Volltext Seite (XML)
8«r In jenen Richtlinien wird z. V. unter I DahrkehnS- empfänger in Abs. 2 gejagt: An Privatpersonen dürfen in der Reget Bau darlehn nur für Ein- und Zweifamilienhäuser ge währt werden. DaS „in der Regel" wird aber bi» zu einem gewissen Grade mißbraucht. Es müßte eigentlich heißen, daß Baudarlehn nur für Ein- und Zweifamilicn Wohnhäuser gewährt werden unter der Voraussetzung, daß der Bau dein eigenen Wohnungsbedarf dient und der Bauherr entweder wohnungslos istoder als dringlich vorgemerkt ist. Wir haben hier in Dresden einen Baugewerken, der 500—600 Wohnungen hergestellt hat und selbstverständlich mit diesen MietzinSsteuermitteln früher oder später in den Besitz eine» erheblichen Vermögens kommt. Hier ist das „in der Regel" mißbraucht. So geht die Sache nicht. Es muß deshalb aus jenen Bestimmungen, die das Arbeits- und Wohlfahrtsministerium seinerzeit erlassen hat, die Worte „in der Regel" herausgenommen werden. Die Genreinden vergeben mitunter auch die Mittel aus der Mietzinssteuer direkt an besitzende, an schwer- reiche Leute, die zwar mit diesen Mietzinssteuermitteln Wohnungen erstellen, aber dabei sich selbst entweder eine schöne Billa oder eine angenehme Wohnung mit bauen. Das ist nicht der Zweck der Mietzinssteuermittel, und hier muß bei diesen Richtlinien eine entscheidende Änderung eintreten. Es muß festgelegt werden, daß man derartige MietzinSsteuermittel nicht an besitzende Kreise geben soll, die über genug Eigenmittel verfügen, um Wohnungen bauen zu können. Weiter möchte an den Richtlinien noch geändert werden der Abs. 3, und zwar dahin, daß man mehr als bisher das gebundene Eigentum in den Vorder grund stellt, entweder NeichSheimbundstättenbau oder Erbbaurecht. Abs. 3,1 besagt: Bei Verteilung der Baudarlehn auf die Bau vorhaben muß der oberste Grundsatz sein, mit ge ringstem Aufwand von Mitteln die größte Anzahl von einfachen, aber guten, zweckmäßigen, auf die Dauer befriedigenden Wohnungen zu erstellen. Das ist an sich richtig. Auch wir müssen befürworten, daß gesunde Wohnungen gebaut werden sollen, aber es darf nicht so weit führen, wie das heute teilweise bei den Bezirksverbänden der Fall ist, daß eine Be grenzung der Mietzinssteuermittel nach unten über haupt nicht stattfindet und daß man letzten Endes dazu kommt, dem, der die wenigsten Mietzinssteuer- mittel zum Wohnungsbau fordert, diese Mietzinssteuer mittel zuzusprechen. Das bedeutet wiederum, daß man alle diejenigen ausschaltet, die nicht kapitalkrästig genug sind, um selbst größere Beiträge zum Wohnungsbau zuschicßen zu können. Dasselbe trifft zu aus die Anliegcrleiflungen. Die Anlicgerleistungen sollen zum Selbstkostenpreis erhoben werden, höher nicht. Es ist aber durchaus nicht selten, daß die Anliegerleistungen ziemlich hoch sind. Dasselbe trifft natürlich auch für Gas, Wasser und Elektrizität zu. Auch hier muß gefordert werden, daß der Preis dieser Anschlüsse nicht höher gestellt wird, als er tatsächlich ist. Dann möchte ich noch anrege», ob eS nicht möglich ist, seitens des Ministeriums mehr darauf zn achten, daß beim gesamten Wohnungsbau eine viel schärfere Normierung und Typisierung durchgeführt wird. Ich glaube, das müßte bis zu einem gewissen Grade eine Ver- billigung der Wohnungsmietcn bedeuten, und es ist zu prüfen, inwieweit man das mit in die Richtlinien einarbeiten kann. Doch will ich noch auf eins Hinweisen. Die Auf- wcrtungssteuer, die gegeben wird, wird in der Regel erst ausgezahlt, wenn der Bau fertig ist. Inzwischen werden Zwischenkredite gegeben. Die Gemeinden handhaben es in der Regel so, daß die Verzinsung der Zwischcnkredite höher ist als 6 Proz., obwohl diese Zwischenkredite in der Regel ans Mietzinssteuermitteln gegeben werden, also aus Mitteln der Allgemeinheit stammen. Auch hier müßte klipp und klar in den Richtlinien festgelegt werden, daß die Verzinsung nicht höher als 5 Proz. sein darf. Weiter ist in diesen Richtlinien auch auf die Aus schreibung hingewiesen worden. Die Erfahrungen, die man damit macht, sind so, daß die Ausschreibungen sich fast in der Regel auf den Ort erstrecken, wo die Bauten hergestellt werden. Das führt dazu, daß die bestimmten Handwerkergruppen ein ganz bestimmtes Monopol mit ihren Ausführungen der Arbeit bekom men, und wir haben es bei uns erlebt, daß sämtliche Malermeister usw. nahezu einheitliche Preise angegeben haben. Es ist daher unseren Baumeistern stark auf die Nerven gefallen, als die Angestellten jetzt ein HauS an einen Chemnitzer Baumeister vergeben haben und nicht einen Mittweidaer genommen haben, weil sich nämlich herausgestellt hat, daß wir ungeheuer über teuert werden mit dieser Sache. ES müßte also zwingend sestgelegt werden, daß, wo irgendwie die Gefahr der Überteuerung besteht, die Ausschreibungen sich auch über den Ort hinaus erstrecken können. Wenn man alle die Faktoren, die hemmend wirken, was teilweise von den Gemeinden bzw. den BezirkS- verbänden noch verschärft wird, indem man die Richt linien des ArbeitS- und Wohlfahrtsministeriums nicht so ausiegt, wie sie der Gesetzgeber gewollt hat, beseitigt, indem dann bei den Verhandlungen versucht wird, diese Richtlinien inMußbestimmungen umzustellen, dann wird eine Verbilligung deS Wohnungsbaues und der Mieten durchgeführt werden, und ich glaube, das liegt im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung. Wir ersuchen den Landtag, unserem Antrag zuzustimmen und ihn an den HauShaltausschuß zu überweisen. Ministerialdirektor vr. Kittelt BereitSdurchVerord- nung vom 20. Februar 1928 hat das Arbeits- und Wohl- fahrtsmintsterium daraufhingewiesen,daß derTilgungSsatz für die Mietzinssteuerhypotheken für die ersten beiden Jahre nach Fertigstellung deS Baues auf 1 v. H. herab gesetzt werden kann und den Gemeinden und Bezirks verbänden dringend anempfohlen, danach zu verfahren. Das Arbeits- und Wohlfahrtsministerium bat sich dabei von dem Gesichtspunkte leiten lassen, daß die MietzinS- steuer vor allem dazu dienen muß, die Aufwendungen für die Wohnungen in ein richtiges Verhältnis zum Einkommen der WohnungSinhaber zu bringen. Aus dem gleichen Grunde wird das Arbeits- und Wohlfahrs- Ministerium in einer Neufassung der Richtlinien für die „Vergebung der Baubeihilfen aus der Aufwertungs- steuer" anordnen, daß der TilaungSsatz gayz allgemein für 5 Jahre auf 1 v. H. festgesetzt wird. Damit wird die bisherige Regelung, wonach vom dritten Jahre nach der Fertigstellung des Baues an der Tilgungssatz 2 v. H. betragen sollte, den Zeitverhältnissen angepaßt. Die Negierung hatte also von sich aus schon die Absicht, ein Verfahren einzuschlagen, wie es dem Wunsche der An tragsteller entspricht. Hierauf wird in die Aussprache über die Punkte 6 bis 8 eingetreten. Abg. Herrmann (Soz.): Zu dem Anträge Nr. 1007 erkläre ich für meine Fraktion, daß wir grundsätzlich für dis Errichtung von Ledigenheime sind. In Chemnitz hat sich kürzlich eine Kundgebung der Arbeiterjugend mit der überaus krassen Wohnungsnot der prole tarischen Ledigen weiblichen Geschlechts beschäftigt, und die in Chemnitz tätige Wohnnngspslegerin hat erschütterndes Material hierzu bekanntgegeben. Das im Bail bcsindliche, von der Kollegin Frau Vr. Ulich- Beil bezeichnete Ledigenheim ist, soviel ich weiß, ein Projekt der volksparteilichen Stadtverordneten Frau Melzer-Chemnitz. Es ist als ein Heim für berufstätige Damen gedacht, Lehrerinnen, Beamtinnen usw. Dieses Heim, für welches hier das Baudarlehn verlangt wird, ist nach unserer Überzeugung keinesfalls so notwendig wie ein Ledigenheim für die in der Industrie be schäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen. Es ist er schütternd, in welchen WohnungSverhältnissen diese Menschen leben, die tagaus und tagein in Fabrik und Werkstatt nicht gerade unter den idealsten Verhältnissen ihre Pflicht tun müssen. Für diese Menschen müssen in erster Linie Ledigenheime geschasfen werden. Zu dem Anträge der Kommunistischen Fraktion Möchte ich kurz folgendes ausführen. Der Verein zur Errichtung von BergmannSwohnungen in Zwickau ist von der Reichsarbeitsgcmeinschaft für den Bergmanns- Wohnungsbau 1920 als Treuhänder beauftragt worden, mit den verfügbaren Geldern den BergmannswohnungS- bau durchzuführen. Der Verein ist paritätisch zusammen- gesetzt aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Spitzen- organisationen des Bergbaues, welche ihre Ämter nur ehrenamtlich verwalten. ES ist nicht so, wie Herr Kollege Schreiber gesagt hat, daß die Mitglieder dieses Vereins irgend welche Entschädigungen erhalten; lediglich die Geschäftsstelle des Vereins unterhält einen Ge schäftsführer, der besoldet ist und der die ganze Arbeit zu der Zeit, als noch gebaut wurde, die ganze Durch führung des Wohnungsbaues überwacht und geregelt hat. Gegenwärtig regelt dieser Geschäftsführer noch den Wohnungstausch, der sich dadurch ergibt, daß sich Bergarbeiter vom Bergbau abkehren und wieder durch Bergarbeiter ersetzt werden müssen; er ist weiter be schäftigt mit den Verkauf von Grundstücken, mit den Verhandlungen, die mit den Amtsgerichten geführt werden müssen über Grundbucheintragungen von Hypotheken, und weiter mit der Aufwertungsfrage. Die Mittel zum Bau von BergmannSwohnungen wurden aus den sogenannten Tonnagegeldern erzielt. Seit März 1924 sind alle diese Gelder weggefallen, weil diese Steuern vom Reiche aufgehoben worden sind; seitdem ruht auch der Bau von Bergmannswoh- nungen. Es ist schon vom Herrn Regierungsvertreter gesagt worden, daß in Sachsen rund 2000 Wohnungen erbaut worden sind, und zwar fast alle in der Inflations zeit. Die Gemeinden, in denen Bergmannswohnungen sind, lehnen eine Aufwertung ab, weil sie der Auf fassung sind, und vielleicht nicht zu Unrecht, daß die zum Bau dieser Wohnungen verwandten Mittel nicht Reichs- Mittel, sondern Allgemeinmittel seien; sie widersetzen ich aus diesem Grunde einer Aufwertung und ver- angen vor allen Dingen die Ausschaltung der Treu- handstellen und die Überführung dieser Siedlungen in das Eigentum der Gemeinden. Das ReichSarbeitSministerium hat nun über diese Streitfrage entschieden, daß die zum Bau von Berg mannswohnungen verwendeten Gelder nicht.Allgemein- mtttel, sondern Reichsmittel sind, nnd die Aufwertung-- frage ist wohl so entschieden worden, daß die Gemein- den mit mindestens 25 Proz. aufwerten müssen. Der Verein zur Errichtung von BergmannSwohnungen ist als Treuhänder vom ReichSarbeitSministerium beauf tragt worden, den Aufwertungsstreit durchzuführen; und er wird, solange alle diese Streitfragen zwischen Gemeinde und Verein nicht vollständig geklärt sind, als Sachwalter de» Reiches weiter bestehen bleiben. Dann erübrigt sich sowieso der Geschäftsführer der Treuhandstelle. Es stimmt auch nicht, wie Herr Abg. Schreiber sagt, daß keine Reparaturen an den Häusern vorgenommen werden. Ich habe mich gerade im Zwickauer Revier sehr um die Dinge gekümmert, weil ich selbst früher vort beschäftigt war. Alle sich nötig machenden Re paraturen der BergmannSwohnungen müssen ja vor genommen werden, um eben den guten Zustand der Wohnungen zu erhalten. (Abg. Schreiber sOberwürsch. nitzj: Aber im Negerdorf werden keine gemacht!) Dann müssen die Betreffenden Abhilfe verlangen. (Sehr rich ig l b. d. Soz.) Soviel ich weiß, liegen Klagen aus den letzten Jahren überhaupt nicht vor. Es ist allerdings zu wünschen, daß auf dem schnellsten Wege die Aufwertung-frage geklärt wird, denn viele Bergarbeiter warten auf diesen Augenblick, um ihre Wohnungen als Eigenheim zu übernehmen. Und wenn das der Fall ist, dann verstummen ja überhaupt alle Klagen, wenn welche vorhanden sind, denn der Berg- arbeiter hat selbst ein großes Interesse daran, daß seine Wohnung in Ordnung ist. Wir werden, weil unsere Kollegen seit Jahren in diesem Verein mit tätig sind, alles das, was ich von dem Herrn Kollegen Schreiber gehört habe, den Mitgliedern dort Vorträgen. Im übrigen werden wir bei der Be ratung im Ausschuß weiter über diese Dinge reden. (Bravo! b. d. Soz.) Abg. I)r. Eckardt (Dnat.): Nach dem, was die Ne- gierung vorgebracht hat, kann ich mich außerordentlich kurz fassen. Ich will nur noch auf folgendes Hinweisen. Es ist richtig, daß jetzt noch 86 Arbeiterwohnungen im Besitze der Gewerkschaft Deutschland sich befinden. Es war schon seit langem geplant, diese Wohnungen in den Besitz einer gemeinnützigen Baugenossenschaft zn überführen. Es scheiterte zunächst daran, daß über die Auswertungsfrage noch keine Klarheit geschaffen ist. Diese Wohnungen werden aber jetzt in die Selbst- Verwaltung der Mieter überführt, und eine diesbezüg- liche Regelung wird in Kürze erfolgen. Es ist ferner richtig, daß die Tätigkeit deS Vereins zur Errichtung von Bergmannswohnungcu jetzt gewisser- maßen dadurch lahmgelcgt ist, daß infolge der Weigerung der Eigentümer, die Aufwertung zu tragen, dem Verein kein Geld zufließt. Diese Frage muß durchgekämpft werden. Dadurch, daß bereits das Reichsgericht ent- schieden hat, daß die Aufwertung erfolgen muß, werden sich ja nun wahrscheinlich auch die Verhandlungen schneller abspielen. Wenn diese Nufwertungsfrage ge regelt ist, dann wird es ja natürlich zweckmäßig sein, daß die einlaufenden Gelder weiter zum Bru von Bergmannswohnungen verwendet werden. Denn den Antragsstellern dürfte ja bekannt sein, wie groß der Mangel an Bergarbeiter wohnungen in den Revieren noch ist und wie man bemüht ist, deutsche Bergarbeiter aus Westfalen und Oberschlcsieu heranzuziehen, deren Herbeischafsung aber meist daran scheitert, daß keine Wohnungen vorhanden sind. Dann möchte ich hier ausdrücklich fcststellen, daß sich der Herr Antragsteller einen ungeheuren Bären hat aufbinden lassen, wenn er behauptet hat, es wären mehrere Direktoren mit 46 000 M. Gehalt vorhanden. In Zwickau, wo ich die Verhältnisse kenne, ist nur ein Geschäftsführer und ein Expedient tätig, dem ganz be- stimmt auch nicht im entferntesten so viel bezahlt wird. Wir stimmen auch zu, daß die Sache dem Haus- haltausschuß v überwiesen wird. Wir werden nur ja da noch näher darüber auseinandersetzen können. Hierauf werden die Anträge Nr. 1VV7 und 1014 dem HauShaltanHschuß der Antrag Nr. 191« dem HanShaltanSschutz v einstimmig überwiesen Letzter Punkt der Tagesordnung: Erste Beratung über den Autrag des Abg. vöchel u. Gen., auf Uber- uahme für eiu von der Gesellschaft Sächsischer Jugenderholnngshcime m. b. H. in Dresden auf- zunehmende» Darlehen znr Errichtnng de» Jugend- erholnngSheim» in Ottendorf b. Sebnitz. (Drucksache Nr. 897.) Der Antrag Nr. 997 lautet: Der Landtag wolle beschließen: die Regierung zu ersuchen, für ein von der Gesellschaft Sächsischer Jugend- erholungsheime m. b. H. in Dresden aufzunehmen des Darlehn von 300000RM. (Dreihunderttausend Reichsmark) zur Errichtung de- Jugenderholungs- Heims Ottendorf bei Sebnitz die Staatsbürgerschaft zu übernehmen. Auf eine Begründung des Antrages wird verzichtet. Da die Regierung Au»schußberatnng verlangt hat, wird der Antrag an den HanShaltaudschutz über wiesen. Die Tagesordnung ist damit erledigt. (Schluß der Sitzung 18 Uhr 58 Min.) Berichtigung. In der 96. Sitzung (Landtagsbeilage Nr. 203 zum Hauptblatt Nr. 286 Seite 789 Spalte 3 oben) hat der Herr Abg. vr. Gelfert (D. Vp ) infolge einer irrigen Meldung als Veranstaltter des Vortrags des Herrn vr. Magnus Hirschfeld über Kameradschaftsehe die „Buch- Handlung Rieß" genannt, es muß aber »Buchhandlun- Titit.mann" heißen. MM*» A G.