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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 21.09.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-189809217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-18980921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-18980921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-09
- Tag 1898-09-21
-
Monat
1898-09
-
Jahr
1898
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«ksa im Ramen de« Kirchmvorftande« dem neuen Pfarrherrn dal Gelöbni» treuer Mitarbeit ablegte mit dem Wunsche: „Gott lass« alle« wohlgelingen." — Rach Gebet und Gemeindegesang Über nahm dann der neu« Pfarrherr den Altardienst, zunächst zur Lei tung der Altarliturgie. — D«r Schristverlesung durch Herrn Psarr- »ikar Kähler über Luk. 1V, 1—10 solgte eine Motrtt«: „Lobet den Herrn" non Stein, die Herr Kirchschullehrer Hennig mit dem »ohleing«übten Kirchenchar, bestehend aut Schülern und erwachse nen Sängern und Sängerinnen aus der Gemeind«, trefflich durch führt«, im Orgelspiel in dal Hauptli«d überleit«nd, nach dessen G«sang Herr Pastor Truäl seine Fest- und Antrittäpredigt hielt. Er könne, so führte er au», kein bessere» Textwort finden, al» Hebr. 13, 8: „Jesu» Christut gestern, und heut«, und derselbige auch in Ewigkeit", denselben Spruch, mit dem er — ohne Ahnung, einst an dieser Stelle stehen zu dürfen, —vor !>/, Jahren den ihm zuer- teilten Hammerschlag auf den Grundstein begleitet habe. Herr Pastor Truöl behandelte diesen Text gleich al» Thema seiner Predigt, die er in die drei Teile gliederte: „Wir deuten diese» alte Gottes wort I) im Blick aus da« Gestern: Er war unsere Kraft; 2) im Blick aus da» Einst: Er ist unser Trost, und 3) im Blick aus da» Heute: Er sei unser Bekenntnis heute und immerdar." Der Prediger richtete Danke»- Worte an den Kirchenvorstand, an den Kirchenpatron und da» LandeSkon- sistorium, wie an jeden Einzelnen in der Gemeinde, der mitgcwirkt habe, daß ihm der Weg in da» ihm liebgewordene Wiesa zurück so leicht geebnet wurde. Wohl könne e» ihm, angesichts einer so verantwortungSreichen Aufgabe, die er vor sich sehe, bange werden, doch der Hinblick auf Jesu» Christu» werd« ihm Mut und Kraft verleihen. Er hab« in bisheriger Amtierung schon die Schwierigkeiten kennen gelernt, die sich dem Seelsorger ost entgtgenstellen, doch wolle er nicht verzagen. JesuS Christus, da« 0 und das werd« auch sein Ein und Alle» sein, eS soll der Mittelpunkt sein, in dem sich die Herzen de» Prediger» mit der Gemeinde zusammcn- findcn sollen. Je zahlreicher er die letztere um sich versammelt sehen werde, um so freudiger solle sein Wort sein und um so mächtiger dann auch wobl die Wellen, welche in die Herzen der Einzelnen eindringcn solle», Gotter Wort immer mehr in ihnen festigend. So hoffe er bei tragen zu linnen, daß ein stiller Segen hinausziehe in die Gemeinde zu einem Jeden in seiner Arbeit, sein Amt und seinen Beruf. — Herr Pastor Truil hat sich durch die Freudigkeit, welche er für die Ausübung seine» Berufe» bekundete, sicher nicht nur die Herzen seiner Gemeinde, sondern Aller gewonnen, die der begeisterten Predigt, die überdies noch durch de» Herrn Pastor Truäl» sympathisch berührende» Organ gehoben wurde, an- gehirt haben. Gemeindegesang reihte sich wieder an, worauf der älteste der an wesenden Geistlichen, Herr Pastor Fleischer-Auerswalde, den Altar dienst zur Abhaltung der Schlußliturgie übernahm und den Segen über die Festgemeinde sprach. Nachdem da» Schlußlied verklun gen, und während da» Gotkrhau» sich leerte, erklangen Glocken geläut« und Choralblasen vom Turme, weithin in die Landschast verkündend, daß die Kirchgemeinde Wiesa am ersehnten Ziele an- gelangt, die Weih« ihrer Kirche vollzogen und der erwählte Pfar- «r in sein Amt eingrwiesen war. Danach erfolgte in der Sakristei noch ein Ehrenakt für den stellvertretend«» Vorfitz«nd«n d«S Kirchenvorstande», Herrn Gemeinde- »orpand Otto von Oberwiesa, welchem in Anerkennung der be sonderen großen Opfer an Zeit, Mühen und Umsicht, welche er dem Kirchenbau entgegengebracht hat, feiten» de» hohen LandeS- konfiftorium- eine Ehrenurkunde durch den Oberkonfistorialrat Lo- tichiu» übergeben wurde. — Nachmittag» wurde in der neuen Kirche durch Herrn Pastor Hering, einst Hilftgeistlicher in Ober wiesa, jetzt Pfarrer zu Ottendorf bei Pirna, der erste Taufgotte»- dienst abgehalten. Gegen 100 Teilnehmer sanden sich mittag» nach 1 Uhr zu dem Festmahl rin, da» im Gasthof Oberwiesa vorbereitet war, und da» in seinem ganzen Verlaufe von einer feierlichen, dankes- freudigen Stimmung durchweht war — hat doch die Kirchge meinde ein Werk vollendet, an welchem 4 Jahre lang sorgen- und mühevolle Arbeit angewandt worden war! Ein langer Reigen von Tischreden belebt« di« Festtafel. Herr Ob.-Konstst.-Rat Lottchiu» lenkte die Blicke hin nach dem Thron, auf unseren König Albert, welcher stet» zu den Festen in seiner Familie di« Fürbitte und den Dank der Kirche aufrufe, und an den diese wiederum bei ihren Festen denken müsse. Er sei gleich groß al» Feldherr, der un» dauernden Frieden erworben habe, wie al» Staatsmann und Schutzherr der evangelischen Landeskirche, welch«, ob er gleich nicht zu ihr gehört, doch keinen besseren Schutz finden könne, als bei ihm. Begeistert stimmte dk Festversammlung in daS dreifach« Hoch auf Se. Maj. d«n König ein. — Herr Amtshauptmann von Soeben erhob sein GlaS auf da» hohe evan- gelisch-luth. L-nderkonfistorium und seinen anwesenden Vertreter. Herr Sup. Fischer brachte ein Hoch au» auf die Patronatsherrschaft, zu deren Grafschaft zu gehören der Stolz einer jeden Gemeinde sein könne. Herr Ob.-Konsist.-Rat LotichiuS dankte für die dem Konsistorium gewidmeten Worte und trank auf daS kräftige, lebensvolle, frische Gedeihen der Ge meinde und auf das Wohl des Kirchenvorstande». — Im weiteren Ver lauf gedachte Herr Gem.-Vorft. Höppner der Kircheninspektion, Herr Lehrer Thug der Architekten, Baumeister und Bauleute, Herr Gem.-Vorst. Otto Er führte mich au» dem Walde. Als ich beim zu heftigen Lauf fiel und mir den Fuß verletzte, trug er mich. — Das war das erst« und letzte Mal, daß ich an seinem Herzen geruht. Dennoch habe ich ihn geliebt mit ganzer Seele. — Es sind eben nur die Au»gewählkn unter den Weibern, die sich den, Manne zu eigen geben dürfen für» Leben, dem sie zuerst ihr Herz erschlossen." „Aber weshalb, Großmama, hast Du nicht treu gehalten zu ihm und Deiner Liebe?" Ihre Stimme klang fast zornig. „E» stand unserem Sehnen zu viel entgegen: der Wunsch der Eltern, zwingende Vermögensverhältnisse." „Großmama, dann hättest Tu dem Großvater sagen müssen: „Ich kann Dein Weib nicht werden, denn ich liebe einen Andern", und er wär« von selbst zurückgctreten. Was konnte eS ihm auch für Glück bringen, «ine Frau zu besitzen, deren Herz ihm nicht gehörte?" „Nein, Elfe. Er brachte dasselbe Opfer wie ich, auch er liebte eine Andere." „O, und er «ar ein Mann!" brach Elfriede entrüstet aus. „Welche Schwäch«, wie unmännlich, um dcS Gelder willen seine Lieb« opfern." „Still, Kind", sagte aber die alte Dame ernst und fuhr mit der welken Hand leise über die schwellenden Lippen deS jungen Mädchens. „Du sollst nur Gutes von ihm sprechen. Er war ein treuer Gatte und ein guter Vater. In unserer Vereinigung lag da» einzige Mittel, uns und vor allem unseren Eltern das Vermögen zu erhalten. Mein Vater stellte mir das vor. Da gab es keine Wahl." „Doch, Großmama", rief Elfriede und sprang erregt aus. „Ich hätte erwidert: Ich will mit Dir hungern, ich will sür Dich arbeiten bi» zur Erschöpfung der letzten Kraft, aber meine Liebe verraten — nein, diese« kann ich auch für einen Vater nicht. Ich will mich selbst zum Opfer bringen, aber nicht mein Herz. Und stände heute dasselbe zwischen uns, Großmama, ich müßte Dir di« gleiche Antwort geben." „Else, so spricht kein Mädchen, da- die Liebe nicht kennt." Sie senkte da« blutübergossene Antlitz auf die Brust in holder Scham. „Großmama", sagt« sie leise, „ich weiß, daß ich sterben müßte an dem Gedanken, daß ein Mann, der mich liebt und den der Sch«nkaeb«r und Herr I'. Schmidt-Euba ehrte den Kirchenvorstand und die Gemetnoeräte der Schwestergemeindrn. Kirchenoorst.-Milgl. Herr Fiedler gedachte de« Herrn Sup. Fischer und sein«« Wirken» in und für Wiesa, darnach Herr Kirchschullehrer Hennig de« neuen Seelsorger«, welcher in herzlichen Worten seinen Dank auch an dieser weltlichen Stelle aulsprach. Von auSwärt« waren an die sestseiernde Gemeinde Telegramme eingegangen, welche zur Verlesung kamen: da» de« vljährigrn einstigen Pfarrer« von Oberwiesa, Herrn 1. «m. Ziller erweckte besondere Freude. Di« ei»g«< gangene» Depeschen gaben Veranlassung zur Entsendung telegraphischer Grüße an die Herren Kirchenrat Michael zu Chemnitz, I'. em. Ziller und Kantor Dörffel, der vor wenig Jahren au« dem Dienste der Gemeind« Oberwiesa in dm Ruhestand übergetreten ist. — Roch sand sich dann zu weiteren Tischreden reichlicher Stoff: Man gedachte de» SchenkgeberS der Kanzel, Herrn Scherf in Oberwiesa, der Familie de» Herrn Ephoru« (durch Herrn Oberstleutnant König»heim), de» Herrn Sup. Fischer selbst (Herr Schulrat Dachselt). Der weltliche Vertreter de» Synodalbezirk», Herr Stadtrat Meister, gedachte der Verbindung zwischen Stadt und Land im Sinne christlicher Liebe; Herr Fischer jun. ehrte Herm Lehrer Thuß al» dm umsichtigen Festordner, der zum Wohlgelingen de« Feste» l» wesent lich beigetragen habe. Auch der früher im Pfarramt Wiesa thätig ge wesenen Hilf-geistlichen gedachte man und nicht zum mindesten zollte man auch den Damm durch ein erhobenes Gla» Ehre und Lob. Während de« Verlaufe« dieser Festtafel begann auch in den beiden Dörfern das eigentliche „Kirmerleben", denn zahlreich waren ja von au-wärt« die einstigen Ortskinder, wie auch Be sucher aus den Nachbarorten herbeigekomm«n und teilten einige Stunden fröhlichen Sein» mit den Wiesaern. — Die neue Kirche selbst, die bi« 5 Uhr geöffnet blieb, wurde von Vielen besichtigt und fand freudige Bewunderung in ihrer edlen Bauform. In der 7. Abendstunde klangen nochmals die Glocken hinaus in- Land, den Schluß de» schönen und erhebenden Festes ankün- digcnd. Wenn alle die frommen und guten Wünsche in Erfüllung gehen, welche der Fest-Ehrentag zeitigte, dann wird auch fernerhin die schmucke Kirche von einer Kirchsahrt umschlossen sein, die, dank bar für das neugeschaffene Heiligtum, eine Freude darin suchen wird, den Glauben hochzuhalten und an der neuen Stätte Gott zu ehren und seinen Worten immerdar zu folgen — zu Segen, Frieden und Freude der beiden Gemeinden! Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 20. September 1898. -j- Nun erscheint er wieder, wie alljährlich, mit aufgerollten Achselklappen, verwogen sitzender Mütze und schwankem Stöckchen, der Restrvemann, dem sich viele Hände zum Gruße freudig ent gegenstrecken. Die Manöver sind sür den Soldaten eine anstren gende Zeit, aber auch eine Periode stolzer Wochen, die ihm neben schweren körperlichen Anstrengungen auch ein gut Teil von dem bringen, was das Soldatenleben an Humor und Frohsinn zu bieten vermag. Im Manöver merkt der Soldat erst, wie es in der Welt zugeht, da spürt er des Soldatenlebens ganzen Triumph, und von den hierbei gesammelten Erlebnissen erzählt er dereinst seinen Kindern, auch seinen Kindeskindern. Aber ist dann das Manöver vorbei, dann kommt auch der schnelle Abschied vom „bunten Rock". Gemeinhin herrscht ja keine geringe Freude über die Heimkehr zu „Muttern", aber ein gewisses seltsames Gefühl läßt sich doch nicht unterdrücken. Die Jahre beim Kommiß waren keine Jahre ungetrübten Vergnügens, aber nett war es doch, schneidig! bedeutend nett sogar! Und nach einem letzten frohen Lied, nach einem letzten frischen Trunk wird nun mit der Militär laufbahn gebrochen, die späteren Dienstleistungen sind ja doch nur Intermezzi, und «S klingt überall: „Es lebe der Reservemann!" Sie kommen wieder nach Haus, die schmucken Burschen, die in den Dienstjahren beim Militär kennen gelernt haben, was Propre- tät und Schneidigkeit bedeuten. In dieser Zeit ist auch eine gute Portion Zuversicht gewonnen worden, aber wenn eS heißt: „Wo von lebt der Reservemann?" so ist die Frage nicht immer so schnell beantwortet, wie sie gestellt ist. Tausenden, besonders den Söhnen der Provinz, gewährt ein sreundliche» Geschick, ganz ge nau da wieder anzuknüpsen, wo man vor dem Eintritt ins Re giment abbrach; aber noch mehreren geht eS nicht so gut, sie müssen sich von neuem nach Lohn und Brot umsehen, mitunter kostet es sogar einen ziemlich herben Kamps um eine neue und gesicherte Existenz. Diesen letzteren wieder zu schnellerer Arbeits gelegenheit zu verhelsen, dienen die Angebote in den Zeitungen, oder die unentgeltlichen ArbeitSnach.vciSstellen für die diesen Herbst zur Entlassung kommenden Reservisten. -s Wie bereits gestern mitgeleilt, ist am 18. d. M. der Fern sprechverkehr mit Hainichen eröffnet worden. Ein gewöhnliches Gespräch zwischen Frankenberg und Hainichen, sowohl von den Sprechstellen der Hierort» angeschloffenen Teilnehmer am Retz, alt auch von d«r öffentlichen Fernsprechstelk im Postamt« au«, in d«r Dau«r von 3 Minut«» kost«t 25 Pfg. — Al» vor mehr denn 10 Jahren der Turm d«r Gtadtkirche zu Haintchen wegen Baufälligkeit bi» ziemlich zum Dachfirste abgetragen wurde, macht« sich di« Untrrbringung d«r Glock«n and«rw«it nötig und fand«» dies«lb«» Aufstellung in einem eigen» hierzu erbauten Glocken Hause auf Ottendorfer Gebiet, da» in nord östlich«! Richtung an Hainichen grenzt. Hierdurch wurd« «in Zu stand geschaffen — die Blocken außerhalb der Stadt in einem nicht gerade schön zu nennenden, au» Brettern einfach errichteten Raume —, der die Jahre hindurch wohl einzig in seiner Art dagestanden haben dürfte. In den lrtzten Tagen find nun die Glocken aus ihrer unscheinbaren Behausung wieder entfernt und dem Turme der neuer bauten Kirche einverlecht worden. — Aus dem Marktplatz zu Chemnitz ist man gegrnwärtig mit den Vorarbeiten sür die Ausstellung des Kaiser Wilhelm-, Bilmarck- und Moltke-Denkmals beschäftigt. Dasselbe kommt-be kanntlich zwischen die Jakobikirch« und da» Hotel „Zum Römischen Kaiser" zu stehen. — D«m „Freiberger Anzeiger" wird au« Hilbersdorf bei Freiberg berichtet: Am Sonntag vormittag reisten im Funkschen Gasthose zwei HandwerkSburschen zu. Einer derselben machte der Polizei die Mitteilung, sein Reisegefährte sei ein höchst verdäch tiger Mensch; er hab« wiederholt erzählt, bei dem vom Stuhl bauer Alfred Beuchel in Geringswalde bei Rochlitz begangenen Morde beteiligt gewesen zu sein. Als der Beschuldigt« d«n Verrat merkte, suchte er da» Weite mit der Eisenbahn zu erreichen, doch konnte er noch rechtzeitig gefaßt und im Arrestlokal der ArbeitS- anstalt „Hoher Hof" untergebracht werden. Er heißt Reinhardt und ist preußischer Unterthan. Die weiteren Untersuchungen wer den ergeben, inwieweit man der Sache Wahrheit beimessen kann. — Den Tod durch Verbrennen erlitt am Sonntag abend um 8 Uhr in Dre»den eine in den 70er Jahren stehende Almosen- Empsängerin Bergmann, die in einer Hinterstub« de« ersten Stock werk» im Hause Breitestraße 21 wohnte. Wie da- Unglück ent standen ist, bleibt nur eine Vermutung. Ein Brandfleck unter dem Tisch läßt eS wahrscheinlich gelten, daß dort ei» Korb ge standen hat, dessen Inhalt in Brand geraten ist. Die Flammen haben dann unbemerkt die Kleidung der Frau ergriffen, welche dann au- ihrer Stube heraus auf die Treppe gelaufen, dort aber zusammengebrochen und verschieden ist. — In der Nacht zum Montag sind in Ulbersdorf bei Sebnitz drei Bauerngüter abgebrannt. Es betrifft die« di« Guts besitzer Protze (Gemeindevorstand), Röllig und Fröde. Da- Feuer entstand in der Scheune des Gemeindevorstande-; man vermutet Brandstiftung. — In Schleinitz bei Lommatzsch bemerkte man am Sonn abend in einer Kammer des Steudeschen Wohnhauses Feuer. Mitten im dichten Rauch befand sich daS zweijährige Enkelkind der Steudeschen Eheleute, das in der Kammer eingeschloffen wor den war und wahrscheinlich Zündhölzer erlangt hatte, wodurch da- Feuer entstanden ist. Al» man durch den Rauch zu dem unglücklichen Kinde gelangte, war cs bereits erstickt. — Am Freitag stürzte in Golberode der mit dem Umdecken eines Daches beschäftigte Ziegeldecker Walther aus Kreischa durch LoSlösen einer Latte vom Dachgesimse herab und spießte sich auf dem unten befindlichen hölzernen Zaune förmlich auf. Walther, der als strebsamer nüchterner Arbeiter bekannt war, lebte nur noch eine Viertelstunde. — In Werdau wurde am Freitag der Arbeiter Schubert in einem Waschbottisch in der Wollwäscherei einer Fabrik tot auf- gesunden. Der Bedauernswerte litt an Krämpfen und ist wahr scheinlich bei einem solchen Unfall in den Bottich gefallen. — Auf der Dorfstraße in Untermarxgrün i. V. wurde die 56 Jahre alte Frau Lina Morgner von einem Geschirr über fahren, wobei das Pferd der am Boden liegenden Frau den rechten Arm zertrat. Bald darnach stellte sich der Brand und Mundstarrkrampf ein und die arme Frau verschied nach Erduldung schrecklicher Schmerzen. TageSgeschtchte. Deutsches Reich. — Kaiser Wilhelm hat sich über die bekannt«» Streikvor gänge in Spandau von der Polizeiinspektion berichten lassen. ich liebe, mich ausgeben könnte sür irgend etwas in der Welt." Da näherten sich schnelle Schritte auf dem Kieswege, der um da- HauS führte, und gleich darauf ries Frau Martha Eschen- bachs atemlose Stimme zu den Beiden hinauf: „Guten Tag, Tante Tondern! Gut, daß ich Sie gleich hier kesse, und Dich, Friedchen. Ihr seid doch gut nach Hause gekommen? Ja? DaS freut mich. Mein Gott, wie aufgeregt ich bin!" Damit war sie die Stufen heraufgestiegen und ließ sich auf einen Stuhl sinken. „Denken Sie, Tank Tondern", fuhr sic aber fort, sobald sie wieder zu Atem gekommen, „gestern nachmittag waren mehrere Briese sür mich eingelaufen. Ich hatte jedoch keine Zeit, sie zu lesen. DeS Abend» lese ich grundsätzlich nie etwas andere-, al- religiöse Betrachtungen oder einen Missionsbericht. So nahm ich denn die Briefe erst heute morgen vor. ES war einer von dem DiakonuS auS F. darunter. Ich habe ihn mitgebracht. Da ist er. O, eS ist empörend, alle meine Menschenkenntnis dermaßen zu täuschen. Aber wartet, ich will Euch den Brief vorlesen. Eie werden meine Entrüstung kilen, Tante Tondern, und Du, Friedchen!" Damit schlug sie daS Bricsblatt auseinander und be gann zu lesen: „Meine werte, vielgeliebte Freundin, meine hoch geehrte Frau Eschenbach! Ihren geschätzten Bries hab« ich erhalten und sofort die Lücken in meiner Kenntnis des Leben» jene« Herm Roland Brixen, weiland Professor» an der Universität zu K-, auSzusüllen gesucht. AIS wahrer Seelsorger, an den Ek sich ver trauend wenden mögen in jeder Stunde der Ungewißheit und de» Zweifels, rufe ich Ihnen jetzt ein ernstes Mahnwort zu: Hüter, Sie die Seele Ihre» Kinde-, sowie all derer, die Ihnen nahe stehen, vor dem Einfluß jenes Manne», denn er ist ein Atheist. Wir sind al» Knaben vielfach zusammen gewesen. Wir stammen au» derselben kleinen Stadt. Schon damal», in zarter Jugend, fand er Vergnügen daran, seinen L«hr«r zu hintergehen. Wie ost hat er die Vergehen seiner Mitschüler auf sich genommen und den Unwissenden ihre Arbeiten angefertigt, nur um sie den gerechten und heilsamen Strafen d«r Lehrer zu entziehen. Diese Lust an der Lüge, die sich durch diese kleinen Züge schon srüh verriet, hat ihn nicht verlaffen bi» in» Mannc»alkr. Wir machten zu gleicher Zeit unsere Examina, beide Theologen. Nicht lange, so erschien «in Werk von ihm: „Zur Reform de» Religion-- Unterricht» in Schule und HauS", daS verwerflichen Panthei»muS predigte. Dennoch übertrug man ihm bald darauf da- Amt, welche» ich jetzt alt treuer Seelsorger verwalk. Abermalt sollte er befördert werden, da erschien —" Da fuhr der Wind durch die Weinranken, welche da» Spalier am Hause überzogen, und trieb der L«smden ein Sandkorn in die Augen. , „Bitte, Friedchen, lies Du weiter," bat sie, dk thränenden Augen reibend. Elfriede nahm hastig den Pries und fuhr sort: „Da erschien ein neues Buch von ihm, in welchem er unter dem Deckmantel des historischen Werke», unter einem bunten Gemisch von Heiden tum und Christentum, allerlei atheistische Lehr«» zu verbreikn strebte. Ich verfehlk nicht, an geeigneter Stelle darauf aufmerk sam zu machen. E» gelang mir, nicht nur seine Beförderung zu hintertreiben, sondern auch e» m kurzer Zeit dahin zu bringen, daß er, da er die weist» Mahnworte seiner Vorgesetzten nicht er tragen konnte, freiwillig sein Amt niederlegk. Er war damit zugleich brotlos, denn er besaß kein Vermögen. DK» wäre eine gerecht« Skafe für ihn gewesen. Unbegreislicherwcise wurde ihm aber kurz nach seinem Au-tritte auS dem Amte eine soeben er ledigte Professur an der Universität K. angetra-en, dk er sich natürlich nicht zweimal bieten ließ. E» läßt sich dk» nur dadurch erklären, daß er durch seine einnehmende Persönlichkett und hinter listige Freundlichkeit Freunde zu gewinnen gewußt hat. Erscheinen Lüge und Laster doch meist im gleißenden schönen G«wand«." „Schändlich, schändlich," rief Elfriede empört und stampfk mit dem kleinen Fuß. „Ja, schändlich", stimmte Martha «in, „daß er auch un» so hat täuschen können. Und ich hatte wirklich Sympathie gefaßt für diesen Professor. Aber nach Feldheim soll er mir nicht mehr kommen. Doch lie» nur erst zu Ende, Friedchen." „Genug dieser Verleumdung", rief aber da» junge Mädchen und ballte da« Briesblatt in ihren Händen zusammen. „O, dieser falsche, schändliche Verräter, der e« wagt, in dieser Weist über einen Mann zu sprechen, der hoch über ihm skht." Damit schleuderk sie den Brief weit fort, hinab in den Garten. (Fortsetzung folgt.)
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