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8,1 Arbeiterfrauen einen solchen Standpunkt einnehmen wie di« Deutschnationale Fraktion und die mittelalter.! wird. Rum besteht allerdings die Gefahr, daß der Herr Abg. Fritzsche vielleicht wieder einen Artikel veröffent- Uchen wird unter der Überschrift: »Marxistische Sittlich kettSbegrlsse*. Er wird sich darauf berufen, daß auch Uchen Lehrerinnen, die im September 1928 in Kassel den Beschluß -«saßt haben» Lie uneheliche Mutterschaft gehört -u den Tat beständen, die Anlaß zu einem Disziplinarverfahren auf Grund de» § 10 de» Retch-beamteugesetze- geben. Nir werden alle» daran setzen, dafür Sorge -u tragen, daß diese mittelalterlichen und rückständigen Frauen mit der Zeit au»sterben. Sie werden e» ja sowieso tun, weil sie keine Kinder haben wollen. (Heiterkeit b. d. Soz. u. Komm.) Da» Arbeitsschutzgesetz — es wird wahrscheinlich gemeint sein das Gesetz über den Kün- digungsschutz der Arbeiterinnen vor und nach der Niederkunft — au-zudehnen auch auf die Landarbeite rinnen und Hausangestellten hat sich unsere Fraktion im Reichstage sehr bemüht. Leider ist eS nicht ge- lungen. Wir müssen deshalb schon warten, bis wir einmal die Mehrheit haben und dann die Gesetze so machen, wie sie für die arbeitende Klasse notwendig sind. Unter Bezugnahme auf den Satz in Punkt 3 der Anträge: „der Lohn in voller Hohe ersetzt" möchte ich sagen: In dem Gesetz, betreffend die Beschäftigung von Frauen vor und nach der Niederknnft, heißt eS in 8 2 Abs. 3: Der Arbeitgeber ist zur Gewährung des Entgelte- für die Zeit, in der Arbeit nicht gelerstet wird, nur verpflichtet, soweit dies ausdrücklich vereinbart ist. Diese Vereinbarung ist nur möglich, wenn die Ar beiterinnen, stark organisiert in leistungsfähigen Gewerk schaften, dem Unternehmer gegenüber einen Mantel tarif durchführen können. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Aber die Kommunisten sind ja gegen diese großen starken Gewerkschaften. Die übrigen vielen Anträge, die hier schlecht nnd recht begründet worden sind, möchte ich dahin gehend zusammenfassen, daß ihre Durchführung ja nnr von der vorhandenen Mehrheit hier im Hause abhängt. Herr Abg. Scheffler hat selbst gesagt, daß er keine Hoffnung habe, daß die Anträge angenommen werden, und der Punkt 7 im zweiten Absatz besagt ja auch, woran es liegt. ES wird hier gefordert, daß die Mittel in den Etat ein- gestellt tverden und daß dann davon alles das erledigt werden soll. Wenn das kein Agitationsantrag ist, dann weiß ich nicht! In der Tat ist es so, daß hier die Mittel nicht bewilligt werden können. Dann muß ich noch ein paar Worte zu dem an- geführten Falle der Verkäuferin sagen, die gesetzwidrig entlassen worden fei. Es handelt sich hier nm einen Irrtum. Es war keine Entlassung wegen der Nieder kunft, die kurz bevorstand, sondern eine Erkrankung aus SchwangerschastSbeschwerden, die ja leider noch nicht als Krankheit im Sinne der Reicheversicherung anerkannt wird. Auch diesen Tatbestand zu ändern, ist meine Fraktion jederzeit bemüht gewesen. (Bravo! b. d. Soz. — Lebhafte Zurufe b. d. Komm, und Gegenrnfe b. d. Soz.) Abg. Siewert (Oppos. Komm.): Wir haben zu dem Antrag Nr. 1104 einige Bemerkungen zu machen, die sich zustimmend zu diesen Anträgen ausrichten werden- Wir sind für die Aufhebung der 88 218 und 219 des Strafgesetzbuchs, weil sie ausgesprochene Klassenpara, graphen sind, die sich ausschließlich gegen die Arbeiter klasse richten, und stutzen uns dabei auf die Äußerungen zahlreicher Autoritäten in allen Wissenschaften. Auch die Berliner Ärztekammer hat vor einigen Wochen einen Beschluß gefaßt, der sich im wesentlichen auf diese Anträge der Kommunistischen Fraktion Renner hin ausrichtet. Die Arzte der Berliner Ärztekammer haben in ihrer Mehrheit erkannt, daß ein Kampf gegen die 88 218 und 219 notwendig ist. Wir sind für die Aufhebung dieser 88 218 und 219, weil wir das Elend der Arbeitermutter kennen und wir wissen, daß ein erheblicher Unterschied zwischen der Arbeitermutter und der Mutter im Bürgertum besteht. Wir sind der Meinung, daß nicht diese Arbeitermutter ins Zuchthaus gehört, sondern der Arzt und die bürgerliche Gesell- schäft, die es dem Arzte verbietet, der Mutter behilflich zu fein, sich von der Frucht zu befreien. Wir werden weiter den Antrag der Fraktion Renner unterstützen, daß für die schwangeren Frauen in weitest'em Maße vor der Niederkunft und nach der Niederkunft Urlaub gegen volle Bezahlung deS Lohnes gewährt werden muß. Wenn Frau Abg. Schlag sagt, man müsse sich gewerkschaftlich organisieren und bei Abschluß vou Tarifverträgen Wert darauf legen, daß festgelegt wird, daß der Lohn an Schwangere fortgezahlt tverden muß auf bestimmte Zeit, so scheint mir da- ein Umweg zu sein. Gewiß sollen sich die Arbeiterinnen gewerkschaftlich organisieren. Sie müssen in den Gewerkschaften ihre Interessenvertretung gegen die Kapitalisten sehen, aber ich bin der Meinung, daß wir gesetzliche Maßnahmen schassen müssen, die diesen schwangeren Müttern das Recht geben, wie in Rußland, acht Wochen vor und acht Wochen nach der Niederkunft ohne Sorgen leben zu können bei voller Fortzahlung des Lohnes. Durchgesetzt wird das freilich erst werden können im Kampfe gegen die irgend eine Verbesserung gegenüber früher M tzer- zeichnen ist. Wir sind der Meinung, daß die Gleich stellung der unehelichen Kinder durchgeführt weiden muß, well in der letzten Zeit Fälle vorgekommen sind, die zum Himmel schreien. Ich habe hier eine Noli» über ein« Gerichtsverhandlung, die tm Landgericht Dresden stattgefunden hat. Da ist eine Verkäuferin gewesen, die »meheltch geschwängert war. Auf Grund dieser Tatsache hat der Unternehmer sich veranlaßt ge sehen, diese junge Dame zu entlassen, und diese junge Frau verklagte den Unternehmer wegen dieser Ent lassung. Der Vorsitzende des Gerichts stellte aber fol gende These auf: Es steht nicht zur Entscheidung, ob in dieser Voll ziehung de» außerehelichen Geschlechtsverkehr- ein sittliches Verschulden oder ein Verschulden im Rechts- sinne zu finden ist. ES kommt vielmehr nur darauf an, ob die Klägerin bet Vollziehung des Geschlechts- Verkehrs damit gerechnet hat, daß sie infolge des Ge schlechtsverkehrs schwanger werden könne und infolge der damit verbundenen häufigen Folge (Schwanger schaftsbeschwerden n. dgl.) zur Leistung ihrer Dienste als Verkäuferin unfähig werden könne. Dies muß bejaht werden. Sie hat aljo, ohne Rücksicht darauf, ob ihr der Geschlechtsverkehr als solcher zur Schuld anzurechnen ist, ihre Dienstunfähigkeit mindestens unter dem Gesichtspunkt der Fahrlässigkeit zu ver treten und kann sich auf die Schutzbestimmungen ebensowenig berufen, wie beispielsweise derjenige, der sich im Zweikampf oder durch eine waghalsige Sportausübung leichtsinnig der Gefahr aussetzt und Dienstunfähigkeit zuzieht. Diese Begründung ist einfach ein Skandal, und wir fordern, daß auf Grund des vorliegenden Gesetzentwurfs im Reichstag die uneheliche Mutter der ehelichen gleich gestellt wird. Wir haben dann die Tatsache zu verzeichnen, daß in dem vorliegenden Entwurf -um Arbeitsschutzgesetz genau wie früher mit den Landarbeiterinnen eine Ausnahme gemacht wird. Es ist ein Skandal, daß die Landarbeiter- frauen von diesem Gesetz ausgenommen werden, um so mehr, als gleichzeitig auch die bürgerliche Presse zu geben muß, daß die Schutzbestimmungen auf dem Lande notwendiger sind als in der Stadt. In den „Leipziger Neuesten Nachrichten" z. B. ist ein Artikel erschienen, nach welchem die Säuglingssterblichkeit usw. auf dem Lande noch größer als m den Städten ist. Dieses kleine Beispiel sollte genügen, die Arbeitsschutzbestimmungen auch auf die Landarbeiterinnen auszudehnen. Der Arbeitsschutzgesetzentwurf sieht weiter vor, daß es z. B. in kleineren Städten möglich ist, wenn 7z der Verkäufer der Vertreter des Handels es wollen, oie Geschäftszeit auf 8 Uhr verlängert und auch früher beginnen kann. Es muß gefordert werden, daß auch hier die kauf- männischen Angestellten nicht schlechter gestellt sind, sondern besser gestellt werden müßten. Dann haben wir 4. in unserer Anfrage gefordert eine Neuregelung der Krankenversicherung, und zwar, um der Mutter und den Kindern mehr Schutz ange deihen zu lassen. Schon vor 2 Jahren hat unser Partei freund Schminke eingehende Anträge in dieser Beziehung gestellt. In dem Arbeitsschutzgesetz ist wie bisher vor gesehen, daß sechs Monate vor und nach der Nieder- kunft eine Entlassung nicht staUfinden darf, daß also die Frauen während dieser Zeit nicht arbeiten dürfen. Wir verlangen noch eine längere Frist. Die Forderung unter L 1 muß, so lange im Reichs tag keine Entscheidung in dieser Richtung gefällt ist, zum mindesten von der sächsischen Regierung erfüllt werden, weil in Waldheim fast nur Arbeiterfrauen in haftiert sind, während die bc itzeude Klasse hier Privi legien besitzt. Redner trägt dann die weiteren Forderungen des Antrags vor und betont dabei vor allem die Not wendigkeit, daß den kinderreichen Familien Wohnungen zur Verfügung gestellt werden, da vielfach die Gemeinde behörden mit den rigorosesten Mitteln gegen die kinderreichen Familien vorgehen und das rigorose Vor gehen verschiedener Hausbesitzer gegen die kinderreichen Familien unterstützen. Er schließt mit den Worten: Wir haben zwar keine hohen Illusionen, daß diese berechtigten Forderungen angenommen werden, sind aber der Meinung, daß wir bei desen Forderungen konform gehen mit den Interessen der Arbeiter, und fordern sie auf, gemeinsam mit uns das durchzuführen, was notwendig ist, wenn nicht in diesem Staate, so in der Sowjetunion. (Bravo! b. d. Komm.) Abg. Frau Schlag (Soz.): Ein solches Sammelsurium von GelegenheitSanträgen einbringen, wie im Antrag Renner Nr. 1104, die nicht einmal in einem Ausschuß behandelt werden können, kann nur jemand, der es in allergrößter Verlegenheit notwendig hat, sich nach außen hin einen Anschein zu geben. Wenn trotzdem meine Fraktion sich bereitsindet, zu dem Antrag Stellung zu nehmen, so deswegen, weil eine ganze Anzahl von Dingen hier richtiggestellt werden müssen. Unsere Stellung zr^ den §Z 218 und 219 ist schon öfter dargelegt worden, und wir werden auch even tuell einer Amnestie für solche Vergehen zustimmen. WaS die Gleichstellung der unehelichen Kinder mit den ehelichen anlangt, so entspricht der dem Reichstage vorliegende Gesetzentwurf noch längst nicht unseren Wünschen. Wir haben ein viel besseres Unehelichen- recht in den nordischen Ländern, z. B. in Norwegen, wo dem unehelichen Kinde der Name des Vaters erteilt wird, es auch volles Erbrecht hat usw. In dem Gesetzentwurf, der zurzeit dem Reichstage zur Beschlußfassung vorliegt, ist manches besser geworden. Da wir trotzdem noch viele Mängel daran feststellen können, so geben wir unsere Zustimmung dazu, daß die Regierung beauftragt wird, bei der Reichsregierung dahin vorstellig zu werden, daß volle Gleichberechtigung deS unehelichen mit Lem ehelichen Kinde herbeigesührt kapitalistische Gesellschaft. Wenn wir die Anträge unter stützen und die Arbeiter für diese Anträge mobil machen, dann deshalb, weil wir immer wieder auf die Mißstände in der kapitalistischen Gesellschaft Hinweisen müssem ES liegt auch durchaus tm Interesse der künftigen Generation, daß wir dafür eintreten, daß die werdende Mutter in weitestem Maße Schutz findet. Es ist fest gestellt, daß die Sterblichkeit der Kmder bei den Reichen weit geringer ist als die Sterblichkeit der Kinder bei den Armen. Auch das veranlaßt un», dafür einzutreten, daß für die schwangeren Mütter und für die kinder reichen Familien in weitestem Maße gesorgt wird. Das erfordert schon eine vernünftige Bevölkerung-Politik. Wir glauben, daß die Abtreibung eine Maßnahme ist, die die Mutter schädigen muß, die immer irgend welche Nachteile hinterlassen muß, wenn sie nicht mit allen Hilfsmitteln der modernen Wissenschaft aus- geführt wird, sondern von Pfuschern oder sogenannten weisen Frauen oder auch schwarzen Männern. Wir sind deshalb auch der Meinung, daß das beste Mittet im Kampfe gegen die Äbtreibung ein vernünftiger, planmäßiger Unterricht über die Verhütung der Schwangerschaft sein muß. Wir sagen deshalb, daß die Einrichtung von Beratungsstellen wie in Rußland, wo die Frage de» Geschlechtsleben» behandelt wird, wo man üb« die Verhütung d« Schwangerschaft Auskunft bekommen kann, unbedingt notwendig iß. Selbstverständlich tverden wir in der proletarischen Gesellschaft dabei durch AusklärunASarßeit medizinischer, soeial« und schulischer Art darauf hinwirken, daß ein gesunde» und genügend zahlreiche- Menschengeschlecht erzogen wird. Wir sind durchaus nicht der Meinung, das man Enthaltsamkeit predigen soll, sondern wir glauben, daß im gesunden Geschlechtsakt die beste Befriedigung auch des Menschen liegt, und daß der Mensch, der den gesunden Geschlechtsakt auSübt, auch die beste Arbeit in der Gesellschaft wird leisten können. Wir halten cs deshalb für unbedingt notwendig, sich einmal ernstlich mit der zu Frage beschäftigen, ob es nicht zweckmäßig wäre, eine Kommission aus Wissenschaftlern einzusetzen, die den Auftrag hätte, das beste Verhütungsmittel zu finden und dieses zu vertreiben, ohne daß daran erheb- Uche Profite wie heute verdient werden. Im übrigen meinen wir: Jede Frau wird gern Mutter werden, wenn sie die Voraussetzungen findet, daß sie für ihre Kinder ein sorgenfreies Leben haben kann. Wenn diese Voraussetzung geschaffen ist, daß Mutter und Kind keine Not leiden, dann wird die Frau die Abtreibung nnd Verhütung nicht vornehmen, dann wird sie nicht in dieser Weise bis zu einem gewissen Grade Raubbau an ihrem Körper üben. Man muß also einmal gegen diese Mißstände ankämpfen, die sich herau-gebildet haben, man muß die Frauen gewinnen für die proletarische Revolution, für die Beseitigung der jetzt herrschenden Gesellschaftsordnung. Wir wissen, daß in den Kreisen der Bourgeoisie die Ansicht vertreten wird: Wer eine Frucht abtreibt, be geht einen Mord. Das sagen dieselben Kreise, die be denkenlos Millionen von Menschen auf die Schlachtbank getrieben haben, das sagen dieselben Kreise, die dnrch ihre Gesellschaft und durch die Mitglieder der kapita listischen Gesellschaft immer wieder auf neue Kriege hmarbeiten und hintreiben. Ich möchte zusammensassend sagen: Wir werden bei der Beratung dieser Anträge in den Ausschüssen die Ergänzungen einbringen, die wir für nötig halten; und ich glaube, daß dann wirklich etwa- Positives, wenigstens zur Aufklärung der Arbeiter, herauskommen wird, in» dem lvir uns dabei von dem Gedankengang leiten lassen, daß auch diese Frage unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden muß: Wie machen wir die breiten Schichten der Arbeiter mobil im Kampfe gegen die kapitalistische Gesellschaft. Ich sage zum Schluß: Wir sind nicht für die Ab treibung, aber wir sind gegen die Bestrafung der Ab- treibung in der heutigen Gesellschaft. Wir sind der Meinung, daß man den arbeitenden Frauen sagen kann und muß: Die Abtreibung ist schädlich, sie hinter- läßt immer Defekte. Wir sind deshalb für die An wendung der Verhütungsmittel und für die not wendige Aufklärung unter der weiblichen und männ lichen Bevölkerung über die Anwendung dieser Mittel. Das, was im Antrag Renner gefordert wird, ist im wesentlichen in Sowjetrußland verwirklicht, und wenn nur nicht nachhmken wollen hinter dieser wichtigen Errungenschaft der proletarischen Revolution in Ruß land, dann ist es notwendig, alle Kräfte mobil zu machen, das auch bei uns durchzusetzen. Dann noch einige Worte über die Gleichstellung der un ehelichen Kinder. Ich bin der Meinung, daß diese Forderung, Gleichstellung der unehelichen Kinder mit den ehelichen, ein einfaches Gesetz der Menschlichkeit ist. Was kann das uneheliche Kind dafür, daß es keinen legitimen Vater hat? Man kann doch irgendeinen Borwurf nicht aus das Kind zurückfallen lassen. In Sowjetrußland gibt eS keinerlei Unterschied, ob ein Kind ehelich oder unehelich zur Welt gekommen ist Der Staat ist verpflichtet, für den Nachwuchs auf zukommen, er macht dabei keinerlei Unterschied, ob es sich um ein eheliches oder uneheliches Kind handelt. (Bravo! b. d. Oppos. Komm ) Der Antrag Rr. 1104 wird an den Recht-anSschuß verwiesen. Punkt 5: Erste Beratung über den Antrag der Abgg.vr. Blüher, B-igt. vr. Bünger u. Gen., betrefsend steuerliche Maßnahmen zur Linderung der Erwerb», losigkeit unter den älteren Angestellten. (Drucksache Rr. 1S43.) Der Antrag Rr. 1043 lautet; Die Erwerbslosigkeit unter den Angestellten hat einen bedenklichen Umfang angenommen. In auf- fällig vielen Fällen werden ältere Kräfte davon be- troffen, denen Familienpflichten obliegen. Ihre Wiedereinstellung ist eine dringende Notwendigkeit. Der Landtag wolle beschließen: Die Regierung zu ersuchen, 1. alsbald in Erwägungen darüber einzutreten, ob und in welchem Umfange solchen Gewerbesteuerpflich- tlgen Nachlässe gewährt werden können, die sich zur Beschäftigung einer gewissen Anzahl älterer Angestellten verpflichten; 2. dem Landtage bi- zum 15. Februar 1929 hierüber schriftlich zu berichten. Abg. Voigt (D. Bp. — zur Begründung): Der vor- liegende Antrag bezieht sich auf einen sehr ernsten sozialen Notstand. Es rst verständlich und natürlich, daß bei der herrschenden großen Erwerbslosigkeit auch die kauf männischen und technischen und anderen Angestellten ein gewisses Kontingent stellen werden. Daß freilich bei den Angestellten in einem so groben Umfange gerade ältere geschulte und erfahrene Kräfte betroffen werden, ist das Tragische an dieser Entwicklung. ES liegen Berichte von öffentlichen Arbeitsämtern, von Berufsorganisationen und anderen Stellen vor, die darin übereinstrmmen, daß die Zahl der stellenlosen Angestellten mit dem zunehmenden Alter größer wird und daß die Dauer der Erwerbslosigkeit im einzelnen Falle auch mit dem zunehmenden Alter der Betroffenen höher wird. In Berlin z. B. war im Oktober gemeldet worden, daß von dem gesamten Zugang an neuen stellenlosen Angestellten fast 50 Proz. über 40 Jahre alt gewesen sind. Ähnliche Berichte bringen di« Fachorganisationen au- ihren organisierten Kreisen selbst heraus.