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vo« Politikern usw. bringt Ick weise nur darauf M, datz Stresemann sehr oft karrikiert wird, dem doch der Herr Justizmintster sehr nahe steht, ohne daß gegen alle diese wegen Beleidigung vorgeaangen wird. (Justlzminister Bünger: Weil die nicht Strafantrag stellen, da- ist sehr einfach, da- Hütte der auch nicht machen sollen l) Wenn da» schon an dem Strafantrag liegt, so bin ich der Meinung, daß dann doch die Justiz auf diese Leute, die so wenig Witz im Leibe haben, daß sie Strafantrag stellen, bei ihren Urteilen Rücksicht nehmen müßte, daß also auf die allergeringste Geldstrafe erkannt werden müßte. Ein weiteres Fehlurteil scheint mir — und da- oürfte ja die Rubrik sein: geringe- Verständnis für die sozialen Umstände, in denen die Arbeiter leben — in dem Falle Herzog-Dresden ergangen zu sein, mit dem sich die Dresdner Presse und auch da- Justiz ministerium beschäftigt hat, wo dieser Arbeiter deshalb zu 4 Monaten verurteilt worden ist, weil da- Kind verbrannt ist, also wegen fahrlässiger Tötung. Ich will mich mit diesen Urteilen begnügen. Wir haben in Sachsen Fehlsprüche genug, die darauf Hin weisen, daß in der Strafjustiz nicht alles so ist, wie e» sein müßte. ES ist selbstverständlich, daß auch die Staats anwälte Maßnahmen getroffen haben, die eine ebenso heftige Kritik in der Öffentlichkeit finden müssen. Zunächst ist die Tatsache zu verzeichnen, daß sich in Sachsen kein Staatsanwalt gefunden hat, der wegen der Vorgänge, die sich Oktober 1923 hier abspielten, vorgegangen ist. Wir wissen alle, daß öffentlich, nicht nur im Landtage unter dem Schutz der Immunität, sondern auch in Zeitungen dem frühe« ren Reichsjustizminister Heinze der Borwurf de» Hochverrates gemacht worden ist — darüber kann inan vielleicht im Zweifel sein —, aber doch der Borwurf, daß er eine gesetzgebende Ver sammlung nicht hat stattfinden lassen, also sie dadurch im Sinne des Strafgesetzbuches gesprengt hat. Kein Staatsanwalt hat sich gefunden, der hiergegen vorgegangen wäre. Kein Staatsanwalt hat sich die Mühe gegeben, die notwendig gewesen wäre, um die vielen Greueltaten der Reichswehr, die damals tat sächlich vorgekommen sind, restlos aufzudecken. Beim Volksbegehren haben wir zu verzeichnen, daß in einer Niederlausitzer Zeitung alle diejenigen, die zur Ab stimmung gehen, als Leute bezeichnet worden sind, di: Mein und Dein nicht unterscheiden können. Es ist nun Anzeige erstattet worden gegen denjenigen, de -, diese Behauptung aufstellt. Der Oberstaatsanwalt! in Bautzen geht aber nicht dagegen vor, er verneint, daß ein öffentliches Interesse vorhanden ist, und e> lehnt cS ab, einzugreifen. Die Lausitz scheint über- Haupt ein Wetterwinkel für die Justiz zu sein. D« hat neulich irgendeiner gesagt, daß er auf jede Re publik und auf die Farben schwarz-rot-gold pfeift, denn das wäre schwarz-rot-Mostrich. Es kommt zur Anklage, und der Oberstaatsanwalt in Bautzen hält eS nicht für nötig, einen erfahrenen Staatsanwalt hinzuschlcken, sondern offenbar — ich nehme das an — einen jungen Referendar, der, als die Zeugen das bestätigen, sie fragt, ob denn der betreffende Beleidiger nicht die Flagge des Reichsbanners gemeint haben könne. Wir sehen also, ein Hüter der Justiz, der nach dem Recht sehen soll, springt dem Angeklagten bei. Dann wissen wir alle, daß in dem Prozeß gegen den jetzigen Landgerichtsdirektor AßmuS dieser An geklagte sich von dem amtierenden Staatsanwalt als Kreatur ZeignerS beschimpfen lassen mußte. Soweit ich unterrichtet bin, ist nicht- gegen diesen Staatsanwalt geschehen. Dazu paßt eS auch, wenn wir erleben müssen, daß in Leipzig ein Assessor bei der Staats anwaltschaft von einem, der Nationalsozialist oder deutschvölkisch ist, jedenfalls Führer des Stahlhelms, der den Leipziger Gerichten sehr gut bekannt ist, schwer be leidigt wird, und die Staatsanwaltschaft geht nicht gegen den Mann, der doch Hüter der Rechtspflege sein soll, vor. Dieser Staatsanwalt ist der Herr, den Justiz minister Bünger zum Generalstaatsanwalt berufen hat. Der Grund kann doch nur der gewesen sein: ich möchte nicht und will nicht gegen diesen rechtsstehenden Mann vorgehen, der in Leipzig eine gewisse Rolle spielt. Das letzte Beispiel ist der Staatsanwalt Bur schaper. Er hat den Mut, über die Leipziger Polizei eine Eingabe an das Justizministerium zu machen und darin den Vorwurf zu erheben, als gehe die Leipziger Polizei und insbesondere der Polizeipräsident gegen links nicht vor, sondern nur gegen rechts; und er bringt in dieser Eingabe eine ganz große Zahl von Fällen, von denen mindestens einige so sind, daß man wirklich die berechtigten Zweifel auSiprechen kann, ob der Mann bei seiner Eingabe noch gutgläubig gewesen ist. Hch bringe diese Fälle nicht vor, um das Vertrauen in dre Justiz zu schwächen, sondern weil in letzter Linie der Justizminister für die Fälle verantwortlich ist. Zwar kann er ruhig sagen: Für die Urteilssprechung kann ich nicht, die Richter sind unabhängig nach dem Gesetze — das ist ganz richtig —, aber der Justizminister eines Lande- Hat es doch in der Hand, durch kluge und weitschauende repubklikanische Personalpolitik den übelsten Mißständen auf diesem Gebiete etwas abzuhelsen. Aber was sehen wir in der sächsischen Personalpolitik? Ausgesprochene Re publikaner sind, glaube ich, unter dem jetzigen Justlzminister überhaupt nicht befördert worden. Wir sehen seit 1924, daß nur rechtsgerichtete Richter befördert worden sind, mit Ausnahme des früheren Justizministers, der aber auch seiner Partei den Rücken gekehrt hat, und da könnte eS doch scheinen, al- ob die Koalitionsregierung bei dieser Beförderung gewisse Tendenzen verfolgt hätte mit Rück sicht auf die Parieiaufgabe. In der Mehrzahl betreffe» die Beförderungen de- letzten Schub- sogar Deutsch- nationale. (Zuruf recht-: Da- waren die besten!) ES gibt genau so viele und genau so befähigte Republikaner, die an diese Stelle hätten gesetzt werden können. Justiz Unzufriedenheit herrschte, da» ist keine neue Er scheinung. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß im Bauernkriege in einem Punkt der sogenannten Heil bronner Beschlüsse vom 9. Mai 1525 gefordert wurde, daß die gelehrten Richter zu den Gerichten nicht mehr zugelassen werden können. Wir haben also hier schon deut lich die Erscheinung, daß die damalige Bevölkerung — und die Bauern machten damals den weit überwiegenden Ail aus — mit der Gelehrtenjustiz nicht zufrieden war. Und diese Erscheinung ist die Jahrhunderte über bei- behalten worden, sie muß da sein, weil wir eben in einer nach Klassen geschichteten Gesellschaft leben. Neuerdings — und da ist es bezeichnend, daß sich der höchste Richter des Reiches mit diesen Dingen offenbar auch sehr eingehend beschäftigt — spricht man weniger von Klassenjustiz oder politischer Justiz, man spricht von der Vertrauenskrise der Justiz, und so hat der Reichs gerichtspräsident Simons ausgerechnet am 9. November 192V einen Vortrag in München über dieses Thema gehalten. Er weiß sich offenbar damit im Gegensatz zu so vielen seiner Kollegen. Ich gebe Herrn Abg. vr. Wagner zu, daß die Richter vielfach so überbürdet sind, daß sie sich mit der Literatur nicht befasset» können und daher auch nicht mit diesem Problem. Das ist sehr bedauerlich, denn die Richter müßte dieses Problem in allererster Linie interessieren. Der Reichsgerichtspräsident hat ferner am 27. November 1926 einen Brief geschrieben, der insbesondere die Aufwertler, die Volksrecktspartei außerordentlich interessiert. In diesem Briefe wird gesagt: Die Rechtssprechung des Deutschen Reiches be' findet sich angesichts der Kriegs- und Nachkriegszeit in der schweren und fast unerträglichen Lage, daß sie vielfach nicht mehr eigentliches Recht, sondern nur noch mehr oder minder großes Unrecht sprechen kann. Aber getreu dem Eid auf die Verfassung muh sie ihre Sprüche nach dem Inhalt der Gesetze fällen. Das besagt also doch nichts mehr oder nichts weniger, als daß der Reichsgerichtspräsident der Meinung ist — die ich natürlich auch teile —, daß die Aufwertungsrecht sprechung auf Gesetze zurückgeht, die durch Machtsprüche von Parteien im Parlament zustande gekommen sind. Wir wissen ja, welche Parteien das sind. Es ist merk würdig, daß gerade die Volksrechtspartei in diesem Par lament Anschluß an die Parteien sucht, die im Reichstage dieses Unrecht, von dem der Reichsgerichtspräsident spricht, geschaffen haben. Also cs ist hier mit einer Deutlichkeit gesagt, mit der eben nur der höchste Richter sprechen kann, daß es ein Klassenrccht gibt oder ein Machtrecht, eine Machtgesetz gebung, die natürlich die entsprechende Rechtsprechung erzeugt, so daß die Rechtsprechung, die er meint, Unrecht ist. Aber der Herr Reichsgerichtspräsident hat dabei über sehen, daß, soweit wir die politische Justiz haben, wir sie im Zentrum, im Reichsgericht in Leipzig haben. Ich bin weit entfernt davon, etwa den gesamten Reichs gerichtsrichtern daraus einen Borwurf zu machen, denn der Kopf dieser Justiz sitzt ausschließlich im vierten Straf senat, und Produkte seiner politischen Justiz haben ja das Haus schon heute besonders mit den sogenannten Buch händler- und Wucherprozessen beschäftigt. Wenn man ein Jurist mit warmen Blute ist, so kann einen diese Rechtsprechung in Wallung bringen. Wären wir Ro manen, würde es in ganz Deutschland einen Sturm der Entrüstung geben über diese Justiz. (Sehr gut? links.) In dem sogenannten Tschckkaprozeß hat derselbe Vor- sivcnde, Herr Niedner, drei Todesurteile gefällt. Jeder Jurist, der die Broschüre des Rechtsanwalts Brandt über den Tschekkaprozcß gelesen hat, kann nur den Kopf fchütteln, wie das möglich gewesen ist. Seit diesem Tschekkaprozeß haben wir übrigens die merkwürdige Erscheinung, daß der Senatspräsident Niedner, wenn er aus dem Reichs gericht auf die Straßen Leipzigs heraustritt, bis zu seiner Wohnung ständig von zwei Sicherheitsbeamten beobachtet wird, damit ihm nichts passieren kann. (Zuruf links: Sehr bezeichnend!) Also vicse politische Justiz, die der vierte Strafsenat und vorher der Staatsgerichtshof geübt hat, wirkt sich für Sachsen insofern aus, als der sächsische Staat diese zwei Sicherheitsbeamten bezahlen muß, und ich richte in aller Öffentlichkeit hier die Frage an den nicht anwesenden Herrn Minister des Innern: erstattet etwa das Reich diese Kosten zurück? Wenn das nicht der Fal ist, möchte der Herr Finanzminister Weber bei den schlechten sächsischen Finanzen dafür Sorge tragen, daß diese Kosten zurückcrstattet werden. (Sehr gut! b. d. Soz.) Ich möchte behaupten, daß die sächsischeZiviljustiz die Erscheinungen der Klassen- und politischen Justiz im allgemeinen nicht kennt, und daß die sächsischen Zivil richter ihre Pflicht getreulich erfüllen, daß irgend ein Tadel sie kaum treffen kann. Man hat in diesem Zusammen hang das Urteil Tittel und Krüger als ein Klassenjustiz urteil erwähnt. Davon kann aber gar keine Rede sein, es könnte nur davon die Rede sein, daß die Vorsitzenden etwas weltfremd sind. Man könnte auch Urteile aus Z 96 des Bctriebsrätegesetzcs oder neuerdings auch gewisse Urteile in Mieterschutzsachen als Klassenjustiz bezeichnen, aber die Beschwerden, die da erhoben worden sind, sind so gering, daß man jedenfalls höchstens sagen kann, die Richter sind nicht ganz auf der Höhe. Anders liegt tue Sache bei der sächsischen Straf justiz. In dieser Beziehung hat ja das Justizministerium gewissermaßen auch selbst anerkannt, daß hier nicht alles in Ordnung ist, wie die Verordnung zur Beschleunigung ves Strafverfahrens, die am 15. März ergangen ist, beweist. Böse Zungen behaupten, daß das Justizministe rium durch diese Verordnung, die sonst zu billigen ist, der Kritik im Landtage hätte zuvorkommen wollen. Ich nehme das nicht an, ich nehme vielmehr an, daß auch das Justizministerium sieht, daß man in Sachsen wohl an der Strafjustiz Kritik üben kann. Aber auch da möchte ich wieder einschränken. Nicht die gesamte Strafjustiz in Sachsen trifft die Kritik, sondern es sind immer wieder dieselben Richter, deren Urteile die Öffentlichkeit be schäftigen. In Leipzig find e» zwei Sammern, in Dresden ebenfalls zwei Kammern. Au» Chemnitz kommen eigent lich wenig Klagen, wir haben dort offenbar den Einfluß be» demokratische« Präsidenten, der selbst eine Straf ¬ kammer hat. Dam» haben wir noch i« einige« Amts gerichten Richler, die von Zeit zu Zeit die Öffentlichkeit mit ihre» Urteilsprodukte« überraschen. Nun meinte Herr Abg. ve. Wagner, man dürfe nicht allzuviel auf die Presse geben, man müßte die Achtung vor der Justiz stärken. Auch wir wollen die Achtung in keiner Weife untergraben, denn auch wir brauchen die Justiz in dem von uns anaestrebten Staate. Aber indem wir Kritik üben an den Erscheinungen der Justiz, glauben wir gerade, die Justiz zu einer volkstümlichen Justiz wieder zurückzuführen und ihr dadurch die allgemeine Achtung zu verschaffen, die auch wir der Justiz wünschen. Wenn nun Herr vr. Wagner sagte, auf die Zeitungsberichte kann man nicht viel geben, so weiß ich nicht, warum er Zeitungen aus dem Jahre 1919 fortgesetzt zitiert hat. Selbstverständlich muß man etwas auf die Zeitungen geben, und wir müssen sogar sagen, daß die Presse ein großes Verdienst hat, indem sie fortgesetzt auf die Fehl sprüche der Justiz hinweist und dadurch zu bessern sucht, was sie eben durch öffentliche Kritik bessern kann. Ich kann schon wegen der beschränkten Zeit nicht auf die Unmasse von Urteilen eingehen, die die Öffentlichkeit in der letzten Zeit erregt haben. Wenn Herr Vr. Wagner sagte, daß es nur eine verschwindende Zahl der Fälle sei, so ist das leider nicht wahr, es sind eine große Zahl von Fällen. Als Motto dafür kann ein Zitat aus einer der letzten Nummern der „Weltbühne" angeführt werden, die unterm 17. Mai schreibt: Kommunisten stacheln zu Ausschreitungen gegen Nationalsozialisten auf. Urteil des Schöffengerichts Dresden vom 4. Januar 1927 wegen Landfriedens bruch längstens zehn Monate Gefängnis. —ganz selbstverständlich, wenn die Linke inFrage kommt!— Nationalsozialisten greifen Reichsbanner an. Urteil des Schöffengerichts Dresden — also desselben Schöffengerichts und zeitlich ganz nahe liegend — vom 8. Januar 1927 wegen groben Unfugs 30 M. bis eine Woche Hast. Diese beiden Gegenüberstellungen kann man gewisser maßen allgemein verwenden, denn in der Tat, so fallen die Urteile bei der von mir gekennzeichneten Strafjustiz in Sachsen aus. Ich will nur ganz wenige Fälle hier erwähnen. Der Redakteur Frenzel von der „Leipziger Volkszeitung", der aus einem Parlamentsbericht ein Gutachten des Reickswehrministeriums wiedergegeben hatte, wird we gen Vergehens gegen 8 17 des Pressegesetzes zu vier Monaten Festung verurteilt. Bei diesem Verfahren war übrigens Vorsitzender einer der Herren, die ich vorhin meinte, wenn ich sagte: es sind immer dieselben Leute in Sachsen, in Leipzig sind es zwei. Es kommt dabei auch der Name des Staatsanwaltes mit vor, den ich namentlich nennen muß, den Staatsanwalt Burschaper. Also vier Monate Gefängnis. Und was sehen wir? Die selbe Straftat wird in Berlin begangen m der „Volks zeitung" und im „Vorwärts". Und wie urteilt das dortige Gericht? Je 150 M. Geldstrafe. Dann möchte ich ein zweites Urteil erwähnen, wel- ckes geringes mangelhafte- Verständnis für die Arbeiter zeigt und sich deshalb auch als eine Art Klassenjustitz auswirkt, obwohl der Prozeß nicht gegen die Arbeiter selber ging. Ich meine, den sogenannten Bankprozeß, der in Leipzig gegen eine Reihe von Bankdirektoren vor der 5. Strafkammer im Landgericht Leipzig geführt wird, die Sache Fuchs und Gen. Die Direktoren hatten ihre Angestellten viel länger arbeiten lassen, als sie es damals nach dem Arbeitszeitgesetz durften. Sie wurden in erster Instanz zunächst verurteilt, in zweiter Instanz dann freigesprochen, auf Revision beim Reichsgericht kam die Sache wieder zu rück, aber sie sind auch dann wieder freigesprochen worden, weil man angenommen hat, daß Bankange stellte freiwillige Mehrarbeit leisten, obwohl sie diese frei willige Arbeit nicht bezahlt bekommen haben. Das ist natürlich eine Vorstellung, die eben bloß Juristen haben können. Dann kommt ein Urteil auch vom Amtsgericht Leip- zig, da muß ich allerdings ausdrücklich sagen: das ist eine Entgleisung eines sonst trefflichen Richters. Das ist das so genannte Rößler - Urtetl, die Erlebnisse eines Entführers, die in der Dresdner Presse insbesondere sehr eingehend geschildert worden sind, und zu dem das Justizministerium meines Wissens bis heute noch nicht Stellung genommen hat. Das ist ein ganz unoflaublicher Fall, besonders durch die Begleitumstände. Dieser Rößler hat, nachdem er lange in Haft gesessen hat, und zwar wegen eines Falles, wo doch mindestens eine Freisprechung aus sub jektiven Gründen sehr nahe lag — er soll eine Frauens person, die 20V« Jahre alt. also allerdings noch minder- jährig war, entführt haben —, zunächst wegen Entfüh rung zur Ehe 9 Monate Gefängnis bekommen, in zweiter Instanz wegen Verführung zur Unzucht nur 3 Monate. Das ist allerdings ein bedauerlicher Fehlspruch, unter politische oder Klassenjustiz kann er aber nicht einrubrtziert werden. Dann kommen Urteile, die vor kurzer Zeit in Meißen ergangen sind wegen Beleidigunader Reichs wehr: „Soldat sein heißt: Berufsmörder von Mitmenschen werden," wo der Betreffende zu 500 M. Geldstrafe ver urteilt worden ist. (Abg. Dobbert: Da- ist unerhört!) DaS Amtsgericht Meißen beschäftigt die Öffent lichkeit auch noch in einer anderen Sache. Da hat die Zeitung den Bürgermeister in einer Karrikatur gebracht, und es. wird Anklage erhoben. Und waS sehen wir? Dieser Redakteur, der die Karrikatur gebracht hat, wird deswegen bestraft, und zwar mit einer sehr eigenartigen Begründung, gegen die sich die Deutschnationalen rühren sollten. ES wird nämlich gesagt, da» fei eine Herab würdigung de» Dargestellten, weil er mSbesondere so korpulent daraeflellt sei, daß er den Eindruck eine» arroganten, sehr wohloeleibten Pfarrer» mache. Da» ist selbstverständlich eine Begründung, die wir nicht gelten lassen können, und bei der wir weiter sagen müssen, da» Amt»gericht scheint gar keine Zeitungen zu lesen und nicht zu sehen, daß jede große Zeitung täglich Sarrikature» Druck »M U.O^UtUöme tu Der-dm.