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Sonnabend, -en 2«. August L8S8 57. Jahrgang Hrs4«t»t tägNch mit Ausnahme der Sonu-und Festtage, abends für deß sol- genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Pst, monatlich 50 Pst, Einzelnummer bPs. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstalten angenommen. Auserat-Kebühre«! Einspaltige Petit-Zeile oder deren Raum lOPst; im amtlichen Teile pro Zeile ItOPs.; „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich 25 Ps. — komplizierte Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerte» - Annahme werden pro Inserat 25Ps.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Rostberg in Frankenberg I. Sa. — Druck und Verlag von E. K. Nostberg in Frankenberg I. Sa. Militäreinquartierung. Auf dem Marsche in das Manövergelände treffen die in Frankenberg zu verquartierenden Truppen in der Stärke von 63 Offizieren und 1SS6 Mann mit 6S Pferden am 26. August dieses Jahres hier ein und verbleiben hier bis zum nächsten Tage früh. Diesen Truppen und zwar Unteroffizieren und Soldaten (mit Ausnahme der Offiziere) ist ebenso wie den Lags vorher eintreffenden Onartiermachern Volle Verpflegung Mit Vrod zu gewähren. Diese Verpflegung wird den Quartierwirthen auf einen Tag mit 80 Pfennigen, sowie 8 Pfennigen Servisgeld pro Kopf vergütet. Im Allgemeinen soll sich hierbei der Soldat mit der Mahlzeit des Quartiergebers begnügen, um jedoch Beeinträchtigungen, sowie übermäßigen Forderungen vorzubeugen, ist die zu verabreichende Verpflegung auf 250 Gramm Fleisch — Rohgewicht — Zugemüse und Salz, soviel zu einer Mittags und Abendmahlzeit gehört, und daS für einen Tag erforderliche Brod bis zu 1000 Gramm festgesetzt worden. Frühstück und Getränk (außer der Kaffeeportion) hat der Soldat von seinem Wirthe nicht zu fordern. Die vollständige Beköstigung muß dem Soldaten aber selbst dann verabreicht werden, wenn er zu später Tageszeit im Quartier cintrifft. Die Offiziere erhalten gegen Gewährung des geordneten Vergütungssatzes Morgenkost im Quartier. Für die Einjahrig-Freiwilligen wird die Verpflegung nicht vergütet, letztere ist viel mehr vom Empfänger selbst zu zahlen, sobald solches vom Ouarticrwirth etwa verlangt werden wollte. Fouragebedarf für die Pferde ist am 26. August d. Js. bei dem Lieferanten Herrn Stadtgutsbesitzer Naumann, Chemnitzer Straße 4, abzuholen. Die Pferdewärter find hieraus besonders hinzuwcisen. Die zu erwartende Einquartierung wird den Quartierwirthen in den nächsten Tagen durch die Schutzleute ««gemeldet werden. Zur Vermeidung, von Weiterungen werden die Quartierwirthe noch auf folgende Bestimmungen des hiesigen" Einquartierungsregulativs aufmerksam gemacht: Eigenmächtiges Ausquartieren ist Jedermann Verbote«. Nur mit recht zeitig — im vorliegenden Falle bis spätestens 20. August d. I. an Rathrstelle, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 3 — cinzuholcnder Genehmigung des Einquartierungsausschusses ist es Quartierträgern gestattet, die ihnen zugetheilten Mannschaften auszulegen, es bleibt jedoch dabei der Auslegende, welcher nebst den Belegten auf dem Quarticrzettel namhaft zu machen ist, für die gebührende Leistung Verantwortlich. Wird Seiten des EinquartierungSauSschuffeS eine beabsichtigte Ausquartierung zurückgewiesen, so ist gegen die betreffende Versügung eine Berufung nicht zulässig. Wenn der Quartierpflichtige seinen Verpflichtungen nachzukommen sich weigert oder sie thatsächlich nicht erfüllt, sowie wenn ein solcher abwesend und seine Wohnung oder sonstiger Quartierraum nicht zugänglich ist oder wenn er Einquartierung nicht erhalten darf, so ist der EinquartierungSauSschuß ermächtigt und bez. verpflichtet, die Einquartierung auf Kosten des betr. Quartier gebers unterzubriugen. Jeder, welcher Einquartierung erhält, ist verbunden, die ausgefertigte QuartieravWeifUNg dem Einquartierten alsbald abznfordern, da nur der Besitz dieser Anweisung zur Erhebung der Vergütungssätze berechtigt. Die Auszahlung der letzteren erfolgt nur an die Onar» lierpflichtigen, mithin nicht an solche Personen, welche im Auftrage des Quartierpflichtigen die be treffenden Soldaten in Quartier und Pflege genommen haben. Frankenberg, am 15. August 1898. Des Stadtraths dafelbst Einquartieruugsausfchuß. ' Stadtrath Zum Friedensschluß zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten. Dieser Friedensschluß ist eine große historische Thatsache, viel leicht größer noch in seinen späteren Folgen, als in seiner jetzigen Bedeutung. Er macht dem Reiche Karls V., in dem die Sonne nicht unterging, ein Ende. 400 Jahre, nachdem Spanien Amerika entdeckte und seine dortige Alleinherrschaft gründete, mußte es die letzten Inseln verlassen und seine Flagge in den Gewässern West indiens cinziehen. Am 4. Mai 1494 zog Papst Alexander VI. in seiner Bulle „Inter cetera" den berühmten Strich vom Nord pol zum Südpol und teilte di- Erde unter die Spanier und Portugiesen, die getreuesten Stützen des Papsttums. Westlich vom Strich sollte alles den Spaniern, östlich alles den Portugiesen gehören, und zwar „aus ewig". Kein anderer Mensch, so hieß eS in der Bulle, solle sich erdreisten, bei Strafe der Exkommuni kation, diese Gebiete auch nur zu betreten, „sei es um Handel zu treiben, sei eS aus irgend welchem anderen Grunde". Alexander VI. war einer der lasterhaftesten Menschen, die je einen Thron ver- unziert haben, aber nach katholischer Lehre besaß er doch die rich tige päpstliche Autorität, und so war er zu seiner Teilung vom kirchlichen Standpunkt auS berechtigt. Freilich, die Weltgeschichte richtet sich nicht nach päpstlichen Bullen, sie geht ihre besonderen Wege und folgt eigenen Gesetzen. Im Anfang allerdings hatten di« Spanier Erfolg, und sie bestanden auch streng auf die durch Et« KStf-l. Roman von Emilie Heinrichs. 1S. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Am nächsten Tage durchlief das Gerücht die Stadt, daß der Assessor Steinmann die Untersuchung in der Riehlschen Sache ab gegeben und seine Vaterstadt bereits wieder verlaffen habe und vaß ein fremder, also völlig unparteiischer Beamter die Untcr- „suchung fortsetzen werde. „Er ist schon hier, meine Frau hat ihn gesehen", sagte der Riemer, als nach Feierabend die ehrsamen Handwerker wieder vor den HauSthüren saßen, „der wird ihn anders anpackep als der Herr Steinmann, welcher den alten Freund wohl am liebsten herauSgebissen hätte. Ich sage nur soviel, daß die Geschichte nun klipp und klar ist, weil unser Herr Assessor sozusagen auSgeriffcn ist und damit basta!" „Thut Euch nur nicht so groß mit Eurer Weisheit, Nach bar!" hüstelte der alt« Schuhflicker Weide, „denn wenn die ganze Welt und da» Gericht dazu es sagen thäte, daß Herr Riehl eS gethan hat, so sag- ich doch nein und wieder nein. Kann mir schon denken, warum der Herr Steinmann die Geschichte abgegeben hat, Nachbarn, weil keine Ehre für ihn dabei zu holen ist, denn warum nicht? Weil er eS einsieht, daß Herr Riehl unschuldig ist und er ihn doch nicht freilassen kann. Nun ist der andere gekommen, der den armen, allen Herrn am Ende noch verrückt machen wird mit seinen Kreuz- und Querfragen." „Da habt Ihr sozusagen den Nagel auf den Kopf getroffen, Vater Weide!" rief der Schneider Braun, „obschon ich nicht be haupten will, daß er eS nicht gethan haben kann. Ich nehme sozusagen an, daß er justement, al» der Junge wider seinen Willen, denn eS war ihm von seinem Großvater streng verboten, nach der Schlucht lief» vor Wut einen RaptuS kriegt«, ihn bei d«r Kehl« packt« und würgte, bi» er tot war. Ich nehme da» sozusagen an, Nachbarn, denn man hat dergleichen schon ge habt —" „Ganz recht", fiel der Riemer, welcher schon verschiedentliche die Bulle ihnen verliehenen Rechte, indem fie jeden fremden Seemann, der sich ohne ihre Erlaubnis auf den Atlantischen Ozean wagte, entweder auf der Stelle totschlugen, oder der Inquisition überlieferten, wenn sie ihn fassen konnten. Aber allmählich wurden die fremden Seeleute immer zahlreicher und endlich auch stärker als die Spanier, und im Kolonialreiche der Spanier selbst saß der Wurm, der den ganzen Bau zerfraß und ihn schließlich zu Falle brachte. Ungeheuer war das Gebiet der spanischen Kolonialmacht; sie umfaßte zu Zellen auch den portugiesischen Besitz, da Spanien und Portugal unter einer Herrschaft standen. Philipp II. besaß bei seinem Tode ein Reich von etwa 25 Millionen Quadratkilo meter, also größer als das römische Weltreich, und ungefähr so groß wie das heutige Großbritannien samt allen seinen Kolonien. Was ist von diesem Weltreiche heute noch übrig? Außer dem Mutterlands nur noch ein paar kleine Inseln: die Balearen, Ka rolinen, Marianen, Fernando Po und die Kanarischen Inseln, so wenig, daß Spanien als Kolonialmacht nicht mehr in Betracht kommt. Da außerdem Spaniens Flotte vernichtet ist und die Mittel zu einem Neubau der Flotte nicht vorhanden sind, so ist der Friedensschluß gleichbedeutend mit der Verabschiedung Spaniens auch als Seemacht. Wie und warum dies alles so gekommen ist, das steht auf den Blättern der Geschichte klar verzeichnet. Di« Spanier haben wohl zu erobern, aber nicht zu erhalten, fördern und entwickeln verstanden. Ihre Herrschaft war eine ausschließliche Ausbeutung, Anläufe zum Sprechen gemacht hatte, hastig ein, „das war dazu mal, als ich in Nürnberg arbeitete, da war eine Frau, die ihre vier Kinder irgendwo aus purem Hochmut umgcbracht hatte, und was geschah? Ihr Verteidiger wies nach, daß sie verrückt war, da steckte man sie in ein Tollhaus, was di« ganze Welt für eine große Sünde hielt, weil eine Mörderin auf das Schafott gehört, und das von Rechtswegen." „Sprecht nicht so unchristlich", sagte der alte Weide, „ein armer Mensch, der seine Vernunft nicht beieinander hat, kann nicht für sein Thun und Handeln bestraft werden. Das war in alten Zeiten so, aber nun, Gott sei gelobt, nicht mehr. Und so viel steht fest, wenn Herr Riehl cs wirklich gethan hoben sollte, was ich damit noch lange nicht zugeben will, dann hat er cs ohne Vernunft und ohne Besinnung gethan und kann nicht dafür an Leib und Leben bestraft werden. Und noch in meiner Sterbe stunde will ich dies sagen und behaupten." Der Schneider Braun, welcher dem Riemer jede Zurecht weisung von Herzen gönnte, bemerkte: „Ihr mögt recht behalten, Weide! Ein wahnsinniger Mensch kann nicht zur Verantwortung gezogen werden, und wer solches für eine Sünde erklärt, ist kein Christ, ja nicht einmal «in halbwegs rechtschaffener Mensch. Du meine Güte, mir fällt es jetzt ordentlich wie Schuppen von den Augen, wenn ich nachdenke, wie Herr Riehl in dcn zwei Jahren, seitdem der Junge weg war, sich verändert hat und wie wunder lich er gleich gewesen ist. — Ich will damit nicht groß thun, oder mich gar sür klüger halten als andere, aber so viel ist gewiß, daß ich mich öfters vor ihm fürchtete und immer bei mir selber dachte, eS müsse und müsse bei ihm rappeln. Er ist in all' der Zeit wie ein Gespenst herumgcgangcn, lief an einem vorbei und versteckte sich Sonntag« in seinen, Kirchstuhl, daß ihn die Menschen nur nicht anschen sollten. Das ist bei dem alten Manne srbon der Helle Wahnsinn gewesen. Na, gesegnete Mahlzeit, wenn er in der Kirch« auf einmal seinen MordraptuS gekriegt, und den einen oder anderen im Handumdrehen abgemurkst hätte. Da sitzt man ahnungslos wie ein Kind, und nebenan kann der blutige Tod lauern." mit Zwang ausrechterhalten zu gunsten Weniger und zum Nachteil der Mafien. Dqzu kam noch die Borniertheit, mit der jede frei« Regung niedergehalten und auSgerottet wurd«, und die Korruptton, die den ohnehin schon schwachen Trieb zu ernster fruchtbringender Arbeit fast ganz «pickte. Habsucht, Grausamkeit, religiöser Fana tismus und Unduldsamkeit waren die bösen Geister, die daS spanische Kolonialreich früher oder später vernichten mußten und die auch das Mutterland selbst dem Verderben weihten. Die Freunde Spaniens haben zu dessen Entschuldigung darauf hingewiesen, daß auch andere Kolonialmächte, Engländer, Holländer und Franzosen, gegen ihre Kolonial-Untcrthanen grausam und habgierig gewesen sind. Das ist ganz richtig. Der Unterschied ist nur, daß die anderen Nationen etwas gelernt haben, die Spanier nicht. Die Engländer namentlich haben nur einmal eine große Kolonie ver loren; es war die, aus der die Vereinigten Staaten erwuchsen. Aus diesem Verluste Haben sie gelernt, wie man Kolonien be handeln muß; man muß ihre geistige und leibliche Wohlfahrt fördern, man muß fie zur Selbstverwaltung erziehen und muß ihnen schließlich «ine mehr oder weniger große Selbständigkeit geben. Nach diesem Grundsatz« hat England gehandelt und ist gut dabei gefahren. Englands Kolonialbesitz ist der größte der Welt und mehrt sich immer noch, und seine Kolonien sind eine Stütze seiner Macht, «ine Quelle seines Reichtums. Gerade an diesen beiden Kolonialreichen sieht man die Verschiedenartigkeit beider Systeme in ihren Ursachen wie in ihren Wirkungen. Eng« Der Tischler brach in ein schallendes Gelächter aus. „Seid mir aber ein Held, Meister Braun", rief er dann, „ein rechtes ahnungsloses Kind, das sich von einem verrückten Greise ruhig abmurksen ließe. Wer, wie ich, anno 48 auf den Berliner Barri kaden mitgearbeitet hat —" „Na, na", unterbrach ihn der Schneider pikiert, „prahlt nur nicht so laut mit Eurer Barrikadenarbeit, könnte Euch in jetziger Zeit übel bekommen und in dcn Geruch eines Sozialdemokraten bringen. Laßt es Euch gesagt sein, Nachbar!" „Ach was, ich bin ein freier Bürger und schere mich dcn Henker darum, ob mein Geselle rot oder grün ist, oder ob er in allen Farben spielt. Wer bei mir tüchtig und fleißig ist, hat es gut, Politik leid ich nicht — anno 48 war eS anders, da hatten die Arbeiter es miserabel und waren die richtigen Sklaven. Jetzt aber find fie freie Menschen, können arbeiten, wo und was sie wollen, und die Meister sind die Sklaven, welchen sie Gesetze verschreiben wollen. Ich «in Sozialdemokrat — oho, weit ent fernt, aber ich frage nicht darnach, ob meine Gesellen cs sind, wenn sie nur ihre Pflicht thun. — Leben und leben lassen, das ist mein Grundsatz, und darnach behandle ich die Leute, die weni ger ihren Meister als ihren Freund in mir sehen. Ich sage Euch, Nachbaren, wenn alle so dächten, dann stünde es besser mit dem Handwerk." Es gab jetzt eine regelrechte Debatte über diesen Punkt, die ohne den alten Vater Weide gar bald in heftigen Streit und Zank ausgcartet wäre. Der arme Schuhflicker besaß eine Art Autorität unter seinen Nachbarn. Er war ein Greis von 77 Jahren, in seiner Jugend als Geselle in Frankreich und England gewesen und «in tüchtiger Handwerker, der nur durch Krankheit und andere unverschuldete Unglücksfälle verarmt war, Frau und Kinder durch den Tod verloren hatte, und sich jetzt noch durch eigene Arbeit ernährte. Es waren dem redlichen Alten schon längst Unterstützungen von Seiten seiner Mitbürger und der städti schen Verwaltung angcbotcn worden, die er aber stet« mit Heller Entrüstung und mit der Erklärung zurückgewiesen hatte, daß er