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Sächsische Staatszeitung : 16.12.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192912165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19291216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19291216
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-12
- Tag 1929-12-16
-
Monat
1929-12
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 16.12.1929
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IS» Fortsetzung zm Landtagsbeilage Nr. 33 1S29 Heren Herrn Reichs»v»rtschastsn»inister vr. Eurtius »venden können, dem wir meiner Meinung nach alle diese ganz ungenügenden Zoll- und Handelsverträge zu verdanken haben. (Sehr gut! b. d. Dnat.) ES ist z. B. gesagt worden, daß er den Hern: Trendelenburg nach Madrid geschickt hat mit der strikten Weisung, binnen 3 Tagen einen Handelsvertrag mit Spanien fertigzumachen. Das ist ge schehen. Er ist aber auch entsprechend ausgefallen, und ganz ähnlich ist es geschehen mit dem Handelsvertrag mit Frankreich, der ja für die Notlage in unserer Textil industrie, unserer Stickereiindustrie in hohem Maße ver antwortlich zu machen ist. Es ist eine grurrdsätzlich falsche Einstellung, daß man glaubt, in einer Welt, wo überall die Länder durch hohe Zollmauern geschützt werden, nun ausgerechnet in Deutsch land niedrige Zölle anwenden zu können. Ter Schutz des Schwachen ist der Panzer, und wir hätten allen Anlaß, uns den Panzer des Hochschutzzolles zuzulegen, nm auf Grund dieser ursprünglichen Zölle Handels verträge mit anderen Ländern zu machen, aber nicht auf der Grundlage der Meistbegünstigung, sondern als auto nome mch Vertragstarife. In einem anderen Zweige, der in Sachsen früher eine große Blüte erlebte, in der Metallindustrie sieht es augenblicklich vielleicht am allerschlechtesten aus, denn die Kapitalbildung ist zu gering, als daß die Maschinen fabriken, die ja in der Hauptsache stehendes Kapital Herstellen, stark beschäftigt sein könnten. Im übrigen kommt auch hier wieder die Schwierigkeit des Stand ortes in Frage, daß die Frachten für Eisen alle auf der Basis, glaube ich, Gelsenkirchen berechnet werden und daß ebenso die Schrottpreise für Abfälle auf derselben Basis berechnt werden, so daß Sachsen außerordentlich ungünstig liegt und ständig mit großen Borunkosten bo lastet ist. Alles dies war ja in gewisser Beziehung auch früher schon der Fall. Aber damals war das Gegen gewicht, daß die Löhne geringer waren als z. B. in Rheinland-Westfalen, Berlin und in anderen Zentren der Metallindustrie. Jetzt ist auch das angeglichen, und zwar sind wir in dieser Allgleichung insofern hoch gegangen, als »vir gegenüber den Nachbarländern Thüringen und Schlesien bei sehr vielen Industrien höhere Tariflöhne haben als dort. Und vollends, wenn man unsere Löhne mit denen in der Tschechoslowakei vergleicht, so muß inan anerkennen, daß »vir beim Ver gleich der Ausfuhr natürlich außerordentlich schwierigere Verhältnisse, größere Schwierigkeiten als diese Länder haben. Nun kommt der Steuerdruck hinzu, der sich gerade bei mittleren und kleinen Betrieben vollständig auswirken kann, worauf Herr Ministerialdirektor Or. Klien schon hingewiesen hat. Wenn aber die Steuer alles wcgnimmt, so bleibt für einen derartigen kleinen oder mittleren Betrieb nichts übrig, und für ihn wird es immer schwierig sein, sich das nötige Kapital zu be schallen. Run hat es mich hellte und auch scholl im Ausschuß außerordentlich gefreut, daß der Herr Abg. Arndt gesagt hat, nach Ansicht der Sozialdemokratie wären die Kredite, die lvir vor einigen Jahren für die vogtläudischen Sticker gegeben haben, einfach ins Wasser geworfene Gelder gewesen. Ich bin seinerzeit nicht der Ansicht gewesen, daß man diese Kredite nicht geben sollte, sondern ich habe mich nur dagegen gewandt, daß über diese 1,5 Mill. M. hinaus, die zunächst gegeben worden waren, noch weitere Gelder gegeben werden sollten, und da bin ich von der Sozialdemokratie beim Wahl kampf 1926 außerordentlich angegriffen worden, ich hätte damals die nur als Vizepräsident des Landtags zu- stehende Macht mißbraucht, um einem Lohngcwerbc die dringend notwendigen Kredite abzudrosscln! Wir sehen im allgemeinen jetzt eine Kapitalkonzentration in gewissen Gegenden, im Rheinland, in Berlin usw., und das hat nicht nur für die Kapitalversorguug selbst sür Sächselt Nachteile, sondern auch dadurch, daß ganz naturgemäß die Aufträge dorthin gehen, wo man bequem gleichzeitig viel erledigen kann. Es ist natürlich sehr viel einfacher, man vergibt einen großen Posten aus einmal an einen Lieferanten, als daß man so hundert kleine Macher zusammenruft und mit ihnen einzeln ver handelt. Es ist für uns naturgemäß eilt großes Unglück, daß lvir nicht mehr die Sächsische Staatsbahn haben, mit der wir früher doch immerhin in schwierigen Zeiten durch Vergebung von Aufträgen eingreifen konnten, sondern daß lvir jetzt der Reichsbahn gegenüberstchen, die immer mal wieder energisch an die Einhaltung der seinerzeit geschlossenen Verträge erinnert werden muß. Für unser Sachsen ist ja nun die Umsatzeuer außer ordentlich schädlich, weil sic bei unserer Fcrtigindllstrie,. wo eine Ware durch fünf, sechs, sieben, acht Betriebe geht, die Ware immer wieder mit der Umsatzsteuer belastet. Da könnten wir allerdings in Sachsen meiner Ansicht nach doch noch viel tun, wenn lvir steuerlich den Betrieben cttvas entgegenkommen würden. Und wenn es auch sonst schwer ist, weitere Mittel zu finden, die durchgreifend helfen, so ist doch eins der wichtigsten, daß wir selbst in Sachse»! die Aufträge möglichst all sächsische Firmen ver geben. Ich bin durchaus nicht der Ansicht, daß das die Regel sein soll, daß mail sagt: Sachsen nur für Sachsen! Das würde sich ja auf die Dauer gar nicht durchhaltcn lassen. Aber ich halte es sür selbstverständlich, daß in einer Zeit, wo gerade die sächsische Industrie und die sächsische Wirtschaft so danieder liegt, von, Staate, von den Gemeinden und von den öffentlichen Betrieben aus mit allem Willen geprüft wird, ob man den Auftrag nicht an eine sächsische Firma geben kann. Ta scheint mir besonders der Erinnerung bedürftig die Aktien gesellschaft Sächsische Werke zu sein. . Dann die Arbeitsbeschaffung! über die Notstands arbeiten kann man sehr verschieden denken. Rian kann näm lich auch sagen, daß Notstandsarbeiten eine falsche Kapital- blldung sind, daß nran das Geld, das man für Notstands arbeiten ausgibt, besser dazu verwenden könnte, daß man es den Betrieben zuführt, die an Kapitalmangel leiden, so daß nachher mit verhältnismäßig geringen Be trägen eine viel größere Wirkung für den Arbeitsmarkt erzielt werden kann, als daß man nun durch Steuern das Geld aus der Wirtschaft herauspreßt und in Kanälen, Talsperren oder ähnlichen weniger lukrativen Unternehmungen gewissermaßen totschlägt, denn tvas das der Goldwert der Mark heute ein anderer geworden ist und daß tatsächlich der Kapitalzuwachs, wenn er richtig beziffert worden ,st mit 8 Milliarden, eben goldmäßig gesehen nur einen solchen von 4,8 Milliarden bedeutet. Zieht man nun die Wirkungen dieser außenpoli tisch und innenpolitisch bedenklichen Entwicklung auf Sachsen, so erkennen wir, daß diese Wirkungen sich in unserem engeren Vaterlande besonders schwer zeigen. Es ist in der Natur der sächsischen Wirt schaft begründet, daß wir eine Arbeitslosigkeit dieses Umfanges haben. Air sind uns alle darüber einig, daß gerade diese Struktur der sächsischen Wirtschaft Vorteile wie auch Nachteile in der jetzigen Zeit ein- chließt. Tie Vorteile liegen darin, daß die Tüchtigkeit »es persönlichen Unternehmers beigetragen hat zu der eingegliederten Wirtschaft, wie wir sie in Sachsen kennen, und daß der persönliche Mut und die persönliche Kraft des einzelnen Inhabers die sächsische Industrie und ihre Wirtschaft in so hohem Maße entwickelt hat, wie wir es heute sehen. Es kann aber auch nicht geleugnet werden, daß in einer Zeit, in der der Kapitalmangel die gesamte Wirtschaft bestimmt, aus dieser Struktur sich Nachteile ergeben. Wir »oissen, daß es dem persönlichen Unter nehmer viel schwerer ist, das erforderliche Kapital auf- zunehmen, um seine Betriebe umzustellen, daß die Nicht- gebundenheit an einen größeren Konzern ein weiterer Grund ist, ihm die Aufnahme von Krediten zu erschweren. Wir sehen einen weiteren Vorteil in der Gestaltung der sächsischen Wirtschaft darin, daß das Verhältnis zur Arbeiterschaft noch in so hohem Umfange in der sächsischen Wirtschaft ein persönliches ist gegenüber dein unpersönlich geführten Aktienkapital und Kapital in anderer Form. Auch die geographische Lage Sachsens muß bewertet werden. Wir liegen außerordentlich ungünstig zur Grenze, wir liege»» ungünstig hinsichtlich des Rohstoffbczuges und des Bezuges der Halbfertigfabrikate zu Rheinland und Westfalen, und erfahren damit für unsere sächsische Wirt schaft eine Vorbelastung hinsichtlich der Frachten, die durchaus als Faktor bei deu Gestehungskosten zu werten ist. J»r diesem Rahmen muß mm» Vie Frage des säch sischen Lohnniveaus betrachten. Ich will auf Einzel heiten nicht cingchen, mir liege»» aber eine Unmenge voi» Berichten aus den maßgebenden Industrien Sachsens vor, in denen immer und immer wieder zahlenmäßig bewiesen wird, daß das sächsische Lohnniveau, innner im Gesamtrahmen aller Gestehungskosten und aller Faktoren dieser Gestehungskosten betrachtet, doch eine erhebliche Rolle spielt. Es kam» nicht geleugnet werden, daß in der Fcrtigindustrie der Lohnfaktor eine andere Nolle spielt als in der Schwerindustrie. Ich habe im Ausschuß darauf hingewiesen, daß vor allen Dinge»» unsere Greuzbctriebe in Sachsen in der Textil industrie ganz außerordentlich darunter leiden, daß die tschechische»» Löhne bei 90 Proz. der deutsche»» Löhne, herabgchcnd bis auf 60 Proz. in» inneren Lande, liegen und daß naturgemäß, auch geniessen an dem Umstande, daß die tschechische steuerliche Belastung wesentlich ge ringer ist als die in Sachsen und im Reich, selbstverständ lich die Konkurrcnzsähiglcit unserer Textilindustrie auf das schwerste beeinträchtigt ist. Nur so muß man meines Erachtens die Frage nach der Höhe des säch sische»» Lohnniveaus und seiner Bedeutung sür die sächsische Wirtschaft betrachten. (Kanz ähnlich liegen die Verhältnisse in der sächsischen Papierindustrie. Auch dec Nvhstoffbezu g ist entscheidend, gerade in der sächsischen Papierindustrie. Während früher in der Tschechoslowakei die Papierindustrie noch »venig entwickelt »var, ist der Verbrcuub an tschechischen» Holz jetzt in der Tschechoslowakei infolge der starken Entwicklung dieser Industrie derart stark gestiegen, daß die sächsische Papier industrie in immer kleinerem Umfange sich in ihrem Nohftoffbezug auf diese ehemalige Basis stützen kann. Sic ist gezwungen, aus Polen in» wesentlichen den Roh stoff cinzukaufcn. Tas bedeutet, daß der Betrieb, den ich hier im Auge habe, um 360000 M. etwa in» Jahre mehr Frachtei» zu zahlen hat als die Konkurrenzfirma, die in Schlesien liegt. Man wird mir doch zugestehen inüssen, daß eben das sächsische Unternehmen diese 360000 M. mehr Fracht verdiemm muß, einnchmcn »nutz. Auf die sächsische Musikinstrumentenindustrie ist »nein Freund Frucht vorgestern bei der Beratung der Zollfrage eingegangen. Wir wissen, daß die sächsische Musikinstrumcntcnindustric bei Klingenthal heute in einer außerordentlich fchwierigen Lage ist, »veil die Halbfabrikate zu einem Preise vor allen Dingen für die Geiger» aus der Tschechoslowakei cingcführt werden, der einfach sür Deutschland und die sächsische Jnstrumcntenindustrie un möglich ist, erreicht zu werden. Auch von der Industrie der Steine und Erden wird mir berichtet, daß die Löhne höher sind als in der» benachbarte»» Länder»». Entscheidend ist immer die Frage: Zu welchem Preise kann ich das Endprodukt Herstellen? Und »veiter ist ent scheidend die Frage: Kann ich zu diesem Preise, den ich unbedingt Haber» muß, wenn mein Unternehmen gesund bleiben soll, absetzen? U»»d diese Grenze, die das immer wieder geltende Gesetz vor» Angebot und dlachfrage ver- wisck)en wird, ist für die sächsische Industrie in einen» außerordentlich großen Umfange überschritten, und nicht zuletzt aus dieser Tatsache heraus erklärt sich die un geheure Arbeitslosigkeit unserer Wirtschaft. Mein Herr Vorredner hat schon darauf hingewiesen, das» inan in Sachsen auch mit Recht über eure ganze Reil»e von Steuer»» klagt, die als Wirtschafts- und pro- duktionsfeindlich angesehen »verden müssen. Von meinen» Standpunkte aus gesehen, und hier treffe ich mich mit meinem Vorredner, gilt das in einen» ganz besonderen Maße für die Mretzinssteuer für gewerbliche Räurne. Die Mietzinssteuer für gewerbliche Räume ist, von» Standpunkt jeder Wirtschaft aus gesehen, eine Besteuerung des Produktionsmittels und sollte allein aus dieser Erwägung heraus unter allen Umständen ab gelehnt werden. Es kann gar keine Frage sein, daß die Lage unserer Wirtschaft vor» vielen noch zu optimistisch gesehei» wird. Ich »veise Sie auf die Berichte »n den heutigen Abend zeitungen hin, und besonders darauf, daß zu der außer ordentlichen Mitgliederversammlung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie nach diesen Zeitungsmeldungen Kapital wert ist, ersieht man erst auö der Rente, die das Kapital ergibt. Da aber bei Kanälen, bei Talsperren nie auch nur »nit einer bescheidenen Rente zu rechnen ist, mutz inan das als falsche Kapitalbildung bezeichnen, die eigentlich nur aus Überschüsse»» der W»rtschaft erfolge»» darf, die mar» aber in Zeiten der Rot nickst unternehmen soll. Weiter zum Wohnungsbau! Unser Wohnungsbau scheitert ja hauptsächlich weniger an der Höhe der Kosten als an der Höhe der Zinsen, die für die Baukostei» auf- gewendet werden mü sen. In dem hohen Zinsfuß spricht sich auch unsere Kapita armut aus. Wenn nun heute in einen» Antrag gefordert wird, daß man sämtliches Aufkommen aus der Aufwertungssteuer für den Wohnungsbau ver wenden soll, dann bleibt gar nichts anderes übrig, als die Teile, die jetzt gewissermaßen als Steuer für den allgemeinen Staatsbedarf verwendet werden, durch neue Steuer»» aus der Wirtschaft herauszuholcn. Das, was man auf der eine»» Seite also dann den» Maurer gibt, nimmt man auf der anderen Seite wieder dem Schlosser oder den» Textilarbeiter ab. Ich bin deshalb der Ansicht, wenn wir zu Halbwegs tragbarer» Bedingungen Kapital aus den» Auslande bekommen, soll man es zunächst in» Wohnungsbail anlegen, weil der Wohnungsbau doch das Schlüsselgewerbe ist für die meisten andere»» Gewerbe. Wir haben uns bei unserer Aussprache lediglich auf die Industrie beschränkt. Ich möchte nur darauf Hin weisen, daß wir selbstverständlich auch die sächsische Laird wirtschaft nicht vergessen dürfen, und daß die Fürsorge, die wir jetzt sür die Industrie hier verlangen, »richt minder, sondern eher in verstärktem Maße der sächsischen Landwirtschaft gelten muß; dein» ei»» großer Teil unserer Schwierigkeite»» ist ja durch die schlechte Lage der Land wirtschaft und das Ausfallen ihrer Kaufkraft bedingt. Aber alle diese Mittel werde»» uns nicht viel Helfer». Es gibt nur ein großes und durchschlagendes Mittel, dessen Rezept schon sehr alt ist und das Benjamin Franklin einmal deutlich in folgende Worte zllsammengcfaßt hat: „Nur durch Arbeit und durch Sparsamkeit kann ein Volk groß und glücklich werden; wer euch etwas anderes sagt, den» glaubt nicht, das ist ein Giftmischer!" Wen,» wir nach diesen» Rezept verfahren, dann wird nicht nur die sächsische Industrie und die sächsische Landwirtschaft wieder aufblühcn, sondern vor alle»» Dingen werden die Arbeiter selbst den größte,» Vorteil davor» haben. (Lebhafter Bei fall b. d. Tnat.) Abg. Lippe (T. Vp.): Wer sich über die Gründc zu der Wirtschaftslage, wie wir sie heute im Reiche und insbesondere in.Sachsen vor uns sehen, klar werden will, der muß seine Blicke zurückwenden an die Jahreswende 1923M, bis zu jenem Zeitpunkt, in den, der Schleier der Inflation fiel und »vir mit eincm Male in der gc samten deutschen Wirtschaft, ganz gleichgültig, wo »vir standen, erkannten, wie arm wir geworden waren. TaS gilt ganz besonders sür die gesäurte Wirtschaft, die sich um jene Jahreswende herum in eine terra ineognita begab, als sie aufbauend auf der soeben geschaffenen Rentcnmark sich nun anschickte, wieder Arbeit zu sckwffcn. Sie erinnern sich, daß damals die ungeheuren Ein griffe steuerlicher Art in die Substanz erfolgten. Ich darf Ihnen weiter in die Erinnerung zurückrufcn, daß dann durch den Zwang zur Goldmarkerösfnungs- bilanz die Wirtschaft dazu übergehe»» »nutzte, die ihr ver bliebenen Werte neu einzufchätzen, wobei sie sich, was die Mindcstwertc anlangt, in stärkster Weise an die Por schriften des Reichssinanzministeriums gebunden sah. Neben dieser Steuerpolitik mit ihren unerhörter» Ein griffen in die Bcrmögcnssttbstanz ging, von 1924 an ge sehen, eine vollkommen verfehlte Wirtschafts Politik einher. Wir erkannten nicht rechtzeitig, daß das entscheidende Moment sür eine Volkswirtschaft die Frage ist, welche Kaufkraft deu» Zahlungsmittel inne- wohnt, mit den» »vir unsere Lebensbedürfnisse decken, gegen das »vir unsere Lcbcnsbcdürfniffe eintauschen. Und so wurde eine heute auch von gewerkschaftlicher Seite anerkannte falsche Lohnpolitik getrieben, die ganz notwendigerweise auf der sozialpolitischen Seite zu eitler Überspannung der sozialpolitischen Lasten führen mußte, da naturgemäß mit dem steigenden Lohnniveau, an Markeinkommen gerechnet, die sozialpolitischen Lasten ebenfalls gesteigert »verden mutzen. Jeder, der guten Willens ist, wirtschaftlich zu denken, wird mir recht geben, wenn ich behaupte, daß diese Art der Wirtschafts politik zur Vernichtung des Betriebskapitals in der deutschen Wirtschaft bis zu dem Grade geführt hat, dem wir uns heute gegcnübersehen. Es kommt hinzu, daß diese Art Steuer und Lohn politik ohne Rücksicht ans den Umstand getrieben wurde, daß Teutschland den Feindbundmächtcn tributpflichtig ist, in einen» Umfang, der von einer Milliarde 1924 —25 auf 2^ Milliarden in den Jahren 1928— 29 gestiegen ist. ES ist Tatsache, daß diese Reparationslasten durch den Rcparationsagentcn ohne Rüchicht auf die Mög lichkcit, aus deutschen Ausfuhrüberschüssen diese Lasten zu transferieren, transferiert »vorder» sind, und daß aus dieser Transferierung sich sür die deutsche Wirtschaft not wendigerwcise das «Streben ergab, Auslandskapital in eitlem Umfange nach Deutschland zu ziehen, der, bremst nran ihn nicht ab, in der Zukunft unserer Volkswirt schäft unter alle»« Umständen verderblich »verden muß. Daß die Auslandsverschuldungen in Höhe von 6 Milliarden kurzfristiger Kredite zunächft dazu gedient haben, un» in den letzten fünf Reparationsjahrcn etwa die Hälfte der Reparationslast in ausländische Währung zu transferieren, ist ein Gesichtspunkt, auf den auf merksam gemacht werden möchte. Zusammenwirkend »nit einer falschen Wirtschafts- und Lohnpolitik und einer falsche»» Steuer- und Sozialpolitik »mißte»» natur gemäß die Rcparationslastcn zu einer Blutleere der deutschen Wirtschaft führen, die wir heute in dem Kapitalmangel unserer Wirtschaft erkenne»». Es ist richtig, daß, wenn ich »»»ich recht erinnere, auf dem letzten deutschen Bankiertage der Kapitalzuwachs in Deutschland mit etwa 8 Milliarde»» beziffert wordei» ist, eine Ziffer, die wohl auch in» Ausschuß genannt worden war. Es »vllrde darauf hingewiesen, daß damit der Kapitalzuwachs genau die gleiche Höhe erreicht habe, wie das deutsche Volksvermögen in den Vorkriegsjahren gestiegen sei. Nicht bedacht »vird aber die Tatsache, daß
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