Volltext Seite (XML)
H 2V8 Donnerstag, den8^Teptember 1888 57. Jahrgang Krschetnt ttgllch mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends sür den fol- genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps., monatlich 50 Ps., Einzelnummer 5Pf. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstalten angenommen. Znserat-HeSÜ-re»- Einspaltigc Petit-Zeile oder deren Raum 10Ps.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.; „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich 2b Ps. — Komplizierte Inserate »ach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat LbPfextra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshmchtmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Romberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Rotzberg In Frankenberg i. Sa. Nachabonnements auf das Tageblatt für den Monat September nehmen unsere Tageblattausträger und unsere bekannten Ausgabestellen in Stadt und Land entgegen. Bekanntmachung, die Erntefestpredigtstiftungen betreffend. Diejenigen armen Personen, welche sich bei der am Erntefeste erfolgenden Vertheilung von Liebes gaben und Stistungszinscn berücksichtigt zu sehen wünschen, haben sich Freitag, den 9. September dss. Js., Nachmittags Uhr in der Wachtstube des Rathhauscs anzumelden. Frankenberg, am 8. September 1898. Der Stadtrat h. Nr Mettig, Bürgermstr. Gemeinbeanlagen und Schulgelbreste. Wiederholt erfolgter Zahlungsaufforderung ungeachtet, befindet sich noch ein Theil der Steuerpflichtigen mit den auf das laufende Jahr fSLig gewesenen und in Rückstand, obwohl ledem einzelnen Steuerzahler die Möglichkeit geboten war, dnrch Einhal tung der festgesetzten monatlichen Raten seinen Verpflichtungen leicht Nach kommen zu könne». Wir fordern hierdurch nochmals zur fofortigen Zahlung mit de« Bemerken anf, «lus« LS. S«. »II« llkrstunt«» sll« LHVSnxsvvIIstrvvkuirx; vorOilzxt veorsl«» vrlrck. Frankenberg, am 2. September 1898. Der Stadtrat h. I. V. Stadtrath Stephan. Bu. Von Wadh-Halfa bis Omdurman. Ein Schimmer düsterer Romantik umgiebt die kurzlebige mah- distische Herrschaft, die nach einem Bestehen von reichlich andert halb Jahrzehnten nunmehr durch die vernichtende.Niederlage bei Omdurman ihr Ende gefunden hat. Als die Aegyptcr unter dem Khedive JSmail nach der Eroberung des Nilsudan, sowie der be nachbarten Oasen Kordofan und Darfur den von der mohammedani schen Ueberlieferung altgeheiligten Sklavenhandel unterdrückten, ent stand ihnen 1882 in dem Mahdi Muhamed Achmed, einem fana tischen Geistlichen und Sklavenhändler, ein furchtbarer Gegner. In Kordofan zuerst stürzte er die Macht der Aegypter. Und nun führte er die stets wachsende Schar seiner von wilder Begeisterung entflammten Anhänger von Erfolg zu Erfolg. Als dann gar ein ägyptisches Heer unter dem Briten Hicks Pascha bei El Obeid bis auf den letzten Mann unter den Streichen der Mahdisten erlag, erreichte der Rus ihres Führers, der verkündete, er werde in gött licher Sendung den Glanz des Islam über alle Völker ausbreiten, seinen Höhepunkt. Khartum, der Mittelpunkt des Sudan, fiel am 26. Januar 1885 in die Hände des Mahdi, der Gouverneur der Stadt, der tapfere und idealgesinnte, aber phantastische und eigen willige Brite Gordon, ward dabei auf der Treppe seines Palastes erschlagen — einen Tag bevor einige britisch-ägyptische Kanonen boote bei der hart bedrängten Stadt anlangten. Bald herrschten die Mahdisten auf der ganzen gewaltigen Nilstrecke vom Albert- See stromabwärts bis Wady-Halfa, wo sie zeitweilig sogar das eigentliche Aegypten zu bedrohen schienen. Der Tod des vom Ministerium Gladstone ins Verderben ge sandten und im Stich gelassenen Generals Gordon hatte in Eng land einen Sturm der Erbitterung erregt. Auf das Peinlichste auch empfand man dort den Verlust des Sudangebietes samt dem oberen Nil. Aber mehr als ein Dutzend Jahre hat es gewährt, ehe die Briten, die schon seit 1882, seit der Niederwerfung des Aufstandes Arabi Paschas, in Aegypten als die Herren schalteten, zum Angriff gegen das Derwischreich vorzugehen wagten, um ihr Ansehen und ihre Herrschaft in jenen Gegenden wieder herzu stellen. Der offenkundige Niedergang der Mahdisten-Herrschaft kam ih nen dabei schließlich zu flätten. Schon Muhamed Achmed verlor nicht wenig an Ruf und Ansehen, als.sein Siegcszug nach der Einnahme von Khartum zum Stillstände kam und als seine Weis sagung, siegreich in Mekka cinzuziehen, zu Schanden ward. Als er gar im Sommer 1885 starb und sein weltlicher Nachfolger Ab- dullahi keinen göttlichen Auftrag mehr vorzuschützen wagte und sich nur noch Khalifa nannte, begann das junge Derwischreich im Innern immer brüchiger zu werden. Nur durch die grausamste, blutigste Schreckensherrschaft, im wesentlichen nur mit Hilfe der ihm unbedingt ergebenen Baggara-Arbaber vermochte der Khalif, in der neuen Hauptstadt des Reiches, dem nahe dem zerstörten Khartum am Zusammenfluß des Weißen und des Blauen Nils belegenen Omdurman, hausend, sich zu halten. Der Angriffskraft entbehrte er schließlich fast vollständig, obgleich zeitweise noch sein tüchtigster Heerführer, Osman Digma, sogar dem britischen Hafenplatze Sua- kim am Roten Meere bedrohlich sich hatte nähern können. Zuverlässige Nachrichten über die Schwächung der Macht des Khalifen trug namentlich der Oesterreicher Slatin Pascha, der aus zehnjähriger Gefangenschaft in Omdurman nach der ägyptischen Hauptstadt entkommen war, den Briten zu. Und nun reifte bei diesen rascher der Entschluß, den Sudan wieder zu erobern. Englische militärische Lehrmeister hatten inzwischen die ägyptischen Fellachen zu einer kampfertüchtigen Trupp« auszubilden verstan den. Im März 1896 begann der Vormarsch über Wady-Halfa hinaus. Nur unbedeutend waren die Kämpfe, die man bis zum Einzuge in Dongola am 19. September zu bestehen hatte, und schon reichte die Grenze der ägyptischen Herrschaft bis zur Bayuda- Wüste. Nun trat eine Pause in dem Vorgehen ein. Die Nieder lage der Italiener durch die Truppen des abessinischen Herrschers bei Adua aber und ihr Entschluß, Kaffala aufzugeben, legte den Briten die Fortsetzung ihres Vorstoßes nahe. Den ersten Erfolg des englisch-ägyptischen Heeres bildete die Einnahme des strategisch wichtigen Abu-Hamed, an dem großen östlichen Knie des Nils un gefähr Halbwegs von Wady-Halfa nach Khartum belegen. Be freundete Stämme besetzten, nachdem die Derwische sich zurück gezogen, einen Monat später Berber, den wichtigsten Standort zwischen Kairo und Khartum und den Ausgangspunkt der Kara- wancnstraße nach Suakim. Unmittelbar auf dem Fuße folgte dem Vorrücken des Heeres die Fortsetzung der Eisenbahn von Wady-Halfa nach Süden zu. Bei Atbara, am 9. April 1898, erfolgte der erste ernste Zu sammenstoß mit den Derwischen. Der Emir Mahmud und Os man Digma waren dem englisch-ägyptischen Heere unerwartet ent- gcgengerückt. In der Stärke von ungefähr 24 000 Mann wur den die Derwische von dem damals etwa 15 000 Mann zählen den, weit bester gerüsteten Gegner ohne Mühe in die Flucht ge schlagen. Mahmud fiel in Gefangenschaft. Dem Ansehen des Khalifen gab das einen weiteren Stoß. Aber in dem Dorrücken des Sirdars (Oberbefehlshabers), des britischen Generals Kitchener, trat zunächst ein wohlbercchnetes Stocken ein. Es'galt, das Heer beträchtlich zu verstärken und zudem das Steigen des Nils in den Sommermonaten, das den Kanonenbooten die Fahrt stromaufwärts erleichtern sollte, abzuwarten, ehe man die Hauptaufgabe, die Er oberung der Hauptstadt Omdurman, in Angriff nehmen konnte. Reichlich vier Monate genügten, um die Vorbereitungen zu beenden. Mit Hilfe des bis Atbara fortgeführten Schienenweges hatte die britisch-ägyptische Heeresleitung die verstärkte Armee dort zusammengezogen, Verpflegung und Schießbcdarf zur Genüge be schafft, kurz, alle Vorbereitungen aufs sorgfältigste getroffen, um einen entscheidenden Schlag zu führen. Die Streitmacht Sir Kitcheners bestand aus ungefähr 25000 Mann, nämlich 8000 Mann englischer Infanterie, einem Regiment und einer Schwadron Husaren, zwei Batterien Feldartillerie, sowie mehreren Belagerungs geschützen. Femer an Aegyptern 12000 Mann Fußtruppen, 8 Schwadronen Retterei und 800 Kamelreitern. Dazu kamen als wichtiges Mittel zum Erfolge der Vorwärtsbewegung eine Anzahl Kanonenboote, zum Teil neuere Fahrzeug« von s«hr geringem Tief gang mit neuzeitlichen Geschützen — ein KampfeSwerkzeug, dem die Mahdisten nichts Aehnliches entgegenzusetzen vermochten und dem gegenüber sie vollständig machtlos waren. Ein trefflicher Aufklärungsdicnst, dem Slatin Pascha als kundiger Berater diente, erhöhte den Wert dieser Heeresmacht noch wesentlich. — Das Heer der Derwische schätzte man verschieden von S5-—70000 Mann. Aber seine ziffernmäßige Ucberlegenheit und sein ver zweifelter Mut wurden von vornherein wettgemacht durch di« weit bessere Bewaffnung und Ausrüstung, sowie die tüchtigere Führung der Anglo-Aegypter. Die ersten Truppen der letzteren gingen am 15. August von Atbara ab. Ein Hindernis der Flußschifffahrt bis Khartum, die sechste Nilstromschnelle (die sog. große Pforte) ward bei hohem Wasserstande glücklich überschritten. Die WitterungSoerhältniffe zeigten sich günstig, weder übermäßige Hitze noch Regenwetter leg ten Schwierigkeiten in den Weg. So vollzog sich der Vormarsch gegen Omdurman plangemäß und glücklich. Die Scharen des Khalifen zogen sich von Wadi-Bischara nach Schabluka zurück. Nachdem die Kanonenboote di« Befestigungen vor der Hauptstadt zerstört hatten, kam es am Sonnabend zu der für die englisch ägyptischen Waffen siegreichen Entscheidungsschlacht, in der daS Schnellfeuer die Derwische haufenweise niedermähte und die Herr schaft des Khalifen zusammenbrach. Gordon ist gerächt — vor allem aber erstreckt sich jetzt, nur dem Namen nach für den Khe dive Abbas, die britisch-ägyptische Herrschaft wieder auf die Su danprovinzen. Das ist ein zunächst englischer Erfolg. Aber die Herrschaft der Briten und die damit verbundene Stiftung von Gin Rätsel. Roman von Emilie Heinrichs. sr. Fortsehung. (Nachdruck v«rdotcn.> „Mein Gott, wenn der Zigeuner jetzt sterben sollte, das wäre furchtbar», flüsterte Rudolf Steinmann. „Hier haben wir die Lösung des schrecklichen Rätsels, welches mit diesem Menschen für immer begraben würde." „Ruhig, er ist noch nicht tot", erwiderte der Doktor leise, „doch ist jede Hilfe vergeb«ns, da der Tod bald eintreten muß." Er flößte ihm aufs neue von den belebenden Tropfen ein, und nach einigen Minuten langen Harren» schlug der Zigeuner mit einem schauerlichen Gestöhne die Augen wieder auf. „So, jetzt erleichtere Dein Gewißen, mein SohnI" begann der Doktor mit feierlichem Ernste, „Du wirst bald vor Gott stehen, um Rechenschaft über alle Deine Thaten abzulegen, wie willst Du solches ohne Reue und Buße vollbringen? Wenn ich auch nicht Priester bin, da dieser hier zu spät käme, wie jede mrnschliche Hilft, so kann ich Dir doch die letzten schweren Augen blicke erleichtern. — Kannst Du sprechen?" „Ja, ja, nicht in die Höll', Herr! — Zigeuner nicht wollen Kindchen morden — nur Münz' haben, was hat in sein Hand gehabt. Sagt Kind dort oben — in Ruine — gehört Münz' sein Großvater — da» trag an sein' Uhr — hat verloren und Kind gesund«» will nicht herg«b«n — und schreit. Stopf ich ihm Tuch in Mund — Kind will noch nicht loslassen Münz' — ach — ach < Er stöhnte wieder entsetzlich und schloß die Augen wie im Todeskampfe. Der Doktor flöhte ihm aufs neu« die Tropfen rin, wobei seine sonst so feste Hand vor Erregung zitterte. Der Zigeuner, mit welchem eS augenscheinlich zu Ende ging, öffnete die Augen und versuchte zu sprechen, seine Stimme klang leise, doch noch verständlich. „Setz ich Kind — das niederfiel — Knie auf die Brust — leg Hand auf sein Hals — gab doch nicht Münz' her war ich viel bös' und drück' fest auf sein Hals — wird er still mit kleine Bein schau ich nach — ist er tot. — Jesse», verschreck ich mich — Zigeuner hat Kind viel lieb — thut ihm nix zu leid — wollt'» nicht totmachen. Denk nicht an Münz' mehr — seh nur roten Lappen — das Kind hat in sein andere Hand — was auSsah wie Blut. — — Nehm Kind auf mein Arm trag cs hinter Ruine zu graben Grab mit mein Messer unter Busch — — wo Erde — — — viel weich — kratz mit mein Hand — und mit Messer ein tief Loch — leg's Bubel hinein — sprech «in G«bet. — O, H«rr, gnädiges — ich that'S — wird Herrgott mir vergeben die Sünd — weil ich hab gebetet für die kleine S«el? — Will Münz' nehmen — und greif in mein Angst nach die rote Lappen will Erd aufschüttcn — steht Herr bei mir — Jesses — kenn ihn ist auf groß Gut bei Baron gnädiges — lauf fort und komm weg zu die Meinigen — ließ rote Lappen in Busch fallen — und hab — nicht Ruh — bi- ich wiederkomm — um Münz' zu holen — Jesses — nun muh — arm — Zi geuner —" Der Elende hatte die Erzählung langsam, unter großen Pausen und Stöhnen vollendet. Die letzten Worte kamen nur noch gur gelnd heraus, daS Blut quoll empor und die Augen erloschen. Er war tot. Einige Minuten standen die beiden Herren, tieserschüttert aus die Leiche blickend und im stillen Herzen rin Geb«t für d«n armen, halbwilden Menschen, der hier niedcrgeschmcttcrt von Gottes Hand, zugleich aber auch ein Dankgebet zu dem Allgerechten, welcher in dieser Stunde ein furchtbares Verhängnis von dem Haupte der Unschuldigen genommen. „Kommen Sie rasch, lieber Steinmann!" sprach dann der Arzt mit gedämpfter Stimme, „jetzt gilt es, den Lebenden Hilfe und Erlösung zu bringen." Mit Rudolfs Beistand kam der alte Herr mühsam nach oben, während jener rasch hinausturnte. „Der alte Riehl ist sehr krank", fuhr der Doktor, als sie der Stadt zuschritten, fort, „ich fürchte, daß die größte Eile not thut, wenn er noch eine kurze Zeit sich der Freiheit erfreuen soll. — Ich leugne nicht, daß eS mir wie ein Alp von der Seele gefallen ist, da die Tochter und ihr Liebster, jener Volontär Hamburt, im Grunde verdächtig genug waren. Jetzt muß dieser junge Herr aber vors Brett, weshalb er die Geschichte so lange verschwiegen und Unschuldige hat dafür büßen lassen. Das ist ja an und für sich schon ein großes Verbrechen." „Ganz sicherlich, Herr Doktor, wenn wir ihn nur erst hätten, diesen Volontär, dann sollte er der gerechten Straft gewiß nicht entgehen." „Nur erst hätten? — Der ist doch sehr leicht zu fassen." „Freilich, wenn er in Rautenhof wäre", erwiderte Rudolf, eiligst auSschreitend, „aber er hat mit einem kühnen Griff in des Baron» Kasse das Weite gesucht und wird bereits verfolgt." „Alle Weiter, davon weiß ich ja kein Wort. — Laufen Sie nicht so schrecklich, mir geht der Atem au». Der elende Wicht, seinen Wohlthäter noch obendrein zu bestehlen. Hören Eie, Assessor, ich will nach Hause gehen, von da nach dem Gefängnis, um nach dem alten Riehl zu sehen. Die Geschichte hat mich