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LlickiBeilUk Mk sHsiW AmtMW Nr. 218 1929 zu Nr. 38 des Hauptblattes Beauftragt mir der Herausgabe RegierungSrat Brauße in Dresden. Abg. Renner (Komm.): Man kann den sächsischen Haushalt selbstverständlich nur im Rahmen der Gesamt wirtschaft des Deutschen Reiches betrachten und bewerten. Die Rede, die der Herr Finanzminister zum Etat gehalten hat, war im großen und ganzen ziemlich hölzern und trocken. Sie war nicht so, das; man sagen könnte, man hätte daraus umfassende Schlüsse auf die nächsten Perspektiven ziehen können. Es waren einige Wendungen darin, in denen der Finanzmimster den Versuch machte, etwas in größerer Politik zu machen, nämlich bei der einen Frage, als er auf den Reparationsagenten Parker Gilbert einging. Aber dann stoppte er gleich wieder ab und hatte nur noch eine einzige Geste nach dem Reiche, indem er die Selbständigkeit und Steuerhoheit der Länder forderte. Mit dieser Forderung der Steuer hoheit der Länder rannte er aber alles über den Haufen, was früher hier über den Einheitsstaat und die Ver richtig! rechts), und wenn nicht vonseiten der Landes regierung rechtzeitig eingegriffen und der Steuersatz der Grundsteuer auf den Einheitssatz vom 1. Januar 1925 festgelegt werden wird, wird auch die neue Grundsteuer zu einer weiteren substanziellen Steuer des Grund besitzes werden. (Leider! b. d. Wirtsch.) Zum Schluß möchte ich an die Reichstagsabgeordneten, die vielleicht auch dann und wann einmal einen Bericht aus Sachsen lesen, die Bitte richten, doch bei ihrer Tätigkeit im Reiche und im Reichstage für das deutsche Volk bei der Regelung des Finanzausgleichs auch das sächsische Volk nicht zu vergessen. (Sehr richtig! rechts.) Man hat oft den Eindruck, als ob die Herren Reichs- tagsabgeordneten das letzte Stückchen Heimaterde mit ihrer Wanderung nach Berlin verlassen hätten und ab solut kein Verständnis hätten für die heimatliche Scholle, ihre Wirtschaft und ihre Auseinandersetzung mit dem Reich. (Bravo! b. d. Wirtsch.) weiter der Ausfall an Mietzinssteuer für den Wohnungs- bau den Gemeinden aus einem Darlehen geboten wer den soll. Ich glaube, es ist nicht mehr an der Zeit, daß man über diese Dinge streitet, denn soviel muß doch auch in einer Republik Klarheit sein, daß man rechtlich voraeschriebenen Sätzen doch auch im Parlament die Aner kennung nicht versagen darf. Aber ich will bei dieser Gelegenheit gleich auf den Wohnungsbau als solchen ganz kurz eingehen. Vorhin hat eine interessante Aussprache über die Wirt schaftspartei stattgefunden. Sie werfen uns vor, daß wir dem Wohnungsbau ablehnend gegenüberstehen. Nichts ist falscher als diese Auffassung (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.). Ich kann mit Fug und Recht erklären, wir stehen voll und ganz auf dem Standpunkt, daß recht viele Wohnungen gebaut werden möchten. Es kann niemals zuviel für uns gebaut werden, denn nebenher winkt uns ja auch etwas anderes, was Sie wiederum nicht wollen, das ist die freie Wirtschaft; denn ich erkläre hier offen, daß die freie Wirtschaft als ein gutes Geschenk neben unserer altruistischen Einstellung uns entgegengebracht werden wird. Aber etwas be kämpfen wir, und das ist, daß die heutige Form, wie Wohnungen erbaut werden, nicht der allgemeinen Zeit, Wirtschaft und Notlage entspricht. Da kann uns nie mand das Gegenteil beweisen. Erst letzthin hatten wir ja eine Anfrage, daß die Räume, die in einer Siedlung erstellt worden sind, von dem Manne nicht ausgenutzt werden önnten. Dieses System bekämpfen wir. Wir wollen aber aben, die Menschen sollen billige, gute, gesunde und schöne Bohnungen haben. Wir haben früher den Beweis da- ür erbracht. Jetzt ist die Zeit an Ihnen, daß Sic ein- nal mit der neuen Wirtschaftspolitik so schnell wie mög- ich auch so billige Wohnungen erstellen wie es früher eschehen ist. Bezüglich der Verwaltungsreform kann ich nur erklären, daß eigentlich nur innerhalb des Finanzmini steriums bis jetzt eine Verwaltungsreform praktisch durch, geführt worden ist. Das ist uns doppelt angenehm, denn unsere Partei hat ja zur Verwaltungsreform klipp und klar ihre Stellungnahme zum Ausdruck gebracht. Ich will über die Dinge, die heute schon breit erörtert worden sind und die ja später ausführlich zur Aussprache stehen, nur das eine erklären, und da stehe ich etwas im Gegensatz zu der Anschauung des Herrn vr. Blüher. Wir stehen auf dem grundsätzlichen Standpunkte, daß die Anhäufung in der Großstadt für das Volk nicht vorteilhaft ist und daß es heute eine Tendenz in der Berwaltungsresorm gibt, die darauf hinzielt, die Ver größerung der Städte, die Zentralisation der Gemeinden möglichst zu erleichtern, ja, wenn es sein muß, zwangs läufig durchzuführen. Gegen die zwangsläufige Durch führung sind wir grundsätzlich, denn wir sehen darin eine sehr große wirtschaftliche und auch eine politische Gefahr. (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) Dann will ich noch etwas zur Grund- und Ge werbesteuer sagen. Wir begrüßen eS, das; in dem Kapitel Steuern sowohl die Grundsteuer als auch die Gewerbesteuer wieder mit den alten Sätzen eingesetzt worden sind. Es war tatsächlich bei der Grundsteuer in Verbindung mit der neuen Einheitssteuerbewertung und in Verbindung mit 8 1 des Grundsteuergesetzes von 1926 die Gefahr überaus naheliegend, daß wir im Jahre 1929 eine Grundsteuer erhielten, die das Doppelte und Mehrfache der Grundsteuer vom vorhergehenden Zeitraum bedeutet hätte. (Hört, hört! b. d. Wirtsch.) Daß diese Steuer vollständig unbrauchbar war, ist klar, überdies glaube ich, daß die Herren, die an dem letzten Grundsteuergesetz mit gearbeitet haben, auch eingesehen haben, daß die Veränderung der Auffassung der Be wertung zur Grundsteuer damals nicht richtig gewesen ist. Wenn das Reich mit seinem neugeschaffenen Ein heitswert davon sprach und auch im ReichSbewertungS- gesetz davon spricht, daß der Einheit-wert der Ertrag-- wert sein soll, so hat die letzte Verordnung de- ReichS- finanzminister» klar erwiesen, daß der neue Einheit-wert mit dem Ertrag-wert absolut nicht- zu tun hat (Sehr vermögen und bei den Betriebsgrundstücken bei min destens 25 Milliarden liegen, weil die Höherbewertung im Durchschnitt 5V Proz. ausmacht. Diese erhöhte Ein schätzung wird einem Bermögenssteuerzufluß von 125 Mill, im Reich bringen. So wird den; Mittelstand, so wird dem Grundbesitz, der zum größten Teil sich in Zwangs wirtschaft befindet, erneut von Reichsseite eine Last von jährlich 125 Millionen aufgebürdet. Der Herr Reichsminister hat gesagt, wir wären in einer ähnlichen Situation wie 1924, und daß cs heiße, die gesamte Volkskraft, den Volkswillen, den guten Opferwillen des Volkes zu erfassen und auf eine Opferidee zu stellen. Wie kommt er aber dann dazu, daß er mit dem Aufbau der Vermögenssteuer einen Abbau der Einkommensteuer und der Lohnsteuer ver kuppelt? Also auf der einen Seite redet er von einem großen Volksopfer, und auf der anderen Seite sagt er: Dieses Opfer dürfen aber nur die tragen, die noch einen Besitz haben, und diejenigen, die nur em Ein kommen haben, sind von diesem Opfer befreit. Da haben wir den seltsamen theoretischen Gegensatzzwischen Kapital und Arbeit. Ein Wort zur Landwirtschaft! Bezeichnend ist, daß die Krisis der Landwirtschaft mit der Stabilisierung der Mark zmammenhängt. Auf den Tag, wo die Rentenmark eingeführt worden ist, beginnt die Krisis der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft hatte früher in der Inflation eine monopolartige Stellung, und so sind die Ursachen, die zu dieser Krisis der Landwirt- schäft geführt haben, sehr verschiedenartig. Emma! die monopolartige Stellung der Landwirtschaft wurde durch die Festmark gebrochen, wie überhaupt Deutschland mit allen »einen Zweigen des Handels und der Industrie und der Landwirtschaft durch die Festmark wieder an den Welthandel angeichlossen worden ist. Zum andern aber ist mit der Festmark auch wieder eingetreten, daß das Geld selten und rar wurde und außerdem teuer war. Damit war für die Landwirtschaft die Aufnahme des Geldes mit außerordentlichen Schwierigkeiten und Nöten verbunden, und zum anderen kann man statistisch feststellen, daß die Preise der landwirtschaftlichen Pro- dukte in der Zeit der Inflation ganz anders günstig zu den Weltmarktpreisen standen, daß aber zur Zeit der Festmark die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte im Auslande über dem Friedenswerte und in Deutsch land unter dem Friedenswerte standen. Damit ist zunächst rein finanztechnisch und geldwirtschaftlich die Krisis der Landwirtschaft erklärt. Dazu kommt natür- lich auch noch für die Landwirtschaft, daß man im Reichsfinanzministerium bei der Gründung der Fest mark die Theorie vertreten hat, daß gerade die Land wirtschaft jenen Besitz hat, der unweigerlich besteht, der nicht weggehen kann, der ausdauernd ist, der Volkswirt- schaftlich ewigen Charakter hat und daß man gerade diese Werte zurSicherung derRentenmark benutzen wollte. Und so sind die Landwirte damals bedrängt worden von den Finanz, und von den Landesbehörden, daß sie Kredite nehmen sollen, und der Rentenbankkredit und die an deren Kredite sind der Landwirtschaft zum Verhängnis geworden. Wenn wir nun aber einmal vergleichsweise die Erträgnisse der landwirtschaftlichen Tätigkeit in Dänemark, in Belgien, in Holland mit der von Deutschland vergleichen, so müssen wir doch zu der Frage kommen: wie kommt es, dag die deutsche Land wirtschaft mit diesen Landwirtschaften auf dem Welt märkte nicht konkurrieren kann? Und da kommen wir eigentlich zur Grundfrage des landwirtschaftlichen Pro blems. Diese liegt Nicht auf dem Boden des Kredits, sie liegt auch nicht darin, daß die Landwirtschaft heute eine neue Berkaufsmethode sucht, daß sie den Weg vom Produzenten bis zum Verkäufer selbst in die Hand nimmt und auf diesem Wege die eigenen Freunde der Wirtschaft und Politik aus der Wirtschaft auSstößt (Sehr wahr! b. d. Wirtsch.), sondern das Problem der Landwirtschaft liegt in der Erziehung zu erhöhter Produktivität. (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) ES ist klar, daß die Ergebnisse der landwirt schaftlichen Versuchsanstalten bet weitem noch nicht in die breite Menge der Landwirte Eingang gefunden haben. (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) Deshalb begrüßen waltungsreform gesagt worden war. Ter neue Etat zeigt, glaube ich, sehr stark die Er scheinungen der heranrückenden Krise für die deutsche Wirtschaft, er zeigt den Rückgang der deutschen kapita listischen Stabilisierung schon sehr deutlich. Betrachtet man aber diese Erscheinung im Reiüsmaßstab, so wird das noch viel klarer. Der Etat schließt bei allen Be- mühnngen mit einem immerhin beträchtlichen Defizit ab, und die Lösung, wie man dieses Defizit decken will, ist noch sehr unvollkommen und völlig ungeklärt. Trotz des Defizits geht man aber dazu über, auch in diesem Etat wieder Vorbereitungen zu treffen für neue Geschenke an bestimmte Kasten, insbesondere wieder ist es die Hausbesitzerpartei, der man wieder neue Ge schenke ankündigt. Nicht sehr beachtlich ist das, lvas der Herr Finanz- Minister gegen die Erwerbslosigkeit in Sachsen gesagt hat, beachtlicher ist eigentlich das, was er dazu nicht gesagt hat. In seiner Etatrede erklärte er, daß die Zahl der Erwerbslosen Mitte Januar um 30 Proz. höher gewesen sei als im Januar des vorigen Jahres. Damit ist aber für ihn das Problem der Erwerbslosigkeit im Etat und in der Etatrede abgetan. Der Herr Ober bürgermeister Blüher, der wohl immer noch eine aus- schlaggebende Rolle in der sächsischen Bürgerblock- regierung spielt, hat vorhin die Frage der Erwerbs losigkeit gestreift und erklärt, daß es jetzt Aufgabe des Staates sei, für die Erwerbslosen etwas zu tun. Aber was für die Erwerbslosen geschehen soll, das hat er nicht gesagt. Dafür hat er einige Kulturaufgaben vor geschlagen, den Ausbau der Gemäldegalerie und den Bau von Straßen. Uber diese Fragen muß man be- onders sprechen, aber damit ist die Frage der Erwerbs« osigkeit keineswegs erledigt. Zur Wirtschaftslage in Sachsen erklärte der Minister n seiner Rede, das Gesamtergebnis einer Betrachtung >er wirtschaftlichen Verhältnisse Sachsens bilde ebenfalls eine Anhaltspunkte zu dem optimistischen WirtschastS- bericht des Reparationsagenten, im Gegenteil, es litten große Schichten des Volkes und der Wirtschaft bittere Not und kämpften unter den öffentlichen Lasten ver zweifelt um die Erhaltung ihrer Existenz. Diese mtriotische Geste gegen den Reparationsagenten habe ch vorhin schon einmal gekennzeichnet. Es ist richtig» >aß große Teile des deutschen Volkes, daß insbesondere >ie Arbeiterschaft und die Erwerbslosen jetzt besonders darben, daß aber auch Teile des Mittelstandes erbittert um ihre Existenz kämpfen müssen. Aber andererseits st nicht zu bestreiten, daß ein noch immer kleiner und chmaler werdender Teil des deutschen Volkes, d. h. die deutsche Großbourgeoisie, heute noch das luxuriöseste Leben führen kann und auch noch die Möglichkeiten eines solchen luxuriösen Daseins hat, weil diese deutsche Großbourgeoisie ihren Anteil an den Erstellungen der Arbeitskraft des Arbeiters systematisch heraufgeschraubt Sehr richtig! b. d. Komm.) und die Arbeiter systematisch ausgebeutet hat. Die Frage der Reparationskonferenz wurde durch die Gesten des Herrn Finanzministers aufgezeigt und vorhin noch unterstrichen durch Herrn Abg. 1>r. Blüher, der dabei die Forderung einer Ermäßigung der Reparationslasten aufstellte, aber seine Rede vor allen Dingen sehr patriotisch schloß mit der Forderung der Rheinland!äumung, der Beseitigung der Besatzung im Westen, schloß auch mit einem HmweiS auf die Anschlußfrage von Österreich. Damit ist aber auch die Frage der Reparationskonferenz keineswegs geklärt. Die Reparationskonferenz beschäftigt sich doch mit wesentlich anderen Dingen al» nur mit der Frag« Landtagsverhandlungen. (Fortsetzung der 104. Sitzung von Dienstag, den 12. Februar 1S2S.) Abg. Hentschel (Wirtsch. — Fortsetzung): Ich will mich zunächst noch etwas mit den Ein heitswerten beschäftigen, die auf Grund der Schätzung vom 1. Januar 1928 der Vermögenssteuer zu grunde zu legen sind. Wir machen die Feststellung, daß bei dieser Einschätzung nicht nur der Einheitswert als solcher, d. h. der Prozentsatz erhöht worden ist, sondern sehr häufig auch der Wehrbeitragswert, und durch die neuen Prozentschätzungen auf Grund eines neu an genommenen Wehrbeitragswertes treten Zuschläge von 100 Proz. in die Erscheinung. Der Herr Reichsfinanz minister errechnet auch den Erfolg der ganzen Steuer auf nicht richtiger Grundlage. Den Wert des Grund vermögens beziffert der Reichsfinanzminister nach den Veranlagungen zur Vermögenssteuer 1926/27 auf rund 51 Milliarden. Er rechnet auf Grund der neuen Ein schätzung mit einer Steigerung von 30 Proz., also eine Steigerung um 15 Milliarden. Die Schätzung ist aber viel zu niedrig, sie dürfte bei dem Grund- wir es auch, daß in unseren Etat, wenn auch nur leider kleine Mittel für die Wirtschaftsberatungen ein gesetzt sind, die ja die an den landwirtschaftlichen Schulen tätigen Lehrer bei den Landwirten auszuführen haben. Zusammenfassend möchte ich folgendes über die Landwirtschaft erklären. Die Landwirtschaft wird nur dann eine Aufwärtsentwicklung nehmen, wenn ihr die allgemeine Wirtschaftslage die Aufbringung aller erforderlichen Zinsen, Steuern und Lasten a«S den Erträgnissen gestattet und wenn ihr da neben dann noch jene Reinerträgnisse verbleiben, mit deren Hilfe sie vor dem Kriege Kapital gebildet hat. In Kap. 17 befindet sich eine Einstellung von 7*/. Mill. RM. für Wohnungsbaudarlehen. Dieses Wohnungsbaudarlehen ist im Laufe des Jahres schon außerordentlich bestritten worden. Man hat sich um den Kernpunkt der Frage gestritten, obwohl dazu absolut kein Grund und keine Ursache vorhanden gewesen ist, denn es ist doch klar, daß sich, wenn ein Zinsendienst, der im ganzen Deutschen Reiche gesetzlich normiert ist, der eine ungeheuereAufwertungssumme von25Milliarden umfaßt, auf Grund eines Gesetzes an einem Tage ein tritt, dann auch irgend welche Äquivalente in den be treffenden Wirtschaftskreisen notwendig machen. Und das ist geschehen. Es ist von unserer Negierung in einer Stundungsverordnung zum Ausdruck gebracht, daß der erhöhte Zinsendienst gestundet werden soll, und daß