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IN (Fortsetzung in der nächsten Beilage.) und wir werden zu diesem Zwecke noch einen Antrag einbringcn. Was die weiteren Anträge der Drucksache Nr. 223 anbelangt, so begrüben wir die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten, daß die Regierung alles dasjenige tun wird, was in ihren Kräften steht, um der Not infolge der Erwerbslosigkeit zu steuern. Wir haben des- wegen kein Bedenken, dem Anträge des Haushaltaus schusses Drucksache Nr. 223 II» zuzustimmen. Wir sind auch bereit, die Regierung zu ermächtigen, Mittel zur Verfügung zu stellen, wir wollen aber, daß das nicht bloß zur Durchführung von Notstandsarbeiten geschieht, sondern ebenso für Fürsorgezwecke. Das ist ein Antrag, den ich zugleich im Namen der Wirtschaftspartei, für die Dentsche Volkspartei, für die Deutschnationale Volks partei, das Sächsische Landvolk und die Nationalsozialisten zu stellen habe. (Heiterkeit b. d. Komm.) Dagegen können wir uns nicht einverstanden erklären mit dem Antrag Nr. 223 d 2, daß aus dieser Summe dem Landesarbeits amt Sachsen Mittel zur Verfügung gestellt werden zur Auszahlung des Reichsanteils. Das würde bedeuten, daß wir die sächsischen Mittel um die Hälfte kürzen. Es ist Aufgabe des Reiches, diese Mittel zur Verfügung zu stellen. Den Ausschnßanträgen unter Nr. 225 und 227 werden wir zustimmen, wir beantragen nur, wie Herr Kollege vr. Kastner, bei dem Antrag Nr. 227, 2, b getrennt ab zustimmen. Wir werden diesen Satz ablehnen, weil wir Bedenken haben, diese dem Reichsgesetz widersprechende Regelung hier zu sanktionieren. Dabei sind wir der Meinung, daß selbstverständlich diese Anträge auf Uber- zeitarbcit unter allerstrengste Kontrolle genommen werden sollen, weil wir mcht wünschen, daß durch die Über arbeit die Zahl der Erwerbslosen vermehrt wird. Wir glauben, daß wir durch diese Anträge, die vor allen Dingen auf die Pflicht des Reiches, hier zu helfen, Hinweisen, dem praktischen Bedürfnis viel mehr dienen als durch agitatorische Anträge, die von der sächsischen Regierung etwas verlangen, was sie nicht leisten kann. (Beifall rechts.) Abg. Arndt (Soz): Was den b-Jahresplan in Ruß land anlangt, so weiß zunächst niemand, auch die Russen selbst nicht, was daraus werden soll; aber es yebdrt ge radezu eine Stirn dazu, sich, wie Kollege Mildenstrey, hierherzustellen und uns vorzuhalten, was in Rußland in bezug auf Arbeitslosenfürsorge und soziale Fürsorge getan wird. Ich will dazu nur seststellen, daß die Ar beitslosenfürsorge in Rußland wert hinter dem zurück steht, was bei uns vor fünf, vor sechs, vor zehn Jahren gegolten hat, denn in Rußland gibt es eine Arbeitslosen unterstützung von ungefähr im Durchschnitt 18 Rubel pro Monat, nicht etwa pro Woche; das ist noch nicht der fünfte Teil dessen, was in Deutschland im Durch schnitt gezahlt wird. Und in Rußland gibt es zwar rund 3»/, Millionen Arbeitslose, darunter 2,8 Millionen arbeits lose Gewerkschaftsmitglieder, aber unterstützt werden noch keme Million, denn die Arbeitslosen auf dem flachen Lande bekommen überhaupt keine Unterstützung. Und in Rußland gibt es weder eine Unterstützung der Saison arbeiter während der toten Saison, noch gibt es Rotstands arbeiten. Ich will der russischen Regierung daraus keinen Borwurf machen, sie kann auch nicht mehr verteilen, als sie hat, ick mache nur den deutschen Kommunisten den Vorwnrf, daß sie sich über Dinge unterhalten, von denen le nun einmal nickt- verstehen. (Lachen b. d. Komm.) Was Herr Abg. Mildeustren über den Abbau der Sozial versicherung in Deutschland gesagt hat, sollte er lieber auf Rußland beziehen, denn m Rußland ist am 1. No vember die Sozialversicherung sehr stark abgebaut worden, vor allen Dingen in bezug auf den Personenkreis. Man hat dazu extra den Begriff der halbproletarischen Ele mente geprägt, um einen ganzen Teil von Arbeitslosen und Arbeitnehmern aus der gesamten Sozialversicherung hinauszubringen. Im übrigen kann ich über die Aus führungen des Herrn Abg. Mildenstrey hinweggehen, ich glaube, wir haben dieses Jahr von rhm schon min destens fünfmal gehört. Wenn Herr Abg. vr. Blüher immer hervorhebt, daß das Reich helfen muß, denn die Arbeitslosenfürsorge sei durch das Arbeitslosenversicherungsgesetz auf das Reich übergegangen, so stimmt das nur zum Teil. Die Arbeits losenversicherung ist übergegangen auf die Reichsanstalt kür Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung, aber die Beschaffung von Notstandsarbeiten ist nach wie vor Angelegenheit des Reiches, der Länder und der Ge meinden geblieben (Sehr gut! b. d. Soz.) mit der Maß gabe, daß die Gemeinden und schließlich auch die Länder vorwiegend als Träger der Notstandsarbeiten in Frage kommen und daß das Reich die verstärkte Förderung der Notstandsarbeiten zur Hälfte finanziert, während die Reichs anstalt für die Finanzierung der Grundförderung Sorge zu tragen hat. So liegt die Kompetenzverteilung, sogar noch mit der Maßgabe, daß kein Recchsgesetz den Ländern ver bietet, etwas mehr zu tun als die Hälfte der verstärkten Förderung. Wir verlangen aber garnicht, daß die sächsische Regierung mehr als die Hälfte der verstärkten Förderung, also das Mindestmaß aufbringen soll. Was Herr vr. Blüher dann zum Arbeitsbeschaffungs- Programm selbst gesagt hat, ist zum mindesten sehr eigentümlich. Er hat den Antrag gestellt, daß der Er weiterungsbau für die Frauenklinik in Angriff genommen und durchgeführt werden soll. Seine Fraktion hat vor 4 Monaten diesen Antrag, als er von uns gestellt wurde, in namentlicher Abstimmung abgelehnt. blockregierung nicht dasjenige für die Erwerbslosen tue, waS in ihren Kräften stebe. Nein, wir stehen auf dem Standpunkt, eS ist unbedingt notwendig, daß das Reich eingreift. Die Parteifreunde de- Herrn Kollegen Arndt haben ja gerade die beiden maßgebenden Mimsterposten im Reiche besetzt, den Reichsfinauzministerposten und den Reichsarbeitsministerposten. Und wir meinen allerdings, daß es Aufgabe des Herrn Kollegen Arndt und seiner Freunde sem muß (Lebhafte Zurufe b. d. Soz.), nun an diesen zuständigen Stellen dafür zu sorgen, daß das Reich seinen Aufgaben nachkommt. . Wir können uns deswegen mit den Anträgen, wie sie aus dem Haushaltausschuß zu dem zweiten Teile des Antrages des Herrn Kollegen Arndt herausgekommen sind, zum großen Teile nicht einverstanden erklären. Wir wollen nichts dagegen haben, daß man den Ver such macht, die Regulierung der Flußläufe Drucksache 223,1, 1 unter Ziff.3vorzunehmen, eben so die Fortsetzung der Meliorationen bei Großenhain Zrff. 5. Aber wir meinen, es hat keinen Zweck, und es ist bloß eine papierne Geste, wenn man heute sagt, wir verlangen Erfüllung des von dem Landtage beschlossenen Woh nungsbauprogramms. Wir wissen aus der Mitteilung des Herrn Arbeitsministers, daß außerordentlich viel in Sachsen gebaut worden ist, daß man über 25000 Woh nungen, die früher als Normalprogramm für Sachsen vorgesehen worden sind, hinausgegangen ist und daß wir auf 26000 Wohnungen in diesem Jahre kommen werden. Weiter können wir uns nicht damit einverstanden erklären, daß jetzt verlangt wird, daß die vom Landtage beschlossene Frauenklinik in Plauen und der Erweiterungs bau der staatlichen Frauenklinik in Chemnitz sofort vor genommen wird. Hier kommt zu den bereits genannten Gründen noch hinzu, daß von der Stadtvertretung Plauen die Voraussetzungen für die Frauenklinik, die ja gemeinsam von Staat und Stadt gebaut werden soll, noch nicht geschaffen worden sind, daß man sich über den Plan noch nicht einig ist, ebenso nicht über die Mittelbereitstellung. Ta wir aber den ernsthaften Wunsch haben, daß der Bau der Frauenklinik in Plauen und der Erweiterungsbau der Frauenklinik in Chemnitz ge fördert wird, stellen wir den Antrag dazu, den Bau der Frauenklinik in Plauen und den Er- weiterunysbau der Frauenklinik in Chemnitz sobald als möglcch durckzuführen und die Mittel hierfür tun lichst im Haushaltplan 1930 einzustellen. Den Antrag des Herrn Kollegen Arndt unter Nr. 186 II b halten wir auch im wesentlichen für einen agitatorischen Antrag, denn solange uns Mittel nicht dazu gegeben werden und der Herr Finauzminister er klärt, daß er noch nicht einmal die Mittel hat, um den Haushaltplan durchzuführen, hat es keinen Zweck, solche Anforderungen an den Staat zu stellen. Das gleiche gilt für den Antrag unter o, obwohl wir anerkennen, daß die Gemeinden und Bezirksfürsorge- verbände für ihre Fürsorgezwecke noch Mittel brauchen, Was Herr Abg. vr. Blüher über den Wohnunysbau behauptet, ist zum mindesten außerordentlich optimistisch, denn wir werden in diesem Jahre nach meiner Schätzung allerbestens 24000 Wohnungen erstellen. Auch das ist noch sehr optimistisch geschätzt, denn bis jetzt sind etwa 16000 Wohnungen fertig, und wir nähern uns doch dem Ende der Bauperiode. Aber man sagt das eben gerade so, wie man es braucht. Nun hat in bezug auf den Antrag Drucksache Nr. 223 Herr Kollege vr. Blüher genau so wie der Herr Minister präsident auch in diesem Zusammenhänge auf die Zu- stäudigkeit des Reiches verwiesen. Wenn wir in Sachsen eine Arbeitslosigkeit von den: Ausmaße haben, wie sie heute statistisch feststeht, so ist es doch sicherlich unbedingte Pflicht der Landesregierung sowohl wie des Landtages, von sich aus zu tun, was nur irgendwie getan werden kann. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Die Arbeitslosen können unter dem Kompetenzstreit zwischen Reich und Ländern nicht leiden, und wir haben nur zu prüfen, was ist mög lich zu tun, ohne daß die sächsische Regierung und der sächsische Landtag einen Präzedenzsall schafft, der un angenehm werden könnte. Herr Kollege vr. Blüher hat sich zwar die Sache sehr leicht gemacht und gesagt: ja, die Sozialdemokraten haben doch im Reiche gerade diejenigen Ministerien besetzt, die für diese Fragen zuständig sind, also das Finanzministerium und das Reichsarbeitsministerium. Ich glaube, er und auch die anderen Mitglieder dieses Hauses werden an dem guten Willen des Reichsarbeits ministers und auch des Reichsfinanzministers wohl kaum zweifeln können. Der Neichsarbeitsminister hat sich gerade für die Forderungen, die auch Herr Kollege vr. Blüher heute aufgestellt hat, seit Woche» und Monaten sehr warm ins Zeug gelegt, und der Reichsfinauzminister hat uns gegenüber wie auch deu beiden sächsischen Ministern gegenüber erklärt, daß er von sich aus gern alles tun möchte, wenn ihm nur uicht die Etatmittel so stark beschnitten worden wären. (Hört, Hört! b. d. Soz.) Ich habe bereits früher darauf hingewiesen, daß gerade die Reichstagsfraktion, der Herr Kollege vr. Blüher an gehört, den Etatansatz des Reichsfinauzministers von 120 Millionen auf 80 Milliouen herabgesetzt hat. (Hört, Hört! b. d. Soz.) Gerade diese gestrickeuen 40 Millionen bringen uns in Sachsen jetzt in diese starke Kalamität. Die Dinge liegen jetzt also so, daß etwas geschehen muß, und zwar sofort. Deswegen habe ich das, was der Herr Kollege vr. Blüher ablehnen will, als das Sofortprogramm bezeichnet, das der Landtag un bedingt verabschieden muß, wenn er überhaupt Abhilfe schaffen will. Es hat gar keinen Sinn, an das Reich zu appellieren, und es hat auch gar keinen Sinn, Mittel zur Verfügung zu stellen, wenn man nicht die Möglich keit schafft, daß auch die Arbeiten begonnen werden können, für die diese Mittel bewilligt werden sollen. Der Herr Kollege vr. Blüher hat sich nicht dagegen ausgesprochen, daß von Sachsen aus 10 Millionen zur Verfügung gestellt werden sollen. Das ist eine Geste, und nicht einmal eine schöne, sondern eine sehr hohle Geste, weil den Arbeitslosen auch mit dieser Mittel bewilligung nicht ein bißchen geholfen tvird. Die Mittel können eben nicht verausgabt werden, wenn man nicht die Möglichkeit schafft, daß auch der Reichsanteil bevor schußt wird. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, den Reichsanteil zu bevorschussen, und wir sehen diese Möglichkeit durchaus als gegeben an. Nun hat Herr Kollege vr. Blüher gesagt, wir wollen dem Reiche keine Aufgaben abnehmen, und er wies im Zusammenhang damit auch auf die Pflichten des Reiches gegenüber den Gemeinden hin. Ich kann nur nicht verstehen, daß ein so kluger Mann wie Herr Kollege vr. Blüher die Sachlage nach der praktischen Seite hm gar nicht zu übersehen vermag. Ick habe ihm schon cm Ausschuß gesagt, daß der Erfolg der Ablehnung unseres Antrags nicht etwa eine Entlastung, sondern eine Belastung der Gemeinden sein werde. Der Erfolg der Rotstandsarbeiten liegt ja nicht nur darin, daß 5 oder 10000 Menschen in Sachsen beschäftigt werden können und dadurch aus der Arbeitslosenversicherung und auch aus der Wohlfahrtspflege ausscheiden, sondern für die Gemeinden liegen die Dinge so, daß dadurch einer großen Anzahl von Arbeitslosen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Anwartschaftszeit auf Arbeitslosen unterstützung zu erfüllen. Das betrifft auch Arbeitslose, die bisher in der gemeindlichen Wohlfahrtspflege gewefen sind. Jeder praktische Gemeindeleiter beschäftigt deshalb gern solche Arbeitslose bei Notstandsarbelten, damit sie auf diese Weise nachher aus der Wohlfahrtspflege aus scheiden können. Wenn das unterbunden wird durch die Stellungnahme, die der Herr Kollege vr. Blüher besürwortet, so können sich die sächsischen Gemeinden be» ihm bedanken, daß sie die Entlastung, die wir ihnen verschaffen wollen, eben nicht bekommen haben. Deshalb möchte ich sagen, die Annahme des Antrages Drucksache Nr. 223 Ziff. 2 ist das Kernstück der gesamten Erwerbslosenanträge, weil nur die Annahme dieser An träge die sofortige Inangriffnahme von neuen Notstands arbeiten ermöglicht. Der erste Halbsah des Abs. 2, b der Drucksache Nr. 227, gegen den sich die Herren Abgg. vr. Kastner und Vr. Blüher gewandt haben wird große praktische Be deutung überhaupt nicht haben, und zwar deshalb nicht, weil die Arbeitszeitverhältnisse der Bankangestellten tariflich geregelt sind, aber jedenfalls würden die An gestellten durch Annahme dieses Satzes den guten Willen des Landtags und auch der sächsischen Regierung sehen, ihnen in dieser besonderen Notlage zu helfen.. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Jedenfalls bitte ick Sie im Auftrage meiner Fraktion, die von uns gestellten, besonders stark umkämpften Minderheitsanträge restlos anzunehmeu. Abg. Frau Rischwitz (Komm): Der Antrag Nr. 186 unter II Ziff. 4 behandelt dieselben Fragen, die auch wir, die Kommunistische Fraktion, in den Mittelpunkt einer Anfrage an die Regierung gestellt haben. Bei der Beratung des diesjährigen Haushaltplanes unter Kap. 27 wurden in der Sitzung vom 10. Juli u. a. Be schlüsse gefaßt, daß in den Haushaltplan Mittel ein gesetzt werden, einmal eine Summe von 500000 M. für den Neubau einer Frauenklinik in Plauen und mm anderen eine Summe für den Erweiteruirgsbau der Frauenklinik in Chemnitz. In unserer Anfrage Nr. 178 verlangen wir von der Regierung darüber Aus kunft, welche Maßnahmen sie getroffen hat, um die Be schlüsse durchzuführen, die schon in diesem Sommer ge faßt worden sind. Ich möchte zur erneuten Begründung unserer Anfrage und dieser Anträge folgende Tatsachen anführen, um die Notwendigkeit der Durchführung dieser Bauten zu erhärten. Ter Notstand, der sich im besonderen in der Chem nitzer Frauenklinik im Raummangel bemerkbar macht, steigert sich von einem Tage zum anderen. Beim Bau dieser Klinik in Chemnitz war die Einrichtung für 120 Betten vorgesehen. Wir haben aber jetzt ein sprung haftes Anwachsen der Geburtenzahlen und der Frauen, die durch die unerträgliche Wohnungsnot gezwungen sind, die Klinik dort aufzusuchen und dort ihr Kind zur Welt zu briugcn. Im Jahre 1929 wird die Geburtenzahl in der Chemnitzer Frauenklinik voraussichtlich die Ziffer vou 3700 erreichen. Mit dieser Geburtenziffer ist Chemnitz an die dritte Stelle des Reiches aufgerückt. Trotz dieser ungeheuren Entwicklung sind an dieser Anstalt keinerlei räumliche Veränderungen oder Umbauten vorgenommeu worden. Ich möchte an Beispielen be weisen, daß die Zustände katastrophal sind und daß die verantwortliche ärztliche Leitung die Verantwortung nicht länger tragen kann und daß die Empörung und Miß stimmung über das Nichteingreifen der fächsifchen Regierung äußerst gestiegen ist. Tie Anstalt, welche anfangs bei der Errichtung 120 Betten und Raum dafür vorsah, hat gegenwärtig 290 Frauen untergebracht, das bedeutet eine über 150prvzentige Überbelegung dieser Anstalt. (Hört, hört! b. d. Komm.) In dieser Anstalt ist buch stäblich jede Ecke, jeder Raum, augefangen vom Keller bis hinauf zum Dachgeschoß, ausgefüllt bis aufs letzte. Kraß sind die Beispiele, wie die Wöchnerinneuzimmer überfüllt sind In einem Raum, der uur zwei Betten fassen soll, sind 4 oder 5 Betten untergebracht. In einem größeren Ziminer, das nicht mehr als 6 Betten faßt, sind 12 und 13 Betten untergebracht. Das bedeutet eine ganz gewaltige Erschwerung für das Personal. Die Beengung ist so groß, daß der Arzt nur mit größter Mühe sich von der Seite durch den Gang durchzwängen kann. Das klingt ganz ungeheuerlich, aber es sind Tatsachen, ich habe mich selbst davon überzeugt und der leitende Pro fessor hat selbst die Führung übernommen und hat mir diese Dinge noch begründet. Diese enge Begrenztheit hat natürlich zur Folge, daß die Transporte außer ordentlich erschwert sind, daß die Behandlung außer ordentlich schwierig durchzuführen ist. Und noch etwas: Durch diese Überbelegung ist es fast unmöglich, eine gründliche Durchlüftung dieser Räume und Betten durch zuführen. Diese Zusammendrängung, diese Überbelegung mit Kranken hat als furchtbare Folge die Ansteckungs gefahr, und es ist mir versichert worden, daß gesunde Frauen, die dorthin kommen, in dieser Anstalt krank werden. Die Ansteckungsziffern von Kindbettfieber sind ganz gewaltig groß, und es ist klar, daß eine Leitung unter derartigen Vr-Hältmssen nicht die Verantwortung tragen kann und will. Aber nicht nur die Mütter siud gefährdet, auch die Kinder sind gefährdet (Hört, hört! b. d. Komm.) des wegen, weil die Säuglinge nicht von den Wöchnerinnen getrennt werden, sondern die Kinder unten am Fuß ende der Wöchnerinnen unterqebracht sind. Also ein mal d«e Gefahr der Ansteckung von 13 Wöchnerinnen, die in einem zu kleinen Raum stecken, und dann die Unruhe, wenn schwer operierte Wöchnerinnen dort liegen müssen. Wenn ein Kind anfängt zu schreien und dann alle dreizehn mitanfanpen, dann ist das natürlich alles andere als die Ruhe, dre sür die kranke Frau not wendig ist. Eine ganz katastrophale Erscheinung ist das, daß infolge der Überbelegung die Wöchnerinnen zu früh entlassen werden müssen. Es ist mir versickert worden, daß nicht 9 Tage, was die mindeste Zeit lst, in dieser Anstalt abgewartet werden kann, sondern daß Frauen bei sogenannten normalen Fällen am 6. Tage entlasten werden müssen. (Hört, hört! b. d. Komm.) Druck von B. G. Leubner tn Dresden.