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2S8 Sonntag, den 6. November 1888 57. Aahrgang o Bezirks- Anzeiger Ersch«t»t tt^tch mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends für den fol genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Pf., ' monatlich 50 Pf., Einzelnummer 5Ps. Bestellungen "erden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstalten angenommen. )nscr«t-che-ttzre»! Einspaltige Petit-Zeile oder deren Raum 10 Pf.; im amtlichen Teile pro Zeil- 30 Ps.: „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich 2d Ps. — Komplizierte Inserate nach beson derem Taris. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat SbPs.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Nedaktenr: Ernst Rochberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von E. G. Roßberg ln Frankenberg I. Sa. § Nachabonnements auf das Tageblatt für den Monat November nehmen unsere Tageblattausträger und unsere bekannten Ausgabestellen in Stadt und Land entgegen. Bekanntmachung. Zufolge der Protokolle vom I. und 2. dss. Mts. ist am heutigen Tage aus dem für die Firma Hermann Hunger in Frankenberg hier bestehenden HandelSregistersolium 5 verlautbart worden, daß der Kaufmann Herr Georg Heinrich Haas daselbst Prokurist der Firma ist. Königliches Amtsgericht Frankenberg, am 4. November 1898. Wähner. S. Königliches Seminar zu Zschopau. Die Aufnahmeprüfung am Kgl. Seminare zu Zschopau, wo nächste Ostern zwei sechste Klassen errichtet werden sollen, wird am 13. und 14. Februar 18SV stattfinden. Anmeldungen, bei denen ein Taufzeugnis, ein Gesundheitszeugnis, der Wiederimpfschein, ein Schulzeugnis und ein von Aspiranten selbst verfaßter Lebenslauf beizubringen find, werden bi» Mitte Januar erbeten Zschopau, am 5. November 1898. Die König!. Seminardirektion. Schneider. Sächsische Gedenktage für 1898. 8. November 1873. Ueberall in Sachsen herrscht infolge deS Tode- des Königs Johann Trauer. 7. November 1883. Die sächsische Artillerie wird mit dem Revolver Mo dell 1873 ausgerüstet. 8. November 1877. Die Mutter König BlbcrIS, die verwitwete Königin Amalie, verschied in Dresden. 9. November 1873. Prinz Georg von Sachsen wird an Stelle seines erlauchten Bruder« Kommandeur des 12. Armeekorps. 10. November 1872. König Johann feiert mit seiner Gemahlin das gol dene Ehejubiläum. 11. November 1865. Eröffnung der vogtländischen StaatSeisenbahn. 12. November 1877. Beisetzung der verstorbenen Königin Amalie. Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 5. November 1898. Bei Abgabe der zu Anfang dieser Woche in Sonderdruck erschienenen Predigt des Herrn Archidiakonus Ehmer über: „Ich glaube an eine Auferstehung des Leibes" (20. Sonntag nach Trin.) war vielfach der Wunsch geäußert, auch die diesjährige Reformationssestpredigt des genannten Kanzelredners in Druck- eremplaren zu besitzen. Herr Archiv. Ehmer hat insolge dieser mehrfach auch ihm direkt zugekommenen Wunsches daher auch die zweitgenannte Predigt der Presse übergeben und werden Druck- cxemplare davon (ä 20 Ps.) von Montag abend an in der C. G. Roßbergschen Buchhandlung, wie durch Frau verw. Kirchen diener Müller zu haben sein. P Von den Zinsen der Karl Moritz Rau-Stiftung wurden anv-heutigen Tage, als dem Geburtstage deS Erblassers, 7 wür dige Arme mit je 5 M. 37 Ps. bedacht. -s Auf das vom Vorstande des Vogtl.-Erzgb. Jndustrievereins im Juli d I. erlassene Preisausschreiben für Musterzeichner der Kleiderstoffbranche sind sieben Preisbewerbungen mit 128 Entwürfen cingercicht worden. Die Herren Preisrichter, welche sich am Freitag unter dem Vorsitze des Herrn Professor Hofmann- Plauen im neuen Webschulgebäude in Glauchau versammelt hatten, haben beschlossen, den ersten Preis Herrn Musterzeichner Gustav Gruhle, Gera, den zweiten Preis Herrn Musterzeichner Alexandrs Gallus in Fratte di Salerno in Italien, die zwei dritten Preise den Herren Musterzeichnern Paul Geißler-Glauchau und Willy Ruth-Meerane zuzuerkennen. Als Preisrichter fungierten die Herren Fabrikanten Kommerzienrat Pfitzner und Rich. Paetz- Frankenberg, Karl Klemm und Emil Lippold-Glauchau, Kommerzien rat E. Straff, Robert Baum und Franz Hupfer-Meerane. Die sämtlichen cingercichten Entwürfe werden demnächst auch in Franken berg und zwar in der ständigen Vorbildeisammlung ausgestellt sein. P Nur noch heute, Sonnabend, ist die großartige hochin teressante Serie „Paris und die Zarentage" im Kaiserpanorama zu schauen. Niemand sollte verabsäumen, sich diese Serie anzu sehen und sich dadurch einen Begriff von dem Aussehen der Welt stadt Paris zu verschaffen, denn wenn nicht alles trügt, steht die selbe wieder am Vorabende großer Ereignisse. Mit morgendem Sonntage tritt an die Stelle der eben erwähnten Serie: DaS Salzkammergut mit dem Kapruncrthal. Das Kaiserpanorama läßt uns damit eine genußreiche Wanderung durch einen der roman tischsten Teile Oesterreichs unternehmen. Um dieselbe in großen Zügen zu sthzzieren, nennen wir nur die in Touristenkreisen in hohem Renommee stehenden Namen: Salzburg, Traunfallthal, Groppenstein, Leiscnberg-Klamm, St. Gilgen, Schassbergspitze, Ischl, Dachstein, Gosau-See, Hallstadt, Kammersee, Gollinger Wasserfall, Gmünden und Schloß Ort, Kitzloch-Klamm, Gastein, Alt-Auffee und Kapruncrthal. -f Am Resormationsseste sand in Chemnitz die Herbstver sammlung des Verbandes der Gabelsbergerschen Stenogra phenverein« von Chemnitz und Umgegend statt. Bei dieser Ge legenheit wurden die Namm der Sieger von dem auf der Früh- jahrSversammlung in Frankenberg abgchaltenen Wettschrciben bekannt gegeben. Aus den hiesigen Gabelsbergerschen Stenogra phenverein entfielen 3 Preise: es erhielten in der III. Abteilung Herr Max Voigt den ersten, Herr Hermann Lange den zweiten und in der IV. Abteilung Herr Paul Gehler den ersten Preis. Die nächste Verbandsvcrsammlung findet in Zschopau statt. P Einem Gesuche der Versicherungsanstalt für das Königreich Sachsen entsprechend, haben nach einer jetzt im „Sächsischen Wochen blatt" erschienenen Verordnung die Kreishauptmannschaftcn Weisung erhalten, dafür besorgt zu sein, daß die Hinterbliebenen solcher Personen, für die zur Invalidität-- und Altersversicherung Beiträge entrichtet worden sind, durch die Standesämter bei An meldung des Sterbesalles aus die Vorschriften in H 31 de- Reichs- gesetzeS vom 22. Juni 1889 ausdrücklich hingcwiesen werden. Ob dieser Hinweis am zweckmäßigsten durch Aushändigung eine« Abdruckes des angeführten Gesetzesparagraphen oder auf andere Weise zu bewirken ist, soll den Aufsichtsbehörden anheim gestellt bleiben. -s Zeitungsbestellungen bei der Post werden jeden Tag an genommen! Das ist noch recht vielen Leuten, di« doch an den nun immer länger werdenden Abenden ihre Zeitung gerne ^allein lesen möchten, nicht bekannt. Sie glauben, man müsse bis zum 1. eines Monats warten. DaS ist eben nicht der Fall. Allerdings giebt es bei Bestellungen nach dem Monats-Ersten die Zeitungen erst vom Tage des Einganges der Bestellung auf dem Postamt an, wenn man nicht zehn Pfennige für die Nachlieferung der im Monat schon erschienenen Nummern an die Post entrichten will, allein ein paar Tage nach dem 1. macht das ja nicht viel aus. Auf dem Lande hab man im Oktober noch dies und das zu thun gehabt, und da ist denn vor dem I. November die für den Ouar- talSrest geplante Bestellung verschwitzt. Sie kann also jetzt noch jeden Tag gemacht werden, ein Abwarten bis zum 1. Dezember ist nicht erforderliche Und wer seine Zeitung allein bezieht — der Kostenpunkt ist ja so sehr unerheblich — hat den Vorteil, daß er nicht zu warten braucht, bis der Nachbar mit Frau und Bestem und Basen aller durchstudiert hat. An die Zeitungs lektüre knüpfen sich auch in der Familie häufig Erörterungen, und wenn's sich um eine kleine Anzeige handelte; hält man die Zei tung nun nicht allein, da kann gewartet und gewartet werden, schließlich ärgert man sich und die Nummer bleibt ungelesen. Und gerade in dieser Nummer konnte sich etwas findens was per sönlich interessierte und von Wichtigkeit war. Aufmerksames Zei tungslesen schützt vor manchem Nachteil, die Menschheit besteht nicht auS lauter Tugendbolden, und an der Erfahrung anderer schärst sich der eigene Verstand. DaS „Zusammenhalten" von Zeitungen ist fast nur in Deutschland Mode, obwohl die Zeitungen im Auslande infolge des Einzellaufes, der dort meist üblich, viel teurer kommen. Der Franzose zahlt für eine Nummer 4 oder 8 Pfennige und hat bei 3 oder 6 M. im Vierteljahr nicht groß andres, als der Deutsche für I bis 2 M. im Vierteljahr. Das ist nur 1 Beispiel unter vielen. Die Zeitung mit vielen anderen zusammcnlesen, auch wenn es recht gute Freunde und getreue Nachbarn sind, sollte heute überwundener Standpunkt sein. Wenn wir abends ein Butterbrot mit Wurst essen und ein Glas Bier dazu trinken, dann rufen wir auch nicht drei oder vier Nachbarn, umpflichtig abzubeiß-n und wechselweise zu trinken. P In der Nacht vom 13. zum 14. November wird unter sonst günstigen Verhältnissen ein reichlicher Sternschnuppenfall zu sehen sein. Da der Etcrnschnuppenschwarm, der sich regel mäßig vom 12. bis 14. November einstellt, aus dem Sternbilde des Löwen zu kommen scheint, so werden diese Meteore die Leo- niden genannt. Ein überaus großartiges Schauspiel bieten sie gewöhnlich nach Verlauf von 33 Jahren, so wurden die präch tigsten Erscheinungen zuerst 1799 wahrgenommen, dann 1832 und 1833, zuletzt 1886, als Hunderttausend« der seurigen Ku geln, und zwar immer 10 bis 20 in einem Augenblicke, über den Himmel hinwegzogen. Man erwartet sonach ein ähnliches Auftreten im nächsten Jahre und nimmt an, daß wieder in den erwähnten Tagen der Haupischwarm der Erde nahe kommt und unzählige Meteore in unserer Atmosphäre zum Glühen gebracht werden, um darauf schnell zu zerstieben. Wie man meint, wird jedoch ein Vortrupp der Hauptschar dies Jahr schon, indem er vom 13. zum 14. November die Erdbahn kreuzt, eine sehr be achtenswerte Erscheinung bieten. Uebrigens wird dann noch ein mal zwischen dem 27. und 29. November ein Auftreten von Sternschnuppen (das der Andromcdiden) Vorkommen. — Die auch in unser Blatt übergegangene Mitteilung ver schiedener Zeitungen, daß in Chemnitz zwei Knaben und neuer dings noch ein zehnjähriges Mädchen vermißt würden, beruht, wie daS „Chemn. Tagebl." an zuständiger Stelle feststellte, aufsalscher Ausfassung, denn die betreffenden Kinder befinden sich längst wieder bei ihren Angehörigen. Der eine Knabe hatte sich einfach verlaufen, der andere hatte ohne Wissen seiner Angehörigen aus wärts wohnende Verwandte ausgesucht, und daS zehnjährige Mädchen hatte sich, um einer mütterlichen Züchtigung wegen unterlassener Schularbeit zu entgehen, einige Tage vagierend umhcrgetricben. — Beim Kohlenfahrcn nach der Festung Königstein stürzte am Mittwoch nachmittag der schwer beladene Frachtwagen eines Königsteiner Spediteurs über die hohe, abschüssige Böschunngmauer im mittleren Teile der Festungsstraße, die Pserde mit sich reißend, in di- Tiefe. DaS eiae Pferd war sofort tot und der Wagen in tausend Trümmer zerschlagen; da« zweite Pferd ist bei dem gefahrvollen Sturze mit einigen Hautabschürfungen davon gekommen. — Einen erneuten Beweis seiner Menschenfreundlichkeit hat in diesen Tagen Fabrikbesitzer Rudolf Sack in L.-PlagMttz ge geben. In größeren und kleineren Posten ließ er unter seine Beamten, Werkführer und Arbeiter, die ihm seit 15 Jahren treu dienen, die ansehnliche Summe von 100000 Mark zur Vertei lung bringen. Diese hochherzige That ruft die Erinnerung an die im vergangenen Jahre für die Zwecke der Gemeindediakonie und der Kleinkinderbcwahranstalten in L.-Plagwitz, L.-Lindenau und L.-Kleinzschocher seitens des Fabrikbesitzers Sack geschaffene „Adolphine Sack-Stiftung" wach. — In Netzschkau ist am Donnerstag abend 7 Uhr die große vierstöckige mechanische Kammgarnweberei von Stadtrat Rein hard Floß bis auf die Umfassungsmauern niedergebrannt. Da» Feuer ist in einem Dachstuhl in der sog. Vorbereitung auSgebro- chen. In dieser Fabrik hatten der Besitzer Floß, sowie di« Päch ter Bär L Becker aus Ronneburg und Kunz L Ko. au» Elster berg über 400 mechanische Stühle aufgestellt. Gerettet konnte fast gar nichts werden, doch sollen die Kalamitosen versichert ha ben. Eine große Anzahl Arbeiter ist durch den Brand beschäfti gungslos geworden. — Bei dem Ausbruche des Feuers ritte jung und att nach dem Brandplatze. So auch die in den 50er Jah ren stehende Ehefrau des Webers Schneiders in Gemeinschaft mtt einer anderen Frau. Auf dem Marktplatz sah Frau Schneider die mächtige Feuersbrunst und erschrak darüber so, daß sie der anderen Frau ohnmächtig in die Arme fiel. Obgleich sofort ärzt liche Hilfe hinzugezogen wurde, verstarb die Frau doch nachts 1 Uhr, ohne wieder die Besinnung erlangt zu haben. — Am Freitag mittag in der 12. Stunde geriet in einer Erkerwohnung in der Querstraße in OelSuitz 1. V. di« durch einen Schlaganfall bereits gelähmte Kutschersftau Morgner beim Feueranzünden vor dem Ofen in Brand. Da die unglückliche Frau allein in der Wohnung anwesend war, so mußte sie hilflos verbrennen. Als der Ehemann Morgner mittags die Wohnung betrat, war die Frau nur noch eine formlose Masse. Der ent standene Zimmerbrand konnte noch unterdrückt werden. — Die „Altenburger Zeitung" schreibt: „Die am Dienstag bei Ilntermolbttz tot aufgefundene I Ojährige Olga Martha Bogel ist, wie die gerichtliche Untersuchung ergeben hat, mißhandelt und mißbraucht worden, höchstwahrscheinlich aber nicht abfichtlich ge tötet worden. DaS vorläufige ärztliche Gutachten nimmt an, daß daS Kind an erbrochenen Speiseresten erstickt ist, während der Thäter ihr, um das Schreien zu verhindern, den Mund zugehalten und sie gewürgt hat. Die Leiche zeigt nur leichte und keines wegs tödliche Verletzungen. Es handelt sich also nicht, wie an fänglich vielfach angenommen wurde, um einen Lustmord, son dern um ein Verbrechen wider die Sittlichkeit mit tödlichem Aus gange.« — Die weitverbreitete Meinung, daß in dem wunderschönen Monat Mai, wenn alle Knospen springen, die Liebe in den Her zen aufgcht, ist eine irrige, denn nicht nur die Statistik der Eheschließung«», sondern auch der Heiratsgesuche beweist, daß gerade der Herbst und der Winter am unwiderstehlichsten die zärt lichen Gefühle erwecken. Die Kälte scheint auf die Entwickelung des Sinnes für die Häuslichkeit einen gewaltigen Einfluß auSzu- üben, vornehmlich dann, wenn als solide Grundlage ein kleines Vermögen in Aussicht steht. Besonders stark wird wenige Tage vor und nach dem I. Oktober geheiratet, was seinen Grund in der Hauptsache darin hat, daß um diese Zeit der größte Woh nungswechsel im Jahr stattfindet und die jungen Pärchen sich dann ein passendes Heim aussuchen können. In keiner anderen Zett deS Jahres sicht man in den Städten so viele Hochzcitscquipagen, wie zum Beginn des Herbstes. Auch auf dem Lande finden die meisten Hochzeiten im Herbst statt; die Ernte ist vorüber, der klingende Segen aber da! („Tagesgcschichte" re. in der Beilage.) Vermischtes. * Von der sibirischen Eisenbahn wird berichtet, daß nunmehr die Oststrecke bci»Pcrtschinsk fertiggestellt ist und Tschitu im Fe bruar n. I. und Irkutsk im Februar 1900 erreichen dürfte. Alsdann würde die gesamte Bahn fertig sein. * In Köln feuerte ein Steinmetzgchilfc aus seinen Meister, als dieser die sofortige Kündigung und die Auszahlung de« Lohnes verweigerte, zwei Rcvolverschüsse ab. Der Meister wurde schwer verletzt. Im Besitze des verhafteten Thäter« wurden 17 scharfe Patronen und 300 Mark gefunden. Er ist «in Anarchist, drr sich über die Ermordung der Kaiserin von Oesterreich und über da« gegen Kaiser Wilhelm geplante Attentat befriedigt äußerte.