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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 24.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-189811243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-18981124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-18981124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-24
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Monat
1898-11
-
Jahr
1898
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den Empfängern bi» S Uhr vormittag» zur Entladung bereit ge stellt werden, da hierfür eine Entladefrist bi» zuni Schluß der Tages,eschäftsslunden für ausreichend zu erachten ist. Die jetzig, Vorschrift, wonach die Entladefrist für solche Wagen erst den nächsten Vormittag 9 Uhr abliust, hat sür den Empfänger nur wenig Wert, sür die Eisenbahn dagegen bringt sie unverhältni»- mäßig große Nachteile mit sich, da der Nachtbetrieb der Eisenbahn die große Zahl dieser Wagen nicht mit umfassen kann und diese Zeit vorteilhaften Güterzugsbetriebet sür die Wagen verloren geht. In Rücksicht hieraus hat die StaatSeisenbahn-Verwaltung mit Billigkeit vom I. Januar 1899 bis aus weiteres Anordnung ge troffen, daß für diejenigen beladenen Wagen, für di, die Entlade frist spätsten» um 9 Uhr vormittag- beginnt, der Ablauf der letzteren auf den Schluß der GcschäftSstunden desselben Tages festgesetzt wird. Diese Beschränkung gilt indes nur sür Wagen ladungsgüter, deren Empfänger innerhalb eines Umkreises von 5 Kilometer von der Station wohnen. Im übrigen bleibt die bis her aus 24 Stunden festgesetzte Entladefrist unverändert. Krachtermähtgung für die Pariser Weltausstellung. Wie bei srühcren internationalen Ausstellungen, an denen das Reich offiziell beteiligt gewesen ist, werden die deutschen Eisen bahnverwaltungen auch gelegentlich der Pariser Weltausstellung 1900 sowohl sür den Hin-, als auch sür den Rücktransport der deutschen Ausstellungsgüter nur die halbe tarifmäßige Fracht in Anrechnung bringen. Die gleichen Transportvergünstigungen sind den Nachbarländern cingeräumt worden, die sür die Beförderung ihrer Ausstellungsgegenstände nach Paris deutsche Eisenbahnen benutzen. 's Langenstriegit. Die sür nächsten Freitag geplante, be reits in der Sonnabcndnummer erwähnte Vorführung von vierzig transparenten Bildern aus dem Leben Jesu wird am genannten Tage zweimal stattfinden. Man hat beschlossen, uin einer Ueber- süllung des Saales am Abend aus dem Wege zu gehen, aber auch um möglichst jedem Familiengliede Gelegenheit zum Besuch zu geben, nachmittag um 5 Uhr eine Vorführung in der Haupt sache für Kinder zu veranstalten. Mütter, Väter, Geschwister, die die lieben Kleinen begleiten wollen, haben selbstverständlich Zutritt. Vielleicht stellen sich auch die Bewohner der Nachbar gemeinden lieber bereits am Nachmittag ein und vermeiden damit einen Nachhauseweg am späten Abend. Auch sie sind will kommen. — Aus Nieder-Rossau wird dem „M. W." berichtet: Kommt da am Sonnabend eine Zigeuner-Gesellschast eingewandert, deren Mitglieder von Haus zu Haus gehen und von ihren Kunst stücken erzählen. Ein Gutsbesitzer klagte einer jungen Zigeunerin seine Not wegen des Viehes. Das Zigeunerweib verspricht dem Uebel abzuhelfcn, wenn er 100 Mark daran wenden wolle. Nach langem Hin- und Hcrreden willigte der Gutsbesitzer ein und zahlte die 100 M. Das Zigeunerweib verschwand darauf und ward zuletzt in der Richtung nach Mittweida gesehen. Ter Gutsbesitzer wartet aber noch immer vergebens auf die versprochene Hilfe. — Eine unangenehme Entdeckung machte Sonnabend früh ein Einwohner von Thalheim; wie er in seinen Stall trat, be merkte er, daß die Schweine ausgebrochen waren und die außer halb des Schwcincstalles untergebrachten Riesengänse als leckere Biffen betrachtet, die eine Gans auch bereits ausgefressen hatten, während sie die andere herumlrieben und auch schon angebissen hatten. Durch das Dazwischentrcten des Besitzers wurde dem Känseschmaus ein Ende gemacht. — Wegen starken Auftretens der Diphtheritis unter den Schulkindern ist aus Anordnung des königlichen Bezirksarztes die Schule zu Oederan sür die Zeit vom 19. bis 26. d. M. ge schloffen worden. — Am Sonnabend starb in Niederstriegis der dortige Pfarrer Werthschitzky am Gallenfieber nach nur kurzer Krankheit. Pastor W. beging vor 2 Jahren sein 25jähriges Amtsjubiläum. — Die zwölfte Brücke Sachsens über die Elbe geht langsam ihrer Vollendung entgegen, sodaß dieselbe jedenfalls binnen Jahres frist wird befahren werden können. Dieselbe tritt an die Stelle der bisherigen Marienbrücke in Dresden, die von dem genannten Zeitpunkte ab in städtischen Besitz übergeht. Der Bahnverkehr zwischen Leipzig und Dresden, sowie zwischen Schlesien und Dresden wird dann über die neue (fünfte) Brücke Dresdens ge leitet. Die neue Brücke in Dresden ist nächst der Marienbrückc, welche mit ihren Fortsetzungen am Lande 1742 Meter Länge aufwcist, die längste Brücke Sachsens, denn sic mißt zwischen den Widerlagern 461 Meter. Die alte Augustusbrllcke in Dresden hat gegenwärtig eine Länge von 402 Meter. Don den anderen sächsischen Brücken sind folgende Maße bekannt: Eisenbahnbrücke bei Niederwartha 351 Meter, Elbbrücke bei Riesa 349 Meter, Carolabrücke Dresden 327 Meter, die Blascwitz-Loschwitzcr Brücke (Blaues Wunder) 323 Meter, Erscnbahnbrücke bei Meißen 320 Meter, Albertbrücke 316 Meter, Brücke bei Pirna 281 Meter, Brücke bei Schandau 265 Meter, die alte Brücke bei Meißen 220 Meter. Ende der vierziger Jahre gab cs in Sachsen nur drei Brücken, und zwar die Dresdner Augustusbrücke, die Brücke in Meißen und die Brücke in Riesa sür die Dampfwagenzüge der Leipzig-Dresdner Eisenbahn und sür Fußgänger. — Tas „Vaterland", das Organ der Konservativen in Sachsen, schreibt: Die Hofopcrnsängerin Erika Wedekind, die sich kürzlich mit dem schweizerische» Eiscnbahnbcamten I>r. Oschwald verheiratet hat, soll ihr Verbleiben an der Dresdner Hosoper von der Ueber- nahme ihres Gatten in den sächsischen Staatsdienst abhängig ge macht und diese Forderung durchgesetzt haben. Wie wir Horen, wird die Angelegenheit im Landlag zur Sprache kommen. — I» Pegau wurde am Montag morgen kurz nach 7 Uhr der ca. 50 Jahre alte Fabrikarbeiter Fischer aus Lützkewitz von dem ihm begegnenden Püchelschcn Geschirr in der Schulstraße übcrsahrcn und sofort gelötet. Den Geschirrführer soll keine Schuld treffen. — In schwere Betrübnis wurde am Montag vormittag die Familie des Maschinenwärters Fuchs in Reichenbach i. V. ver setzt. Tic Ehefrau Fuchs halte sich nämlich in der 1l. Stunde aus dem Waschhausc, woselbst sie wusch, auf kurze Zeit entfernt, um in ihrer Wohnung, wo sich ein älteres und ein jüngeres Kind befanden, zum Esscnkochen Feuer anzumachcn. Als sic ein Streich holz angczündet hatte, wurde ihr vom Hose aus zugcrufcn, die Wäsche koche über. Sofort eilte die Frau, das Streichholz weg werfend, hinab ins Waschhaus. Wenige Augenblicke darauf kam das ältere Mädchen weinend und schreiend ihr nach, das kleine im vierten Jahre stehende Mädchen brenne lichterloh. Als die erschreckte Frau hinzukam, waren dem bedauernswerten Kinde be reits das Röckchen und Hemdchen angekohlt und an der Vorder seite des Körpers war das rohe Fleisch zu sehen, wie auch aus dem Rücken schmerzhafte Verletzungen entstanden waren. Nach wenigen Stunden verstarb dis Kind unter schweren Leiden. — Ein ähnlicher Fall ereignete sich am Sonntag in Zschortau. Eine Mutter hatte sich aus kurze Zeit ouS dem Zimmer entsernt. Ihr 4 Jahre altes Töchterchen war jedenfalls während dieser Zeit dem Ofen zu nahe gekommen, wodurch dessen Kleider in Brand gerieten. Die schweren Brandwunden sührten nach wenigen Stunden den Tod des armen Kindes herbei. — In Arnstadt i. Th. brach am Montag vormittag im Hause des Bäckermeisters Best rin Echadenseuer aus, dem drei Menschenleben zum Opser fielen. Da- Haus wurdc u. a. von einer Familie Hartwig bewohnt; der Mann war am Montag vormittag auswärts, die Frau war zur Wäsche gegangen und soll ihre Kinder im Alter von 6 und 4 Jahren und ein Pflegekind von I >/, Jahren in der Stube eingeschlossen haben. Anscheinend haben die Kinder mit Feuer gespielt, denn als eine aus der Schule kommende Tochter Hartwigs die Stube öffnete, war dieselbe voll Qualm. Nachbarn eilten auf die Hilferufe herbei und drangen in das Zimmer ein, um die drei Kinder zu retten. Eines der selben war bereits tot und die beiden anderen verschieden auch nach kurzer Zeit. — Der am Mühlweg in Arnstadt wohnende Obermüller Fiedler ging mit seinem 3jährigen Kinde an dem Wasserlauf der Minncrsmühlc. Das Kind stürzte in daS reißende, nach d«m Wasserrad zutreibendc Wasser und Fiedler sprang nach, das Kind zu retten. Beide wurden von dem Wasser sortgerissen. Während aber daS Kind neben dem Wasserrad durchkam und un verletzt gerettet werden konnte, wurde Fiedler von dem Rade er saßt und zermalmt. — Uebcr die Waldfläche im Königreich Sachsen giebt der von Neumeister und Behm herauSgcgebenc Forst- und Jagdkalen der nach den Erhebungen im Jahre 1893 Aufschluß. Das Kö nigreich Sachsen, mit einer Landesfläche von 1,489 397 Hektar, umfaßt eine Waldfläche von 387 729 Hektar, das ist 26,03 Prozent der Landesfläche. Dieser Waldanteil entspricht ungefähr dem Durchschnitte des deutschen Reiches mit 25,82 Proz. Die Forsten und Holzungen verteilen sich auf die Kreishauptmannschast Dresden mit 113393 Hektar, das ist 26,3 Prozent der Gesamt größe von 431496 Hektar, Leipzig mit 45 724 Hektar, das ist 13,0 Prozent der Gesamtgröße von 352221 Hektar, Zwickau mit 160324 Hektar, das ist 34,9 Prozent der Gesamtgröße von 459029 Hektar, Bautzen mit 68 288 Hektar, das ist 27,7 Pro zent der Gesamtgröße von 216 625 Hektar. Der Waldflächen anteil der Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen kommt mithin dem Durchschnitte des Königreichs Sachsen und des deut schen Reiches nahe, während die Kreishauptmannschast Zwickau durch eine besonders hohe Bewaldung ausgezeichnet ist. Von der sächsischen Waldfläche kommen 15132 Hektar oder 16 Proz. auf das Laubholz und 342597 Hektar oder 88,4 Proz. auf das Nadelholz. Der sächsische Staatswald, der fortwährend im Wach sen begriffen ist, umfaßte beim Beginn des Jahres 1898 175619 Hektar, er beträgt sonach 45 Prozent der gesamten Waldfläche Sachsens. Auf die Prioatforsten entfallen etwa 48 Prozent, auf die Gemeindesorsten gegen 5 Prozent und auf die Stistungs- und Genossenschastsforsten 2 Prozent der Waldfläche. TageSfleschichte. Deutsches Reich. — Der Besuch de» Kaisers in München, Baden-Baden und Stuttgart auf der Rückreise vom Orient nach Berlin steht nunmehr fest. Da der bayerische Gesandte, Graf Lerchcnfeld, der Zusammenkunft seines Souverains mit dem Kaiser beiwohnen wird, so ist derselben selbstverständlich eine hohe politische Bedeutung beizulegen, trotzdem der kaiserliche Besuch kaum zwei volle Stun den dauern wird. Wie bekannt, liegen aber eine ganze Reihe be deutsamer politischer Fragen vor, hinsichtlich deren eine Verständi gung zwischen Nord- und Süddeutschland dringend erforderlich ist. Hoffen wir, daß bezüglich aller dieser noch unerledigten Fragen ein Einvernehmen zum Heile des Vaterlandes erzielt wird. — Die internationale Konferenz zur Bekämpfung des Anarchismus beginnt an diesem Donnerstag ihre Beratungen. Die Konferenz geht in aller Stille an ihre Arbeiten heran und wird nicht, wie das sonst wohl bei internationalen Konferenzen der Fall ist, durch den König persönlich oder ein Mitglied des kgl. Hauses begrüßt. Die Beratungen und Beschlüsse der Kon ferenz werden von Anfang an durchaus geheim gehalten. Ob wohl von den einzelnen Staaten die berufensten Männer nach Rom gesandt worden sind, so begegnet man doch auch heute noch fortgesetzt Zweifeln und Bedenken, ob das Resultat der mühe vollen Beratungen auch den gehegten Erwartungen entsprechen werde. Man befürchtet nämlich vielfach, daß cs vor wie nach der Konferenz doch immer Sache des einzelnes Staates bleiben wird, die Anarchisten des einzelnen Landes unschädlich zu machen und die Fremden ohne vieles Federlesen über die Grenze abzu- schicben. — Von der Marine. Der Vizeadmiral a. D. Batsch ist in Weimar gestorben. — Die Kapitäne z. S. v. Wietersheim und v. Schuckmann sind zu Kontreadmirälen befördert. Ersterer ist gleichzeitig Chef der 2. Division des ersten Geschwaders ge worden, letzterer ist seit einiger Zeit Lberwerstdirektor zu Wil helmshaven. Dem Kontreadmiral Barandon ist nunmehr der er betene Abschied erteilt worden, um die Leitung einer großen Privatwerft übernehmen zu können. — Umfangreiche Waffcnankäufe in Deutschland hat die argentinische Regierung gemacht. Die in BuenoS-Ayres erschei nende „Dtsch. La Plata-Ztg." giebt hierüber eingehende Mittei lungen und schließt mit den Worten: Die Ankäufe repräsentieren ein bedeutendes Kriegsmaterial und zeigen, daß mit den deutschen Waffensabrikanten kein anderes europäisches Land konkurrieren konnte. Oesterreich-Ungarn. — Im ungarischen Abgeordnetenhaus- hat die Obstruktion am Montag mit fürchterlichen Lärmauftritten wieder eingesetzt. Um die Verhandlung der auf die Tagesordnung gesetzten Budgct- provisoriumsvorlage abermals hinauszuschieben, brachte die äußerste Linke wieder die Hcntziangelegenhcit vor. Der Landesverteidigungs- Minister Fejervary erhob sich abermals, um das Andenken tzcntzis zu verteidigen, und leugnete, daß dieser sein Kossuth gegebenes Ehrenwort gebrochen habe. Aus einen Zwischenruf von den Bän ken der Apponyipartci erwiderte er erregt, daß er von einer ehren- räuberischen Partei keine Lektionen über Ehrenwort annehme. Hier brach ein unerhörter Lärm der Opposition los. Stürmische Rufe, wie: „Oesterrcichischcr Söldling! Grobes Schwein! Der ist ein größeres Schwein als Banffy!" wurden dem Minister cntgegen- geschleudert. Mehr als ein halbes Dutzend Mal wurde die Sitzung ausgehoben und wieder eröffnet, immer unter ohrenbetäubendem Lärm. Wiederholt ertönten die stürmischen Ruse: „Er hat die Opposition beleidigt! Er soll abbitten! Hinaus mit ihm! Oe- sterrcichischer Knecht!" BanffyS Leute ihrerseits schreien au» voller Kehle: „Hört den Minister!" Man tobt, lärmt, stampft mit den Füßen, schlägt mit den Fäuste» aus die Pulte, pseist, singt und quietscht. Endlich, um ^,12 Uhr nachts, erklärte der Prä sident aui Rücksicht aus die vorgeschrittene Zeit die Sitzung für geschlossen und beraumte die nächste auf Dienstag mittag an. Ungeheueres Johlen und Pfeifen antwortete daraus. Nach dem Schluß blieb die Opposition zurück, während die Studenten aus der Galleric Tücher schwenkten, mit den Händen klatschten und das Kossuthlied sangen, woraus die Polizei mehrere von ihnen verhaftete. — Nach der stürmischen Montagsfitzung im ungarischen Ab- geordnetcnhause hatte man am Dienstag alle erdenklichen Vorbe reitungen getroffen, um einer Wiederkehr so beklagenswerter Er eignisse, wie sic am Tage zuvor in die Erscheinung getreten waren, vorzubeugen. Statt um 12 Uhr wurde die Sitzung erst kurz vor I Uhr eröffnet, da bei dem Präsidenten des Abgeordneten hauses vorher eine Beratung stattgesunden hatte. Vor dem Hause hatten sich dichte Menschenmassen angesammelt, unter denen ein starke» Polizeiaufgebot die Ordnung nur mühsam aufrecht zu er halten vermochte. Tas Hau» und die Gallerten waren dicht be setzt. Der Honvedminister Fejcrvary, dessen Stellung durch die Vorgänge in der Montagsfitzung als erschüttert galt, bot dem Hause gleich zu Beginn der Sitzung die Hand zur Versöhnung, was allgemeinen Beifall erregte. Durch die erfolgte Abbitte ist der Ausbruch einer Krise verhütet worden, die sich wahrscheinlich nicht bloß auf den Rücktritt Fejervarys beschränkt, sondern noch weitere Kreise gezogen hätte. Der gemeinsame Kriegsminister Krieghammer soll seine Demission bereits gegeben haben. — Eine Bewegung behufs Massenübertritts zum Protestantis mus hat in radikal-nationalen deutschen Kreisen begonnen. In Teplitz fand vorige Woche eine Versammlung von Vertrauensmän nern der Radikal-Nationalen aus Böhmen statt, welche sich mit dieser Frage beschäftigte. Uebcr die gefaßten Beschlüsse wird vor läufig strenges Geheimnis gewahrt, doch ist bekannt geworden, daß die Berichte der einzelnen Vertrauenmänner aus den Provin zen sehr günstig für die romseindliche Bewegung lauteten. Der Zeitpunkt des Vollzuges dieses Beschlusses ist noch nicht bestimmt. Der Vertraucnsmänncruusschuß wird im Monat Dezember aber mals in Teplitz zusammentrcten. - Ferner wird gemeldet, daß in der ersten Hälfte des Dezember in einer bisher noch nicht be stimmten Stadt, in Steiermark oder Kärnten, eine Vertraucns- männcrvcrsammlung mit der Tagesordnung: „Los von Rom!" abgehalten werden wird. An derselben werden auch die Führer der Bewegung in Böhmen teilnehmen, von welchen die Anregung für diese Versammlung ausging. In Graz wird in den ersten Dezembcrtagen der allkatholische Pfarrer Nittel sprechen. — Die romseindliche Bewegung in Graz neigt mehr dem Altkatholizismus zu, während in Böhmen die Bewegung zu Gunsten des Pro testantismus sich entwickelt. Frankreich. — Einen Warnruf an das französische Volk veröffentlicht im „Figaro" an erster Stelle ein Admiral im Dienst, der sich des halb nicht nennen dars. Er sührt aus, daß Frankreich mit sei ner heutigen Flotte nicht die geringste Aussicht in einem See kriege gegen England habe, und ihm auch an Schlachtschiffen nicht ebenbürtig werden könne. England sei nur durch Aushun gerung, das heißt durch Zerstörung seines Scchandels besiegbar, Frankreich müsse sich also ausschließlich auf den Kaperkrieg ver legen, und zu diesem Bchufe eine große Anzahl leichter Kreuzer bauen, die nicht zum Fechten, sondern zum Abfangen und Ver nichten der Handelsschiffe bestimmt wären, und bei denen einzig und allein auf die möglichst größte Geschwindigkeit gesehen wer den müßte. - Die Deputirtenkaminer ist in ihrer Majorität Dreyfus feindlich, das hat sich soeben wieder bei einer Abstimmung gezeigt, durch die das Haus mit allen gegen 2 Stimmen eine allgemeine Amnestie für öffentliche Ruhestörungen, Ausstand, Prcßoergehen und Massenverbrechen aller Art votierte, jedoch die Vergehen, um deren Willen Zola verfolgt wurde, aus dem Rahmen des Straf erlasses heraushob. Der Name Zola wurde dabei nicht gerade genannt, seine Vergehen indessen so genau beschrieben, daß die Bezeichnung auf ihn allein paßt. Italien. — Der Abschluß eines italienisch-französischen Handelsvertra ges wird gemeldet. Die unseligen Zolldifferenzen, die zwischen Frankreich und Italien seit Jahren bestehen und zur zunehmenden Verbitterung zwischen den beiden Nachbarstaaten geführt hatten, sind jetzt nach Ueberwindung mancher Schwierigkeiten glücklich be endigt. Italien erhält infolge des Vertrages den Vorteil des Minimaltarif» Frankreichs, letztere» erhält von Italien das Zu geständnis der Anwendung des Konventionaltariss .und außerdem einige gewünschte Tarisherabsetzungcn. An den europäischen Bör sen waren die italienischen Werte auf Grund dieses Handelsver tragsabschlusses wesentlich höher al» sonst. Spanien und Nordamerika. — Von den spanisch-amerikanischen Friedensverhandlungen verlautet jetzt, die Vereinigten Staaten seien geneigt, den Spa niern sür die Abtretung der Philippinen 20 Millionen Dollars zu zahlen. Die spanischen Delegierten erklärten diese Summe sür viel zu niedrig und baten die Regierung in Madrid um An weisung. ES ist wohl anzunehmen, daß sich auch die Regierung etwas sträuben, schließlich aber doch in die Bedingung einwilligen wird, da 80 Millionen Mark für Spanien ein schöne» Stück Geld bedeuten. Vermischtes. * Kaiserliches Gnadengeschenk. Der Kaiser hat der altkatho lischen Gemeinde in Kattowitz (Oberschlcsien) zum Neubau ihrer Kirche ein Gnadengeschenk im Betrage von 6000 Mark be willigt. * Vermehrte Nachrichten von Banditcnthaten kommen au» Sizilien und Sardinien. Die im Norden wieder erstandene Mau- rincrbandc hat an einem Mitgliede der Familie Leanza, di« vor einigen Jahren den größten Teil der Mauriner umgebracht hatte, schreckliche Rache geübt; im sardinischen Bezirk Nuoro haben die Gebrüder Sanna durch öffentlichen Anschlag der Bevölkerung ver boten, auf den Ländereien zweier von ihnen verfolgten Familien zu arbeiten, und sie haben einen armen Teufel, der sich doch
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