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— Sonntag, -en 2 t. Juli 18S8 L«» 57. Jahrgang o Bezirks- Anzeiger Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg Ansnal-KcSüyktal Etnlpalltg« Petit-Zeile oder deren Raum 10 Ps.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.: „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich Lü Ps. — Uompüziertc Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat 25Ps.cxtra berechnet Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends süc den svl- gendcn Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 00 Ps., monatlich 50 Ps., Einzelnummer s,Ps. Bestellungen werden in nuferer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstalten angenommen. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Rostberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Rossberg In Frankenberg i. Sa. bis 12 Uhr Vormittags und 2 bis i/,9 Uhr Nachmittags; ü) mit Conditoreiwaaren, Tabak und Cigarren von ^11 Uhr Vormittags bis */,9 Uhr Abends. Frankenberg, am 21. Juli 1898. Der Stadtrat h. vr Mettig, Bürgermstr. V. Die Sonntagsruhe im Han-elsgewerbe nm Schützenfeste betreffend. Anläßlich deS vom 24. bis 31. Juli dieses Jahres stattfindenden Frankenberger Schützen» festes werden in Abweichung von den bestehenden Bestimmungen sür die beiden Sonntage, 24. Juli und 31. Juli, aus Grund von Z 105b Absatz 2 der Reichsgewerbeordnung folgende Ausnahmebestimmungen erlassen: I. Verkehr auf der Schützenwiese: Es ist lediglich der Handel mit Eßwaaren, einschließlich der Konditoreiwaarcn, sowie mit Tabak, Cigarren und Blumen und zwar nur in dec Zeit von Nachmittags 2 bis 12 Uhr gestattet. II. Verkehr innerhalb der Stadt: Es ist gestattet a) der Handel mit Fleisch und Fleischwaaren, ausschließlich der sogenannten Delikatessen, von 6 bis 8 Uhr Vormittags, von 11 bis 12 Uhr Mittags und ^2 bis Vz9 Uhr Nachmittags; b) mit Brod und weißer Backwaare ausschließlich der Konditoreiwaaren, sowie mit Milch , zu den üblichen Stunden und bis ^9 Uhr Abends; v) mit anderen Eßwaaren, sowie Colonial- und Trinkwaaren von 6 bis 8 Uhr und ^11 Versteigerung in Anerswal-e. Montag, den 25. Juli d. I«, Nachm. 4 Uhr soll in AuerSwalde dar auf ca. 8/4 Acker anstehende Gras gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. Sammelort: Gasthof „Zum Erbgericht". Frankenberg, am 23. Juli 1898. Sekr. Müller, Gerichtsvollzieher. Bekanntmachung. In der Nacht zum 19. Juli 1898 sind in AuerSwalde einem Gutsbesitzer aus dem Stalle von zwei unbekannten Dieben zwei vierjährige Wallache, der eine hellbraun mit Stern und Schnippe und schimmelig sarbener Mähne, der andere dunkelbraun, mit kleinerem Stern und kleinere Schnipp« und weißem linken Hinterfüße und nach außen stehenden Vorderfühen, mitsammt dem Geschirre ge stohlen worden. Die Spitzkummete hatten Messingbeschlag und schwarzes Rückzeug. Die Diebe sind Nachts ^2 Uhr im Trabe durch Garnsdorf und später im Galopp durch Burgstädt fahrend gesehen worden. Wer Wahrnehmungen gemacht hat, die zur Ermittelung der Diebe oder der gestohlenen Sachen führen könnten, wird ersucht, sofort dem nächsten Polizeibeamten oder der unterzeichneten Behörde Nachricht zu geben. Bemerkt wird noch, daß gleichartige Diebstähle in der Umgegend von Chemnitz in der letzten Zeit wiederholt begangen worden sind. Chemnitz, am 21. Juli 1898. Der Königliche Staatsanwalt. - Haußner. Wochenschau. Die erste Woche der sächsischen Schul- und Gerichtsferien war vom Wetter in erfreulichster Weise begünstigt — unberufen! möchte man nach einem alten Aberglauben hinzufügen, denn die Fortdauer günstiger Witterung ist noch recht dringend notwendig. Das Getreide steht im allgemeinen im ganzen deutschen Reiche recht gut, begünstigt das Wetter seine Einbringung, dann dürfen die Landwirte wohl zufrieden sein. Aber das Wetter, das Wetter! Trotzdem die Tage schon im Abnehmen begriffen sind, haben wir von einem wirklichen Sommer noch käum etwas verspürt. Und in merkwürdiger Uebereinstimmung hiermit ist auch in Deutschland bisher in der Politik nicht die gewohnte sommerliche Stille eingetreten. Die Reichstagswahlen mit ihren voraufge gangenen Wahlkämpfen und ihren nachfolgenden Wahlerörterungcn haben die ersehnte Ruhe wachen-, ja monatelang verscheucht. Dazu kam der ewige Streit darüber, ob das Reichstagswahlrecht abgeändert werden würde oder nicht. Noch die letztvergangene Woche war erfüllt von dem Gerücht, das Zentrum sei sür die Aufhebung der geheimen Stimmabgabe gewonnen, sodaß in der nächsten Reichstagssession schon, auf Grund einer Regierungsvor lage oder eines von konservativer Seite ausgehenden Initiativ antrages, eine Aenderung deS Reichstagswahlrechts in dem ge dachten Sinne erfolgen würde. Ob an dem Gerücht wirklich etwas ist, steht noch nicht fest; die Zentrumsblätter haben eine ausfallend reservierte Haltung den bezüglichen Angaben gegenüber beobachtet. Herrschen in dieser Beziehung noch Zweifel, so werden solche bezüglich einer umfassenden Militärvorlage an den Reichstag mit jedem Tage mehr zerstört. Gerade die der Regierung nahe stehenden Blätter versuchen nicht, die betreffenden Meldungen auch nur mit einem Worte zu widerlegen, sie übernehmen sie vielmehr ohne jeden Kommentar. Und wieder andere in militärischen An gelegenheiten stets wohl unterrichtete, dem KricgSministerium nahe stehenden Organe erklären eine Neuregelung der Friedenspräsenz stärke als ganz etwas Selbstverständliches, da die Friedenspräsenz durch das Militärgesetz von 1893 nicht dauernd, sondern nur aus 5 Jahre festgesetzt ist. Mit dem Etatsjahre 1898 laufe aber diese Frist ab, sodaß eine Neuordnung notwendig werde. Nicht unerwähnt wollen wir dabei aber lassen, daß der preußische Kriegs minister noch im Winter ausdrücklich erklärt hat, daß eine Heercs- vermehrung nicht beabsichtigt sei und daß auf Grund dieser Er klärung alle anders lautenden Meldungen von ernsthaften Blättern als Kombination zurückgewiesen werden. Da wir nun einmal von militärischen Dingen reden, so müssen wir noch auf die in den letzten Tagen vorgekommcnen Massenvergiftungen von Sol daten in Altona und in Lüben zu sprechen kommen. Wenn auch die Untersuchung über die Ursache der Krankheitserscheinungen noch nicht abgeschlossen ist, so unterliegt cs doch keinem Zweifel, daß die Schuld daran die Lieferanten von Fleisch oder Konserven be trifft. Daß die Heeresleitung die erforderlichen Maßnahmen treffen wird, um die Wiederkehr so bedauerlicher Ereignisse, wie sie jetzt allgemein beklagt werden müssen, ein für allemal zu verhüten, darf mit Sicherheit vorausgesetzt werden. Der infolge der preußischen Verordnung über den Transport von Gänsen von Rußland angekündigte Zollkrieg ist erfreulicher weise noch in letzter Stunde abgewcndet worden, nachdem von den Bestimmungen der Verordnung einige Ausnahmen gestattet worden waren, denen angeblich noch weitere folgen sollen. Daß die Angabe, der preußische Landwirtschaftsminister v. Hammerstein habe ohne Wissen des Ministerpräsidenten Fürsten zu Hohenlohe die in Rußland so übel aufgenommene Verordnung erlassen, be gründet sein sollte, scheint wenig glaubhaft. Hat sich der Fürst Hohenlohe während seiner AmtSthätigkeit auch nirgends hervor- gedrängt, so hat er doch auch niemandem gegenüber einen Zweifel darüber gelaffen, daß er in letzter Instanz die Verantwortung zu tragen und daher auch in jeder wichtigen Angelegenheit einzu greifen hat. Eine durch Indiskretion an die Oeffentlichkeit gelangte Mit teilung über eine ernste Verstimmung zwischen dem Kaiser und dem Regenten des Fürstentums Lippe, dem Grafen von Lippe- Biestcrfeld, hätte man gewiß lieber als ein unbegründetes Gerücht, als eine den Thatsachen entsprechende Angabe ausgenommen. Leider ist das letztere der Fall. Der Erbfolgestreit im Fürstentum Lippe ist noch in frischer Erinnerung. Der Schwager unseres Kaisers mußte die Regentschaft dem Grafen von Lippe-Biesterseld überlassen, dessen Thronfolge zunächst angezweifelt worden war, weil sich der Großvater des gegenwärtigen Regenten mit einer einfachen Gräfin, Modeste von Unruh, vermählt hatte, dem aber alsdann in einem unter dem Vorsitz des Königs von Sachsen er gangenen Schiedsspruch das Recht der Thronfolge zuerkannt worden war. Der Graf hatte sich nun in einem seinem wortgetreuen Inhalte nach bisher nicht bekannt gewordenen Briefe beschwerde- führend an den Kaiser gewandt, daß seinen Söhnen die diesen gebührenden Ehrenbezeugungen nicht erwiesen wurden und ihnen anscheinend das Recht der Ebenbürtigkeit versagt werden sollte. Darauf hat denn unser Kaiser thatsächlich telegraphisch geantwortet. Daß die Antwort nicht so scharf ausgefallen ist, wie es in einigen Blättern dargestellt wurde, ist heute schon erwiesen. Der Wort laut des Telegramms, so wurde von zuverlässiger Stelle gemeldet, sei ungenau wiedergegeben worden; daß die Antwort auch am Hofe des Regenten nicht so ausgenommen worden ist. wie man es nach Zeitungsmeldungen vermuten mußte, geht schon daraus hervor, daß die Veröffentlichung des kaiserlichen Telegramms ohne Wissen und gegen den Willen des Grafen-Regcnten erfolgte. Nach der Rückkehr des Kaisers von der Nordlandsreise wird jeden falls noch eine völlige Aufklärung über die ganze Angelegenheit erfolgen. In Osterreich-Ungarn liegen die Dinge noch unverändert. Wie die „N. Fr. Pr." schreibt, gedenkt die Regierung in der nächsten Zeit mit den Parteien keine weiteren Verhandlungen zu führen. Der Gedanke, den Reichsrat im August einzuberufen, gelte als ausgeschlossen; vor September ist die Einberufung keines falls zu erwarten. In der Zeit bis dahin dürsten Beratungen der Regierung und Verhandlungen mit der ungarischen Regierung über die Frage stattfinden, welche die gegenwärtige Situation im Hinblick auf die Gestaltung des Ausgleichs und auf die Verwal tung der pragmatischen Angelegenheiten von selbst aufwirft. — Stach dem Muster Ungarns trifft nun auch Oesterreich seine zollpoli tischen Vorkehrungen für den Fall, daß eS nicht zur Erneuerung des Ausgleichs kommen sollte. Der österreichische Handclsminister besprach dieser Tage im sogenannten Industrie-Beirat dessen zu künftige Thätigkeit und bezeichnete als die nächste Aufgabe die Vorarbeiten zu den im Jahre 1903 zu erneuernden Handelsver trägen unter Einvernahme von Experten. Der Minister erklärte, daß hierzu volle Klarheit über den Umfang des Zollgebietes not wendig sei, welches bisher als österreich-ungarische» auftrat, also ein Ansporn mehr, die Verhältnisse zu Ungarn ins Reine zu bringen. Der hohe Ernst der Situation gebiete Vorbereitungen sür den Fall zu treffen, daß der Ausgleich mit Ungarn nicht zu stände komme. DaS sei aber nicht allein Sache der Regierung, sondern aller Beteiligten. „Wir wollen," so sagte der Minister, „alle diese Vorbereitungen nicht zu ciffcm kriegerischen Endzweck treffen, sondern die Konsequenzen und Möglichkeiten einer Tren nung eingehend prüfen, um, wenn auch in letzter Stunde, die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit zu erhalten." Im englischen Untcrhausc wird, allerdings erst sür da« kom mende Jahr, eine neue Flottenvorlage angekündigt. Da die in diesem Jahre erst bewilligten Neubauten zum Teil noch nicht in Ausführung gegeben sind, ist die Eile auffällig. Sämtliche eng lischen Werften sind derart in Anspruch genommen, daß man den Bau eines großen neuen Docks in Devonpott plant. — DaS englische Oberhaus hat die Vorlage, welche unliebsamen Einwan derern die Niederlassung in Großbritannien verbieten will, an genommen. In der gegenwärtigen Tagung kann der Gesetzentwurf von dem Unterhause nicht mehr erledigt werden, in der nächsten Session wird er jedoch wohl ohne Zweifel zur Annahme gelangen. Das italienische Kabinett tritt nach wie vor mit der Energie auf, welche die unruhigen Zeiten erheischen. Den Blättern, die den Wunsch nach einer „Rekonstruktion" des Ministeriums au»- sprechcn, wird eine derbe Abfertigung zu teil, indem offiziös er klärt wird: „Sollte das umfassende wirtschaftlich« Programm d«S Kabinetts, dessen Verwirklichung geradezu eine neue Aera für Italien bedeuten würde, durch parteipolitische Schwierigkesten in der Kammer behindert werden, dann müßte das Auskunftsmittel zur Klärung der Lage nicht eben in einer Rekonstruktion de» Kabinetts bestehen, sondern es könnte auch der Versuch gemacht werden, durch einen Appell an das Land eine für das Zusammen wirken mit Pelloux geeignetere Volksvertretung zu gewinnen." Auch wird in den politischen Kreisen Roms angenommen, daß die Regierung mit Schließung des Parlaments den Zweck verfolgt habe, die Immunität der Abgeordneten, welche am 7. August erlöschen wird, außer Kraft zu setzen und cs wird vielfach an die Eventualität der Ausschreibung von Neuwahlen, die im Laufe deS November stattfindcn würden, geglaubt. Vom spanisch-amerikanischen Kriege ist nicht viel Neues zu sagen; es ist wohl anzunehmen, daß spanischerseits in aller nächster Zeit die Friedensvcrhandlungen eingeleitct werden. Denn wenn Cuba, zumal die Insurgenten jetzt eine den Amerikanern nichts weniger als freundliche Haltung bezeigen, auch noch eine ganz geraume Zeit Widerstand zu leisten vermag, so ist es doch ganz klar, daß der endliche Sieg der Amerikaner seitens Spaniens nicht mehr abgewcndet werden kann und daß letzteres heute noch günstigere Friedensbedingungen erzielen könnte, als nach einigen Wochen oder Monaten. Wenn man freilich bedenkt, wie scharf die spanische Regierung gegen den General Toral einschreitet, dem sie vorwirft, Santiago ohne Slot an den Feind ausgclicfert zu haben, so werden die Friedenshoffnungen allerdings wieder recht gehörig hcrabgedrückt. In Spanien selbst geht es verhältnis mäßig ruhig zu, die befürchtete Revolution steht heute in weiterer Ferne als seit langer Zeit, der Ausnahmezustand erweist sich also als eine praktische Maßnahme. Auch die Karlistcn zeigen sich gegenwärtig noch ruhig und maßvoll; trotzdem fürchtet die Re gierung diese mehr, als den Unmut des Volkes. In Petersburg ist der Fürst von Bulgarien mit seiner Familie zum Besuche des russischen Hofes angekommen; ihm wird von dem dortigen Rcgierungsorgan ein ausfallend warmer Will- kommensgruß gewidmet. Die Reis« des Fürsten soll übrigen» mit dem Abschluß einer russisch-bulgarischen Militärkonvenlion Zu sammenhängen. In Konstantinopels und in mehreren Städten Kleinasien» haben die türkischen Behörden etwa 50 Armenier verhaftet, da man einer neuen Verschwörung auf die Spur gekommen sein will. Es sollen hierbei auch eingeschmuggelte Waffen beschlagnahmt worden sein. Dieser Vorgang wird von türkischer Seite al» Veranlassung genommen werden, um die Forderung Rußland», betreffend die Wiederaufnahme der armenischen Flüchtlinge, zurück« zuwciscn. — Die krctensisch« Nationalversammlung hat im Prin zip die provisorische Verfassung sür Kreta mit dem Vorbehalte angenommen, daß die Rückkehr der türkischen Bevölkerung in die Provinzen erst nach der definitiven Entfernung der türkischen Be satzung erfolge.