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Mittwoch, -en S^August 18S8 57. Jahrgang Hrschetnt täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, abends für den sal zenden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. b<> Ps., monatlich bO PH, Einzelnummer bPs. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Pvstanstalten angenommen. Auseral-KeöüHrrnr Einspaltige Petit-Zeile oder deren Raum lOPs.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.; .Eingesandt" und Reklame unter dem RedaftionSstrüh LS Pf. — Komplizierte Inserate nach beson derem Taris. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat SSPf.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptnmnnsch^ des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Nostbcrg In Frankenberg i. Sa. Nach deutschen und österreichischen Bädern, Sommerfrischen re. liefern wir das Tageblatt in allabendlich 7 Uhr hier abgehenden Kreuzbandsendungen und berechnen wir dasür insgesamt 40 Pfg. für die volle Woche. Versteigerung in Gornsdorf. Freitag, den 26. August d. I , Nachmittags V,4 Uhr, soll in Gornsdorf zirca 1^ Acker anstehender Hafer und zirca !>/, Acker anstehendes Gras gegen sofortige Bezah lung öffentlich versteigert werden. Sammelort: Wünschmanns Gasthof. Frankenberg, am 28. August 1808. Sekr. Müller, Gerichtsvollzieher. Auktion im Crbgericht Mederlichtenuu. Morgen Donnerstag, den 28. Augnst, sollen daselbst von Vorm. 10 Uhr an 3 hochtragende Kühe, 1 dergl. Kalbe, 1 Bulle, 2 Absatzkälber, 1 Pferv (guter Zieher), sowie etliche Wirthschastswagen, 1 Ernterechen, 1 alt« Heuwendemaichine und Verschiedenes mehr öffentlich gegen Baarzahlung durch Unterzeichneten versteigert werden. Im Anschluß hieran kommen ca. 10 Acker anstehender Hafer und 1'/, Acker anstehende Gerste zur Versteigerung. H. Arnold Ortsrichter Fünfzig Jahre deutscher Marine. (Nachdruck verboten.) Aus dem Herbst d. I. 1848 schreibt sich die Kabinettsordre König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen, die zum Zwecke der Küstenverteidigung die Bildung einer Seemacht anordnete. Was zuerst auf den Wogen der Ostsee unter preußischer Flagge er schien, war allerdings alles andere eher, wie eine Seemacht, es waren acht sehr winzige Kanoncnschaluppen und Kanonenjollen, die keinem ernsten Angriff Stand gehalten hätten, aber was da mals begonnen wurde, ist doch wenigstens geblieben und hat sich weiter und weiter auSgestaltet bis zur deutschen Kriegsflotte. An ders ging es ja dem, was man etwas später deutsche Flotte resp. den Anfang dazu nannte. Mit den Einnahmen aus Konzerten und Bällen wollte man eine Reichsflotte gründen, ein Unter fangen, das uns heute zwar komisch erscheinen mag, das man aber in der stürmischen Begeisterung jener Zeit mit heiligem Ernst betrachtete. Und mochte bei der „Gründung dieser Rcichsflotte" auch noch so viel Komik mit unterlaufen, daß sie schließlich, als dem Lenz von 1848 der Rauhreis folgte, von dem „Staatsmann Hannibal Fischer" im Auftrage des Frankfurter Bundestages ver auktioniert wurde, ist doch etwas stark gewesen. Aber die Auktion steht fest, und darum ist die deutsche Flotte von vor fünfzig Jahren nicht als der Stamm der heutigen KriegS-Marine anzu sehen, sondern die einstige preußische Flotte. So klein die preußische Kriegs-Marine im Anfang auch war, fo ungemein langsam sie emporwuchs, sie gab doch zu Eifersüchte leien Anlaß, und daraus entstand dann allerlei Klatsch. So machte seinerzeit der in einem heftigen Sturm mit Mann und Maus erfolgte Untergang des preußischen Kriegsschiffes „Amazone" besonders viel von sich reden, und die Leipziger Gartenlaube, die eine Erzählung veröffentlichte, in welcher diese Schiffskatastrophc auf fremdländische Intrigen zurückgesührt wurde, ist in Preußen eine Reihe von Jahren verboten gewesen. Erst nach 1864, in welchem Kriege die Marine ihre ersten, natürlich kleinen Leistungen zeigte, ging es mit der Vermehrung der Zahl der Schiffe ein wenig schneller. Auch 1870/71 brachte keine regelrechte See schlacht, aber in der Küstenvertcidigung, so auch in dem Gefecht de- „Meteor" mit dem französischen Schiffe „Bouvet" bei Habana zeigten unsere Seeleute, welche Kraft in ihnen stecke. Sie haben das, wie ja allgemein bekannt, in zahlreichen überseeischen Expe ditionen, vor allem in unseren Kolonien, noch oft genug bewiesen, sie haben auch in Momenten der alleräußersten Gefahr gezeigt, daß sie mit Todesverachtung in das Schlimmste sich zu schicken wußten. Um die Fundamentierung der deutschen KriegS-Marine haben vor allem sich Prinz Adalbert von Preußen und General von Stosch in hohem Maße verdient gemacht. Aber auch unter Kaiser Wilhelm I., der immer das Hauptgewicht ^ganz hervorragend auf die Armee legte, hielt sich unsere Seekraft noch in mäßigen Grenzen. Zu Differenzen von Belang haben bis 1888 die Marineforderungen im Reichstage keinen Anlaß gegeben, wie denn Kaiser Wilhelm I. sich auch nicht entschließen konnte, einem See- Offizier das Oberkommando in der Marine zu übertragen. Der Staatssekretär im Reichsmarineamt war zugleich der oberste Be fehlshaber der Flotte. Erst unter Kaiser Wilhelm II. ist damit gebrochen, die Marine erhielt ihr eigenes Haupt, neben dem Staatssekretär im Marineamt wurde auch noch der kommandierende General berufen, und der. weitere Ausbau der Kriegsflotte nahm von Jahr zu Jahr an Umfang zu, bis er in dem in diesem Frühjahr zur Annahme gelangten Flottengesetz — vorläufig wenig stens — gipfelte. Daß heute Kaiser Wilhelm II. die Seele der deutschen Flottcnverwaltung ist, ist ja allgemein bekannt. ES ist hier nicht der Platz, darüber zu diskutieren, wie weit sich einmal der Ausbau unserer KriegS-Marine erstrecken soll, wir können nur unsere Freude über die Erfolge der stetigen und un ermüdlichen Arbeit in einem verhältnismäßig so kurzen Zeitraum aussprechen. Wir wünschen ganz selbstredend nicht, daß unsere Flotte eine Probe auf ihre Leistungsfähigkeit machen soll, aber wir find gewiß, sie würde diese Probe mit Erfolg bestehen. Wenn wir jene kleinen Exerzitien, die vor fünfzig Jahren bald in der Greifswalder Bucht stattfanden, als erstes Manöver der künftigen deutschen Kriegsflotte anseheu wollen, so stellen die vor kurzem begonnenen Seemanöver das Jubiläums-Manöver dar. Und an unseren frischen und schneidigen Blaujacken haben am Ende doch alle — trotz aller parteipolitischen Gegensätze, ihre auf richtige Herzensfreude. Wäre dem nicht so, so wäre, trotz aller offenen und geheimen Erörterungen, die letzte Flottenvorlage im Reichstage doch nicht so glatt durchgcgangen, wie es der Fall war. - (^>) Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 23. August 1898. -j- Der am Sonntag abend gegen */,7 Uhr von der hiesigen Gasanstalt aus aufgestiegene Ballon „Chemnitz" landete nach ca. 1 stündiger glücklicher Fahrt auf einem Felde zwischen der „Wasscrschänke" und dem Bahnhof Wittgensdorf. -j- Die Sachsensttftung (unentgeltlicher Arbeitsnachweis für gediente Soldaten) bittet im Hinblick auf die im nächsten Monat bevorstehende Entlassung der Reservisten Behörden und Arbeit geber um Mitteilung frcigewordener Stellen auf allen BerufS- und Arbeitsgebieten. Geschäftsstellen der Stiftung befindet sich u. a. an sämtlichen Sitzen der Amtshauptmannschaften. Nächste Geschäftsstelle: Paul Otto in Falkenau, Bahnhofstraße Nr. 21<r a. d. Brücke. -j- Mit Rückficht auf den bei Schluß der Sommersaison ein tretenden stärkeren Reiseverkehr sei darauf aufmerksam gemacht, daß es sich zur Verhütung von Entwendungen empfiehlt, die Reisekörbe neben dem Verschluß durch Anbringung einer skreuz- weisen festen, an den Enden versiegelten Verschnürung zu sichern, sodaß ein Aufheben des Deckels an den Schmalseiten unmöglich gemacht wird. Die aus der Nichtbeachtung derartiger von den Eisenbahnen Deutschlands vorgeschriebenen Sicherheit-Maßregeln entstehenden nachteiligen Folgen hat sich das reisende PMikum selbst zuzuschreiben. -j- Ende der HundStage. Mit dem 22. August trat die Sonne in das Sternbild der Jungfrau, womit di« Hundstag« ihren Abschluß fanden. Die Herrschaft des Sirius, der di« größte Hitz« des Jahres bringt, ist also vorüber. Die „HundStage" haben sich diesmal voll als solche erwiesen und ihre Macht rück sichtslos auSgeübt, sodaß die Menschheit schier verschmachtet« unter den sengenden Sonnenstrahlen. 1- Ueber die große Hitze der letzten Tage schreibt der me teorologische Mitarbeiter der „B. W. C": Die Ursachen und die Verbreitung der gegenwärtigen Hitzeperiode lassen sich zwar noch nicht in vollem Umfange übersehen, doch läßt sich schon jetzt eini ges darüber angeben. Die Hitze wurde eingeleitet durch ein Ge biet intensiv hohen Luftdruckes, welches zuerst über Zentraleuropa selbst lagerte, später östlich von uns, sodaß konstante östlich« Winde erzeugt wurden. Augenblicklich befinden wir uns in einer Furche niedrigen Luftdrucks zwischen zwei Hochdruckgebieten; in solchen Furchen herrschen meistens die höchsten Temperaturen. Die Hitze ist wegen ihrer großen Verbreitung bemerkenswert, indem sie überall in Deutschland, sogar an der Nordsee, sehr intensiv auf trat (auf Borkum wurden z. B. 30, zu Kortum 29 Grad Mit tagstemperatur beobachtet). Bemerkenswert ist die Wärme ferner, weil sie nach vorangegangener Kühle ganz unvermittelt eintrat, da in der durchaus überwiegenden Anzahl von Fällen auf einen küh len Juli auch ein kühler August folgt. — Wenn übrigens der heurige August auch zu den „heißen" gezahlt werden muß (brachte er uns doch für das laufende Jahr daS Temperaturmaxi mum), so wird er doch von manchem August anderer Jahre noch übertroffen. Unerreicht in den letzten vier Jahrzehnten steht der August des Jahre« 1892 da, der (am 17.) die angenehme Tem- Gin Ratsrl. Roman von Emilie Heinrichs. 19. Fortsetzung. (Nachdruck »erboten.! Noch an demselben Tage hatte der Stadtsekretär im Klub Ge legenheit gefunden, dem ersten Freunde, welcher mit ihm dort zu sammentraf, di« Pistole auf die Brust zu setzen und ihn zum Reden zu zwingen. Der Herr Senator wandte sich wie ein Aal, um zu entschlüpfen, der alte Brandner aber kehrte alsbald die Polizeimiene heraus, worauf jener mit der Sprache herausrllckte. „Meine Tochter soll hinter meinem Rücken nächtliche Zu sammenkünfte mit einem vornehmen Herrn haben?" fragte er, den Senator erstaunt anblickend, als fürchte er um dessen Verstand. „Natürlich doch hinter Ihrem Rücken, Verehrtester!" erwiderte der Senator, verlegen hüstelnd, „kein Mensch konnte annehmen, daß eS mit Ihrem Wissen geschehen. Allerdings soll daS Ver hältnis jetzt zu Ende sein, weil der Liebhaber sich zurückgezogen —" „Herr!" donnerte der Stadtsekretär ingrimmig, „Sie wagen, diese Infamie gegen eine wehrlose junge Dame noch zu ver größern? — Wagen «S, mir, dem Vater, solchen Schimpf inS Angesicht zu schleudern, ohne vor Scham in die Erde zu sinken?" „Mein Gott, Sie haben mich ja selber zum Sprechen ge zwungen," stotterte der Senator, sich ängstlich nach der Thür zurückziehend. „Ja, ich habe den Fuch» zum Loche Hinausgetrieben", hohn- lachtr Brandner, daS ganze Arsenal der Verachtung in dieses Wort legend, „und bin leider Gottes um «ine große Erfahrung reicher geworden. War so thöricht, zu glauben, mir hier in der Vaterstadt, der ich mein ganze» Leben, geweiht, Verkauen und Freundschaft erworben zu haben und muß leider sehen, daß die schlimmst« Verleumdung, welche man an einem Familienvater ver üben kann, sofort geglaubt und weiter verbreitet wird. Muß er ¬ leben, daß ich keinen einzigen Freund besitze, welcher mich auf- klärt über ein Bubenstück sondergleichen, daß kein einziger Ehren mann in dieser Stadt existiert, welcher den Mut bewiesen oder das Gerechtigkeitsgefühl besessen hat, der Verleumdung einer Dame, deren Leben bislang völlig makellos gewesen, entgcgenzutreten. — Halt, nicht von der Stelle, Herr Senator", unterbrach er seine fulminante Rede, „bis Sie mir den Verleumder genannt." An der offenen Thür des Klubzimmers standen mehrere Herren, unter ihnen auch der Bürgermeister, welche am lieben wieder fort gegangen wären, wenn sie sich nicht gegenseitig dieser Flucht ge schämt hätten. — Jetzt trat der Bürgermeister mit entschlossener Miene ein, worauf die übrigen Herren folgten und die Thüre schlossen. „Ich hörte, was hier zur Sprache gekommen", begann der Bürgermeister, „und fühle mich gedrungen, Ihre maßlosen Be schuldigungen zurückzuweisen, Herr Stadtsekretär. Wir haben cs Ihnen durchaus nicht entgelten lassen, konnten unS aber auch nicht verpflichtet fühlen, zur Rechtfertigung Ihrer Tochter eine Lanze zu brechen. Wer das Gerücht aufgebracht oder verbreitet hat, weiß niemand —" „Vom Himmel herab wird cs nicht gekommen sein, Herr Bürgermeister!" fiel Brandner ironisch ein, „doch, es ist gut — meine Tochter kann von diesem schmutzigen Klatsch nicht berührt werden, ich aber halte jedes Wort, daS ich vorhin gesprochen, aufrecht, werde sodann alles aufbiclen, um den Verleumder zu entdecken und zur Bestrafung zu ziehen, wie ich eS auch mit jedem Verbreiter oder Nachbeter dieser schändlichen Verleumdung unerbittlich zu halten gedenke. Ich empfehle mich Ihnen, meine Herren!" Diese blickten sich nach seiner Entfernung verblüfft an, bis man etwa» kleinlaut dem Herrn Bürgermeister, der von der ganzen unerquicklichen Angelegenheit nichts mehr hören wollte, Bei stimmung gab. Als der Stadtsekretär nach Hause zurückkehrte, traf er unter wegs den alten Hausarzt, mit dem er sofort die Verleumdungs geschichte erörterte, indem er auch ihm die härtesten Vorwürfe machte, daß er die Sache verschwiegen habe. „Unsinn!" sagte der alte Arzt — derselbe, welcher die Ge fangenen behandelte — „ich habe mir von vornherein den albernen Klatsch verbeten und mich barsch genug darüber geäußert. Da hat man mich denn bald in Frieden gelassen. Habe es beim Himmel nicht ahnen können, daß die unsinnigste Verleumdung, welche jemals von einem miserablen Gehirn erdacht werden konnte, so viele Gläubige finden und sogar eine Art Verfemung zu stände hätte bringen können. Aber man sicht daran so recht wieder die schwache Menschennatur, welche nur zu gern das Schlechte vom lieben Nächsten glaubt. Soviel steht indessen ebenfalls fest, daß eS hier eine ganze Menge Männlein und Wciblein giebt, die es im stillen Kämmerlein ihres Herzen« nicht glauben, sondern Partei für Ihre Tochter ergreifen, doch leider zu feig sind, ihre Meinung laut zu sagen, oder sich fürchten, vielleicht vor Gericht erscheinen und zeugen zu müssen. Sehen Sie, lieber Freund, so schlecht sind die Menschen nun doch nicht, wie sie Ihnen jetzt notwendig erscheinen müssen. Sic dürfen Ihr Gemüt nicht da- durch verbittern lassen, sondern der Zeit und dem gesunden Sinn Ihrer Mitbürger vertrauen. Ucberlassen Sie mir nur jetzt die Geschichte, welche sich wie ein giftiger Pilz verbreitet hat, während ich selber, da man meine Grobheit fürchtete, ebenso ahnungslos wie Sie daran vorübergcschritten bin. Wollen Sie eS, Freund Brandner?" „Ja, Doktor, hier meine Hand darauf. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, weil Sie meinen Mut wieder aufgerichtct haben. Was soll ich aber mit Klara anfangcn?" „Schicken Sie sie auf einige Wochen zu der Tante nach N." „Dorthin wird sie nicht gehen, sie hält es bei meiner Schwester kein« drei Tage auS."