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Oß» . AMWbkilM W AWm stmtUitmA Nr. 227. zu Nr. 50 des Hauptblattes. 1929. Beauftragt mit der Herausgabe R-gierungSrat Brauße in Dresden. Landtagsverhandlungen. (Kortsetzuug der 108. Sitzung von Dienstag, den 2«. Februar 1S2») Abg. Renner (Komm.): Ich bin absolut gerührt von dieser Mieterfreundlichkeit der Hausbesitzer. (Abg. Röllig: Wir sind eben ehrlich!) Das sehr warme Ein treten für die Mieter wird mich mindestens dazu bewegen, dafür zu stimmen, daß der Antrag an den Rechtsausschub überwiesen wird Dann aber hört die Einheitsfront mit den Hausbesitzern wieder auf. Herr Abg. Röllig hat gesagt, wir wollen nicht einseitig etwas, wir wollen auch etwas für die Mieter. Wenn die Frage so stünde, hätten die Herren von der Haus- besitzerpartei das schon sehr oft beweisen können. Die Anträge bedeuten im Grunde genommen nichts anderes als einen Angriff auf das Mietzinssteuergesetz mit dem Ziel, dieses Gesetz zu durchbrechen, zu beseitigen, und die jetzt aus der Mietzinssteuer abgeführten Beträge in die Taschen der Hausbesitzer fließen zu lassen. Des halb werden wir auch in dieser Form den Anträgen keineswegs zustimmen, weil wir eine solche Geschenk politik nicht mitmachen. Wir sind der Meinung, daß eS ganz selbstverständlich ist, daß man für die Frage der Frostschäden, die Frage der eventuell eintretenden Hochwasserschäden sehr weitgehend etwas unternehmen muß. Aber wir werden die Frage doch ein klein wenig so stellen müssen, daß man dabei auch eine bestimmte Grenze der Unterstützung zu ziehen hat, und zwar eine bestimmte Grenze nach dem Besitzstände des Hausbesitzers. Aber es steht auch noch eine andere Frage. Ge schädigt sind auch die Kleinbauern, geschädigt sind auch die Mieter in anderen Fällen. Was geschieht z. B. mit den Mietern, die jetzt Frostschäden an aufbewahrten Kartoffeln haben, wo der Hausbesitzer versäumt hat, Reparaturen an den Kellerfenstcrn machen zu lassen? Das ist eine absolute Schuld des Hausbesitzers, die zeigt, daß er die Gelder, die ein- - gestellt waren für Reparaturen, nicht für diesen Zweck »m Interesse des Mieters für die Reparaturen ver wendet hat, sondern den Prozentsatz für die Reparaturen als Sondergewinn in seine Tasche gesteckt hat. Weiter steht die Frage, daß die Kleinbauern insbesondere von der Kälte betrosfen werden durch das Einfrieren von Kartoffelmieten. Auch diese Frage wird im Ausschuß behandelt werden müssen. Deshalb werden wir die Anträge in dieser Form nicht annchmeu. Wir werden uns Vorbehalten, im Ausschuß in der Zusammenfassung alles dessen besondere Anträge zu formulieren, um die Gesamtfrage und, wie gesagt, so ein wenig die Klassen frage zu stellen unter Ausschaltung der großen Haus besitzer, die Häuserwucher betreibe», und unter Aus schaltung der Großgrundbesitzer, die besonderen Wucher mit ihren Mietern treiben. Nach dem Schlußwort dcS Abg. Börner (Dual.) werden der Antrag Rr. 1125 Ziff. 2 an den Rechts» auSschuß, die Anträge Nr. 1125 Ziff. 1 und Rr. 1121 an den Haushaltausfchnß .4 verwiesen. Letzter Punkt der Tagesordnung: Erste Beratung über den Antrag der Kran Abg. Bauer (Leipzig) n. Gen. wegen Übernahme der gemeindlichen Schnee» befeitignngSlosten für die StaatS» und sogenannten schwarz-gelben Straßen auf den Staat. (Drucksache Rr. 1122.) Der Antrag Nr. 1122 lautet: Die Gemeinden sind durch die Notwendigkeit der Schneebeseitigung außerordentlich belastet worden. Die bisherige finanzielle Regelung hat sich erneut als unzulänglich herausgestellt. Der Landtag wolle deshalb beschließen: die Regierung zu ersuchen, den Gemeinden die durch die Schneebeseitigung auf den Staatsstraßen und auf den sogenannten schwarz-gelben Straßen entstandenen Kosten zu erstatten. Abg. Schleinitz (Soz. — zur Begründung): Der Winter mit seiner grimmigen Kälte und seinem Schnee reichtum hat die Gemeinden vor Aufgaben gestellt, die von diesen ohne Hilfe des Staates nickt erfüllt werden können. Besonders die Schneebeseitigung auf den Staatsstraßen, auf den sogenannten schwarz-gelben und auf den Gemeindestraben, erfordern in diesem Jahre Mittel, die die Kräfte der Gemeinden übersteigen. Wir haben uns im vorigen Jahre bereits mit dieser Frage beschäftigt und meine Fraktion hat den Antrag eingebracht, der den Gemeinden zu helfen versuchte. Wir sind aber leider damit m der Mmderhelt geb^ und jetzt hören wir den Notschrei aus allen Gemeinden des Landes. (Sehr richtig! b. d. Soz.). D'e Großstädte, die Kleinstädte, die Mittelstädte, die kleinen Gemeinden, kurz die Gemeinden in ihrer Gesamtheit sagen, daß me Mittel, die für die Beseitigung des Schnees aufge bracht werden müssen, von den Gemeinden nicht zu er schwingen sind. . . , Es ist nicht uninteressant, noch einmal ganz kurz zu zeigen, wie die Verhandlungen im Vorjahre gegangen sind. Mein Fraktionskollege Nebrig begründete hier am 9. Februar 1928 unseren Antrag Nr. 618, der ver langte, daß die Übernahme der Kosten s"* Schuee- auswerfen auf den Staat erfolgen solle. Viele Ein gaben von den Gemeinden, die an den Landtag, an den Sächsischen Gemeindetag und an die enizelnen Fraktionen gegangen waren, fanden in diesem Antrag ihren Niederschlag, und die Meinung der einzelnen Fraktionen in diesem Hause zu dieser Frage bei der ersten Lesung war einmütig. Es wurde sogar von dem Abg. Schreiber (Dnat.) Schlußberatung beantragt. Aber man hatte die Rechnung ohne den Herrn Fmanz- minister gemacht, denn der Herr Finanzminister legte gegen diese Schlußberatung Widerspruch ein lind unser Antrag wurde an den Ausschuß verwiesen. Im Aus schüsse fanden die Verhandlungen statt mit dem Ergeb nis, daß unser Antrag abgelehnt wurde. (Abg. Muller- Planitz: Hört, hört.') Trotzdem hier zum Ausdruck ge- kommen war, daß dieser Antrag eine Selbstverständlich keit bedeute und daß eigentlich nicht darüber geiprochen werden sollte, waren die bürgerlichen Fraktionen nn Ausschuß umgefallen und fanden sich bereit, unseren Antrag abzulehnen. Es wurde an Stelle unseres An- träges eine andere Regelung vorgeschlagen. Nach dieser sollten die Gemeinden bei einem Aufwand von 1000 M. für Schneebeseitigung die Hälfte ersetzt bekommen, und bei einem Aufwand, der über 1000 M. beträgt, sollten die Aufwendungen zu Dreiviertel erstattet werden. Bis dahin haben die Gemeinden die Hälfte des Aufwandes erhalten. Wir müssen aber heute feststellen, daß dieser Beschluß und diese Regelung den Gemeinden durchaus nicht geholfen hat, denn bei der Höhe der Lasten und bei der Finanzlage der Gemeinden ist es unmöglich, die noch restlichen Mittel sür die Schneebcseitignng anfzubringcn. Man muß sich auch einmal fragen, wie der Antrag durchgeführt worden ist, der hier angenommen worden ist. In den: Beschluß heißt es, daß die Hälfte der Auf wendungen erstattet werden soll. Wir müssen aber fest stellen, daß draußen in den Gemeinden nur die Hälfte der Löhue zurückerstattet werden, die ausgewendet werden. Zur Schneebeseitigung gehören aber nicht nur Löhne, sondern die Beiseiteschassung dieser Schneemassen muß mit Geschirren und mit Autos und mit anderen Mitteln geschehen. Man bezahlt einfach nur 50 Proz. auf die Arbeitslöhne, die hier die kleinere Snmme bedeuten. Das übrige, die große Last, überläßt man den Gemeinden selbst. Meine Fraktion hat sich deshalb veranlaßt gesehen, einen neuen Antrag einzubringen. Wenn dieser Antrag angenommen wird, blewt den Gemeinden noch viel zu tun übrig, um auf den Gemeindestraßen die Schnee- beseitigung vorzunehmen. Wenn wir heute verlangen, daß wenigstens die Kosten der Sckneebeleitigung auf diesen Durchgangsstraßen auf den Staat übernommen werden, so glaube ich, daß das nicht mehr als recht und billig ist. Wir müsset» aber feststellen, daß in dieser Beziehung trotz dem Drängen des Gemeindetages, trotz dem Drängen des Landtages bei der Etatberatung dem niemals Rechnung getragen worden ist, und eS muß in aller Öffentlichkeit einmal ausgesprochen werden, daß die Balancierung des Etats im Lande, die Niedrighaltung des Fehlbetrages im Lande eigentlich auf Kosten der sächsischen Gemeinden geschieht. (Sehr wahr! links.) Denn der sächsische Staat läßt viele Aufgaben unerledigt, zu denen er gegenüber den Gemeinden verpflichtet wäre, und damit erreicht er, daß er einen etwas günstigeren Staatsetat vorbringen kann, während die Gemeinde etats zeigen, daß fast alle Gemeinden nahe vor dem Zusammenbruch stehen. In den Gemeinden sind es die bürgerlichen Fraktionen, die gemeinsam mit den Linksparteien gerade auch diese Anträge wegen der Schneebeseitigung an den Landtag stellen, aber wenn sie dann hier für die Anträge eintreten sollen, müssen sie immer feststellen, daß gerade die Parteien, die draußen mit dafür eintreten, daß diese Lasten auf den Staat übergehen, unsere Anträge ablehnen. Diese Schneebeseitigung, die nicht durchgeführt werden kann, weil die Gemeinden keine Mittel haben, hat aber noch eine andere Seite, und das ist die, daß, wenn der Schnee nicht beseitigt werden kann, die Folge de» LiegenbleibenS de» Schnee» Unglücksfälle sind. Wer heute einmal durch die Straßen geht und die engen Fahrbahnen sieht, die es kaum ermöglichen, daß sich die Fuhrwerke gegenseitig ausweichen können, und wenn an bestimmten Stellen die Fußwege überhaupt noch nicht gereinigt worden sind, so daß auch noch der Fuß- gängerverkehr auf diesen Fahrbahnen erfolgen muß, der wird erkennen, daß hier eine ungeheure Gefahr vorhanden ist und daß, wenn sie nicht bald beseitigt wird, die Unglücksfälle noch vermehrt werden, die ohne hin schon zu verzeichnen sind. Die Zahlen, die bis jetzt über die Belastung der Gemeinden bekannt geworden sind, sind außerordentlich groß. Es gibt Gemeinden, deren Gesamtetat nicht viel größer ist als die Mittel, die sür Schneebeseitigung ausgegeben werden müssen. Der Sächsische Gemeindetag hat eine Eingabe an den sächsischen Landtag gerichtet, in der zum Ausdruck kommt, was wir fordern, wenigstens nach der Seite der Staatsstraßen hin; es wird gesagt, daß eS eine Pflichtausgabe des Staates sei, auf solchen Straßen die Schneebeseitigung vornehmen zu lassen, und daß den Gemeinden nicht länger zugemutet werden könne, Aufgaben, die dem Staate zukommen, mit ihren Mitteln durchzuführen. ES wäre jetzt eine schöne Ge legenheit, diese Arbeiten durchführen zu lassen, weil durch die Wirtschaftskrise genügend Arbeitslose vor- Händen sind. Die Arbeitslosen würden gern diese Arbeit verrichten, wenn man ihnen das nötige Schuh, werk dazu gibt. Es kommt noch etwas anderes in Frage. ES ist in einigen Gemeinden festgestellt worden, daß dort die Landwirte mit ihrem Personal die Schneebeseitigung vornehmen, um ihre rückständigen Stenern abzuarbeiten. Bei der Arbeitslosigkeit, wie sie auch in diesen Orten herrscht, ist das nicht gut zu heißen, und es möchten die Aufsichtsbehörden einmal dort nach dem Rechten sehen. Wir verlangen, daß dort Arbeitslose diese Arbeit ausführen. Wir beantragen, daß dieser Antrag dem HauShalt- ausjchuß überwiesen wird. Abg. Nagel (Komm-): Tie Kommunistische Fraktion hat bereits in» vergangenen Jahre beantragt, daß die schwarz-gelben Straßen vom Staate übernommen werden sollen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, daß heute noch die Gemeinden, selbst bei Staatsstraßen dazu heran- gezogen werden, wenn irgend welche Maßnahmen, wie Beseitigung von Schnee usw. getroffen werden müssen, um die Straßen überhaupt gangbar zu machen. Daß, wenn das nicht geschieht, Unglücksfälle unvermeidlich sind, ist ganz selbstverständlich. Die Heldt-Regierung sollte wirklich etwas mehr daran denken, daß hier ans den Straßen Ordnung geschossen wird. Wir werden dem Anträge, der vorliegt, zu stimmen. Man wird aber darüberhinaus früher oder später einmal die Frage stellen müssen, ob es nicht überhaupt Aufgabe des Staates sein muß, sür die Reinhaltung der Straßen überhaupt zu sorgen. Im übrigen behält sich meine Fraktion vor, in bezug auf die Frostschäden, in bezug auf die schlechten Ver hältnisse, die durch den strengen Winter eingetreten sind, besondere Anträge zu stellen, wenn mehr Klarheit über diese Frage vorhanden sein wird. Abg. Schreiber jOberwürschnitzj (Oppos. Komm): Es sind in der Mehrzahl die Arbeiterwohnsitzgemeinden, die unter diesen Lasten zusammenbrechen müssen. Deshalb haben wir uns als Kommunistische Fraktion schon in der Vergangenheit dafüi eingesetzt, daß die Gemeinden ent lastet werden, und wir werden es auch in Zukunft tun. Ich möchte aber im Zusammenhang damit eine andere Frage erwähnen. Durch den lange anhaltenden Winter sind alle die kleinen Wasserläufe rnr Gebirge und auch in der Ebene vollständig zugefroren und mit Schnee zugeweht, so daß die Gemeinden gezwungen sind, wenn sie jetzt keine Katastrophen in den Gemeinden eintreten lassen wollen, namhafte Mittel für die Befreiung dieser Flußläufe von den Eis- und Schneemassen aufzubringen. Das wird natürlich die finanzielle Lage der Gemeinde« noch mehr verschlechtern. Deshalb wäre eS nickt mehr als recht und billig, daß wenigstens die Kosten für die Beseitigung der Schneemassen auf den Staatsstraßen vom Staate endlich übernommen werden und man sich nicht auf diese alte Bestimmung aus der Vergangenheit noch fortgesetzt berufen würde. Hierauf wird der «»trag Rr. 1121 dem Hau-Hatt- ausschuß überwiesen. (Schluß der Sitzung 17 Uhr 20 Miu4