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172 Donnerstag, den 28. Juli 1888. 57. Jahrgang ««Mdcrzer Bezirks- Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg werde» in unserer Geschäftsstelle, von den Boten nndAus- nnbestcllen, sowie allen Postanstaltcn angcnvmmcn. Anserat-Hevü-renr Einspaltige Petit-Zeile oder deren Naum lOPs ; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.: „Eingesandt" und Reklame unter dem RedaltionSstrich 25 Ps. — Komplizierte Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat 25Ps.extra berechnet «»«ach mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, abend- für den svl- genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps., monatlich 50 Pf., Einzelnummer 5Ps. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Nohbxrg in Frankenberg I. Sa. — Druck nnd Verlag von E. G. Roßberg In Frankenberg I. Sa. « ' > —' - Nach deutsches und österreichischen Bädern, Sommerfrischen ic. liefem wir das Tageblatt in allabendlich 7 Uhr hier abgehenden Kreuzbandsendungen und berechnen wir dafür insgesamt 40 Pfg. für die »olle Woche. Bekanntmachung. Der unterzeichliete Amtshauptmann ist auf die Zeit vom 8. August bis 3. September dieses Jahres beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Regierungs-Assessor Freiherm von Kerber dienstlich vertreten. Königliche Amtshauptmannschast Flöha, am 1S. Juli 18V8. von Soeben Vgt. Bekanntmachung. Diejenigen Herren Gcmeindevorstände des hiesigen Verwaltungsbezirks, welche innerhalb ihrer Gemeinde für di« m Folge des am 22. Mai 1898 niedergegangenen wolkenbruchartigen Regens Ge schädigten zu KruMhtrmerSvorf eine Gcldsammlung veranstaltet haben, werden hierdurch gebeten, den Sammlungsbetrag, sofern derselbe nicht bereits direkt dem Hilfskomitee zu Krumhermersdors über wiesen worden ist, spätestens bis zum 7 1. August dieses Jahres an die Kaffenverwaltung der hiesigen Amtshauptmannschast einzusenden. Flöha, den 26. Juli 1898. Amtshauptmann von Soeben, Vorsitzender des Hilsskomitees. Obstverpachtung betreffend. Unter den im Termin bekannt zu gebenden Bedingungen und insbesondere gegen sofortige baare Bezahlung soll abtheiluugsweise Montag, den 1. August d. I., Vormittags 7.1V Uhr im G«»sttzsf „zirm ssl-eirei, Osrven" in Llstzn die öffentliche Verpachtung der Obstnutzung, welche auf den fiskalische« Straßen des Amtsstratzenmeisterbezirks Flöha ansteht, sowie an demselben Tage Nachmittags 4 Uhr in -er rleVKe fehen Ueftnnvntisn in Gnnners-svs die öffentliche Verpachtung der Obstnutzung, welche auf den fiskalischen Straßen des Amtsstratzenmeisterbezirks Frankenberg ansteht, stattfinden. Chemnitz und Flöha, am 26. Juli 1898. , Kgl. Strotzen- und Wasserbauinspektion Chemnitz. Kgl. Banverwalterei Flöha. Schiege. Gersdorf. Bekanntmachung. Auf dem Fol. 316 des hiesigen Handelsregisters, die Firma Kerd. Liebschner öö Sohn in GunnerSdorf betr., ist am heutigen Tage daS Ausscheiden des zeitherigen Mitinhabers Herrn Gerbereibesitzers Karl Ferdinand Liebschner in GunnerSdorf verlautbart worden. Königlicher Amtsgericht Frankenberg, am 23. Juli 1898. I. V. Aff, »r. «8hr. S. Versteigerung in Hausdorf. Donnerstag, den 28. Juli d. I., von Nachm. Uhr an, sollen in Hausdorf 1 Melkzicge, 3 junge Ziegen, 11 Hühner und 1 Hahn, 12 junge Hühner und 1 GanS gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. Sammelort: Wittigs Gasthof. Frankenberg, am 26. Juli 1898. Sekr. Müller, Gerichtsvollzieher. Hölzversteigerung auf Plauer Staalafarstreuirr. (Oederaner Wald, Foldung «nd Noith.) Gsrfttzsf „Lerlkeirtzstze" iu Lerlke«-»«. Donnerstag, den 4. August 1898, Vormittags 9 Uhr. 150 weiche Stämme von 10—30 om Mittenstärke, 78 harte Klötzer - 13—44 - Oberstärke, 1631 weiche - . 13—51 - 8 harte Stangenklötzer - 9—12 - - 1699 weiche - - 7—12 - - 404 - Derbstangen .« 8—15 - Unterstärke, 350 - Reisstangen - 4—7 - - Nachmittags 2 Uhr. 4 rm harte und 29 rin weiche Brennscheite, 21 rm harte und 138,^ rin weiche Brennknüppel, 37 rm harte und 31 rm weiche Beste, 143 rm weiches Abraumreifig, 40 Gebund hartes und 500 Gebund weiches Brennreifig. Kahlschlag in Abtheilung 54 und Einzelhölzer in Abtheilung 34 bis 57, 91, 93, 98 bis 103,105. Königliche Korstredierverwaltung Plaue und Königliches Forstrentamt Au- gnstnsbnrg, am 22. Juli 1898. Fröde. Sehfert. Rußlands Balkanpolitik. Es ist eine der landläufigen Meinungen, daß Rußland um der weitumfaffenden Ziele willen, die cs in Hinterasien verfolgt, seinem ehrgeizigen Streben auf der Balkanhalbinsel vorerst ent sagt habe. Diese Meinung führt in die Irre. Bei genauerem Zusehen gewahrt man dieselbe niemals rastende, ununterbrochene Arbeit der russischen Diplomatie auf der Balkanhalbinsel, welche lange Zeit das Mißtrauen des westlichen Europa hervorrief und an die man sich eben jetzt schon so gewöhnt, daß sie zur politischen Lebenslust des Weltteiles gehört. Allerdings werden nicht mehr jene groben und tückischen Lügen angewendet, welche ein Ignat jew und Hitrowo zum Schrecken der Staaten gebrauchten, bei de- nen sie den Zaren vertraten. Fürst Lobanows Kanzlerschaft bil- det auch hier einen Einschnitt in der Geschichte der russischen Politik; mit einem Male waren all die verdächtigen, der niedrig sten Wühlarbeit beschuldigten Gesandtschaftsbeamten wie weggeblasen oder sie blieben in wohlberechnetcr Unthätigkcit. In den Augen LobanowS war jenes halb gefährliche, halb verächtliche Treiben veraltetes Spiel; der Haß, den sich Rußland durch diese Methode zuzog, stand in keinem Verhältnisse zu ihren Erfolgen. Und Lo banow hat Schule gemacht: sein Nachfolger Murawjew zettelt eben sowenig Verschwörungen an, steht nicht mit meuterischen Offizieren in Verbindung, erschreckt den Sultan nicht mehr durch die Dro hung der Absetzung; er läßt Rußland durch das Schwergewicht seiner Macht wirken, und nur der Blinde kann verkennen, daß ihm dadurch auf der Balkanhalbinsel ein Erfolg nach dem andern in den Schoß fällt. So kräftig ist das Ausgreifen Rußlands unter den Balkan staaten, daß man es in Oesterreich-Ungarn mit unverhohlenem Un behagen verfolgt. Es wäre Selbsttäuschung, so führt die „M. A. Z." in einem Aufsatze über die russische Balkanpolitik aus, wollte sich die Diplomatie des Habsburger Reiche» der That- sache verschließen, daß das im vorigen Jahre zu St. Petersburg getroffene Abkommen zwischen Kaiser Franz Joseph und dem Za ren Nikolaus die Erwartungen nicht erfüllt hat, die man sich von ihm versprach. Damals verabredeten die beiden Herrscher im Bei sein der Minister Goluchowski und Murawjew, daß die vertrag schließenden Teile alle auf der Balkanhalbinsel auftauchenden Fra gen in gegenseitigem Einvernehmen schlichten sollten. Wäre dieses Abkommen seinem Geiste nach zur Durchführung gelangt, so wäre dies dem Grafen Goluchowski hoch angerechnet worden; denn der Abschluß dcS eifersüchtigen Ringens der beiden Kaisermächte um den Einfluß auf der Balkanhalbinsel hätte Oesterreich-Ungarns Lage nach außen wesentlich verbessert. Aber noch war die Tinte nicht trocken, mit der jenes Protokall niedcrgeschrieben war, so stellten sich schon Mißhelligkeiten ein. Die Rückkehr König Milans nach Belgrad wurde seitens Rußland», wenn auch ohne Grund, den Einflüssen des Wiener Kabinetts zugeschrieben, und gleichzeitig setzte der russische Vertreter in Sofia, Bachmetjew, alle Hebel in Bewegung, um Bulgarien vollständig von der früheren Verbindung mit Oesterreich loszureißen. Dann kam da» Mißverständnis in der Kretasrage, indem fick Graf Goluchowski der Bestellung des Prinzen Georg von Griechenland zum Gouvernenr in Kreta wider setzte. Und so gewahrt man denn auf der ganzen Linie wieder da» alte Spiel der Gegnerschaft zwischen den beiden Mächten, die sich Schritt für Schritt den Einfluß streitig machen, ohne eigent lich etwas anderes zu erreichen, als daß die kleinen Balkanstaaten bald in di« Arme der einen, bald in die der anderen Macht sich werfen, je nachdem es dem Ehrgeize ihres Fürsten oder dem ma- Hridrrose. Roman von I. Berger. (es. Tortse-ung.) —' (Nachdruck verboten.) Währenddem alle Hände vollauf ihre Beschäftigung hatten, schlich Frau Eva die Treppen zum Mansardenstock empor und riß ungestüm di« Thür zu Roses Stübchen auf. ES sah sehr ordentlich und gemütlich aus in dem bescheidenen kleinen Raum, der so w«nig mit den Prachtzimmern in der Villa harmonierte. Tie Stühle standen kerzengerade an den Wänden, kein Stäubchen war auf den Möbeln zu sehen. Auf dem Bücher regal lagen Bücher und Heft« schön geordnet, jeder Gegenstand hatte seinen bestimmten Platz. Auf der Kommode mit der ge häkelten, schneeweißen Decke standen ein paar heimatliche Andenken und eine Photographie von Rose» Vater in verblaßtem, blauem Plüschrahmen, den ein Kränzlein von Immortellen und Epheu finnig umwand. Da» junge MKchrn saß an ihrem kleinen Schreibtisch am Fenster, ganz »erÜsff in einen englischen Aussatz, an dem sie emsig arbeitete. Al» plötzlich di« Tante vor ihr stand, welche ihr Zimmer noch niemal» betreten hatte, durchfuhr sie heftiger Schreck. Sie schnellte von ihrem Sitz empor. Di« Wut, di« in Frau Eva kochte, hatte ihre Züge verzerrt. Ros« wurd« es kalt und heiß ums Herz. Sie begann zu zittern. „Du bist ja «ine ganz au»gezeichnete Komödiantin! Wahr haftig, Du «rstehst Deine Rolle vortrefflich zu spielen und hättest zur Bühne geh«, müssen I" schrie die Tante sie an, ihre Blicke lauernd auf ihr erblaßt«» Gesicht heftend, um die Wirkung ihrer Wort« zu «spähen. Rose wußte nicht, wie ihr geschah, sie stand lautlos, ohne Regung da wie eine Bildsäule. „Ja, Du hast alle zum Besten gehabt, elende Heuchlerin, Du! — Nur mich nicht! O, ich bin nicht auf den Kopf gefallen, ich durchschaute Dich längst. Und deshalb habe ich Dich auch nie so sanft angefaßt wie die Andern, die Du düpiertest!" „Was habe ich denn gethan?" stotterte daS Mädchen und wich beklommen zur Seite, denn Todesangst erfaßte sie. Die Tante sah zu furchtbar aus, so entsetzlich verändert. „Du fragst noch? Hast Du den Leutnant Hohenstein — Deinen angeblichen Jugendsreund — nicht mit allen möglichen Künsten wieder an Dich zu locken versucht?" „Nein! Ich hab« ihn vor mir bewahrt, nicht angelockt, so wahr Gott helfe!" Die Mienen der wütenden Frau ließen nicht darauf schließen, daß sie diesen Worten Glauben schenkte. Sie zuckte höhnisch die Achseln. „Du lügst — Du hast immer gelogen, ich glaube Dir nicht! Du bist jetzt noch ebenso verliebt in ihn, wie jemals früher. Du wußtest doch, daß «r in unserm Hause verkehrte, daß er um Silva warb. Warum gingst Du da nicht? Du mußtest doch fühlen, daß Du überflüssig warst — völlig überflüssig!" „Wo sollte ich denn hin, Tante?" „Wir hätten Dich in eine Pension gebracht — natürlich auch sür Dich bezahlt. Aber Du bliebst nur gar zu gern. Es bot sich Dir ja die beste Gelegenheit, den Baron zu sehen und ihn an Dich heranzuziehen. Und als es Dir nicht gelang, da machtest Du Dich an Silva. — Es hat mir nie gefallen, daß Du Dich so an sie attachiertest, denn solch eine wie Du ist zu allem fähig. Und ich hatte recht! Denn Du wußtest Silvas Freundschaft und Unerfahrenheit schlau für Dich auszunutzen. Wenn auch ihr Kopf manchmal voll von überspannten Schrullen war, so beging sie doch keine eigentliche Verrücktheit. Daran bist Du schuld und Deine hinterlistigen Ränke. Seit der Stunde, wo Du den Schritt über unsere Schwelle gethan hast, ist der Frieden unseres Hauses gestört. Meine Tochter setzt sich mir gegenüber auf das hohe Pferd — früher hätte sie daS nie gewagt. Mein Mann macht Front gegen mich, behandelt mich wie ein dumme» Göhr, das nichts zu sagen hat. Er zertritt meine Autorität, während er die blödsinnigsten Dinge thut. Und Du bist die Urheberin des ganzen Unheils. Und wenn ich nur daran denke, dann könnte ich Dir in- Gesicht schlagen!" Sie sprach in Pausen, da sie nach jedem wild hervorgestoßenen Satze Atem holen mußte. Rose fand sich nicht durch das alles. Sie preßte beide Hände gegen ihre Stirn. Es war unfaßlich. „Du wirst begreifen, daß ich Dich nach allem, was Du hier angerichtct hast, nicht mehr sehen will", fuhr Frau Eva mit einem Blick des Haffes fort, „Du wirst sofort unser Haus ver lassen und Dich nicht mehr blicken lassen. Ich will keinen Ab ¬ schied von Silva, hörst Du! — Es giebt für Dich gar keine Straf«, die zu hart wäre!" Sie zeigte mit der Hand nach der Thür. „Geh!" Das Mädchen stand unbeweglich in hilfloser Qual. Eie sollte fort — hinaus auf die Straße? Sie hob angstvoll die Hände gegen sie. „Erbarmen, Tante! Ich hab' ja nicht« verbrochen. Du irrst Dich, irrst Dich wirklich. Verurteile mich doch nicht ohne Grund. Stoße mich nicht hinaus! Großer Gott, wo soll ich hin?" Frau Eva hörte dieses Fleh«n mit herzloser Gleichgiltigkeit an.