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57. Jahrgang Mittwock, -en 2B September L8S8 21» o Bezirks - Anzeiger Amtsblatt der Königlichen Amtshanptmannschaf^M des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg Vcrantwortlichcr Redakteur: Ernst Ryberg in Frankenberg I. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Nostberg In Frankenberg I. Sa. A»s««t-Ke-ühre»r Einspaltig« Petit-Zeile oder deren Raum 10 Ps.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.; „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich Lü Ps. — Komplizierte Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat SüPs.extra berechnet »rschetnt tt«a4 . mit Ausnahme der Sann- und Festtage, abends sür den sol- g-nd-n Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps., monatlich bO Ps., Einzelnummer bPs. Bestellungen werden In unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestelle», sowie allen Postanstalten angenommen. Die Httvch-enreinde Gbev- «nd beging gestern, Montag, den 19. September, den in diesen Spalten mehrfach erwähnten Festtag der Weihe ihrer neuerbauten Kirche, di« auf den Platz des abgebrochenen alten unscheinbaren Kirchlein« in größerem Maße errichtet, nun fertig geworden ist und in ihrer schmucken Bauform nicht nur einen Stolz und Freude der Doppel, gemeinde Wiesa bildet, sondem auch den alltäglich mit der Bahn das Dorf Oberwiesa durchfahrenden tausenden von Paffanten ein liebliches und freundliches Bild zeigt. Am vorgestrigen Sonntag fanden sowohl in der Schule von Oberwiesa, wie in der von Niederwiesa, die seit 1>/, Jahren (während der Bauzeit) interimistisch den kirchlichen Zwecken dienen mußten, nochmalig Lesegottesdienst, gehalten durch die dirigierenden Lehrer beider Ort«, statt. — Abends 6 Uhr erklang das Geläute der alten Glocken, den bevorstehenden Ehren- und Festtag Wiesa» ankündrnd. Gestern, Montag, früh zeigte sich Ober- und Niederwiesa im Schmuck von Blumengewinden und Flaggen, der namentlich in Oberwiesa an der vom geplanten Festzug berührten Strecke beson der- reichlich war; vielfach überkreuzten Guirlanden die Straße. Ein leichter niedergehender Regm wollte das Fest in seinem äu ßeren Verlaus bedrohen und die Stellung des Festzugs erschweren, doch bald konnten die Schirme wieder geschloffen werden und planmäßig traten die vielen Festteilnehmer in den in diesen Spal ten schon erwähnten vielfachen Gruppen in der Nähe deS Gasthofs Oberwiesa zum gemeinsamen Gang in das neue Gotteshaus zu- sammen. Nachdem in die Mitte des Zuges der Kirchenpatron, Herr Oberhofmarschall Graf Vitzthum auf Lichtenwalde, der Vertreter deS hohen Landeskonsistoriums, Herr Oberkonfistorialrat Lotichius aus Dresden, die Herren Amtshauptleute von Loeben zu Flöha und Frhr. von Teubern, jetzt zu Pirna, femer die Herren Sup. Fischer, Schulrat Dachselt und Bezirkskommandeur Königsheim aus Chemnitz, sowie die bisherige und neue Geistlichkeit von Oberwiesa und gegen 30 Geistliche aus näherer und fernerer Um gebung, welche die Altargeräte für die neue Kirche trugen, einge treten waren, setzte sich der imposante Fcstzug in Bewegung, be gleitet von der in zwei Teilen eingereihten Lippoldtschen Kapelle auS Chemnitz, deren vielseitige Leistungen das Fest in allen seinen Teilen wesentlich hoben. DaS alte, ewig frische Luther- und Glau benslied „Ein feste Burg" und das Geläute der im Friedhof ausgestellten alten Glocken waren die Klänge, unter denen sich die Festgemeind« nach dem Gotteshaus? begab. Kurz vorm Ein treffen vor der Pforte desselben trat neuer Regen ein, der der Gemeinde ein gutes Omen sein mag: „Regen bringt Segen" sagt ja der VolkSmund gern bei wichtigen Abschnitten im Leben. Vor dem Hauptportal erklang unter Posaunenklängen das kurz« Lied „Thut mir auf di« schöne Pforte", woraus der den Bau leitende Herr Architekt Reuter aus Dresden den von Frl. Langer im Feftzug auf einem Kiffen getragenen Kirchenschlüssel übernahm und denselben mit dem Wunsche, „daß die Kirche stets dienen möge der Gemeinde zum Trost, zur Freude und Segen, Gott aber zu Ehren" dem Vertreter des Kirchenregimcntes, Herrn Oberkonfistorialrat LotichiuS, übergab, welcher unter frommen Wün schen dann den Schlüssel dem Herrn Kirchenpatron Grafen Vitzthum reichte, der ihn unter kurzem Segensspruch für Kirche und Gemeinde dem Herrn Sup. Fischer weitergab, welcher seiner seits nun die Pforte öffnete und den Bau im Namen deS drei einigen Gottes seiner Bestimmung übergab. — Die Festteilneh ¬ mer Katen ein in das schmucke Gotteshaus, dessen würdige Aus stattung die Blicke aller erfreute und in kurzer Zeit war das Gotteshaus gefüllt: auf dem Altarplatz nahmen die Ehrengäste und die Geistlichkeit Platz, das linke Schiff war zunächst für die Frauen bestimmt und so hatten sich dort u. a. die Gemahlin des Kirchenpatrons, Frau Gräfin Vitzthum, die Damen der Ehren gäste und Geistlichen, wie auch die der Kirchenvorstands- und Ge meinderatsmitglieder niedergelaffen; daS rechte Schiff füllten Männer aller Berufskreise von Wiesa und Umgebung, die Emporen faßten die Vereine w., das Orgelchor die Lehrerschaft, dar Mufikchor und die Sänger ... die beiläufig 750 Sitzplätze reichten nicht auS und vielfach standen in den Gängen noch andächtige Hörer. Aus die innere Ausstattung gehen wir später einmal besonders ein. Aller Augen richteten sich nach dem Altar, der nach den bunten sinnreichen Glasmalereifenstern hin durch eine große erhebende Kreuzigungsgruppe gekrönt wird, die in blendendem Weiß sich wirkungsvoll von dem dunkleren Hintergrund abhebt. Nach Gemeindegesängen unter Posaunenbegleitung vollzog der Herr Sup. Fischer, der sich als früherer Pfarrer von Oberwiesa die Leitung der Kirchenbauangelegenheiten bis zur Vollendung des Werkes vorbehalten hatte, die Weihe. Er führte etwa folgen des aus: Dank sei Gott und Freude der Gemeinde! Die letztere habe sich wohl kümmerlich behelfen müssen, seit vor 1'/, Jahren da« unzureichende Kirchlein abgebrochen wurde. Seien inzwischen auch Stätten dagewesen, an denen sich die Gemeinde zum Gottesdienste zusammcngefunden, so sei doch da« Gebet im GotteShause wohl zu vermissen gewesen. Die Teil nahme der Gemeinde am Fortschrcitcn des Baue« sei eine gar rege ge wesen und habe erkennen lasten, wie allen die Errichtung der neuen Kirche am Herzen gelegen habe. Besondere Anerkennung zollte der Redner den Mitgliedern de« Airch-nvorstand-S, die in treuer, fleißiger und gewissen hafter, dabei einträchtiger Weise willig mitgearbcitet haben an dem großen Werke, dessen Durchführung ihm eine liebe Erinnerung durch alle Zeiten bleiben werde. Wie so manche« Gemeindemitglted, so habe auch ein Kir- chenvorstandSmitglied, da» von der Stund- der Grundsteinlegung an mit vielem Interesse den Bau verfolgt, dessen Vollendung nicht erlebt. Die unschönen, schon trümmerhasten Friedhofsmauern, die ungepflegten Gräber seien beseitigt, und mitten im frcigcwordencn Friedhöfe stehe die neue Kirche da, die mit Recht al» ein Schmuckkästchen bezeichnet werde. DaS Werk lobt den Meister; die Kunst habe Hervorragende« geleistet, sodaß mit Recht zu sagen sei: „Wie lieblich sind Deine Wohnungen, o Herr!" Hehre Gestalten der Bibel, voran Christus, die Evangelisten, die Apostel, die GlaubenShelden Luther und Melanchthon, in Figur und Bild angebracht an den Wänden, den Decken, den Fenstern, zieren die Kirche und weisen hin aus da« Erhabene unseres Glaubens. Ja, „die Kunst hat gebaut, die Liebe hat geschmückt", zahlreich seien die freiwilligen Beihilfen und Ange binde, die vom Hohen Konsistorium, von Gemcindegliedern ic. gestiftet worden sind: sie alle mahnen zum Dank an die fröhlichen Schcnkgebcr wie gegen Gott selbst. Wenn überm Hauptportal stehe: „Der Herr ist nahe" unv Gott auch einem jeden Einzelnen in seinem Hause und Käminerlein nahe sei, so soll doch besonders dies HauS dem gütigen Vater geweiht fein. ES möge wie jm alten HauS, so auch in der neuen Kirche Gott sich freundlich zu unS neigen. ES solle Gottes Wort lauter und rein gc- lehrct werden und durch die Glocken, die Orgel, die Kanzel, den Altar und den Tausstcin Segen hinausströmcn — Segen für alle, die mit An dacht sich der heiligen Stätte nahen, Segen in da« HauS und das Leben in der Gemeinde. Gott möge verhüten, daß die Kirche der Gemeinde et wa« „AlteS und Uebcrlebtcs" werde, um des guten Rufes willen, der die Kirchfahrt Wiesa stets ausgezeichnet habe. Lieb und wert deS inneren Wertes wegen fall die Kirche allen werden, nicht ein bloßes Schauwcrk, daS man mit Stolz einmal zeige, sondern eine Stätte, welche den re ligiösen Sinn hebe, die Lassen und Trägen ausmuntere und aufrüttele — ein gedenk dessen, daß die irdische Kirche ein Vorhof sein solle zur himmlischen Heimat über uns! Nach Dank für die reichen Gaben stellte der Herr EphoruS unter inbrünstigem Gebet das vollendete Werk unter Gottes Schutz und Segen und in den Dienst Gottes und seiner Kirche. Lautlose Ruhe folgte dem Weihegebet, unterbrochen vom Ge läute der neuen Glocken, die bisher nur probeweise geläutet wor den waren, aber noch nicht mit ihren Tönen dem Gottesdienste gedient hatten. „Nun danket alle Gott" erklang damach von der andächtigen Gemeinde, worauf Herr Oberkonfistorialrat Lotichius namens des hohen Konsistoriums und der Landeskirche d«r Kirch fahrt Wiesa Gruß und Segenswunsch zu dem bedeutsamen Doppel fest aussprach. An hoher Stelle habe man mit «armem Anteil »erfolgt, wie die Gemeinde willig die Hohm Lasten auf sich ge nommen und die berufenen Vertreter hingebende Mitarbeit geleistet haben unter der Leitung ihres bisherigen Pfarrer» und EphoruS. Künstlern, Werkmeistem und allen am Bau beschäftigten Arbeitern, wie auch den edlen Schenkgebern sprach er warme Anerkennung auS und lenkte dann die Worte hin auf Gott, der durch Men schenhand das schöne Werk erstehen ließ, da- — wie es auf un verändertem Platze neu erstanden ist, von selbst mahnt: Haltet Ihr, wie die nachfolgenden Geschlechter unentwegt fest am alten Glauben, und laßt da» neugeschaffene Heiligtum daS unverbrüch liche Gelübde sein, die- zu thun; dann wird auch Gottes Segm in der Gemeinde bleiben. Dem Gemeindegesang „Lob, Ehr und Preis sei dir" folgte die zweite Haupthandlung der Festtage»: die Einweisung de» neuen OrtSpfarrerS, Herrn Pastor «Iss. Truöl. Herr Sup. Fischer sprach zuvörderst dem mitanwesenden Herm Pfarrvikar Köhler Anerkennung und Dank aus für die durch 11 Monate hindurch der Gemeinde erwiesen« treue Ausübung der Seelsorge und führte dann auS, wie der neugewählte Herr Pfarrer kein Neuling s«i, denn vor seiner Berufung in daS zuletzt innegehabte Amt eines 2. Diakonus zu St. Nikolai in Chemnitz habe er 14 Monate als EphoralhilfSgeistlicher gewirkt und sei hierbei der Gemeinde Ober- und Niederwiesa nahe getreten und hab« die Liebe und daS Verträum der Kirchfahrt in einer solchen Weise gewonnen, daß es der allgemeine Wunsch längst gewesen sei, Herm Truöl dauernd als Pfarrer in ihrer Mitte zu haben — ein Wunsch, dm auch der Herr Kirchenpatron in entgegenkommender W«ise «füllt hab«. — Di« üblich« Verlesung des Lebenslaufe» erfolgte durch Herm Stiftspfarrer Jäßing-Eber-dorf, worauf dann der Herr Oberhof marschall Graf Vitzthum dem erwählten Pfarrherm die Berufungs- Urkunde überreichte, mit dem herzlichsten Wunsche, daß allezeit Gotte- reichster Segen auf des Herrn Pastor TruölS AmtSthätig- keit mhen möchte. In der eigentlichen Einweisung««-- bekundete Herr Sup. Fischer, daß er es als eine liebe Aufgabe betrachte, der Gemeinde gerade diesen Nachfolger -inzuweiscn, dem daS Vertrauen schon vorher In so reichem Maße entgegcngebracht worden ist und dessen Treue im Amt und Beruf er so gut kennen gelernt habe. Er ermahnte d-n jüngeren AmtSbruder auch für femer zu treuer Arbeit im Herm. Wenn auch di- neuere Zeit so viele Schwierigkeiten in dm Weg lege und ost geeignet sei, Arbeitslust und Schaffensfreudigkeit zu lähmen, so möge der Hinblick auf di- im neum Bau bildlich zu findenden Zeugen der Kirche: di- «post-l, di« Evangelisten und Reformator-» ihm doch immer neue Kraft und neum Mut verleihen, zu sein -in Hüter, daß der Glaube treu gepflegt werde und eine reine Lehre in Gott und Christo ausgestreut werde. Er, der Herr EphoruS, sei der guten Zuversicht, daß sein Nachfolger sich bemühen werde, in er- probten gutm Gleisen vorwärts zu arbeiten, wie er auch stet» seinen Bei- stand gcwährm werde, wmn eS güt, manches gute und fördersame Werk neu InS Leben zu msen. In der Zett der Zerklüftung solle der Herr Pastor daraus bedacht sein, die Zerstreuten und Schwankenden zu sammeln und zu festigen im Glauben. Wenn alle» die« erstrebt werde, werde auch Gott seine Hilf- nicht fehlen lassen und die Seelsorgcrarbcit -ine gesegnete sein. — Nachvem der Herr Pastor Truöl daS Gelübde treuer Amtserfüllung abgelegt hatte, bestätigte ihn Herr Sup. Fischer als dm erwählten Pfarrer und gab ihm di- Gemeinde in seelsorgerische Obhut. Der feierlich- Verpflichtungsakt schloß mit SegenSsprüchen für Herrn Pastor Truöl durch dessen Schwager, Henn Pastor Jennis in Bertsdorf, und durch Henn Pastor Jäßing als Amtsnachbar und Beichtvater, worauf Herr Gemeindevorstand Höppner-Nieder- Kiola tricolor. ' 7. Forlfttzung. ' (Nachdruck verSoNn.) Elfriede hatte gesehen, wie Blanka, von ihrer Mutter abge rufen, auf einem Sritenpfade davongeeilt war. Roland lehnte nun oben in dem Laubgange an einem Stamm. Sobald Franz fi« verlassen hatte, kam er ihr mit schnellen Schritten entgegen. Er «griff ihre beiden Hände. „Elfe, ich danke Dir, daß Du mir noch einen Augenblick schenken willst. Ich habe Dir so unendlich viel zu sagen." „Herr Professor," mahnte Elftiede. „Rein, nein," rief « aber fast heftig. Etinnere mich jetzt nicht an da« draußen. Laß mich träumen, wir seien allein in meinem Walde und « umschlöffe die Welt. — Wie einsam ist er, seit ich sein« Elfe »«gebens darin suche und ermatte." „Herr Professor, wir sind aber jetzt in einer anderen Welt. Und diese Welt hat sehr schärft Ohren und Augen und noch schärfere Zungen." „Nun wohl," entgegnet« « und ließ ihre Hände frei: „So wird Fräulein T«nd«n anhören müssen, was ich meiner Elfe zu sagen habe." Da kam Franz zurück. „Wied« vorbei," sagte Roland zornig. „Wann werd« ich Sie rinmal ruhig sprechen können?" „Kommen Sie nach Rohrbeck," entgegnest Elfe. Gleich darauf nahm sie dankend dir Rosen von Franz entgegen und legst ihre Hand auf seinen Arm, um sich dem Hause zuführen zu lassen. Al» sie unter den Bäumen hervortrat«,, kam ihnen Blanka entgegen. Sie trug eine bunt« Füll« von Blumen in dem leicht aufgerafftrn Kleid«. „Die Herren müssen sich alle schmücken, eh« wir zu Tische gehen," rief sie und hielt die Blüten Roland Brixen entgegen. „Ta, Herr Professor, suchen Sie sich Ihr« Lieblingsblume aus." Er schaute auf die duftige Fülle nieder. „O, die ist nicht dabei," sagte er dann. „Nicht? So haben Sie wohl ein« j«ner exotischen Pflanzen zu ihrem Liebling gewählt? Etwa eine Lotosblume oder Viktoria regia? Die kann ich Ihnen freilich nicht bieten." „Nein. Mein Liebling unter den Blumen ist die Viola tri color. Ich sah sie freilich nur einmal in voller Schönheit blühen in einem hohlen Lindenbaum. Es war ein duftig Bild voll Poesie und Glanz." Elfriede, die sich, während er sprach, tief über Blanka- Blumen gebeugt hotte, um eine sür Franz auszuwählen, richtete sich nun auf und warf heiter ein: „Man hört auS Ihren Worten stets den Dichter heraus, He« Professor. Wahrlich, eS gehören Dichteraugen dazu, dem sehr simplen Bilde -ine- Stiefmütterchens in «nein hohlen Baume eine poetische Seite abzugewinnen." „Ach, Stiefmütterchen meinen Sie?" fragst Blanka. „Dott drüben ist ein ganzes Beet voll. Kommen Sie, da können Sie sich selbst pflücken, welche Ihnen am besten gefallen." Damit schüttelte sie ihr« Blumen aus den Rasen und zog den Professor mit sich fort. Elfriede schmückst Franz während dieser Zeit. Nun trat auch Max von Bingen heran und sagte mit einem herausfordernden Blick aus Franz: „Gnädige- Fräulein, da doch niemand ohne De koration in da« Hau- gelassen wird, so bitte ich auch um eine duftige Spende. Möchte mich von keinen andern, al» von Ihren zarten Hänochen schmücken lassen." Lachend willfahrst Elfried«. Al» si« wieder aufblickte, stand Roland neben ihr. Er deutete auf die Blumen im Knopfloch und sagte mit tiefem Blick: „Mein Liebling, Viola tricolor!" * * * Am nächsten Morgen saßen Großmama und Enkelin zusammen auf der Veranda. Ihr Frühstück war beendet und mit einem Seufzer der Erleichterung legte Elfriede di« Zeitung nieder, deren Lektüre sie soeben beendet. „So, Großmama", rief sie heiter, „nun kann ich doch wieder etwas Vernünftiges mit Dir sprechen." „Ich bin sehr neugierig auf Deine Vernunft, Elfe." „Sage einmal, Großmama, wie hast Du denn Großvater kennen gelernt?" Ueber die Züge der alten Dame glitt ein Lächeln. Also hatte sie richtig gesehen, daß in dem Herzen ihrer Elfe etwa- vorge gangen. „Ich kannte ihn schon als Kind. Unsere Familien lebtm in vertrautem Verkehr, so lange ich denken kann." „Du hast ihn sehr geliebt?" „Nein, Kind. Als ich sein Weib wurde, fühlte ich nichts als Hochachtung für ihn. Lieben lernte ich ihn erst nach langen Jahren." „So hast Du als Mädchen nie geliebt, Großmama?" „Doch, Elfe, heiß und innig!" Ein träumerischer JuHend- glanz dämmerte in den Augen der jungen Dame auf, als sic "nun, in Sinnen verloren, in die Ferne schaute. „ES war auf ein« Reise nach Tirol. Ich war von dem Wege ab weiter in den Wald gegangen, hatte mich so von der Gesellschaft getrennt und endlich »«int. Als ich mich nicht mehr auf den Pfad zurückfand, auch mein Rufen nur vom Echo beantwortet wurde, fing ich an, mich zu ängstigen, da der Abend schon herein zu brechen begann. Da kam er — groß und schlank mit offenen, heiteren Zügen.