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SS« Freitag, den November L8N8. 57. Jahrgang »rfcheiut t»«N< mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends sür den fol genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps., monatlich 50 Pst, Einzelnummer 5Ps. Bestellungen ! «erden i» unserer GefchSitsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postaustalten angenommen. Bezirks-s^^^sAnzeiger Anferat-Hebühren: Einspaltige Petit-Zeile oder deren Raum 10 Pst; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Pst; „Eingesandt" und Reklame unter dem Rcdaktionsstrich 25 Pst — Komplizierte Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerte» - Annahme werden pro Inserat 25Ps.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmanuschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Nofzbcrg in Fraukcubcrg i. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Nostberg in Frankenberg I. Sa. Nachabonnements auf das Tageblatt für den Monat November nehmen unsere TagcblattaustrSger und unsere bekannten Ausgabestellen in Stadt und Land entgegen. Monatskarten für Abholcnde können in der I Le« sowie in den Ausgabestellen der Herren » Iltinet (Albertstr.), L. I » »««llrlt k (Gchlotzstr), (Freib. Str ), I (Querstr.), » I«k- -»»-»nn (Chemn. Str ), Otta 8«it»«r (Fabrikstr ), 8«ri»raia», (Feldstr.) entnommen werden. De?anuL^rsrchnn^. Nachdem die Aufnahme einer städtischen Anleihe in Aussicht genommen ist, werden bis auf weiteres in unserer Stadthauptkasse Darlehnc von nicht unter 500 M. —. aus Privathand gegen 4proccntige Verzinsung und beiderseits freistehende vierteljährliche Kündigung ausgenommen. Eine Verpflichtung, die dargeliehencn Summen in Schuldscheinen der neuen Anleihe sich zu- rückgewähren zu lassen, wird hierdurch nicht begründet. Frankenberg, am 14. Oktober 1808. Der Stadtrat h. Or. Mkttig, Bürgermstr. Ueber dm englisch-französischen Konflikt veröffentlicht Vr. Karl Peters in der „Tägl. Rundschau" folgen den bemerkenswerten Artikel: In Paris feiert zur Zeit wieder einmal der süße Pöbel im Bunde mit dem Säbel eine seiner Orgien. Der Sturz des Ka- binettes Brisson vollzog sich mit dramatischem Lärm. Weshalb sich in der französischen Kammer Meinungsverschiedenheiten immer gleich in brüllendem Geschimpf und Ohrfeigen äußerlich bekunden müßen, wird der teutonische Norden von Europa niemals zu er fassen vermögen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Wenn früher eine Ohrfeige in der Kammer an der Seine durch ganz Europa widerhallte, die Börsenwerte ins Schwanken brachte und wohl gar Armeen mobilisierte, so beschränkt sich die Wirkung heute auf ein ironisches Staunen oder ein verächtliches Achselzucken der Zuschauer. Zum Glück sind die irritablen Gallier nicht mehr so tonangebend für die Geschicke der Welt. Aber unter der Erregung dieser Ereignisse vermag die fran zösische Regierung ihren Rückzug in der Nilsrage anzutreten, und dies ist vom Standpunkte der großen Politik das Wichtigere von den beiden Problemen. Daß dieser Rückzug einer diplomatischen Niederlage gleichkommt, wird man sicherlich zu vertuschen suchen; aber die Thatsache bleibt darum nicht weniger bestehen. Vergegen wärtigen wir uns kurz die Situation. Der Kapitän Marchand war auf Befehl der französischen Re gierung ins Bahr-El-Gazal und an den oberen Nil marschiert, um diese Länder sür Frankreich zu besetzen, trotzdem die englische Regierung in Paris rechtzeitig erklärt hatte, daß man eine der artige Mission hier als einen „unfreundlichen Akt" ausnehmcn werde. Wenn er jetzt, nachdem er seinen Auftrag militärisch mit anerkennenswerter Energie ausgeführt hatte, aus Befehl eben der selben Regierung von dort wieder abziehen muß, so ist dies doch unter allen Umständen eine Blamage für die Behörde, welche ihn dorthin entsendet hatte. In Paris unterschätzte man ohne Frage den Ernst Englands in dieser Sache. Man meinte, daß Groß britannien, wie in anderen afrikanischen Konflikten, so auch dies mal vor einer vollendeten Thatsache zurückweichen würde. Aber hierin täuschte man sich. Denn die englische Kriegslust ist diesmal nicht eine gemachte, sondern eine sehr aufrichtige. An der Themse ist man sich der ungeheueren Wichtigkeit der uneingeschränkten Herrschaft über das gesamte Nilthal viel zu deutlich bewußt, als daß man hier auf materielle Zugeständnisse sich einlassen würde. Darüber waren nicht nur alle politischen Parteien, sondern auch alle Volksklassen von oben bis unten sich einig. Wollte Frankreich in diese Ent wickelung eingreifen, so mußte es also dafür mit Großbritannien kämpfen, und vor diesem Risiko scheut man eben doch in Paris zurück, „so lange noch deutsche Regimenter in Metz und Straß burg garnisonicrt sind", wie der „Figaro" bemerkte. Wie ich bereits schon Anfang September voraussagte: „Frankreich ist nicht geneigt, wegen einer imaginären Position am oberen Nil Gefahr zu laufen, daß England ihm seine Flotte aus den Grund des Meeres befördert, von der es so viel für seinen zukünftigen Krieg um Elsaß-Lothrigen erwartet." So war also die Mission Marchands ein einfacher „Bluff", der seinen Zweck verfehlte, und jetzt muß man in den saueren Apfel beißen, sich zurückzuziehen. Wenn ich die öffentliche Meinung in England recht verstehe, so glaube ich, daß diese friedliche Lösung der Faschodafrage, trotz dem England durchaus seinen Willen bekommen wird, nicht ein mal nach dem Geschmack der breiten Masse ist. Man hätte dies mal lieber gekämpft, um gleichzeitig eine ganze Reihe anderer Fragen mit Frankreich auszutragen: Die ägyptische Frage im all gemeinen, die Frage der Neufundlandfischerci, die Siamfrage, die Tunisfrage. Man ist sich bewußt, vor Frankreich wiederholt um des lieben Friedens willen zurückgewichen zu sein, und das wurmt dieses nationalstolze Volk. „Wir müßen uns doch einmal mit den Franzosen schlagen, warum nicht jetzt, wo wir bestimmt die Ucbcrlegenen sind", konnte man überall in den letzten Tagen auch von sehr ruhigen Männern ausgesprochen hören. Lord Sa lisbury ist zu verständig, um solchen Erwägungen Raum zu geben, und so wird der Friede erhalten bleiben. Frieden L tont prix will hier überhaupt kein Mensch; im Grunde liebt man kriegeri schen Ruhm in England mehr als irgendwo sonst, wie man ja eigentlich auch jederzeit irgendwo auf der Erde seinen kleineren oder größeren Krieg führt. Was allein für eine friedliebende bri tische Regierung der öffentlichen Meinung gegenüber möglich ist, ist der „peaes rvitb Ironour", den der Earl of Beaconsfield als sein Programm ausgab. Daß die französische Regierung sich ihrer eigenen Nation gegen über in der Faschodafrage zurückziehen kann, dazu hat meiner An sicht nach sicher viel beigetragen, die klug berechnete Hochachtung, mit welcher Sir Herbert Kitchener über Major Marchand wieder holt öffentlich sich geäußert hat, und die aufmerksame Behänd- lung, welche er ihm in Faschoda zu teil werden ließ. Das schmeichelte dem französischen Nationalgcfühl und machte es ihm leichter, in der Hauptsache nachzugeben. Es würde mich gar nicht wundern, wenn Kitchener selbst in Paris Ovationen empfinge, und, wenn man nach Beilegung des Konfliktes an der Seine geneigt sein würde, mit dem plötzlichen Umschlag der Stimmungen, wie sie den Galliern geläufig sind, aus den Kriegsempfindungcn in einen Verbrüdcrungsdusel umzuspringen. Was sich als Ergebnis des Zwischenfalles heute schon über sehen läßt, das ist die Thatsache, daß der letzte kontinentale Ver such, der englischen Afrikapolitik mit ihrem Programm: „Afrika englisch von Kapstadt bis nach Kairo" am oberen Nil einen Rie gel vorzuschiebcn, gescheitert ist. Indem Deutschland meinen Ver such auf Uganda fallen ließ und nun Frankreich gezwungen ist, die Früchte der Expedition Marchand fahren zu laßen, gewinnt Großbritannien freie Hand, um seine großen Pläne zur Durch führung zu bringen. Schon hängen in London Karten von Afrika, in denen die Verbindung von Kapstadt bis nach Kairo mit der projektierten Bahn- und Telegraphenlinie eingetragen ist, und schon sind an Ort und Stelle, vom Norden wie vom Süden, Expedi tionen unterwegs, solche Eintragungen zur That werden zu las sen. Mit Riesenschritten naht die Zeit heran, wo der Union-Jack den dunklen Erdteil vom 82. Grad nördlich bis 34. Grad süd lich überziehen wird, als Symptom dafür, daß Großbritannien auch auf diesem fünften Kontinent unseres Planeten vor herrschend dasteht. Ueber den Riesenstrom des NileS hin mit seinem Seenetz bis zum Nyassa und dem Stromgebiet des Zam- bcsi hin greift die britische Faust über Asrika in seiner ganzen Längenausdehnung hinüber. Die größten Häfen des Erdteiles: Alexandria, Zanzibar, Port Natal und Kapstadt sind britisch, seine großen Wasserflächen und seine größeren Ströme, außer dem Kongo, werden vom Union-Jack gedeckt, und im Norden wie iin Süden stehen große Truppcnkörper bereit, zum Herzen Afrikas vorzudringen. Von allen Seiten aber ist britisches Kapital an der Arbeit, durch Schienenstrang und Wegebau die Eroberung des schwarzen Erdteiles zu vollenden. Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 3. November 1898. s Von dem Ausschüsse für die Ausstellung gewerblicher Unterrtchtsanstalten im Königreich Sachsen wird folgendes be kannt gegeben: „Die im Herbst dieses Jahres in Dresden abge haltene Ausstellung gewerblicher Untcrrichtsanstalten im Königreich Sachsen ist zu gunsten einiger gewerblicher Schulen zu Reklame zwecken benutzt worden, indem ihnen öffentlich nachgerühmt worden ist, „es sei ihnen von der Preiskommission der erste Rang zuer kannt worden", bezw. „sie hätten eine erste Anerkennung erlangt" und dergleichen. Dies ist unzutreffend. Thatsächlich hat der vom königl. Ministerium des Innern bestellte Beurteilungsaus schuß, der aus einer großen Zahl Fachleuten und Schulmännern bestand, grundsätzlich weder Preise noch Prämien zuerkannt, noch hat er einzelne Anstalten vor anderen hervorgehobcn, selbst da nicht, wo dies gerechtfertigt gewesen wäre. Der Ausschuß hält es im Interesse derjenigen Schulen, die sich von der gerade beim In der Krandnng des Lebens. Roman von I. von Werth. 2». Fortsetzung. Machdruck verboten.) So begann der Konsul zu erzählen. Seine Stimme klang so träumerisch weich, daß Rose ihr entzückt lauschte. Er mußte ihre Anwesenheit wohl vergessen haben, aber sie war zu stolz, diese Gelegenheit zu benutzen, um sich in sein Vertrauen zu stehlen. Sie wollte sich erheben, doch da sah sie seine Augen auf sich ge richtet und nun wußte sie, daß er zu ihr sprach. „Ich habe einst ein Weib mein genannt, das ich unsäglich geliebt. Sie war jung, und obgleich nicht eigentlich schön, halte sie doch solch ein liebreizendes, rundes Kindergesicht, mit schelmi schen Grübchen in den vollen Wangen und klarblickenden, braunen Augen, daß sie sich gleich beim ersten Begegnen in mein Herz stahl. Es ging dann in unserer Liebesgeschichte so glatt und ordnungsmäßig zu, daß es in der Erzählung wenig poetisch er scheinen mag. Luise hatte mich trotz meines häßlichen Gesichtes auch lieb gewonnen. So fanden sich Herzen, Hände und Lippen, und die beiderseitigen Eltern gaben mit Freuden ihren Segen zu unserem Bunde. Nur meine Schwester Chiara Paccinini schüttelte bedenklich den Kopf. Ich zählte damals bereits einunddreißig Jahre, Luise war ein sechzehnjähriges Kind. An ein geistiges Zusammenleben sei bei diesem Altersunterschiede nicht zu denken, und daher werde mir meine Ehe auch keine tiefere Befriedigung gewähren können, meinte Chiara. Doch ich lächle über ihre Be denken. War es doch gerade ihre kindliche Fröhlichkeit, die nicht selten in Uebermut auSartetc, und ihr reines, unberührtes Kinder herz, was mich zuerst zu meiner Braut gezogen. Nach kurzem, fröhlichem Brautstand- wurde sie mir angetrant, uno ich berauschte mich an der ganzen Fülle meines jungen Glückes. Aber solches Uebermaß an Gefühl, sei °»ch das b-glück-ndst- ist aus die Dauer nicht ,u ertragen. Wohl uns, daß die Zeit auch darauf mildernd einwirkt. Vom Gefühl allein können wir nicht leben, unser Geist braucht mehr und kräftigere Nahrung. Aber das wollte Luise nicht verstehen. Sic meinte, es solle immer so fort- gehcn in diesem überschwenglichen Gefühl. Sie schalt meine Kalt- hwzigkcit und wußte dann bei der Versöhnung die zärtlichsten, von ihrer Seite thräncnreichsten, von der meinen versprcchungs- reichsten Rührstückchen in Szene zu setzen. Wenn wir allein mit einander waren, verstand sie so herzig zu lachen und zu scherzen, daß ich mein Los mit keinem Gott getauscht hätte. Fing ich dann aber einmal an, von dem mit ihr zu sprechen, was meinen Geist beschäftigte, dann sah sie mich verwundert an und verstand mich nicht. Ich sagte mir, wie glücklich cs mich machen würde, in ihren lachenden Augen langsam das Verständnis ausdämmern zu sehen für die idealen Fragen und Interessen ves Lebens. Wenn ich mich dann mühte, cs ihr zu erschließen, dann hörte sie mir einige Minuten ruhig zu. Gleich darauf aber sprang sie auf und rief lachend: „Hu, jetzt wirst Du wieder gelehrt! Weißt Du, daß ich es Dir sehr übel nehme, daß Du in meiner Gegen wart 'an derlei langweilige Dinge denken kannst!" Dabei schlang sie die Arme um meinen Hals und machte aus der Erziehungs- eine Schäscrstunde. Oder sie eilte hinaus, guckte nach einigen Minuten, zum Ausfahren gerüstet, noch einmal durch die Thür und rief mir zu: „Wenn ich wiederkomme, hast Du hoffentlich Deine langweilige Gelehrsamkeit wieder ein Bißchen vergessen." Gleich darauf hörte ich den Wagen fortsahrcn. Ich mußte end lich meine Versuche, sie heranzubildcn, aufgebcn. Ich liebte sie ebenso herzlich wie zuvor. Ich wußte auch, daß jede Regung ihres reinen Herzens, ihre ganze, ivarme Liebe mir gehörte. So schwieg ich denn seufzend von nun an über das, was mein Denken erfüllte, und versuchte auch so glücklich zu sein in ihrer Liebe, von der Zukunft erhoffend, was die Gegenwart mir versagte. Sic war ja noch ein Kind, die Jahre mußten ihren Geist reifen und ihr Interesse sür ernste Dinge erwecken. Carl, wurde uns ge boren, aber das brachte keinerlei Veränderung in ihrem geistigen Leben hervor. Sie blieb die Wiesenblume, die den Sonnenschein in den Kelch saugt und sich vom Winde schaukeln läßt, ohne zu fragen, woher der Tropfen Tau kommt, der sie erquickt. — Lia wurde geboren und wenige Tage derauf starb Luise. Sie hatte mit ganzem Herzen am Leben, mit aller seiner Lust und Freude, mit seinem Sonnenschein und seiner Liebe gehangen, und cs kostete ihr einen schweren Kampf, sich davon los zu reißen. Ich fühlte mich namenlos unglücklich nach ihrem Scheiden. Ich meinte nicht leben zu können ohne ihr Helles Lachen, ihren heiteren Blick und ihre zärtlichen Küsse. Jeder Schatten, der im Leben auf unser Verhältnis gefallen war, in der Erinnerung schwand er und die drei Jahre meiner Ehe erschienen mir, wenn ich darauf zurück- blicktc, im Sonnenschein höchsten, reinsten Glückes. Ich war der Welt abgestorben und wünschte nichts, als meinem Schmerze und sehnsüchtiger Erinnerung zu leben. Es währte lange Zeit, bis ich mich aufraffte, mir zu sagen: Sehnsucht ist Müßiggang und daher eines Mannes unwürdig. Jetzt wandte ich mich wieder meinen Studien zu, die ich im Glück so lange vernachlässigt hatte. Wenn sie mir auch nicht Vergessen brachten, so ließen sic mich doch ruhiger werden. — Um jene Zeit war eine Schweizerin in mein Haus getreten, um die Sorge sür meine Kinder zu über nehmen. Fräulein Marie Eisenschmidt war ein durchaus unbe deutendes Wesen. Sic war weder hübsch, noch geistvoll oder liebenswürdig, aber sie sorgte für alles Notwendige. Das genügte mir. Ich weiß nicht mehr, durch welchen Zufall ich einst ent deckte, daß sie eine herzliche Neigung zu mir gefaßt. Da ich damals glaubte, nicht mehr lange leben zu können, so beschloß ich, ihr meine Hand zu reichen, um meine Kinder davor zu schützen, einst im Leben allein zu stehen, vom guten Willen bezahlter Menschen abhängig zu sein. Ich sprach ihr nicht von Liebe. Es wäre mir wie eine Entweihung erschienen. Sie willigte ein, die Mutter meiner Kinder zu werden. Wenige Wochen darauf wurde