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Sächsische Staatszeitung : 16.01.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192901167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19290116
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19290116
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-01
- Tag 1929-01-16
-
Monat
1929-01
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 16.01.1929
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81S Ausschuß entschlossen haben, den Antrag in die Ausschuß- beratung zu bringen. Da» deutet darauf hin, da» unser Antrag allerdings eine große Bedeutung für da» säch sische BerfassungSleben hat, undzwar in zweierleiRichtung, einmal in rechtlicher Beziehung, denn er ist tatsächlich durch die Entscheidung de» Reichsgerichts vom 23. No vember 1923 auSgelöst worden, und zum anderen tn politischer Richtung, denn der Beschluß des Reichsgerichts fällt ja in eine der Krisen, die wir ständig im sächsischen Landtage erleben. Zunächst in rechtlicher Beziehung! Seit dem 17. Dezember 1927 wird das Bersassungsleden Sachsens von der Frage beherrscht, ob auch die Bestimmungen de» sächsischen Landeswahlgesetzes im Sinne der Neichs- verfassung ungültig sind, wie das der Staatsgerichtshof damals in den Klagen, die Hessen, Mecklenburg und Hamburg betrafen, festgestellt hat. Der Staatsgerichts- Hof hat bei diesen Ländern ausgesprochen, daß Be stimmungen, wie diejenigen, die das sächsische Landes- Wahlgesetz enthält, nämlich daß neu auftreteude Parteien eine Kaution zu stellen haben, mit der Reichsverfassung unvereinbar sind. In der Tat kam Anfang Januar die Klage des Zentrums, die darauf hinausging, daß der Staat-gerichtshof den gleichen Ausspruch gegenüber dem Freistaat Sachten tun möge. Dieser Klage schloß sich bald die Klage der USPD, an, aber beide Klagen führten zu keinem gerichtlichen Ausspruch. Tie Re gierung verstand es, mit dem Zentrum handelseinig zu werden und die Zurückziehung der Zentrumsklage zu veranlassen, und zwar geschah das kurz vor dem Ter min am 7. Juli 1923. Die Klage der USPD, hatte keinen Erfolg, weil der Staatsgerichtshof verneinte, daß die USPD, die Parteifähigkeit im Sinne der Reichs verfassung besitze; die Klage wurde deshalb abgelehnt. Durch diesen Mißerfolg der USPD- war nunmehr die SPD., die nicht damit rechnen konnte, daß das Zentrum sich die Klage abkaufen ließ, gezwungen, ihrerseits Klage beim Staatsgerichtshof zu erheben, weil eS ihr nicht gleichgültig sein konnte, ob das sächsische Landeswahl' gesetz in diesen wichtigen Bestimmungen mit der Reichs verfassung vereinbar sei oder nicht. Wie lief diese Klage nun ab? Genau wie die sächsische Regierung versucht hatte, zunächst die Zentrumsklage und dann wieder die Klage der USPD, zu verschleppen, so ver suchte sie auch, das Klageverfahren meiner Parteifreunde zu verschleppen Nachdem diese kleinlichen Verschleppungs- Versuche nicht mehr zogen, kam die sächsische Regierung auf den Ausweg, den Versuch zu machen, die Un zuständigkeit des Staatsgerichtshofs herbeizuführen. Sie schlug deshalb das Verfahren nach Art. 13 Abs. 2 der Reichsverfassung ein, d. h. sie wendete sich an das Reichsgericht, um das Reichsgericht gegen den Staats gerichtshof auSzuspielen und damit die Unzuständigkeit des Staatsgerichtshofs herbeizuführen in Verkennung einer BerfassungSbestimmung, die besagt, daß der StaatS- gerichtshof nur zuständig ist, soweit nicht ein anderer Gerichtshof des Reiches zuständig ist. Die sächsische Regierung erreichte mit diesem Versuch gerade das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollte, denn statt damit zu erreichen, daß das Verfahren verschleppt würde, hat sie erreicht, daß daS Verfahren in gewissem Sinne beschleunigt wurde. Das Reichsgericht, von dem man annahm, e» werde vielleicht Mitte 1929 entscheiden, weil das gewöhnlich der Geschäftsgang deS Reichs- gerichts mit sich bringt, hat überraschend schnell ent schieden und schon im November feine Entscheidung ge fällt, obwohl es erst Mitte September angerufen worden ist. Die Entscheidung ist mittlerweile im Reichsgesetzblatt veröffentlicht worden und hat damit Gesetzeskraft erlangt. Es ist nun außerordentlich bezeichnend, wie sehr der Spruch des Reichsgerichts vom 23. November 1928 der sächsischen Regierung in die Glieder gefahren ist. Denn zunächst war sie — wie sie das ja immer tut — sprachlos, erst nach einigen Tagen entschloß sie sich zu der Veröffentlichung, daß der Spruch ergangen sei. Sie entschoß sich aber nicht, die Entscheidung des Reichsgerichts zu veröffentlichen, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, sondern in der Begründung vom 17. Dezember 1928 gibt sie noch eine Darstellung, die . gewissermaßen die Sachlage verschleiern soll, die das Wässerchen trüben soll: sie stellt nämlich die Sachlage, die sich durch den Spruch des Reichsgerichts ergeben hat, ganz falsch dar, sie stellt es so dar, als ob der sächsische Landtag noch über die Gültigkeit jener Be- stimmung zu entscheiden hätte. Als das in der sozial- demokratischen Presse richtiggestellt wurde, hat die Staatskanzlei in einem zweiten Artikel, wiederum ohne die Entscheidung des Reichsgerichts zu veröffentlichen, zu der Sachlage Stellung genommen. Auch hier bleibt sie ihren alten Methoden getreu, die Wahrheit nicht voll dem sächsischen Volke mitzuteilen. (Zuruf b. d. So;.: Hört, hört!) Auch der Artikel vom 22. Dezember 1928 gibt die Sachlage irreführend wieder, insofern nämlich dort immer nur behauptet wird, zwei Parteien seien durch die verfassungswidrige Bestimmung getroffen worden, während es tatsächlich vier Parteien in Sachsen waren, die von der Verfassungswidrigkeit des sächsischen Wahl- gesetzes betroffen worden sind. Als auf diesen Artikel in der sozialdemokratischen Presse erneut erwidert wurde und die Sachlage erneut richtiggestevt wurde, schwieg sich die Staatskanzlei aus, offenbar hatte sie nichts mehr zu der Darstellung der soziademokratischen Presse zu sagen. Aber eine andere Partei sprang der Staatskanzlei und der sächsischen Regierung in dieser Notlage bei, und zwar sprang ihr bei ein anerkannter Führer der Deutschnationalen Vollspartei. Wenn Sie fragen, warum gerade die Deutsch nationale Bolkspartei dazu kommt, der sächsichen Regierung zu Hilfe zu eilen, so liegt der Grund klar zutage. Denn käme e» zu Neuwahlen, so läßt sich mit absoluter Sicher heit voraussagen, daß die Deutschnationale Bolkspartei in erster Linie leidtragend sein würde. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Außer ihr würden die Splitterparteien natür lich weiter leidtragend sein, also die sogenannten Alt- sozialisten und die Aufwertungspartei. Diese drei Par- teien würden mit Sicherheit die Leidtragenden sein. Da die beiden kleinen Parteien über keine große Presse weiter verfügen, da mußte ein anerkannter Führer der Deutschnatwnolen in die Bresche steigen, und er stieg in die Bresche in dem angeblich in Mitteldeutsch land an, weitesten verbreiteten Organ, in den „Leipziger Neuesten Nachrichten" und veröffentlichte dort einen Ar- tikel, der nachweisen soll, daß also alle- in schönster Ordnung ist. Ich muß auf diesen Artikel etwas ein gehen, weil er ein neues verfassungsrechtliche- Moment in die Debatte tragen will. Der Artikel zitiert zunächst, um einen Gegensatz der sächsischen Sozialdemokratie in dieser Frage mit dem Parteivorstand heranSzuarbeiten, eine Äußerung unseres Parteigenossen Dittmann, also eines Mitgliedes des Parteivorstandes, der sich gleich, nachdem der Staatsgerichtshof am 17. September 1927 geurteilt hatte, in einem Artikel gegen den Staats- gerichtshof gewandt und attsgeführt hatte, daß die Ur teile des Staatsgerichtshofs vom 17. September 1927 gegen die Grundsätze wahrer Demokratie verstießen, und er hatte in seinem Artikel in Aussicht gestellt, daß der Gesetzgeber das Volk gegen die Hüter der Demokratie, das sind also die Juristen, schützen müsse. Dieser Ver- such, unseren Parteifreund Dittmann gegen die sächsische Sozialdemokratie auszuspielen, muß m diesem Punkte gänzlich vorbeigelingen. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Die SPD. Sachsens ist, soweit nicht die Parteigrundsätze in Frage kommen, völlig selbständig in ihren Ent schließungen. Ob der Staatsgerichtshof wegen der Un gültigkeit sächsischer Gesetzesbestimmungen anznrnfen ist, ist eine rein taktische Frage, die — die Meinung unseres Parteifreundes Dittmann in allen Ehren — lediglich von der SPD. SachsenS zu beantworten ist. (Sehr richtig! b. d. Soz ) Im übrigen kann ich hier in aller Form erklären, daß die sächsische Sozialdemokratie durch- aus trotz der eben hervorgehobenen Gesichtspunkte völlig mit der Grundtendenz des Dittmannschen Artikels übereinstimmt. Auch ich und mit mir meine Partei freunde hier in diesem Hause erklären es. für verwunder lich, daß der Reichstag, der Träger der Staatsgewalt in der Republik, eine richterliche Instanz geschaffen hat, die in der Lage ist, die Gesetzgebungsarbeit des Parla ments unter Umständen zunichte zu machen, zu korrigieren oder aufzuheben, die gewissermaßen also über dem Parlament steht. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Das halten auch wir in Sachsen für einen schweren Fehler und sind durchaus der Meinung, daß der Reichs tag den jetzt gegebenen Zustand im Verfassungsleben beseitigen müsse. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Diese An sicht hat aber nicht das geringste damit zu tun, daß die Politik mit der gegebenen Wirklichkeit sich abzu- sinden und sie ihren Zwecken nutzbar zu machen hat. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Und nun in politischer Beziehung! Tie SPD. Sachsens steht in stärkstem Kampf gegen die heutige Regierung» gegen die jetzige Landiagsmehrheit, die eine Verfälschung des Willens des sächsischen Volkes dar stellt. Tie Altsozialisten, wie sie sich fälschlicherweise nennen, konnten ja nur dadurch 4 Sitze in diesem Hause erlangen, daß bei den Landtagswahlen im Jahre 1920 die Wähler getäuscht worden sind. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Wegen dieses Täuschungsmanövers hat die SPD. gerade auch damals im Landtage schon gegen die Gültigkeit der sächsischen Wahlen im ganzen gestimmt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Sollte sie nun bei einem der- artigen Verhalten, üls die Urteile des Stqatsgerichts- hofs am 17. Dezember 1927 eine Möglichkeit eröffnet hatten, das verfälschte Wahlergebnis vom 31. Oktober 1926 zu korrigiere«, von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen? Wenn sie das getan hätte, wenn sie diese Unterlassungssünde begangen hätte, hätten ihr dann ihre Wähler im Lande nicht mit Recht den Vorwurf machen können, daß es ihr mit ihrer Opposition gar nicht ernst und daß sie sehr zufrieden in ihrer Oppo- sitionsstellung sei? Deshalb meine ich, kann eS für nie manden, der den Dingen logische Behandlung angedeihen läßt, zweifelhaft sein, daß die SPD. durchaus konse quent verfahren ist, als sie zur Anrufung des Staats gerichtshofs schritt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Aber nicht nnr aus den dargelegten Gründen muß ten meine Parteifreunde dazu verschreiten, sondern auch aus einem weiteren Grunde. In allen den Län- dern, die ich vorhin angeführt habe, zog eine verant wortungsbewußte Regierung und auch eine verant wortungsbewußte Volksvertretung die gebotenen Schlüsse aus deni Spruch des Staatsgerichtshofs. Wie verhielt sich die sächsische Regierung? Sie schwieg die Zentrums- klage tot, sie suchte das Verfahren in der Zentrums klage nach Möglichkeit hinauszuzögern. Sie schlug das selbe Verfahren gegenüber der USPD, ein, statt dem Landtage sofort ein Gesetz zu unterbreiten und den Rechtszustand in Sachsen dem Spruch des Staate- gerichtshofS anzugleichen. Das unterließ die sächsische Regierung. Sie ließ es dann wieder auf die Klage der SPD. ankommcn. Sie hat hier dasselbe Verschleppungs- manöver verfolgt, und erst Mitte November 1928 brachte sie auf einmal eine Wahlrechtsvorlage, obwohl sie auch in der Begründung zu der Vorlage wiederum behauptet, sie stände noch auf dem alten Standpunkte, daß der Staatsgerichtshof zu Unrecht am 17. Dezember 1927 entschieden hätte. Da fragt man sich, warum hat denn auf einmal die sächsische Regierung ihren Standpunkt verändert und hier eine Wahlrechtsvorlage eingebracht? DaS muß doch bei diesem Verhalten einen sachlichen Grund haben, und ich finde den sachlichen Grund darin, daß offenbar die sächsische Regierung davon erfahren hat, daß das von ihr angerufene Reichsgericht gegen sie entscheiden würde. DaS ist ja durchaus legal möglich. Also, wie die sächsische Regierung nun erkannte, jetzt wird eine ihr ungünstige Entscheidung fallen, wandte sie sich auf einmal mit größter Beschleunigung an den Landtag. Und daß meine Vermutung richtig ist, ist für den ohne weiteres klar, der sich der Vorgänge erinnert, die sich bei Behandlung dieser Wahlrechtsvorlage ab gespielt haben. Diese Wahlrechtsvorlage ist nämlich ganz im Gegensatz zu den sonstigen Vorlagen im Hause auf Ver- anlassung der Regierung beschleunigt behandelt worden. Welche Rechtslage ist nun durch den Spruch des Reichsgerichts, der mittlerweile im Reichsgesetzblatt ver öffentlicht worden ist, geschaffen? Daß diese Rechtslage für die sächsische Regierung und die Mehrheit des Land tags unbequem ist, schon au» dem äußerlichen Grunde, weil dieser Spruch in eine Regierungskrise hineinfiel, ist jedem klar, der die Auslastungen der Staatskanzlei mit kritischen Augen ansieht. Ich erwähnte ja schon, daß die Staatskanzlei in den beiden Auslastungen die Sachlage nicht so dargepellt hat, wie die Rechtslage in Wirklichkeit liegt, und wenn sie etwas derartiges unter nimmt, so muß sie doch einen Grund dazu haben. Und in der Tat kam eS der StaatskanUei offenbar daraus an, die Regierungsparteien bei der Regierungskrise darüber zu beruhigen, daß trotz des Spruches de» Reichsgerichts der Mehrheit, die die Regierung trägt, nichts geschehen könne. So sagt sie denn in dem Haupt artikel vom 22. Dezember unter Berufung auf die Ent scheidung des Staatsgerichtshofs in Hessen, der sich nach dem Spruch des Reichsgerichtshofs nochmals mit der in Hessen gegebenen Sachlage beschäftigt hat, daß das Wahlergebnis in Sachsen durch die verfassungs widrigen Bestimmungen des sächsischen Wahlgesetzes nicht verletzt worden sei, und daß, auch wenn diese Be stimmungen nicht bestanden hätten, kein anderes Resultat herausgekommen wäre, als wie wir es im jetzigen Land- tage zu verzeichnen haben. Charakteristisch ist dabei, wie gesagt, daß die Staats kanzlei, um dieses Ergebnis zu erzielen, nur zwei ver letzte Parteien in den Kreis ihrer Erwägungen ein bezieht, nicht auch die beiden anderen Parteien, ob wohl doch eine von den anderen Parteien nach einer Zeitungsnotiz wenige Tage vorher, als dieser Artikel erschienen war, die Klage ans Rückzahlung der 3900 M. Wahlrechtskaution, die verfallen war, zugestellt hat. Man kann doch nicht annehmen, daß die sächsische Negie rung eine Tatsache, die ihr durch den Gerichtsvollzieher, nämlich durch Klageerhebung zugestellt wird, vergißt, wenn sie Zeitungsartikel in ihrem offiziellen Staats organ schreibt. Es ist ganz offenbar die Tendenz dieses Artikels, irrezuführen. Und in dieselbe Kerbe haut auch der von mir bereits erwähnte Artikel des prominenten Führers der Deutschnationalen. Auch er bringt als Haupt argument gegen die von mir in der Presse be kanntgegebene Rechtsauffasfung das Urteil des Staats gerichtshofs in Hessen. Auch er sagt, das Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen ist in keiner Weise durch die verfassttugsmidrigen Bestimmungen verfälscht worden. Immerhin unterscheidet sich sein Artikel doch ein klein wenig von dem Artikel der Staatskanzlei. Er gibt doch wenigstens zu, daß das Ergebnis der sächsischen Land tagswahl durch jene Bestimmungen in keiner Hinsicht „wesentlich" beeinflußt worden ist; also nach ihm ist es nur „nicht wesentlich" beeinflußt. Also muß man logisch fragen: so doch unwesentlich, beeinflußt zwar, aber nicht io, daß es groß ins Gewicht fällt. Wichtig ist, daß dieser Führer das Argument, welches er früher in einem Artikel der Welt kundgegeben hatte, nämlich, daß die Sache deshalb in Butter für den sächsischen Land tag sei, weil er die Wahl für gültig erklärt hatte, in diesem neueren Artikel nicht mehr aufrecht erhält, denn kein Vcrfassungsrechtler kann ernstlich daran denken, zu behaupten, daß jenes Moment irgendwie von Einfluß auf diese verfassungsrechtliche Streitigkeit sei. Wenn ich mich mit diesem Artikel etwas beschäftige, obwohl er meiner Ansicht nach juristisch gar keine Be deutung hat — die demokratische Presse hat schon bei dem ersten Artikel dem Führer der Deutschnationalen Volkspartei gesagt, daß feine Auslassungen sehr wenig wertvoll seien —, so deshalb, weil er ein neues ver fassungsrechtliches Moment in diesen Streit bringen will, auf daS auch die sächsische Regierung bisher noch nicht gekommen ist. Es wird da nämlich gesagt, wir, die Sozialdemokraten, bestätigen selbst die Gültigkeit der letzten Wahl, weil wir fortgesetzt trotz unseres Verfahrens beim Staatsgerichtshof Anträge stellten, insbesondere die Bewilligung von Ausgaben für populäre Zwecke verlangten und ohne jedes Be denken jeden Monat die sehr angenehme Auf wandsentschädigung als Abgeordnete erheben. Was das erste anlangt, ist es so, die Anerkennung, daß wir in diesem Landtage populäre Anträge stellen, will ich gern hinnehmen, wenn natürlich auch die Begründung nicht zutreffend ist, daß wir damit die Nechtsbcständigkeit dieses Landtages anerkennen wollten, denn ivaS heißt, einen populären Antrag stellen? Einen populären Antrag stellen heißt doch, solche Anträge stellen, die den breiten Massen des Volkes dienen, die dein populus dienen, die dazu geeignet sind, die soziale Lage der breiten Massen des Volkes zu heben. Ich kann mir sehr wohl denken, daß die Deutsch nationale Bolkspartei über diesin Dienst am Volke, den wir nach diesem Bekenntnis ihres Führers selbst tun, sehr unzufrieden ist. (Abg. Liebmann: Sehr wahr!) Denn in dieser Richtung können selbstverständlich die Deutschnationalen keine Konkurrenz mit uns aufnehmen. Aber ganz demagogisch ist der Einwand, daß wir jeden Monat unsere Diäten abhöben und deshalb die Gültigkeit des Landtags anerkann ten. Wir sind es ja gerade, die wünschen, daß der Landtag heute seine Auflösung erklärt, und die Rechte des Hauses wendet sich ja mit allen Mitteln dagegen, und die heutige Zeitungsnotiz be stätigt ja, daß auch heute die Rechte des Hauses einer klaren Entscheidung ausweichen will insofern, als der interfraktionelle Ausschuß ja beschlossen hat, die Sache an einen Ausschuß zu verweisen. Die Rechte will also den Zustand herbeiführen, daß ihre Abgeordneten noch recht oft Diäten abheben können. (Sehr richtig! b.d. So ;.) Wie steht es nun mit der Behauptung, das Wahlergebnis sei verfälscht worden? Auch hier muß das Urteil des Staatsgerichtshofs in Hessen vollständig ausscheiden, denn in Hessen haben wir ganz andere verfassungsrechtliche Grundlagen, ganz andere Bestimmungen der Verfassung, die über haupt nicht auf Sachsen angewendet werden können. Im hessischen Landtag bestehen auch ganz andere Ver hältnisse: die SPD-, das Zentrum und die Demokraten bilden dort eine große Mehrheit gegenüber den kleinen Splitterparteien: da käme es allerdings nicht darauf an, ob diesen drei Parteien, die dort in der Regierungs- koalition sitzen, ein Mandat aberkannt würde und die anderen eins mehr hätten, am Ergebnis hätte das nichts geändert. Wer kann das für Sachsen behaupten? In Sachsen kann niemand diese Behauptung ausstellen. DaS ist tausendmal in der demokratischen Presse angeführt worden: in Sachsen würde die Verschiebung schon von einem Sitz eine ganz andere Verteilung der Machtver hältnisse in diesem Hause ergeben, als es in Hessen der
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