d. Soz ) Aus diesen Erwägungen möchte ich dafür plädieren, daß man sich, namentlich in der Öffentlichkeit, doch zu nächst jeden Urteils enthält und erst einmal den Gang und die Untersuchung selbst abwartct und sieht, was dabei herauskommt. Im übrigen ist es ja ganz selbstverständlich, dar über wird sich wohl der gesamte Landtag einig sein von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken, daß es sich um einen außerordentlich betrüblickren Fall han delt (Sehr richtig! links.) und daß, »venn einer von uns vorher auch nur eine Ahnung gehabt hätte, wie die Dinge standen, »vir uns alle für verpflichtet gehalten hätten, einzuareifen und die maßgebenden Stellen zu unterrichten. Es handelt sich hier um den typischen Fall, daß immer wieder Gelder gegeben werden, um das früher gegebene Geld zu retten, ein Fall, der nicht vereinzelt dasteht. Es ist cm Fall, der an sich alle Tage vorlommt, der auch jeder Bank unterläuft, auch wenn sie den ge wiegtesten Banksachverständigen in Anspruch genommen l)at. Man denkt immer wieder: jetzt hast du so viel hincin- gesteckt, wenn du noch so viel dazu gibst, kannst du viel leicht alles retten! Läuft die Sache gut — damit kehre ich zurück, wie man diese Dinge vom Standpunkt eine- Berwaltungsbeamten betrachtet —, dann kommt der Be treffende und sagt: seht einmal, was für einen Stein m Brett ich mir wieder geschaffen habe. Läuft die Sache chief, dann will es keiner gewesen sem! Ich habe nach der Richtung in unangenehmen Sachen genügend Er- fahrungen. Ich weiß auch, daß dieser Fall thpisck ist für die Einstellung der einzelnen Ministerien zueinander und gegeneinander. Kein Ministerium will sich auch nur ein Jota nehmen lassen, sondern es klammert sich mit aller Macht an das, was cs bisher hatte, um dann, wenn bei den Arbeiten etwas herauskommt, sagen zu können: das haben wir gemacht, das haben wir erreicht! Hier ist nichts erreicht worden, nun will es keiner gewesen sein. Ich bin der Meinung, daß, wie die Sache hier liegt, schon 1924 der Präsident des StaatSrechnungshofeS den Ministerpräsidenten auf diese Dinge hätte aufmerksam macken müssen, als er das Schreiben an das Finanz ministerium richtete; er hätte schon damals die Gesamt regierung informieren müssen. Ich stelle hier fest: da- ist unterblieben. Cs ist dann zu einer Vereinbarung zwischen dem Finanzministerium und dem Arbeitsmini sterium gekommen — wir ersehen das jetzt au- den Akten —, im Laufe de- Jahres 1925, und dann wird
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