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89» Ick möchte dann noch eingehen auf die letzte Sitzung de- Sozialpolitischen Ausschusses im Reichstage vom 8. Februar d. I. Da ist ja einmütig der Beschluß gefaßt worden, daß für Angestellte die Knsenfürsorge bi- zum 4. Mai 1929 ausgedehnt wird, und daß ausgesteuerte Angestellte bis dahin in die Krisenfürsorge wieder ein- bezogen werden. Mit diesem Palliativmittel sucht man der äußersten Not abzuhelfen. Wenn man sich die Tarifverträge ansieht, die der Herr Abg. Voigt auf den Tisch des Hauses niedergelegt hat, dann kommt man doch zu der Überzeugung, daß die Schwierigkeiten in der Lage der älteren Angestellten stark bestimmt sind durch die Tarifpolitik, die hier ver folgt wird. Zn der freien Wirtschaft, in der wir nun einmal leben, gibt e- zweierlei: entweder man folgt den Gesetzen dieser freien Wirtschaft — und das Gesetz der freien Wirtschaft ist Angebot und Nachfrage — und verkauft auf der einen Seite seine Arbeitskraft so teuer wie möglich, um auf der anderen Seite sie so billig zu nehmen, wie man sie bekommen kann. Wenn dieses Gesetz, was ein unerschütterliches Gesetz der freien Wirtschaft ist, herrscht, dann kann man nach meinem Gefühl nicht eine Tarifpolitik treiben, die solche Spannen läßt zwischen den jungen und den älteren Angestellten, wie es hier der Fall ist. Das ist nur möglich in dem Augenblick, wo der Staat als Schutz herr dahintersteht und dafür garantiert, daß diese Gehälter den älteren Angestellten bezahlt werden; in der freien Wirtschaft ist das aber in dieser Form nicht möglich. Oder es gibt dann die andere Möglichkeit, daß ein Schutz geschaffen wird — das ist der Weg des Kollegen Siegnoth —, der nun einen Zwang hinein bringt in die Wirtschaft und sagt: jetzt müssen die älteren Angestellten gehalten werden, trotzdem an sich für den Arbeitgeber die Möglichkeit wäre, eine billigere Arbeitskraft zu bekommen, die jünger ist und unter Umständen das gleiche oder vielleicht fogar bei ge- wissen Arbeiten mehr leistet. (Abg. Dobbert: Dieser Gedankengang ist aber gefährlich 1) Das ist egal; aber er ist richtig, und man soll richtige Gedanken gänge auch aussprechen, selbst wenn sie gefährlich sind. Wenn die Tarifpolitik der Gewerkschaften sich durchsetzen will, müssen sie sich auch die politische Macht erringen, um das durchzusetzen. Nun sehen wir, daß cs seit Jahren nicht gelungen ist, diese Sache hier wirklich durch zubringen. Ich bm absolut nicht der Meinung, daß man nun etwa diesen Versuch unterlassen soll; man mag ruhig mit allen Mitteln auf diesem Wege weiter- gehen. Wenn sich aber die Angestelltengewerkschaften einmal darüber klar werden, daß sie das nicht erreichen, dann ist es eine Sünde an den älteren Angestellten, daß man in dieser Weise Tarifpolitik treibt; dann gibt es nach meinem Gefühl nur eine Lösung, die in der Mitte liegt und bei der die Wirtschaft nicht einmal ein Geschäft macht, dann ist diese Erscheinung, die heute automatisch da ist, nicht mehr da, den älteren An- gestellten einfach auf die Straße zu setzen. (Zurufe b. d. Soz.) Ich möchte dabei auf die Erfahrungen hinweifen, die man mit dem Soziallohn gemacht hat. In England und in Deutschland ist ja versucht worden, an Stelle des Leistungslohnes den Soziallohn zu setzen, an sich ein durchaus richtiger und zu billigender Versuch, und man mug doch zugeben, daß diese Versuche restlos mißglückt sind; und das liegt daran, daß unbedingt hier die Gesetze der Wirtschaft verletzt worden sind. Solange die Gesetze der Wirtschaft gelten, kann man solche Tarife nicht machen, wenn man nicht Schutzmöglichkeiten zugleich hat. Aber diese ganze Sache ist natürlich im Landtage überhaupt eine ziemlich theoretische An gelegenheit, denn der Reichstag wir die Entscheidung zu treffen haben. Ich möchte zum Schluß aber doch noch auf eins Hinweisen. Der Staat ist doch auch Arbeit- geber, und er könnte hier doch vielleicht mehr tun, als er tut, und bei sich selbst für die Unterbringung von älteren Angestellten mehr sorgen. (Abg. Kastner: Sehr richtig!) Abg. Lieberasch (Oppos. Komm.): Der Antrag des Herrn Kollegen Voigt ist weiter nichts als ein ver schleiertes Steuergeschenk an die Unternehmer, um auf dem Gebiete der Gewerbesteuer den Unternehmern die Möglichkeit zu geben, sich von der Steuerzahlung zu drücken. Wenn man dabei bedenkt, daß Herr Abg. Voigt Vertreter der Deutschen Volkspartei ist, daß die Deutsche Volkspartei sich zusammenfetzt aus den Unternehmern, die die Rationalisierung in Deutschland in der schärfsten Weise durchgeführt haben und die bei ihren Rationali- sierungsbestrebungen die älteren Angestellten hinaus geworfen haben, dann muß man an den Krieg denken, wo auch die Opfer der Kriegführung von den Gliedern derselben Fraktion eingesegnet wurden, und die übrigen Partei- und Fraktionsgenossen, in diesem Falle die säch- sischen Industriellen, warfen die älteren Angestellten hinaus. Und Sie halten hier eine Begräbnisrede, Sie segnen die Opfer diefer Politik Ihrer eigenen Partei. Wenn man so die Zusammenhänge aufrollt, dann sieht man schon, welche Heuchelei gegenüber den Angestellten in einem solchen Anträge enthalten ist. (Sehr richtig! b. d. Oppos. Komm.) ES ist weiter nichts, als ein ver- stecktes Steuergeschenk, als die Möglichkeit, die Steuer sabotage unter dem Mantel der Angestelltenfreundlich keit treiben zu können. Eine solche Politik werden wir natürlich nicht mitmachen. Wir sind bereit, den An gestellten beim Kampf um die Existenz in jeder Weise behilflich zu sein; aber mit solchen Anträgen dient man nicht den Angestellten, sondern nur den Unternehmern. Wenn man dann an die sächsische Regierung appelliert,daß sie für die Angestellten etwas tut, und dieselbe Regierung hinüber geht in die Vorstandssitzung der sächsischen Industriellen und ihre Aufträge dort einholt, und wenn man von einer solchen Negierung wünscht, daß sie für die Opfer ihrer Auftraggeber etwas tut, dann ist es schon eine sehr faule Geschichte, was hier von ihnen verlangt wird. Was den gesetzlichen Beschäftigung-Zwang anlangt, so seben wir, daß sich die Beschäftigung der Schwerkriegs beschädigten heute io ausgewirkt hat, daß die Schwer kriegsbeschädigten einfach von den Unternehmern au- dem Produktionsprozeß hinausgeworfen worden sind. (Sehr richtig! b. d. Oppos. Komm.) Auch die Bestimmungen de- Schwer-eschädigteugesetze- sind kein Schutz mehr gegenüber den Maßnahmen der Unternehmer. Gesetz lichen Schutz unter Ausnützung de- Betriebsrätegesetzes gibt es doch nicht einmal mehr für den Betriebsrat. (Sehr wahr! b. d. Oppos. Komm.) Die Regierungen, die Beauftragten der Unternehmerverbände, haben Stillegungsverordnungen, andere Gesetze, Auslegungen der bestehenden Gesetze geschaffen,so daß das alle- illusorisch ist, ein gesetzlicher Schutz für die Arbeiter überhaupt nicht vorhanden ist. (Sehr wahr! b. d. Oppos. Komm.) Hier also ein Schutzgesetz für ältere Angestellte zu ver langen, da- heißt wirklich den Unsinn auf die Spitze treiben. Man kann feststellen, daß die bürgerliche Gesell- schäft Schutzgesetze erläßt für das Wild, Schutzgefetze erläßt zum Schutze der Pferde, Hunde und Katzen (Sehr richtig! b. d. Oppos. Komm.), der Tiere über haupt, aber der arbeitende Mensch und der An gestellte steht der kapitalistischen Gesellschaftsordnung schutzlos gegenüber. lSehr richtig! b. d. Oppos. Komm.) Wir haben dafür Beispiele: Ein Beispiel, daS besonders kraß die ganzen Zustände illustriert, ist folgendes. Bei der Firma Bleichert in Leipzig ist eme Ehrentafel im Hof, wo die Angestellten auf Grund ihrer langen Be- fchäftigungsdauer, ihrer Verdienste um den Betrieb in Bronze verewigt worden sind, Angestellte, die 40, 45 und 46 Jahre im Betriebe waren, die noch vor einigen Tagen auf dieser Tafel verewigt wurden. Ber dem großen Schub der Rationalisierung bekamen sie genau so gut wie die übrigen ihr Entlassungsschreiben, sie wurden trotz der Ehrentafel und trotz ihrer Verdienste um den Be trieb aus diesem hinausgeworfen. (Hört, hört! b. d. Oppos. Komm.) Das ist doch die Methode, Herr Voigt, die Ihre Auftraggeber und Ihre Parteigenossen gegen die älteren Angestellten anwenden. (Sehr richtig! b. d. Oppos. Komm.) Bei einer solchen Tatsache und weiter bei der Tatiache, daß Sie ein Vertreter der Christlichen Gewerkschaften sind, die als eine Konkurrenzorganisation gegen die Freien Gewerkschaften gegründet worden sind, um die Arbeiter und Angestellten vom Anschluß an den Gedanken des Klassenkampfes, eine wirkliche Vertretung ihrer Interessen abzuhalten, muß man sagen: Es ist weihe Salbe, um den älteren Angestellten statt einer wirklichen Existenzgrundlage einige Vertröstungen für die Zukunft zu geben. (Sehrrichtig! b. d. Oppos. Komm.) Emer solchen Katze, wie Sie sie hier aus dem Sacke gelassen haben, muß man mit aller Deutlichkeit die Schelle umhängen. Wir werden im Ausschuß, wenn die Dinge zur Be ratung stehen, solche Anträge stellen, die wirklich geeignet sind, den älteren Angestellten zu helfen. Voraussetzung ist natürlich, daß die Angestellten nicht hoffen, daß, wenn folche Beschlüsse hier im Plenum mit Mehrheit ange nommen werden, das zu einer Änderung dieser Dinge nun auch wirklich führi. Das beweist der angenommene Antrag, auf den Herr Kollege Siegnolh Bezug nahm. Durchgeführt werden solche Dinge nur, wenn die älteren Angestellten in Verbindung,nit den jüngeren Angestellten beiderlei Geschlechts, alle zusammen die politischen und Organisationsgrenzen beiseite schieben und die Gemein- tamkeit ihrer wirtschaftlichen Interessen in den Vorder grund stellen (Sehr richtig! b. d. Oppos. Komm.) und dabei das Alter des einen und die Jugend und Uner fahrenheit des anderen, sowie das Geschlecht zurückstellcn und gemeinsam daran arbeiten, auch für die jüngere Generation eine solche Bezahlung herauszuholen, die es ihr gestattet, menschlich zu leben, sich zu entwickeln, und sie nicht zwingt, als Schmutzkonlurrenz gegen die älteren Angestellten anfzutreten. (Bravo! b. d. Oppos. Komm.^ Abg. Opitz (Komm ): Dieser Antrag der Volkspartei, sowie die Rede des Herrn Abg. Voigt sind typische Bei spiele der kapitalistischen Heuchelei. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Man weist auf die Not der älteren Angestellten hin, man zeigt eine ganze Reihe von Beispielen auf, in welcher Notlage die älteren Angestellten leben, man gehört aber jener Klasse an, die die älteren Angestellten aus den Betrieben hinauswirft. Man verlangt die Wiedereinstellung der älteren Angestellten, eine sehr berechtigte Forderung, eine Forderung, die nicht erst heute, sondern schon wiederholt von der Kommunistischen Partei vertreten wurde, aber auf der anderen Selle will man bei der Wiedereinstellung der älteren Angestellten auch so ein kleines Geschäft machen. Man will, wenn man Angestellte einstellt, eine Steuerermäßigung der Unternehmer herbeiführen. Es liegt in dem allgemeinen Kurs der kapitalistischen Ausbeutung, daß mau jetzt jüngere Kräfte bevorzugt und die älteren auf die Straße wirft. Wir sind der Meinung, daß die älteren Angestellten sich keine Hoffnung auf Unternehmer zu macken brauchen. Schon aus Profitinteressen werden die Unternehmer niemals diese älteren Angestellter einstellen. Darum müssen diese älteren Angestellten gemeinsam mit dem übrigen Proletariat den Kampf führen und gemeinsam mit ihnr diese ganze Gesellschaftsordnung beseitigen helfen, wenn auch sie eine sichere Existenz haben sollen. Abg. Geiser (Soz.). Die Diskussion ist außerordentlich interessant gewesen insofern, als heute alle Parteien von der Rechten bis zur Linken nicht nur ihre Sympathie mit den Opfern der kapitalistischen Wirt schaft hier haben zutage treten lassen, sondern darüber hinaus ganz erschüttert über das schreckliche Einzel schicksal der in Frage kommenden älteren Angestellten tun. Die Herrschaften von der Rechten hätten es aber Viet einfacher, den älteren Angestellten zu helfen, denn sie beherrschen ja doch die Wirtschaft. Ihre Kreise sind diejenigen, mit denen wir die Tarifverträge von Periode zu Periode abfchließen. Wir kämpfen ja an solchen Tarifvertragsverhandlungstagen auf das erbittertste mit ihren Freunden auf der Arbeitgeberseite. Aber unsere beweglichen Klagen über das traurige Los und das jämmerliche Leben der Angestellten finden taube Ohren. Wenn der Herr Abg. Voigt, der ja selbst ein Ange stelltenvertreter ist, nicht von der Erfolglosigkeit seiner außerparlamentarischen Bemühungen überzeugt wäre, würde er wahrscheinlich seinen Einfluß in seiner Partei dahingehend geltend machen. Aber er weiß genau, wenn er seinen Parteifreunden mit solchen Reden kommen würde, würden sie sich einfach um ihn nicht kümmern, sie würden sagen: Mein lieber Freund, da ¬ ist unsere Sache, wir stehen km Produktionsprozeß, wir müssen produzieren; Ihre Wünsche mögen sehr nett und sehr schön klingen und geeignet sein, da» Heer der politisch unaufgeklärten Beamten und Angestellten noch eine Reihe von Jahren anläßlich von Wahlen an die Fahne der bürgerlichen Parteien zu heften, zu irgend, einer Konzession aber bereit zu sein, daran denken jene Kreise gar nicht. Frau Kollegin Ulich-Beil hat eine Reihe von sehr interessanten Bemerkungen gemacht, und ich werde Ge legenheit nehmen, das den Angestellten immer wieder mrtzuteilen. Ob ihre Partei damit einverstanden sein wird, wenn sie gesagt hat, daß man sich daran gewöhnen oder eS als Faktum ansehen müsse, daß eben in der freien Wirtschaft sich die Arbeitgeber die billigsten Arbeitskräfte nehmen. Wir sagen das ja auch immer, aber es wird immer bestritten. Aber daß unS derartige Dinge heute auch schon von Vertretern der Demo kratischen Partei als etwas Selbstverständliches hin gestellt werden, ist außerordentlich interessant und wird sicher auch weiten Kreisen der Angestelltenschaft die Augen öffnen. Wenn weiter von Frau Abg. Vr. Ulich-Beil darübe: gesprochen worden ist, wie man diese Dinge abändern könne, ob nicht vor allen Dingen die abgeschlossenen Tarifverträge unzweckmäßig abgeschlossen worden seien, so darf ich sozusagen als der Vater dieser Tarifverträge lagen, daß sie sich hier grundsätzlich in einem grund sätzlichen Irrtum befindet, wenn sie sich auf die Tarif verträge bezieht und sagt, man müsse einen Tarifvertrag schaffen^ der nur zwei Klassen habe, dann könne der Arbeit- geber nicht mehr wegen deS Unterschiedes entlassen. Nun, man kann von der Frau Aba. vr. Ulich-Beil nicht ver langen, daß sie in die gewerkschaftliche Tarifmaschine ein geweiht ist, man hätte aber erwarten müssen, daß sie sich vorher einmal bei einem gewerkschaftlichen Organisations vertreter erkundigte. Wenn wir unS z. B. den Tarif vertrag ansehen, den wir mit der Metallindustrie Dresden abgeschlossen haben, so haben wir da 6 Gruppen. In Gruppe 1 sind die rein bureaumähigen Kräfte, die Bureau diener und diejenigen, die rein mechanische Arbeit durch führen; die beziehen das geradezu ungeheuerliche Gehalt von 99 M. bis im Höchstfälle 184 M., d. h., ein ver heirateter Mann mit mehreren Kindern hat im Höchstfälle 184 M. Verdienst. Die weiblichen Angestellten bekommen nur 90 Proz. davon, also 10 Proz. weniger. In Klasse 2 werden Gehälter gezahlt von 111 M. bis 196 M. In der Klasse 3 sitzen Techniker mit 172 bis 244 M., in der Klasse 4 Konstrukteure, erste technische Kräfte, Leute, die ein vollgültiges Studium hinter sich haben und als Erfinder und Konstrukteure außerordenilich viel zu leisten haben, mit 232 M. bis im höchsten Falle von 336 M. (Abg. Dobbert: Freie Bahn dem Tüchtigen!) In der Klasse 5, das sind Bureauleiter, Ingenieure, die eine große Reihe anderer Ingenieure unter sich haben, wird das fürstliche Gehalt bezahlt von 324 bis 439 M. In Klasse 6 sind die Oberingenieure mit 429 bis 487 M. Das Gros der Angestellten sitzt in Klasse 2 und 3. Es wäre geradezu irrsinnig vom Standpunkte der gewerk- schastllchen Organisationen aus, Herr Kollege Voigt wird mir da recht geben, nun zu sagen, wir wollen zwei Gruppen aus diesen sechs machen. Das hätte lediglich den Sinn und Zweck, daß dann die Arbeitgeber auch die Höherbezahltcn noch streichen würden. So können wir das nicht machen. Die Verträge sind gut. (Zuruf deS Abg. Claus: Nein, die Gruppen 1 und 2 müssen beseitigt werden!) Ich hätte nichts dagegen, wenn die beiden unteren Gruppen 1 und 2 abgejchafft würden und wenn man die, die in diesen Gruppen sind, nach der Gruppe 3 hinüberbringen würde; das wäre mir sehr sympathisch, wenn man einer Anfängerin, einer Stenotypistin, anstatt 111 M. 171 M. geben würde, aber das gibt doch kein Mensch. Herr Claus kennt die Dinge schlecht, sonst würde er das nicht sagen. (Abg. Claus: Ich kenne Arbeitgeber, die das bezahlen!) Ich aber kenne keine Arbeitgeber, die das bezahlen, und da ich immerhin als Landesvorsitzender des Afa- Bundes und als Gauleiter des Bundes der Tech nischen Angestellten und Beamten seit zehn Jahren in Sachsen die Verträge Jahr für Jahr abzuschließen habe, muß ich doch orientiert sein. Aber die Frau Kollegin Ulich-Beil hat durchaus recht und hat eine große Wahrheit ausgesprochen, die wir den Angestellten schon seit 25 Jahren erzählen, daß aber heute von demokratischer Seite diese Meinung kommt, ist mir besonders sympathisch, nämlich dw, daß die Angestellten die politische Macht bekommen müssen. Das ist es gerade. Die Angestellten müssen sich klar darüber werden, daß, wenn sie auch in Zukunft bei den Wahlen in ihrer Mehrheit ihre Stimme den bürger lichen Parteien geben, sie dann niemals die politische Macht erringen und niemals eine etwas bessere wirt schaftliche Lebenshaltung bekommen werden. Dann hat Herr Kollege Hentschel auch sein warmes Herz für die Angestellten entdeckt. Er hat sich auch der Not der Angestellten angenommen und schließlich gesagt, ihr Schicksal ist tragisch, und damit hat er auf gehört zu reden. Aber wenn man von dem Schicksal der Angestellten redet, muß man doch auch versuchen, einmal darüber nachzudenken, wie es denn geändert werden kann. Es ist eine sehr bezeichnende Entwicklung vor sich gegangen. Heute sind sogar die bürgerlichen Parteien mit unS der gleichen Auffassung, daß eine Prole tarisierung der Angestellten eingetreten ist. Als wir Sozialdemokraten und Vertreter der freien Gewerk schaften in der Vorkriegszeit daran gingen, die Ange stellten in gewerkschaftlichen Organisationen zusammen zufassen, haben auch die Anhänger deS Herrn Voigt, die im Deutichnationalen Handlungsgehilfenverband und anderen bürgerlichen Organisationen zufammengefaßten Angestellten erklärt, sie würden sich unter keinen Umständen jemals gewerkschaftlich organisieren, weil die Idee, die von den Gewerkschaften ausgehe, geeignet sei, die Ver treter deS neuen Mittelstandes zu proletarisieren, und weil sie es ablehnen müßten, sich in das rote Fahrwasser zu begeben. GMedung m der.yqchsten Beilage^