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den das den verbindlich und freundlich. Nun war das Eis gebrochen und jedesmal, wenn sie sich wicdersahen, freuten sie sich. Seine edle, hochsinnige Männlichkeit flößte ihr Achtung ein und er bewunderte ihr weiches Gemüt, ihr liebliches, anmutiges Wesen. Und von einem inneren warmen Impulse getrieben, gestalteten sich ihre Be ziehungen zu einander immer freundlicher. Von Rose war zwischen ihnen nie die Rede und er schien cs dankbar zu empfinden. Frau Eva wußte es so einzurichtcn, daß die unliebsame Nichte stets abwesend war, wenn Ulrich kam. Sie hielt cs nickt für zweckmäßig, daß diese „Jugendfrcundschast" in ihrem Hause fort gesetzt wurde. Sie traf ihre Maßregeln so gut, daß er bisher noch keinen Schimmer von dem jungen Mädchen gesehen hatte. Rose war die Verbannung nicht unlieb. Unter den jetzigen Umständen wäre ihr eine Begegnung mit Ulrich nur peinlich ge wesen. Später vielleicht, nach Jahren, wenn alles in ihr ruhig und still geworden war, dann würde sie ihm wieder unbefangen cntgegentreten können. Still und klaglos vergrub sic sich in ihre Bücher und arbeitete Tag und Nacht. Noch ein paar Monate, dann war das Examen auch überstanden. Dann durste sie das Haus des Onkels verlaßen und cS fand sich ein Wirkungskreis für sie, an den sic ihre ganze Kraft setzen konnte, der sie voll Ulrich hatte von seinem Vater einen Brief erhalten, der ihn schleunigst nach Hohenstein berief. Er konnte sich nicht darüber täuschen, daß etwas Ernstes im Werke sei und schlimme Ahnungen durchzogen seine Seele. In der denkbar düstersten Stimmung fuhr er zum Bahnhof und brachte die Reisezeit in dumpfem Hinbrüten zu. Auf der letzten Station erwartete ihn der alte Friedrich mit dem Reitpferde des Barons, das er sogleich bestieg, um ohne Säumcn der Heimat zuzueilen. Der Himmel war mit dunkeln Wolken bedeckt und über der Heide wogten dichte Nebelschleier. Es regnete in Strömen, alles war naß, die Wälder und Felder, die Auen und Wiesen. Von den Bäumen tropfte cs wie lauter Thronen und die windzerzausten Blumen hingen trauernd die bunten Köpfchen herab. Die ganze Landschaft sah düster und unfreundlich aus und trug dazu bei, Ulrichs trübe Stimmung zu vergrößern. Erschöpft vom stundenlangen Ritt in Sturm und Regen, die schmucke Uniform durchnäßt und beschmutzt, und trotz der physi schen Ermattung unruhig und aufgeregt, langte er vor dem Schlosse an, wo er sein Pferd einem herbeispringenden Stallknecht übergab. Langsam, als hätte er Blei an den Füßen, schritt er durch die Vorhalle. Aus dem Familicnzimmer tönten Stimmen. Ja, dorthin wollte er. Die EingangSthür stand halb offen und er spähte hinein. Sie waren alle da, der Vater, die Mutter und die Großmama. Der Baron saß, die Hände aus die Seitenlehnen seine« Sessels gepreßt, und starrte mit glanzlosen Augen auf einen Berg von Papieren und Briefschaften, die vor ihm aus einem Tische lagen. Ulrich erschrak. War da« sein Vater — dieser gebeugt« Mann mit dem eisgrauen Haar und dem gramdurchfurchten Antlitz, auf befriedigen würde. Silva erzählte ihr zuweilen von den Besuchen Ulrichs im Elternhaus«. „Ein lieber, guter Mensch«, sagt- sie dann. „Ich möchte um nichts seine Freundschaft mehr missen.« Wenn sie dabei Rose» gespanntes Gcsicht bemerkte, wiegte sie neckisch Köpfchen hin und her, lächelte gchcimn.Svoll und legte rasch Finger auf den Mund. Sie war unbegreiflich, unergründlich und Ros- schüttelte Kops. Sic wußte nicht mehr, waS sie davon denken sollte. Heiderose. Roman von I. Berger. <19. Fortsetzung.) (Nachdruck verdaten.) Eine Reihe von Wochen war wieder der Vergangenheit an heimgefallen. Ulrich war jetzt häufiger Gast im Hause des Fa brikanten. Frau Eva wurde nicht müde, ihn immer von neuem einzuladen, bald zu einer Abendgesellschaft oder zur traulichen Theestunde im engen Familienkreise. Und stets kam sie ihm mit der größten Liebenswürdigkeit, mit bestrickender Güte entgegen. Er wunderte sich im stillen darüber, denn er war sich bewußt, daß er ein amüsanter, unterhaltender Gesellschafter eigentlich nie war und selbst von oen Kameraden, seines zurückhaltenden exklu siven Wesens wegen, wenig gesucht wurde. Natürlich hatte er keine Ahnung von den Plänen, die Frau Eva schmiedete. Trotz mancher bitteren Erfahrung fehlte es ihm an Scharfblick und Menschenkenntnis und so ließ cr sich täuschen. Und war ihm auch vieles an dieser Frau unsympathisch, so war er ihr doch dankbar, daß sie seiner sonnenlosen Existenz ein saft mütterliches Interesse schenkte. Silvas erste Begegnung mit ihm war seltsam. Für einen Moment wich alle Farbe aus ihren Wangen, sie zitterte und blickte ihn scheu und ängstlich von der Seite an. Dann senkte sie die Wimpern lies herab, als wolle sie die Erregung verbergen, die aus ihren Augen sprach. Ulrichs Blick umfaßte die biegsame zarte Mädchcngestalt, das unschöne, aber von seelischem Zauber verklLrte Gesicht, mit un durchdringlicher Ruhe. Seine Züge bliebcn ernst und unbewegt. Die glatten Formen gesellschaftlicher Höflichkeit brachten die bocken jungen L«ute allmählich näher. Er erkundigt« sich nach ihrem Befind«», ihren Beschäftigungen und sie antwortete ihm Sonnabend, den 2» L«8 4LL Vorm. H aus mit - 1 57. Jahrgang sehr thätig, sie bepflanzen und bearbeiten den Boden nicht gern, sondern gehen lieber in den Krieg und nach Indien, um auf solche Weise Reichtum zu erwerben." Schon damals war Spanien durch Vertreibung der Juden und Mohammedaner, durch die be ständigen Kriege und schweren Steuern, trotz der Reichtümer der neuen Welt, größtenteils verarmt und entvölkert. Es wurden im Jahre nicht weniger als 102 Festtage, also fast der dritte Teil des JahreS, durch Nichtslhun gefeiert. Handel und Handwerk lagen in der Hand der Fremden. Straßen und sonstige Verbin dungsmittel lagen im schauderhaftesten Zustand«. Die Trägheit und Sorglosigkeit der Spanier ließ Wasserleitungen und Brücken zerfallen und die Flüsse versanden, sodaß sie nur noch an den Mündungen schiffbar blieben. DaS Zuströmen der in Amerika gewonnenen Edelmetalle hatte nur einen üblen Einfluß; der Geld wert sank, die Preise wurden verteuert. Es ging wirtschaftlich bereits abwärts, obschon Spanien äußerlich auf dem Gipfel seiner Macht stand. Die Inquisition that dann das Uebrige. Ihre Einführung ging nicht ganz glatt. Es ist unbestreitbar, sagt Llorente, daß die Inquisition gegen den Willen der Provinzen eingeführt wurde. Nur durch den Einfluß der Dominikanermönche konnte die Jn- qurfition cingcfllhrt werden. Allmählich aber gewöhnten sich die Spanier an sic und die feierlichen Ketzerverbrennungen wurden beliebte öffentliche Schauspiele, zu denen hoch und niedrig sich drängte. Je länger die Ketzer brannten und je verzweifelter sie m ihren Ovalen schrieen, desto größer war das Vergnügen des Volkes. Da das Kctzervcrbrcnnen ein Gott wohlgefälliges Werk ""Mio konnte man der unmenschlichsten Grausamkeit den Mantel der Frömmigkeit Umhängen. Unzweifelhaft haben die Autodafes zur Verwilderung und Bestialisierung des spanischen Volkscharak- Ors viel beigetragen. Seit die Ketzerverbrennungen, teils aus Mangel an Ketzern, teils durch äußere Ursache, aufgehört haben, "gotzt sich die blutgierige Schaulust der Menge an Etiergcfcchtcn. Blut und Grausamkeit müssen immer dabei sein, wenn der Spa nier einen Genuß haben soll. Noch schlimmer wirkte die Inquisition durch die Ausrottung l-der freien Regung, jedes kritischen Geistes. Dadurch wurde den Spaniern auch die Möglichkeit genommen, aus eigener Kraft wie- Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 22. Juli 1898. P Heute, Freitag, verlassen die hiesigen Teilnehmer am IX. Deutschen Turnfest zu Hamburg, 20 an der Zahl, unsere Stadt, um sich zunächst mit dem Abendzugc (M8 Uhr) nach Chemnitz zu begeben, von wo aus um 2 Uhr 10 Min. morgens ein Sonderzug mit Turnern Miltclsachscns und des Erzgebirges Alte Schuld. Nicht die Amerikaner — so führt Otto Hörth in der „Frkf. Ztg." aus — sind die Ursache des jetzigen Zusammenbruches Spaniens, sondern sie sind die Vollstrecker eines Urteils, das schon vor 300 Jahren ausgesprochen wurde, zu einer Zeit, in der Spa nien noch die Welt regierte. Durch den langen Kampf gegen unversöhnliche Feinde der Nation und des Glaubens war der Spanier an Ausschließung und unerbittliche Unterdrückung aller Völker, mit denen cr in Be rührung kam, gewöhnt. Was er im Feldlager gelernt hatte, das übte er auch im Frieden. In den Unterworfenen sah er keine gleichberechtigten Glieder desselben Staatskürpers, sondern er wußte nur, sie zu vernichten oder mit Habgier und Grausamkeit auszu beuten. Die Kunst, andere zu regieren und fremde Bevölkerungen mit sich zu verschmelzen, blieb den Spaniern völlig unbekannt. In Amerika traten sie nicht bloß als Kolonisten, sondern lediglich als Eroberer, ja, als Vertilger auf; in Deutschland, in Italien, den Niederlanden regierten sie durch Festungen, Garnisonen und Henker. Nur die Macht des Schwertes, aber weder Selbstbe schränkung noch Staatskunst wußte» dieselben in Anwendung zu bringen. Allmählich gewöhnten sie sich an den Gedanken, daß nur militärischer Ruhm und müheloser abenteuerlicher Gewinn anzu streben sei, und daß ihnen als Angehörigen der ersten Nation der Welt die mühsame Arbeit im Schweiße des Angesichts auch nicht zieme. „Sie bilden sich ein, mehr zu taugen, als ein anderes Volk«, heißt cs von ihnen immer wieder in den Berichten frem der Diplomaten. Scheu vor angestrengter redlicher Thätigkcit, Sucht nach Adelstiteln und einträglichen Staatsämtcrn, Prahlerei und leerer, erschöpfender Aufwand machten sich schon unter Karl V. immer mehr unter dem Volke geltend. Im Nichtsthun wurde von oben daS Beispiel gegeben. Die 300000 niederen Edelleute — die Hidalgos — hätten sich und ihrs Familien für entehrt gehalten, wenn sie ei» nützliches Gewerbe getrieben hätten. Da neben gab es 180000 Geistliche und Mönche jeder Art und min destens 60000 Nonnen. „Die Spanier«, sagt ein Reisender jener Zeit, „sind nicht der eine fortschrittliche Macht zu werden. Man rottete nicht bloß die Ketzerei aus, sondern auch die Anlagen zur Ketzerei, di« Nei gung zum Denken und Zweifeln und zum selbständigen Denken. Leute aber, die kritisch veranlagt sind und selbst denken wollen, sind die geistige Elite der Station. Diese Elite wurde in Spa. nkn systematisch auSgemerzt. Man verfolgte nicht bloß die Ketzer, sondern auch ihre Nachkommenschaft. Selbst Kind und Enkel von solchen, die widerrufen und es bereut hatten, selbst gedacht zu haben, durften kein öffentliches Amt bekleiden; sie durften nicht Notare, noch Aerzte, noch Apotheker werden. Natürlich wurde die ganze Litteratur, soweit die Kirche sie nicht ausdrücklich billigte, vernichtet, sodaß auch jede äußere Anregung zum Denken entfiel. Der Historiker Prescott fällt daher das Urteil, daß die Inquisi tion mehr als irgend etwas anderes dazu beigetragen hat, den Charakter der Spanier zu verkrüppeln und zu verschlechtern. Und Darwin sagt: „Die Inquisition wählte mit äußerster Sorgfalt gerade die freiesten und kühnsten Männer aus, um sie zu ver brennen oder in den Gefängnissen zu halten. Die besten Männer wurden drei Jahrhunderte lang, im durchschnittlichen Verhältnis von Tausend auf das Jahr, ausgemerzt.« So wurde also in Spanien mit raffinierter Ausrottung der freieren Regung der blinde Gehorsam und die geistige Unselbst ständigkeit förmlich gezüchtet. Es war die umgekehrte Anwendung des Darwinschen Gesetzes der Auslese. Das Tüchtige wurde aus-. gerottet, das Untüchtige blieb und vererbte sich von Generation zu Generation. Da soll sich noch einer wundern, wenn eine solche Nation im internationalen Kampf umS Dasein nichts taugt und dem Tüch tigeren weichen muß! Die Aufgabe von Inseraten ersuchen wir im Interesse der rechtzeitigen Fertigstellung und Ausgabe unseres Blattes gefälligst so zeitig alslmöglich erfolgen zu lassen. Größere Inserate erbitten wir bis vormittags 9 Uhr, während^ kleinere Inserate bis II Uhr mittags Ausnahme finden. Für später einlaufende Anzeigen können wir eine Garantie des Abdrucks in der bezüglichen Abendnummer nicht Überpehmen. — Auch in der Schttlbuchhaudluug im Kaufhause (Baderberg) werden Anzeigen bis zu den an gegebenen Schlußzciten entgegengenommcn. Idi« Lxp«Ätttoi» «I«« V»k«I»Iatt«8. BcramworMcher Redakteur: Ern» " ' > llverg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von E. G. Roßberg tn Frankenberg i. Sa. Bekanntmachung, die Waarenzeichen betreffend. Die gemäß dem Reichsgesctze über Markenschutz vom 30. November 1874 in die Zcichen- registcr der Gerichte eingetragenen Waarenzeichen (Schutz-, Handels-, Fabrikmarken) gehen nach § 24 des ReichsgesctzeS zum Schutze der Waarenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 mit dem 1. Oktober dieses Jahres ohne weiteres jedes Schutzes verlustig, wenn sie nicht bis dahin zur Eintragung in die Zeichenrolle bei dem Patentamt angemeldet worden sind. Zur Wahrnehmung ihrer Rechte werden die Zeichcninhaber hierauf hingewiesen. Dresden, den 16. Juli 1898. Ministerium der Justiz. Schurig. Kurth SondcrM von Hamichen nach Dresden und ziiriilk Sonntag, den 31. Juli I8S8. - - Hainichen in f 2^l , „ Frankenberg „ ! 2^/°'" 1- August in Dresden-Ältst. Hptbhf. aus O 11— Nachm. am 31. Juli Kahrkartenpreis nach Dresden und zurück: Von Hainichen und Frankenberg 4,50 M. n. Kl., 3,00 M. ui. Kl. Die Fahrkarten gelten zur Rückfahrt am 31. Juli nur mit dem Sonderzuge, vom I. bis 9. August dagegen mit gewöhnlichen Personenzügen. Der Fahrkartcnverkauf beginnt am 27. Juli und wird am 30. Juli abends 9 Uhr geschlossen. Dresden, am 15. Juli 1898. Königliche Oeneraldtrektiou^der Sächsischen Staatseisenbahnen. Znscrat-H-gührcni Srsch-int täglich P-.N-i^oder HM werden in unserer M UNÄ Nachweis und GeschästSstell-, von UH - s Offerten - Annahme den Voten und Au.. werden pro In,-rat gabcsteNcn, sowie SbPs.extra berechnet alten Pystanstnltcn M H H angenommen. Amtsblatt der Königlichen Amtshauptman des Königlichen Amtsgerichts und desStadtrats zu Frankenberg.