Volltext Seite (XML)
L»» Mittwoch, den 1». Juli L8»8 57. Jahrgang. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends für den fol genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Pf., monatlich 60 Ps., Einzelnummer 5 Ps. Bestellungen werde» in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstaltcn angenommen. Anserat-HeSü-reni Einspaltige Petit-Zeile oder deren Raum 10Ps.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.: „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaklionsstrich 25 Ps. — Komplizierte Inserate nach beson derem Taris. — Für ittttchweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat 25Pj.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Rosiberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. Vogtl.-Erzgeb. Industriellerem zu Plauen. für Musterzeichner der Kleiderstoffbranche. Der unterzeichnete Vorstand hat beschlossen, für die besten Original-Entwürfe von Mustern für Damcntleiderstoffe, und zwar für 6 Entwürfe in gestreiftem Geschmack, 6 Entwürfe in Brochö-Geschmack und 6 Entwürfe beliebige Fantasic-Jacquardmustcr folgende Preise auszuschreiben: 1 erster Preis ä. 60 Mark, . I zweiter Preis ä. 40 Mark, 2 dritte Preise s. 25 Mark. Bedingung ist, daß die Entwürfe hinsichtlich Auffassung und Ausführung vom Dagewesenen abweichen, doch muß dabei der herrschenden Modcrichtung Rechnung getragen werden. Jede zur Preisbewerbung eingereichtc Serie ist mit einem Kennworte zu bezeichnen und der Name des Einsenders in einem verschlossenen Couvert, welches mit demselben Kennwort« zu versehen ist, bis zum 1. September bss. Js. dem Vorstände des Vogtl.-Erzgeb. Jndustrievereins zu Plauen etnzustnden. Den einzelnen Bewerbern ist es unbenommen, mehrere Entwürfe einzureichen, doch muß jeder derselben mit einem besonderen Kennworte versehen sein. Bei den nachfolgenden öffentliche« Ausstellungen der eingelieferten Arbeiten in Glauchau, Meerane und Frankenberg werden die preisgekrönten Entwürfe als solche bezeichnet und mit dem Namen der Zeichner versehen. Als Preisrichter wirken die Mitglieder des Vereinsvorstandes, welcher Sachverständige der Kleider stoffbranche hinzuziehen wird. Die prämiierten Entwürfe bleiben Eigenthum des Jndustrievereins. Zur Preisbewerbung sind sämmtliche Musterzeichner des Vereins-Bezirks zugelassen, auch wenn sie nicht zu den Mitgliedern unseres Vereins zählen. Die Namen der Prämiierten werden öffentlich bekannt gegeben. Plauen, den 7. Juli 1898. Ter Vorstand des Vogtl.-Erzgeb. Jndnstric-Bereins zu Plauen. Kommerzienrath Erbert, Vorsitzender. Die Ergebnisse der Reichstagswahlen im Königreich Sachsen in den Jahren 1890, 1893 und 1898. Auf Grund amtlicher Quellen veröffentlicht das „Dresdner Journ." eine statistische Ucbersicht über die Ergebnisse der Wahlen zum Reichstage im Königreich Sachsen in den Jahren 1890, 1893 und 1898. Wir entnehmen dieser llebersicht folgende An gaben: Die Zahl der Wahlberechtigten hat sich seit der letzten im Jahre 1893 stattgesundcnen Wahl abermals erhöht und zwar um 78445. Zwischen der letzteren und der Wahl im Jahre 1890 betrug die Vermehning 42 974, wobei allerdings zu be rücksichtigen ist, daß zwischen diesen beiden Wahlen nur ein Zeit raum von 3 Jahren lag. Bei der jetzigen Vermehrung sind alle Wahlkreise, mit Ausnahme des 9., bei welchem sich eine Ver minderung um 664 Wahlberechtigte zeigt, beteiligt. Ein An wachsen der Wahlberechtigten tritt in beachtenswerter Weise beim 4. Wahlkreise (Dresden, rechts der Elbe, um 8372), 5. Wahl kreise (Dresden, links der Elbe, um 5361), 13. Wahlkreise (Leipzig-Land, um 14564) und im 16. Wahlkreise (Chemnitz, um 7306) hervor. Die Wahlbeteiligung ist bei den Hauptwahlen wiederum eine geringere gewesen. Es sind 1890 von 82 Prozent, 1893 von 79,6 Prozent und gegenwärtig nur von 73,5 Prozent der Wahlberechtigten gütige Stimmen abgegeben worden, d. i. gegen über 1890 8,5 Prozent weniger. Nur in einem Wahlkreise, im 10. (Waldheim, Leisnig, Döbeln) ist die Wahlbeteiligung gegenüber der von 1893 etwas größer gewesen, in allen übrigen Kreisen geringer, im 3. Wahlkreise (Bautzen) sogar um volle 18 Prozent. Die konservative Partei hat im Königreich Sachsen gegenüber 1893 17 310 Stimmen weniger erlangt. Rechnet man dazu die 1893 für die deutsche Reichspartei — welche diesmal keinen Kandidaten aufgestellt hatte — abgegebenen Stimmen, so ergicbt sich ein Verlust von 38355 Stimmen. Die Partei hatte in 12 Wahlkreisen Kandidaten zur Wahl gestellt, 1893 in 16 Wahl kreisen. Bei den jetzigen Hauptwahlcn hat sic einen Wahlkreis neu gewonnen, nämlich den 9. von der deutschen Reichspartci, sowie zwei Sitz-, den 11. und 14., behauptet. In 5 Wahl- kreisen stand sie zur engeren Wahl. Bei den 1893er Wahlen Keiderose. Roman von I. Berger. (10. 8°rts-pung.> (Nachdruck vcii°Un.> Nachdem sich die Thür hinter Herrn Berndt geschlossen hatte, stieß Rose einen lauten Seufzer aus. „Wie unsympathisch mir dieser Onkel ist, Mütterchen, er war fürchterlich", sagte sie und schüttelte sich. „Wie er uns unsere Armut fühlen ließ. O, die Demütigung, von solch einem Geld protzen Wohltkaten annchmcn zu müssen!" „Du brauchst cS ja gar nicht, mein Liebling, wenn Du nicht willst. Bleibe hier bei mir. Wir wollen uns cinschränken und fleißig mit einander arbeiten. Wir wollen uns allein weiter helfen. Der lieb« Gott wird unS zur Seite stehen." Rose ging ein paar mal gedankenvoll im Zimmer auf und nieder. Was sollte sie thun? Herr Gott, was sollte sie lhun? Die Flinte ins Korn werfen und feige ausgcben, was sie so ziel- bewußt seit Monden geplant halte? — Wo wäre denn ihr schönes Selbstvertrauen geblieben? Sollte sic wicd.rum die langen Tage und Nächte am Stickrahmen zubringcn und sür Läden und Mode- geschäfte arbeiten, bis ihr da« Herz erstarrt und ihr Gemüt ver bittert war. Rose stieg da- Blut sicdendheiß zum Gehirn bei diesem Gedanken. Nein, dann lieber gleich in den Schloßtcich, wo er am tiefsten war. — Nur immer mutig dem Schicksal trotzen, dachte sie, den Nacken steif halten und stolz und stark alle Unannehmlichkeiten tragen. Sie strich mit der Hand über die Augen. „Mütterchen, mein Entschluß steht fest, ich geh« nach B«rlin. Keine Furcht und kein« Angst soll mich daran hindern, da« ouSzusühren, waS ich mir einmal in den Kopf gesetzt habe. Ich will Tag und Nacht lernen, waren der Partei 5 Mandate zugefallen, wovon sie jedoch eines bei einer Nachwahl an die Sozialdemokraten wieder verloren hatte. Die nationalliberale Partei hat gegenüber 1893 44427 Stimmen mehr auf sich vereinigt. Sie hat in 9 Wahlkreisen kandidiert, darunter in zweien, dem 4. und dem 22., zum ersten Male. 1893 hatte sie nur in 8 Wahlkreisen Kandidaten aufge stellt. Von den bisher innegehablen 2 Sitzen hat sie einen bei der Hauptwahl behauptet, in einem anderen stand sie mit noch 2 weiteren Wahlkreisen zur engeren Wahl. Will man der Partei die im 15. Wahlkreise auf den Kandidaten der Ordnungsparteien, der sich als „gemäßigt liberal" bezeichnet, zur Zeit aber für eine bestimmte Partei nicht erklärt hat, entfallenen 12888 Stimmen hinzurechnen, so ergiebt sich ein Mehr von 75 315 Stimmen, gleich 59,2 Proz. und der Gewinn eines Wahlkreises von den Sozialdemokraten. Die Reform-, auch antisemitische und deutschsoziale Partei, welche 1893 einen beträchtlichen Aufschwung genommen hatte, hat jetzt 24858 Stimmen eingebüßt. Von ihr waren 10 Wahl kreise belegt. Von den von ihr bei der Wahl im Jahre 1893 erlangten 6 Sitzen hat sie zunächst einen bei einer im Jahre 1895 stattgesundenen Ersatzwahl an die Sozialdemokraten ver loren, von den verbliebenen 5 Sitzen gegenwärtig 2 behauptet, und in einem Kreise stand sie zur engeren Wahl. Ein gleich ungünstiges Resultat hat die freisinnige Volks partei erzielt. Während dieselbe 1890 noch 9,2 Proz., 1893 5,1 Prozent Stimmen auf ihre Kandidaten vereinigt hatte, sind jetzt nur 2,5 Prozent Stimmen für sie abgegeben worden. Sie hatte wiederum die beiden Lausitzer Kreise belegt und außerdem in 5 Wahlkreisen Zählkandidaten aufgestellt. Die bisher inne- gehabten 2 Sitze sind ihr verloren gegangen. Erheblich zugenommen haben die für die Sozialdemokraten abgegebenen Stimmen, nämlich um 28536 gegenüber 1893 und um 58 003 gegenüber 1890. Zwischen 1890 und 1893 er giebt sich ein PluS von 29467. Die Partei hatte wiederum in sämtlichen 23 Wahlkreisen Kandidaten aufgestellt. Von den bis her innegehabten 9 Sitzen, von denen sie 7 bei der 1893er Wahl und 2 derselben durch Nachwahlen erlangt hatte, hat sie in der Hauptwahl nur 7 behauptet und 1 Sitz hat sie vertan. Die Partei konkurrierte bei allen 9 engeren Wahlen. Auch die Zentrumspartei scheint sich in Sachsen mehr Gcl- damit ich bald mein Examen machen und eine Anstellung be kommen kann. Und dann hole ich mir mein liebes Mütterchen und wir bleiben treu zusammen bis zum Ende unserer Tage. Darum kein Zagen, kein Trauern mehr, eine schöne Zukunft ist uns sicher." Die Obersörsterin faltete die Hände. „Ach, mein Gott", flüsterte sie, „nimm mein Kind in Deine treue Hut und verlaß cs nicht auf dem Wcgc, den es wandeln will." Die letzten Worte gingen in ein wehcS Schluchzen über. Die Zeit vor der Abreise in die Großstadt verstrich sehr schnell. Es wurde rastlos genäht, gestrickt und gebügelt. Die Obersörsterin hielt darauf, daß ihre Tochter mit guter Ausstattung in das HauS der reichen Verwandten kam. Sie wollte sich nichts Nachreden lasten. Am letzten Tage ging Rose aufs Schloß, um den Freunden Lebewohl zu sagen. Baronin Irma weinte, die Trennung von ihrem holden Patchen, das sie wie eine Tochter liebte, fiel ihr schwer, lieber dem letzten Beicinandersein lag eine stille Trauer, vergebens bemühte sich der Baron, ein wenig Heiterkeit hincinzu- bringen. Nach dem Kaffee schritt Rose in den Park. Sic wollte Ab schied nehmen von ihren Lieblingsplätzchen, die sie lange — vicl- lcicht niemals mehr Wiedersehen würdc. Heute war alles in graue Nebel getaucht. Ein seiner Regen rieselte herab und der rauhe Herbstwind traf sie mit seiner Käst« bi« inS Hcrz hinein. Er zerzauste ihr das wehende Haar und streute ihr die welken Blätter kühl und feucht auf Haupt und Schultern. Da« abgcfallenc dürre Laub raschelte unheimlich unter ihren Füßen, al« sic hastig dcm stillen Gewässer zueilte, wo eS ihr in Ulrich» Armen so selig von tung verschaffen zu wollen. Während sie 1893 nur in einem Lausitzer Wahlkreise mit 518 Stimmen vorkam, hatte sie jetzt in 6 Wahlkreisen Zählkandidaten ausgestellt und doch 1903 Stim men erlangt. Noch sei zweier neuer Parteien gedacht, der national-sozialen, die in Leipzig-Stadt und Leipzig-Land zusammen 2859 Stimmen erreicht hat, und der Partei der „Jmpfgegner", für deren in Chemnitz aufgestellten Kandidaten 138 Stimmen abgegeben wor den sind. Bei den engeren Wahlen in den beteiligt gewesenen 9 Wahl kreisen waren 4 Parteien vertreten, nämlich die konservativ? Partei mit 5 Wahlkreisen, die nationallibcrale in 3 Wahlkreisen und die Reformpartei mit 1 Wahlkreis, insgesamt gegen die sozialdemo kratische Partei. Es sind insgesamt 246225 Stimmen abgegeben worden, d. i. 6,2 Prozent der Stimmberechtigten in denselben mehr als bei der Hauptwahl. Davon kommen 9 Prozent mehr auf die nationallibcrale, 6,3 Prozent mehr auf die sozialdemo kratische, 0,8 Prozent weniger auf die konservative und 8,3 Pro zent weniger auf die Reformpartei. Eine erheblich größere als bei der Hauptwahl ist die Wahl beteiligung gewesen im I. Wahlkreise (7,8 Prozent), im 2. Wahlkreise (10,9 Prozent) und im 23. Wahlkreise (ebenfalls 10,9 Prozent). .Die konservative Partei hat noch 2 Sitze, die nationalliberale Partei ebenfalls 2 Sitze, die Reformpartei 1 Sitz, die Sozial demokraten dagegen haben noch 4 Sitze erlangt. Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 12. Juli 1898. -f Von der Distriktual-Handels- und Gewerbekammer in Oeden- burg in Ungarn wird der Chemnitzer Handels- und Gcwerbe- kammer mitgeteilt, daß das Oedenburger Handelsgremium als Ge werbegenossenschaft beschlossen hat, ein Auskunftsbüreau zu errichten. Der Grund für diesen Beschluß ist der Umstand, daß am Oeden burger Platze und in einzelnen Gemeinden des Oedenburger Ko- mitates in letzter Zeit häufig Schwindeleien vorkommen, welche aus der systematischen Herauslockung von Waren aller Art unter den mannigfachsten Vorspiegelungen einen geschäftlichen Erwerb machen und durch eine kleine, aber cng verbündete und agile Gilde der sogenannten „Schlittenfahrer" ausgeübt werden. Das Liebe und Glück geträumt. Es trieb, cs zog sie hin, einmal wollte sic noch die Stelle sehen. Aber wie kahl und farblos war alles hier, wie schwärzlich und trübe das Wasser und wie gespenstisch das trockene Röhricht im Winde rauschte. Der Zauber war versunken, der Frühling ihres Lebens vorbei. Am nächsten Morgen reiste sie nach Berlin. Die heißen Segenswünsche der Mutter begleiteten sie in die fremde Welt. Das im vornehmsten Villcnstil erbaute Haus an der Tier gartenstraße, welches dcm Freiherr» von Berndt gehörte, zeigte schon im Acußern den Reichtum seines Besitzers. An der Seiten front zog sich eine breite Veranda hin, welche reich mit Orna menten, Blumen und Blattpflanzen geschmückt war und abends von elektrischem Licht erleuchtet wurde. Die Zimmer waren mit kostbaren Tapeten und prachtvollen geschnitzten Möbeln auSgcstattct, besonders dcr große Speiscsaal mit seinem kunstvollen Eichcngctäfel, und die Gesellschuftsräumc mit den kostbaren Gobelins und wert vollen Originalgemälden berühmter Künstler waren die prächtigsten dcr Gemächer. DaS Haus lag tief zurück in einem schattigen Garten, auS dessen lauschigen Laubgängcn und BoSkettS weiße Marmorstatucn, klein« Tempelchen und künstliche Fclsengrotten schimmerten. In mitten dieser kleinen Fcenwelt befand sich ein wunderbar schöner plätschernder Springbrunnen mit Nymphen und Tritoncn. DaS ganze Anwesen zeigte eine gediegen« Pracht und einen fast fürst lichen Glanz. Aber der Herr dieses schönen Besitztums verbrachte seine Zeit doch am liebsten in seinen dumpfen nüchternen Geschäftsräumen in dtr Friedrichstraße in unermüdlicher Thätigkeit und beständig mit neuen klug berechneten und Gewinn bringenden Plänen be-