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Sächsische Staatszeitung : 13.03.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192903133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19290313
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19290313
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-03
- Tag 1929-03-13
-
Monat
1929-03
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 13.03.1929
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sro (Fortsetzung m der nächsten veikgo.) treibt sogar -u Verzweiflungstaten in der Arbeiterklasse. Dazu kommt noch, daß die Arbeiterklasse bei der furcht- baren Kälte dieses langen Winters außerordentlich er höhte Ausgaben gehabt hat für Beschaffung von Feuerung, Kleidung usw.; und diese erhöhten Ausgaben haben die Arbeiter nicht durch erhöhte Einnahmen bestreiten können, sondern sie mußten sie bestreiten, indem sie sich das ein fach vom Munde abdarben mußten. Sie waren also der Unterernährung unterworfen. Daraus erklärt sich auch die furchtbare Grippeepidemie, die gerade in den kalter, Monaten gehaust hat. Es war das nicht eine Krankheit infolge der starken Kälte, sondern die Krankheit war eine Folge der unerhörten Unterernährung, der die Arbeiter klasse unterworfen ist. Weiter kommt noch hinzu, daß die Arbeiter außerstande sind, mit den erbärmlichen Löhnen auch nur die allernotwendigsten Bedürfnisse zu bestreiten. Jede Lohnerhöhung wird sofort wieder durch die immer währende Preissteigerung illusorisch gemacht. Weiter wirkt neben der Preissteigerung die Lohnsteuer gerade zu ungeheuerlich, wen« uicht die steuerfreie Grenze hinaufgesetzt wird. Tie im Juli beschlossene Lohnsteuer- senkung hat den Arbeitern fast gar nichts gebracht. Für diese Lohnsteuersenkung hat sich die Sozialdemokratie sehr warm eingesetzt und hat das noch als eine besondere Tat gepriesen. (Aba. Tobbert: 30 Millionen sind kein Pappenstiel, Herr Kollege!) Wir müssen seststellen, es kommt nicht auf die Gesamtsumme an, sondern dar auf, welche Wirkung es für den einzelnen Arbeiter hat. Was nützt dem Arbeiter, wenn eine große Summe Steuer ermäßigung kommt, und er hat keinen Borteil davon? Wir sind der Meinung, daß diese Steuerermäßigung nur ein Scheinmanöver zur Irreführung der Massen gewesen ist. Diese Steuerermäßigung, die man den Arbeitern damals gab, wird jetzt wieder aufgeholt durch den sozial demokratischen Finanzminister Hilferding. Er hat laauter Steuern vorgefehen, die die breiten Massen aufzubringen haben. Man sollte annehmen, daß ein sozialdemokratischer Minister, wenn er den Etat decken will, seine Steuern doch dort eintreiben sollte, wo sie wirklich einzuholen wären. Nun hat sich Herr Hilferding auch der Besitzenden angenommen. Er hat ihnen erlassen 31 Millionen an Gesellschafts-, Wertpapier- und Börsenumsatzsteuer. Er geht dazu über, die Erbschaftssteuer zu erhöhen, und er läßt ihnen wieder 40 Millionen Bermögensstener als Nacherhebung. Wir sehen also, auf der einen Seite be steuert er sie, und auf der anderen Seite erläßt er ihnen wieder um so größere Summen an Steuern, so daß die Besitzenden dabei nicht betroffen werden. Das ist das, was ein sozialdemokratischer Finanzminister den Arbeiter massen als Wohltaten bringt, wo man besonders vor der Wahl die Arbeitermassen damit gefangen hat, daß, wenn sie ins Ministerium kommen, wenn sie Anteil haben an der Macht, dann die Arbeitermasse etwas ganz anderes erfahren wird. Bei der Ausstellung des Haushaltplanes müssen wir feststellen, daß Hilferding es fertig gebracht hat, einen Etat auszustellen von über 10 Milliarden. Das hat ihm noch kein Minister von der Bürgerblockregie rung vorgemacht, und dabei holt er die erhöhten Ausgaben durch Belastung der breiten Arbcitermassen herein. Das ist das Schlimme, was wir hier bei diesem von einem sozial demokratischen Minister aufgestellten Etat feststellen müssen. Nach dem sozialdemokratischen Pressedienst voni 11. Januar versucht Hilferding sogar, die sozialen Aus gaben um 200 Millionen zu kürzen. Im Erzgebirge hat am 24. Februar eine Konferenz des sozialdemokratischen Untcrbezirks in Scharfenstein getagt. Dort zeigte sich schon die Helle Empörung, die die sozialdemokratischen Arbeiter ihren Ministern entgegenbringen. Tie sozial demokratischen Arbeiter erkennen langsam, wie sie von ihren Führern verraten und verkauft werden. Sie bringen bereits ihren Unwillen zum Ausdruck gegen diese Politik, die die sozialdemokratischen Minister im Dienste der Kapitalistenklasse durchführen, und wir werden alles tun, was notwendig ist, um die Arbeiterklasse gegen diese Koali- tionspolitik der sozialdemokratischen Minister zu mobili sieren. Wir werden nicht verfehlen, die sozialdemokra tischen Arbeiter aufzuklären und ihnen zu sagen, daß sie nichts erreichen können in weiterer Gefolgschaft ihrer Führer auf dell Ministersesseln, sondern daß sie nur im aktiven Kampfe gemeinsam mit der Kominnnistischen Partei bessere Zustande erringen können. Wir werden alles tun, um die Arbeiter zu außerparlamentarischen Aktionen zujckmmenzufassen, damit sie diesen Zuständen des Ar- bcnerverrates von außen her ein Ende bereiten. Aus dem, was in den Parlamenten von den angeblichen Ar- beitervertrelern auf dell Ministersesseln geleistet wird, haben sie nichts zu erwarten, sondern sie können nur etwas erhoffen, wenn sie ihre ganze Kraft gemeinsam einsetzell und ihren Kampf auf der Straße aufnehmen gegen alle die Verschlechterungen, die gemeinsam voll den sozial demokratischen Ministern mit dein Bürgertum unter nommen werden. (Ironisches Bravo! b. d. Dnat. — Zu- rnf b. d. Soz.: Gut gebrüllt! — Abg. Geiser: Nein, nur gebrüllt! — Heiterkett.) Punkt 9: Erste Beratung über den Antrag des Abg. Böttcher u. Gen. wegen Abänderung des Verteilungs schlüssels für die Einkommen- und Körperschaftssteuer. (Drucksache Rr. 1132.) Der Antrag Nr. 1132 lautet: Die letzten Verteilungen aus dem Landesanteil der Einkommeil- und Körperschaftssteuer an die Ge meinden beweisen anfs neue die dringende Notwendig keit der Abänderung des Verteilungsschlüssels. Die auftretendcn Unterschiede im Steueranteil pro Kopf der Einwohner in Höhe von 215,74 bis 17,11 RM. müssen unter allen Umständen beseitigt werden. Der Landtag wolle deshalb beschließen: die Negierung zu beauftragen, den Verteilungsschlüssel wie folgt abzuändern: 1. Der den Gemeinden insgesamt zufließende Anteil aus der Einkommen- und Körperschaftssteuer ist zu fünf Sechsteln nach der bei der letzten Volks zählung festgestellten Einwohnerzahl an alle Städte und Gemeinden gleichmäßig zu verteilen. >. Vom restlichen Sechstel werden an die Groß- und Mittelstädte von über'30 000 Einwohnern 50 Proz., an die Gemeinden und Städte von 3000 bis 30 000 Einwohnern 30 Proz., an die Gemeinden unter 3000 Einwohner 20 Proz. verteilt. S. Der neue Schlüssel tritt mit dem 1. Januar 1929 in Kraft. Abg. Schreiber (Oberwürfchnitz) (Oppos.Komm. — zu» Begründung): über die Finanznot der Gemeinden ist in den letzten Monaten wieder so viel gesprochen und geschrieben worden, daß die Frage über die Abstellung dieser Verhält nisse wirklich einmal gelöst werden müßte. Was sind die Ur sachen zu diesen Dingen? Bor einigen Jahren kurz nach der Inflation hieß es, die Gemeinden schwämmen im Gelbe. Die deutsche Bourgeoisie, vor allen Dingen das Trustkapital an der Spitze machte eine Hetzkampagne im ganzen Lande gegen die Gemeinden, denen man des halb nicht mehr das Recht, Ausgaben für soziale Leistungen usw. zu machen, zugestehen sollte. Schon damals wollte man das abbauen, was die Gemeinden infolge der ge steigerten Notlage der breiten Schichten der Werktätigen diesen Kreisen zukommen ließen. Seit jener Zeit hat sich das Bild wesentlich verschoben. Heute wird von keiner Seite mehr davon gesprochen, daß die Gemeinden im Gelde schwimmen. Heute müssen selbst die ärgsten Reak tionäre, selbst der Verband Sächsischer Industrieller zugeben, daß eine ungeheure Finanznot bei den Gemeinden, vor allen Dingen bei den Arbeiterwohnsitzgemeinden, festzustellen ist. Ich glaube, es ist nicht notwendig, auf die tieferen Ursachen hinzuweisen, sie liegen darin, daß die deutsche Bourgeoisie alle Lasten ihres verlorenen Krie ges wieder auf die Arbeiterschaft abwälzt, und nicht nur das, sondern daß sie auch ihre neue imperialistische Politik auf der weiteren Ausbeutung der Arbeiterklasse aufbaut, und daß ihr jedes Mittel geeignet erscheint, dieses Ziel zu erreichen. Und die Ausplünderung der Gemeinden ist mit ein Weg, zu diesem Ziele zu gelangen. Aber die Dinge haben sich jetzt dermaßen zugespitzt, daß man nunmehr wirklich etwas unternehmen muß, und wie aus einer Mitteilung des Sächsischen Gemeinde tages hervorgeht, haben auch in der letzten Zeit Verhand lungen mit der Regierung stattgefunden, die die Finanz not der Gemeinden beseitigen sollen. Diese Aussprache bat am 25. Februar stattgefuudeu. Es ist also beinahe schon wieder ein Monat ins Land gegangen, und die Gemeinden haben bis jetzt von einer Stellungnahme der Regierung noch nichts zu hören bekommen. Es müßte also heute eigentlich der Anlaß gegeben sein, daß die Regie rung auf die Versprechungen, die den Gemeinden am 25. Februar gemacht worden sind, etwas antwortet. Aber wie man seststellen kann, hält es der Herr Finanz minister uicht einmal für notwendig, bei der Beratung eines solchen Antrags gegenwärtig zu sein. Also das Inter esse der Regierung an der Beseitigung der Finanznot der Gemeinden ist gleich null. Was wird nun von den Gemeinden gefordert? Tic Gemeinden verlausten vor allen Dingen größere Zu wendungen von Mitteln für die Aufgaben, die ihnen zu gewiesen worden sind. Die Aufgaben der Gemeinden haben sich in den letzten Jahren kolossal gesteigert. Wenn man aber die Mittel, die den Gemeinden dafür zur Ver fügung stehen, ansieht, muß man seststellen, daß dort das Gegenteil cingetreten ist. Nach einer Statistik, die vom Statistischen Reichsamt herausgegeben worden ist, hat sich der Zuschußbedars bei den Gemeinden gegenüber den Zuwendungen, die der Staat gegeben hat, um rund 24 Proz. gesenkt. In dieser Statistik kommt ganz deutlich zum Ausdruck, daß die Tendenz, die Gemeinden auszu- höhlen, auch wirklich in die Praxis umgesetzt worden ist. Da ist es mm interessant, wie die einzelnen Stellen, sowohl die Regierung als auch die Bourgeoisie und der Verwaltungsapparat zu der Beseitigung der Finanznot. sich stellen. Ter Verband Sächsischer Industrieller hat die Forderung aufgestellt, wonach die Finanznot der Ge meinden dadurch zu beseitisten sei, daß verschiedene Aus gaben der Gemeinden beseitigt werden. Wenn man sich die Forderung des Verbandes Sächsischer Industrieller ansieht, dann muß man feststellen, daß es die alte For derung ist, die früher schon einmal von dieser Organi sation ausgestellt worden ist, die Forderung, die darauf hinausgeht, die Gemeinden nur zu einen: Büttel der deutschen Bourgeoisie gegenüber der Arbeiterklasse aus zubauen. Tie sogenannte Selbstverwaltung der Ge meinden, die ja keine Selbstverwaltung ist, solange die Gemeinden kein Geld haben, um das durchzuführen, was durchzuführen ist, soll aufgehoben werden, die über geordneten Behörden sollen das Recht bekommen, alle Ausgaben, die eine Gemeinde beschließt, zu korrigieren, wenn sie nicht in den Rahmen der sogenannten Notlage, in der sich Deutschland befindet, passen. Ein Rundschreiben einer Anzahl von Oberbürgermeistern aus Sachsen an den Sächsischen Gemeindetag, das streng vertraulich sein soll, zeigt aufs deutlichste die gleiche Absicht, die Finanznot der Gemeinden zu beseitigen. Wenn dieses Rundschreiben nicht so ellenlang wäre, wäre es wirklich wert, der brei testen Öffentlichkeit bekanntgenracht zu werden. Ich kann mir deshalb nur erlauben, einige Auszüge aus diesem Rund schreiben hier bekanntzugeben. Die sächsischen Ober bürgermeister sagen darin, daß die finanzielle Lage vieler sächsischer Städte unhaltbar geworden sei, daß diese Defizitwirtschaft viele Städte in absehbarer Zeit zu ihrem finanziellen Ruin führen müsse. Es widerspreche jeder gesunden Finanzwirtschaft, für laufende Ausgaben An leihen aufzunehmen und damit die Zukunft zu belasten, um die Gegenwart und die lebende Generation zu ent lasten. Dann kommt der Gedanke, daß die Gemeinde verordneten, die Vertreter aus der Bevölkerung heraus das Verantwortunstsgefühl verliere!» müßten, wenn sie bei einer solchen finanziellen Lage in den Gemeinden über Ausgaben beschließen sollen, für die keine Deckung da ist. Deshalb sagen die Oberbürgermeister, daß der Zeit punkt gekommen sei, die Gemeinden zu größerer Spar samkeit zu ermahnen. Man weiß doch, daß 90 Proz. der sächsischen Gemeinde,» heute mit ihrem Etat einfach nicht mehr auskommen können. 90 Proz. der Gemeinden sind nicht mehr in der Lage, auch nur die ihnen geste.lten Pflichtaufgaben durchzuführen. Ich habe eine ganze Reihe von Etats der Gemeinden herangezogen. Da muß feK- gestellt »verden, daß in diesem laufenden Etatjahre wiede rum 1b-30 Proz. der Ausgaben in jedem Monat nicht gedeckt werden können, so daß am Ende de- Jahre- wiede rum ungeheure Defizite in den Gemeindehaushalte»» ein treten werden. Nun erklären die Oberbürgermeister ganz einfach, die Gemeinden müssen zu größerer Sparsamkeit angemahnt werden. Es kann mit den Ausgaben nicht so weiter gehen. Und darauf sagen sie in ihren Forderungen auch, was geschehen soll. Sie sagen nämlich, es mü sen gewisse Ausgaben, d»e die Gemeinden heute allgemein überaus schwer belasten, verringert werden. Also gewisse Ausgaben! Unter diese gewisse Ausgaben gehören — wie es weiter heißt — vor allen Dingen die Wohlfahrts- und Fürsorgeaufstaben, da sie jetzt das 5- bis 10fache und noch mehr der Friedensausgaben ausmachen. Also alle Laste,» des Krieges, alle Lasten der Inflation, die sich vor allen Dingen in den Gemeinden zeigen, sollen restlos auf die Arbeiterklasse abgewälzt werden, da die Bourgeoisie es nicht notwendig hat, von den Wohlfahrts- und Fürsorge- einricytunaen Gebrauch zu machen. Nur diejenigen Ge meinden sollen einige Wohlfahrtsaufgaben durchführen dürfen, die heute auf Grund des Finadusgleichs in der Lage sind, ihren Haushackplan zu balancieren. Alle übrigen Gemeinden — das sind vor allen Dingen die Arbeiterwohnsitzgemeinden — dürfen irgendwelche Aus gaben für Wohlfahrts- und Fürsorgeeinrichtungen nicht durchführen, wenn ihr Etat nicht balanciert ist. Mit oiesen» Appell an die Regierung, mit den» Appell an die Gesetzgebungsmafchine, daß ein Gesetz erlassen werden soll, wonach die Gemeinden in dieser Richtung verpflichtet werden socken, wenden sich die sächsischen Oberbürger meister gegen oie Finanznot, die heute in den Gemeinden vorhanden ist. Das kennzeichnet den sozialen Charakter der Oberbürgermeister in Sachsen. Sie sagen sogar, gewisse Wohlfahrtseinrichtungen müßten zur Be hebung der Finanznot ganz abgebaut werden. Dieser Standpunkt der Gemeindeleiter muß von der Arbeiter schaft mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Die Oberbürgermeister fordern weiter, die Ausgaben für das Schulwesen herabzusetzen, die Pslichtstundenermüßi- gunst nicht weiter durchzuführeu, die SchülerzaG in den Klassen zu erhöhen; überall sollen Einschränkungen vor- genommen werden. Sie widersprechen sodann mit aller Entschiedenheit der Hinausschiebung einer vernünftigen Fiuanzausgleichgesetzgebllng. Es sei ein ganz ungesunder Zustand, daß die Pflichtaufgaben der Gemeinden in viel höheren» Maße gewachsen seien als die Steuereinnahmen der Gemeinden, und daß diese selbst die Pslichtaufgabeu uicht einmal deckten. Also in erster Linie fordern sie den Finanzausgleich und in zweiter Linie die Einschränkung der Ausgaben. Sie sagen dann weiter, es müsse deshalb in den Gemeinden auf einen Ausbau der Steuern Be dacht genommen werden. Sie fordern deshalb Zuschläge zur Gemeindesteuer; durch Zuschläge zur Einkommen steuer sollen sich die Gemeinden die Mittel verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Ausgaben be nötigen. Daz», noch eine Herabsetzung der Freigrenze für die Eintommensteuer, so daß auch hier wieder die Ärmsten der Armen mehr herangezogen werden als die besitzenden Kreise. Die steuerfreie Grenze dürfe nicht zn hoch angesetzt werden, und schließlich fordern sie ebenso wie der Verband der sächsischen Industrie das Einspruchs recht des Finanzdezernenten, der in der Regel allein die Finanzlage übersieht; dieses Einspruchsrecht müsse als ein unabhängiges Recht ausgebaut werden. Also der Bürgermeister, der Kassierer oder Stadtrat, der das Finanzdezernat in den Händen hat, soll allein derjenige sein, der darüber zu bestimme» hat, ob eine Ausgabe in der Gemeinde gemacht werden kann. Er braucht das Gemcindeverordnetenkollegium und die Stadträte nicht zu fragen, ob sie »nit einer Ausgabe einverstanden sind, sondern er geht einfach zur Gemeindekammer und erhebt dort Anklage gegen den Beschluß; und die Gemeindekam- mer, wie sie ja in der letzten Zeit ihres Bestehens bewiesen hat, wird in jeder Beziehung den» Finanzdezernenten das Recht geben, diese Ausgaben zu verweigern. Das ist der Tenor, der aus diesem Ruudschreiben der Oberbürger meister von Sachse,» herausklingt. Wir werden dafür forgen, daß die Arbeiterschaft vor» dem Anschlaste der Oberbürgermeister und von dem Anschläge des Verbandes Sächsischer Industrieller, vie in diesem Falle Haud in Hand arbeiten, Kenntnis bekommt und daß in den Land gemeinden ein Sturm gegen die Maßnahmen entsteht, die hier geplant sind. Wenn den Gemeinden geholfen werden sock, dam» ist es notwendig, baß die Rechte der Gemeinden bedeutend erweitert werden, daß eine Verwaltungsreform eintritt, die den heutigen Leerlauf der Verwaltung beseitigt und an Stelle des bureaukratischen Apparates einen Selbst verwaltungsapparat setzt, der bedeutend billiger arbeitet als der jetzige Berwaltungsapparat. Den,» es steht doch fest, daß fast in allen Gemeinden für den bureaukratischen Apparat 50 Proz. der Steuereinnahmen, wenigstens in den Arbeiterwohnsitzgemeinden, abgehen. Wenn ge spart werden soll, dann soll gespart werden an diesem Leer lauf, der im Verwaltungsapparat vorhanden ist, dann sock gespart werden an der Polizei, die in den Gemeinoen genau so überflüssig ist wie in» Lande. Wenn wir die Summe der Polizeibeamten in ganz Sachsen ansehen, dann sage ich, hier könnten ungeheure Summen eingespart werden, die für die Wohlfahrtsaufgaben verwendet werden könnten. Es liegt eben in» Charakter des kapitalistischen Staates, daß nicht in erster Lime die Not gelindert werden soll, sondern daß znr angeblichen Beseitigung der Notlage Gefängnisse, Zuchthäuser und Polizeiorganisationen ge schaffen werden, die die Notlage bekämpfen sollen. Wir sind deshalb der Ansicht, daß die Finanznot nur beseitigt werden tann, wenn eine gründliche Änderung der heutigen Verhältnisse eintritt, und wir verlangen diese. Aber bis dies erreicht ist, kann es natürlich nicht so weitergehen: Wenn wir uns den heutigen Verteilungsschlüssel an sehen, der angewandt wird, um die Steuern zu verteilen, die den Gemeinden vom Staat überwiesen werden, so müssen wir sagen, es kann einfach auf diesem Weste so nicht mehr weiter gehen. Bei der achten Steuerverteckung traten Unterschiede auf von 250/74 M. pro Kopf in Schöna», bei Chemnitz gegenüber 17,11 M. bei einer anderen .leinen Gemeinde.
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