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Abg.v. Hickman« (D. Bp.): Die Diskussion über die Vorlagen muh zunächst einmal von der Feststellung auSgehen, daß seit 1924 Jahr um Jahr der Landtag beschlossen hat, die Regierung möchte die Ablösung der Staatsleistungen durchführen, damit die Kapitel im Haushaltplan „Staatsleistungen für die evangelisch-luthe- rische Landeskirche und die römisch-katholische Kirche" einmal wegfallen. Die Regierung mußte die Vor bereitung der AblösungSverlräge vornehmen lautReichS- verfassung. ES handelt sich um die Ablösung bis heriger Staatsleistungcn, tue nach Art. 173 an sich fortbestehen — wie eS heißt —, bis man zu einer Ab lösung auf Grund der Reichsgrundsatzgesetzgebung kommt. Darum konnte auch die Ablö ung, die setzt vorgeschlagen ist, gar keine andere sein als eine vorläufige. ES ist aber auch gar keine andere Möglichkeit ge geben, als diese vorläufige Ablösung in der Form eines Vertrages zu bieten. DaS Urteil des Staats gerichtshofs über die Akzidenzienablösung stellt aus drücklich fest, daß bis zur Grundsatzgesetzgebung eine etwaige Ablösung nur auf dem Wege der Verein barung zwischen Staat und Kirche möglich ist und nicht in der Form einer einseitig staatlichen Gesetz gebung. Auch hier war also der Regierung der Weg ganz klar vorgezeichnet. ES ist nun selbstverständlich, daß man vielleicht mit den Grundsätzen der ReichSvcrsassung nicht allenthalben einverstanden ist, und die Herren Kommunisten haben in ihrem Antrag das za niedergelegt. Aber ich habe mich gefreut, daß doch auch der Vertreter der sozialistischen Partei ganz glatt sagte: Uber Einzel heiten kann man sich streiten, aber iin großen und ganzen wird durch die Neichsverfassung der Weg hier entschieden sein, der allein überhaupt gangbar ist. Die meisten der Fragen, die der Herr Abg. vi-, Seyfert eben aufgerottt hat und über die wir im Rechtsausschuß noch weiter eingehend beraten werden, sind durch die Reichsverfassung auch bereits glatt ent- schieden, und der Weg, den die Regierung hier gewählt hat, ist auch nach dieser Richtung zum größten Teil durch die Neichsverfassung unablenkbar festgelegt. ES muß festgestellt werden, daß die Regierung keinen Konkordatsvertrag vorletzt. Im wesentlichen werd.» es in der Tat nur zwei Fragen sein, die vom Landtag eingehend nachgcprüft werden müssen, nämlich erstens, ob Staatsleistungen, die hier abgelöst werden sollen, auch wirklich abtösungspslichtige Staatsleistungen sind, und zweiten-, ob die Bemessung der Rente, die als Ablösungsrente angeboten wird, in einer für den Staat zu verantwortenden Weise sestgclegt ist. ' WaS die Staatsleistungen antangt, so ist zu sagen, daß eine ganze Reihe in bezug auf die Ablösungspflicht umstritten war, daß aber durch den Schiedsspruch des Reichsgerichts einerseits und daS Urteil des Staatsge richtshofs anderseits und durch juristische Gutachten diese Fragen geklärt worden sind. ES hat mich überrascht, daß der Herr Abg. Neu so außerordentlich verwundert darüber gewesen ist, daß noch Staatsleistungen für die Synode geboten würden, während doch hinter der Einstellung im Haushaltplan immer gestanden habe: künftig wegfallend. Es ist doch selbstverständlich, daß diese Leistung dort wegfällt, weil sie mit abgelöst werden soll. Damit ist aber doch unter keinen Umständen bestritten gewesen, daß es sich hier um eine ablösungspsiichtige Staatsleistung handelt. Gerade die Leistung für die Synode war eine der jenigen Staatsleistungen, die von keiner Seite her bestritten worden sind. Auch die Ausführungen des Herrn Abg. vr. Seyfert in bezug auf die BesoldungSzuschüsse zu dem Lesoldungs- aufwand der Landeskirche sind eigentlich durch die Aus führungen des Schiedsspruches bereits erledigt. Wir kommen nun zu dem zweiten Problem, ob die Höhe, nach der diese Rente bemessen worden ist, für den Staat zu verantworten ist. Es ist hier eine Ver einbarung zwischen Staat und Kirche herbeigeführt worden, die ein Kompromiß darstellt, das aber doch wohl von feiten des Staates aus begründet ist. Wenn der Herr Abg. Neu ausgesührt hat, daß es eigentümlich sei, wenn jetzt bereits die Akzidenzien zu 50 Proz. auf gewertet würden bei dieser Ablösung, während im übrigen die Aufwertungssachen noch weit im argen liegen, so hat er wieder nicht beachtet, was der Sinn des Art. 173 der Neichsverfassung ist, nach dem eben die Staatsleistungen fortbestehen, und wenn sie auch nicht in der vollen Höhe der Friedenswährung weiter zu leisten sind, so ist der Aufwertungsgrundsatz doch durch die Urteile des Staatsgerichtshofes fest gestellt worden, und es muß in einer annehmbaren Höhe diese Staatsleistung sofort von Jahr zn Jahr weitergewährt werden, und man kann nicht etwa ein späteres Jahr abwarten, bis einmal sämtliche Auf wertungsangelegenheiten sonst im übrigen Reiche zur Entscheidung gekommen wären. Richtig ist schon dar auf hingewiesen worden, daß ja im wesentlichen keine neuen Lasten durch diese Vertragsabschlüsse entstehen, sondern daß es sich darum handelt, Ausgaben, die schon im Staatshaushaltplan vorgesehen waren, nun auf andere Kapitel zu verschieben, auf eine andere rechtliche Grundlage zu stellen. Die immerhin nicht unbeträchtliche Mehrbelastung des StaateS aber durch die Erhöhung der Zuschüsse für die Landeskirche in der Form der Rente ergibt sich aus der Tatsache, daß ihr ungerechtfertigterweise der Zuschuß zum Be soldungsauswand der Landeskirche auf einen so geringen Betrag wie 350000 M. willkürlich herabgesetzt war. Die Verzichte, die in der Abmachung, die der Ver trag bedeutet, seitens der Kirche vorliegen, sind aber auch nicht unbeträchtlich, und man kann wohl sagen, daß der Staat gut fährt, wenn er sich zu dieser Vereinbarung entschließt. Auf dem Wege des Prozesses würden zwar vielleicht die Renten in keiner Weise höher bemessen werden, aber die Verzichte, die jetzt in der einmaligen Abfindung von 2 Millionen eingeschlossen liegen, würden mutmaßlich auf dem Wege de» Prozesse- kaum in dieser Höhe der Kirche zugemutet werden. Wenn für die Ablösung der Weg einer Rente be schritten worden ist und keme Kapitalabfindung, so er gibt sich da» ja ak» eine selbstverständliche Notwendig keit auS der Finanzlage des Staates. Hält man aber an dem Grundsätze der Ablösung fest, so ergibt sich eigentlich von selbst, daß an Stelle emer Kapitalabsindung nun nicht eine befristete Rente treten kann. Ich möchte im einzelnen die weiteren Ausführungen auf die Ver handlungen im Rechtsausschuß über oen Vertrag mit der evangelisch-lutherischen Landeskirche aufschieben. ES ist vor allen Dingen in der Presse des Zentrums vielfach die Klage bzw. auch eine Anklage erhoben worden, daß bei dem Vertrage mit der katholischen Kirche deren Interessen nicht genügend gewahrt worden seien, ja, daß eine Art Zurücksetzung gegenüber der evangelisch-lutherischen Landeskirche festzustellen sei. Wenn dabei freilich von der Auffassung auSgegaugen wird, daß jetzt der Staat gewissermaßen Gelegenheit gehabt habe, der römisch-katholischen Kirche in.Sachsen Repara tionen zu geben, um alles wieder gntzumachen, was der frühere Staat an der römisch-katholischen Kirche gesün digt habe, so geht natürlich die römisch-katholische Kirche dann von einem völligen Mißverständnis der Verpflich tung aus, die dem Staat durch die Vorschriften der Neichsverfassung aufgelegt worden ist. Es handelt sich eben für den Staat um keine andere Aufgabe, als die auf Gesetz, Vertrag und besonderen Rechtstiteln be gründeten Staatsleistungen abzulösen. Ginge der Staat weiter, so könnte jeder Religionsverband kommen und mit Rücksicht auf die Zahl seiner Mitglieder ent- sprechende Unterstützungen seitens des Staates an- fvrderu. Es kann also von einer Zurücksetzung gegen- über der evangelischen Kirche nach dieser Richtung hin nicht die Rede sein. Wenn man sich auf feiten der rö mischen Kirche darüber verwundert, daß nun bei dem Ergebnis der Verhandlungen mit der römisch katholischen Kirche, nicht dasselbe zu verzeichnen sei, wie bei den Verhandlungen mit der evangelisch-lutherischen Kirche, nämlich, daß die Staatsleistungen, die jetzt jährlich der Kirche geboten worden sind, sich etwa in dein Ver hältnis wie bei der evangelisch-lutherischen Kirche auch erhöhen, so ist darauf hinzuweisen, daß jene Herab setzung der einen Staatsleistung, der Zuschüsse für den Besvldungsaufwand, eben die katholische Kirche nickt be troffen hat und daß daher nunmehr auch von der Erhöhung nicht die Rede sein kann. Im übrigen ist festzustellen, daß die Grundsätze, die für den Vertrag mit der evan gelisch-lutherischen Landeskirche maßgebend gewesen sind, nicht nur in derselben gerechten Weise, sondern an einigen Stellen sogar in einer besonders entgegenkom menden Weise gegenüber der römisch-katholischen Kirche angewendet worden sind. Nun hat Herr Abg. Neu auch wieder den guten Magen der Kirche zitiert und festgestellt, daß die Kirche eben schließlich immer suche, so viel wie möglich zu bekommen. Nachdem die sächsische evangelisch-lutherische Landeskirche lange Zeit eine Hungerkur durchgemacht hat (Sehr richtig! rechts.— Lachen b. d. Komm.), wäre es jedenfalls zu verwundern, wenn sie einen solch guten Magen hätte. Unter keinen Umständen ist sie jedenfalls überfüttert worden, und den deutlichsten Beweis dafür, daß das nicht der Fall ist, bietet ja die gegenwärtige Finanzlage der Kirche selbst. Jeder, der in der evan gelisch-lutherischen Landeskirche steuerpflichtig ist, weiß, daß die Steuerlast, die die evangelisch-lutherische Kirche ihren Steuerpflichtigen zumutet, den Beweis dafür liefert, daß sie in einer ungünstigen Finanzlage sein muß, wenn sie solche Forderungen an ihre Mitglieder stellt, die sich doch jederzeit ihrer Steuerpflicht ent ziehen können. Ich möchte einmal mitteilen, daß in den 1256 Kirchgemeinden, die zu unserer Landes kirche gehören, nicht weniger als 918 Kirch gemeinden den Zuschlag zur Reichseinkommensteuer höher als 12 Proz. bemessen müssen, 555 dieser Kirch- gemeinden also nahezu die Hälfte den Zuschlag auf über 15 Proz. bemessen und 23 Kirchgemeinden müssen so gar über 50 Proz. hinausgehen, um nur den notwendigsten Bedarf für die kirchliche Verwaltung hereinzubringen. Das gegenwärtig maßgebende Steuersystem versagt ganz besonders in den Landgemeinden, wo die gegenwärtige Steuergesetzgebung geradezu zu einer Katastrophe führen muß, weil die zur Reichseinkommensteuer herangezogenen Mitglieder in den Landgemeinden außerordentlich spär lich gesät sind und so die häufig größere Zahl, ja bei weitem fast alle Mitglieder der Kirchgemeinden auf dem Lande zur Reichseinkommensteuer nicht mehr heran gezogen werden und damit automatisch auch der Kirchen steuererhebung verlorengehen. Hier sind also Mißstände da, die unter allen Umständen dringend Abhilfe verlangen. Wenn nun durch die Reichsverfassung die finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Religionsgesellschaften, die bisher öffentlich-rechtliche Körperschaften waren und Staatsleistungen erhielten, festgelegt sind, so ist dasselbe auch festzustellen für die rechtliche Stellung der Religions gesellschaften innerhalb des Staates, die in der Vor lage Nr. 74 geregelt wird. Der Herr Minister hat ja bereits auf die komplizierte Rechtsstellung der ReligionSgesell- schaften in dem neuen Deutschen Reiche hingewiesen. Art. 137 hat das StaatSkirchentum beseitigt, hat aber die Trennung von Staat und Kirche insofern nicht restlos durchgeführt, als die Religionsgesellschaften nicht auf das Vereinsrecht verwiesen worden sind. Wenn dieser Weg gewählt worden ist, so hat man jedenfalls erstrebt, die gegenwärtigen kulturellen Gegebenheiten auf dem Boden der deutschen Kultur auch unter den neuen Rechtsverhältnissen nach Möglichkeit unangetastet zu lassen. Aus diesem schwierigen komplizierten Mischsystem, das die Neichsverfassung vorsieht, ergeben sich natürlich auch eine Fülle von Schwierigkeiten auf beiden Seiten, sowohl für den Staat als für die Kirche, und Herr Kollege Renner hat recht, wenn er gesagt hat, daß das nicht alle- für die Kirche erfreulich ist, was hier an Zuständigkeit vor gesehen ist. Das wird auch in der Kirche weithin emp funden. Ebenso ist eS auch für den Staat nicht in jeder Richtung befriedigend, wenn er, nachdem eben erst das StaatSkirchentum aufgehoben worden ist, wieder mit einer Fülle von Berwaltungsgeschäften belastet wird. In ganz besonderer Weise ist ja von diesem System die ev.-luth. Landeskirche berührt, weil sie durch ihre Verbundenheit mit dem Staate bisher von besonderer staatlicher Aufsicht frei war. Die Auffassung, die vorhin Hen-Kolleaevr. Seyfert von den Kirchemnspektionen vertreten hat, Ist nicht richtig und ist auch durch den Schiedsspruch des Reichsgericht- eigentlich mit voller Klarheit widerlegt. Die Kircheninspek-' tionen waren keine Institutionen, durch die der Staat die' Aufsicht au-geübt hat, sondern die Kirchentnspektionen wa- ren kirchliche Verwaltungsorgane, die au-einem geistliches und einem weltlichen Mitgliede bestanden, aber das welt liche Mitglied der Kircheninspektion stand nicht unter einem staatlichen Organ, sondern als weltliches Mitglied der Kircheninspektion war der betreffende Stadtrat oder' Amtshauptmann direktdem Landeskonsistorium unterstellt' Es ist gar kein Streit, daß es sich hier darum gehandelt hat, kirchliche Aufsichtsorgane für die Verwaltung in den Kirchengemeinden zu schaffen. ES ist nun für die Landes kirche in der Tat eine neue Lage, wenn jetzt der Staat seine Aufsicht über die Landeskirche ausbaut. Aber es ist eine selbstverständliche ^Gegebenheit, die sich mit drr Loslösung des alten Organismus, der Staat und Kirche so eng vereinigt hatte, herausstellt. Jedenfalls ist aber das System in der Tat ein so kompliziertes und schwieriges, daß auch ich auf dem Standpunkt stehe, daß.man im einzelnen nachprüfen muß, wie die Kompetenzen des Staates geregelt sind, und es wird im Rechtsausschuß noch Gelegenheit sein, darüber weiteres zu beraten. Hier möchte ich bloß noch zwei Punkte hervorheben, einmal die Rechte der bisherigen staatlichen Beamten schaft, die in die kirchlichen Behörden übergegangen ist. Die sind in 8 25 des Gesetzes nach der Vorlage Nr. 74 in einer Weise gewahrt, die diesen Teilen der Beamten- schäft nicht in vollem Umfange genügt. Hier wird nian versuchen müssen, vielleicht noch eine Besserung dieser Rechtsordnung herbeizuführen. Endlich wollte ich noch mit einen: Worte auf die Erweiterung eingehen, die der Entwurf von 1926 dadurch erfahren hat, daß die Vorschriften über die kirchliche Mitgliedschaft und über den Kircheuaustritt ausgenommen worden sind. Herr Abg. Neu ist hier auf seine Anträge zurückgekommen, die er zur kirchlichen Mitgliedschaft im RechtSauSschuß gestellt hatte, als wir über den Antrag zn beraten hatten, der eine Neuordnung des Kirchenaustrittes in Sachsen verlangte. Herr Abg. Neu hat die Forderung hier wiederholt, daß der Staat den Eintritt in die Religionsgesellschaften durch Gesetz ordnen soll, und zwar in dem Sinne, daß er einen ausdrücklichen frei- willigen Eintritt als notwendige Voraussetzung für die Mitgliedschaft einer Reliaionsgesellschaft festlegen will. Damit hat Herr Abg. Neu sich in der Weise völlig widersprochen, als er in feinen Ausführungen vorhin gerade betonte, daß sich der Staat in innerkirchliche Einrichtungen nicht hineinmischen soll. Der Kirchcu- eintritt ist aber von jeher in der Gesetzgebung als eine innerkirchliche Einrichtung angesehen worden, und ge rade diese innerkirchliche Einrichtung, die Regelung des Eintritts in die Religionsgesellschaften, will Herr Abg. Neu wieder durch Staatsgesetz ordnen. ES würde heißen, die ganze Struktur der ReligionSgesellschaslen, wie sie auf dem Wege der deutschen kulturellen Ent wicklung entstanden sind, von Grund aus umzustürzen, wenn man jetzt aus den Volkskirchen, die Nachwuchs kirchen sind, plötzlich Freiwilligkeitskirchen durch S/auts- gesetz machen wollte. (Sehr richtig! rechts) Was nun die Vorschriften über den Kircheuaustritt anlangt, so sind auch wir geneigt, zuzugebcn, daß die neue Forn: dieser Vorschriften, wie sie nun in der Vor lage Nr. 74 niedergelegt sind, einen Fortschritt bedeutet, aber die Wünsche, die an eine verständnisvolle Regelung des Kirchcnaustritts gestellt werden müssen, sind da mit doch durchaus nicht sämtlich erfüllt. Wir haben nichts dagegen, daß für den Kirchenaustritt auch weiterhin, wie es im alten Staate war, eine staatliche Stelle bezeichnet wird, an der der Kirchenausintt rechtskräftig wird, und wenn nurn an die Stelle des Amtsgerichts jetzt das Standesamt gesetzt hat, so ist auch dagegen nichts zu sagen. Auch gegen das 1t. Lebensjahr würden wir uns nicht mehr wenden, nachdem nun einmal das Reichsgesetz über die rcligwje Erziehung das 14. Lebensjahr als Entscheidungsältcr festgelegt hat. Aber die Einschaltung des Pfarramles in das Verfahren beim Kirchenaustritt ist auch jetzt sehr unzureichend. Es müßte eigentlich jeder, der die freie Kirche fordert, zugeben müssen, daß derjenige, der ans der Kirche austreten will, das dem Pfarramt mitteilcn soll. Diese Vorschrift, die früher selbstverständlich war, ist auch in das thüringische Kirchenaustrittsgesetz hinein- genommen worden, fehlt aber in dieser Vorlage dei sächsischen Regierung. Man hat lediglich die alte Über- lcgungsfrist, die für den Kirchenaustritt früher allge mein maßgebend war, durch eine sehr dürftige Vor schrift zu ersetzen versucht. Besser ist die preußische Vorschrift, nach der der Kirchenau-tritt erst 4 Wochen, nachdem auf dem Standesamt, in Prenßen noch dem Amtsgericht, die Austrittserklärung erfolgt ist, rechtZ- wirksam wird, so daß cs eines Widerrufes nicht bedarf, mit dem die Erklärung, die z. B. auch auf steuerlichem Gebiete rechtswirksam geworden ist, erst wieder zurück- genommen werden muß. Das sind Einzelheiten, auf die wir im Rechtsausschuß zurückkommen werden. Im großen und ganzen stimmen wir grundsätzlich dieser Vorlage zu, und wir sehen in ihr den ernst haften Versuch, einmal die sehr schwere Aufgabe zu regeln, die Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften in dem neuen paritätischen Staat zu ordnen. Ich stelle mich auf den Standpunkt, daß ich den sächsischen Ge setzentwurf für den besten halte, der auf diesem Gebiete in der neuen deutschen Recktsentwicklung überhaupt herausgebracht worden ist. Wir sind nicht der Auf fassung, welche die römisch-katholische Kirche auch in Sachsen vertritt, die dieses Gesetz rundweg ablehnt, dle nur auf dem Wege des Konkordats überhaupt die Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Kirche zu ordnen für richtig hält. Wir erkennen besonder- an, daß der Staat dort, wo er auf Aufsicht-rechte von sich aus ein schalten mußte, dabet soweit wie möglich immer dst Selbständigkeit der Religionsgemeinschaften achtet und sich selbst starke Beschränkungen auferlegt, wo e» sich um die Bemessung der staatlichen Kompetenzen Hande» (Fortsetzung in der nüchsten-Betlage.)