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auf das soziale Gebiet hinüberfpielt. Es wird behauptet, daß diese Betten der Privatstation in den schönsten Räumen untergebracht seien und einen ganzen Flügel einnähmen. Das ist nicht der Fall. (Widerspruch b. d. Soz.) 1b dieser Betten sind im zweiten Obergeschoß untergebracht und 13 im Dachgeschoß, und diese 13 Bet ten der Privatstation sind die einzigen Betten von allen Krankenbetten, die überhaupt im Dachgeschoß unter- gebracht sind. (Na also! rechts. —Zurufe links) Also kann man nicht sagen, daß bei der Verteilung dieser Prlvatstation unsozial gehandelt worden sei. Was die Quadratmeterzahl der Fläche anlangt, die Herr Abg. Böttcher, glaube ich, wissen wollte, so kommt in der Privatstation auf ein Bett 20,4 gm, wobei zu berücksichtigen ist, daß hier noch das Kinderbett mit steht und zum Teil eine Privatpflegerin mit drin schlafen muß; für die übrigen Patienten ist für ein Bett 10,46 gm berechnet ohne die Einschränkung, daß das Kind und die Privatpflegerin mit drin sind. Eine übermäßige Beschränkung des Raumes zugunsten der übrigen Patienten tritt also nicht ein, besonders, wenn Sie berücksichtigen, daß 10,46 gm eine durchaus schöne Raumfläche ist, auf der die Kranken anständig und hygienisch untergebracht werden können. (Sehr richtig! rechts.) Also insofern muß ich den Vorwurf der Un- fozialität auch bei der Ausgestaltung unserer Universitäls- einrichtungen zurückweisen. Und nun noch ein letztes, meine Damen und Herren! Auch heute ist wieder in der Ossentlichkeit so, wie es im Ausschuß in doch größerer Abgeschlossenheit gesagt worden ist, hervorgehoben worden, daß die Universität nicht mehr auf der Höhe stehe, daß sie keine Namen mehr aufzuweisen habe. Im Interesse unserer Univer sität widerspreche ich dem, und zwar aus bestem Ge wissen, auf das allerentfchiedenste. Es ist doch eigen artig im sächsischen Landtage, daß wir an dem Schönen und Großen, das wir hier in Sachsen besitzen und um das uns sehr viele Länder und Städte beneiden, immer nur Kritik üben und nicht das Schöne und Große her vorheben. (Lebhafte Zustimmung rechts. — Zurufe links.) Und das haben Sie heute wieder mit der Uni versität getan. (Abg. Weckel: Lesen Sie einmal Ihre Volksparteizeitung vom Jahre 1922 und 1923!) Denken Sie bei Beurteilung der Frage, ob die Universität aus der Höhe ist, nur z. B. daran, wieviel Rufe nach aus wärts an unsere Professoren in Dresden und Leipzig ergehen, dann werden Sie sehen, daß wir doch eine ganze Reihe Namen haben, die auch den übrigen Län dern, die Universitäten besitzen, sehr, sehr begehrenswert sind, und wir müssen manche Anstrenglingen machen, um diese Herren hier in Sachsen zu halten. Also schon diese Ruse allein nach auswärts bewciien, daß unsere Universität nicht zu den schlechtesten gehört. Und wenn Sie damit kommen, zu sagen: wir haben nicht mehr eine Fakultät, wie sie vor 20 oder 30 Jahren noch in Leipzig z. B. die juristische Fakultät dargestellt hat, so habe ich Ihnen schon im Ausschuß erwidert: eine solche Fakultät, wie vor 20, 30 Jahren die juristische Fakultät in Leipzig war, gibt es eben in ganz Deutschland nicht mehr, also auch nicht in Leipzig. Aber wir haben Na men, die sich neben den Namen anderer Universitäten sehen lassen können, auch auf anderen Gebieten, nicht bloß auf naturwissenschaftlichem, sondern auch in der mediziniscken Fakultät und anderen Fakultäten, die durchaus auf der Höhe der Wissenschaft stehen. Also, meine Damen und Herren, wir wollen hier nicht nur unsere Einrichtungen kritisieren, für die der Landtag doch immer sehr sehr viel Geld bewilligt hat, und die ihm schon deshalb am Herzen liegen sollten, daß sie nun wirklich Früchte tragen, sondern wir wollen auch das Große und Schöne anerkennen, das in diesen Instituten liegt, und das auszusprechen, habe ich doch in dieser letzten Stunde des Landtags für meine Pflicht gehalten. (Lebhafter Beifall b. d. Regierungsparteien.) Abg. v. Hickmann (D. Vp.): Bei den Beratungen im Ausschüsse über die Landesuniversität wurde von dem Herrn Berichterstatter und auch sonst besonders darauf hingewiesen, daß jetzt besondere Schwierigkeiten in der Landesuniversität bestehen, wenn sie ihre ge schichtliche Stellung in der Rangordnung der deutschen Hochschulen behaupten will. Es ist zweifellos, daß die Negierung mit der Einstellung dieses Haushaltplanes, die 2^/z Mill. M. für Leipzig mehr fordert als der Jahrgang vorher, gezeigt hat, daß sie an ihrem Teile die Kräfte des Landes anspannen will, um Leipzig zu ermöglichen, doch zu bessern, wo noch unvoll kommene Einrichtungen hemmen. Daß für die Be rufungen nach Leipzig nicht selten Schwierigkeiten darin gegeben sind, daß die Institute, die den Pro fessoren zur Verfügung gestellt werden, für ihre Lehr und Forschungszwecke nicht ausreichen, hat die Er fahrung bewiesen. Es ist auch ganz selbstverständlich gegeben durch die Entwicklung der Wissenschaften, daß die medizinischen und naturwissenschaftlichen Institute es am meisten fein werden, die überholt sind. Nun freuen wir uns, daß aus den Ausführungen des Herrn Ministers hervorging, wieviel gerade jetzt auf dem Gebiete der medizinischen Institute hat geschehen kön nen, und es ist auch schon angedeutet worden, wie vor allen Dingen auf dem Gebiete der naturwissenschaft lichen Institute noch überaus viel zu geschehen hat. Ich habe in den letzten Jahren immer darauf hingewiesen, daß bereits 1917 der sächsische Landtag Mittel bewilligt hatte für die Errichtung eines neuen chemotechnischen Instituts in Leipzig, das heute noch immer unterge bracht ist in den Katakomben eines chemischen Labora toriums, in dem Lernende und Lehrende geradezu un würdig untergebracht sind. Jetzt können wir erwarten, daß doch in absehbarer Zeit eine gesamte Neuanlage der chemischen Institute erforderlich sein wird, und daß hier dann auch eingebaut werden kann das chemotech- nische Institut, von dem ich eben wieder gesprochen habe. Zu den Erfordernissen an neuen Räumlichkeiten sind in Leipzig auch zu rechnen die Erweiterungsbauten, die für das Pädagogische Institut notwendig werden. Tie Regierung hat vollständig Recht, wenn sie hervorhebt, daß die räumlichen Bedürfnisse in Leipzig und in Dresden nicht ganz gleich gelagert sind. Es sind vor allen Dingen im Laufe der Zen schon vorige Ostern dem Pädagogischen Hochschulinstitut in Leipzig dadurch neue Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden, daß man eine bis dahin dort untergebrachte höhere Schule anderswohin verlegt hat. Aber daß auch hier ein Erweiterungsbau in absehbarer Zeit notwendig sein wird, und daß wir wünschen müssen, daß er sach gemäß in Leipzig vorgenommen wird, ist auch unsere Auffassung. Bei dieser Gelegenheit kann ich allerdings nicht ver schweigen, daß wir überhaupt die Frage des Lehrer studiums noch nicht für abgeschlossen halten. Solange noch keine reichsgesetzliche Regelung der Lehrerbildung vorhanden ist, wird man immer gewisse Bedenken haben, wenn es sich darum handelt, Aufwendungen auf diesem Gebiete zu machen, weil man glaubt, sich immer noch auf einem etwas unsicheren Boden zu befinden. Ich möchte aber auch hier aussprechen, was ich schon im Ausschüsse gesagt habe, daß allgemein dem zugestimmt werden muß, daß die Raumfrage, die für die Pädagogischen Hochschulinstitute jetzt besteht, nicht abhängt von der letzten Entschließung über den Gang der Lehrerbildung selbst, denn wenn wir etwa auch einmal auf den Weg Preußens abgehen und die Lehrerbildungsanstalten voll ständig verselbständigen würden, ohne ihren Zusammen hang mit den Hochschulen weiter zu behalten, die an den betretenden Orten bestehen, so würde das Naum bedürfnis nur wachsen, denn es müßten dann noch viel mehr Hölsäle eingerichtet werden für Fächer, die jetzt an den bestehenden Hochschulen einfach mit gehört werden können. Ein ganz besonderes Bedürfnis nach Umbauten und Erweiterungsbauten hat in Leipzig noch die Universi- tätsbibliothck. Ich will meiner Freude darüber Aus druck geben, daß durch die Einrichtung neuer Lescsäle und Arbeitssäle wie auch durch die ganze Verwaltung der Bibliothek unter dem gegenwärtigen Leiter vieles geschieht, um dieses wertvolle Institut viel mehr als in früherer Zeit nicht nur der Studentenschaft und dem Lehrkörper, sondern auch der breiten Öffentlichkeit zu gäugig zu machen. Zu wünschen wäre aber vor allem, daß wesentlich höhere Einstellungen für die Bücher- beschasfung ermöglicht würden, weil sonst die Uni versitätsbibliothek ihre Mission an der Universität und der Öffentlichkeit auf die Dauer nicht genügen kann. Unter den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen gewinnen die sozialen Einrichtungen für die Studenten schaft wesentliche Bedeutung. Wie in Dresden so haben wir auch in Leipzig ein Studentenheim, untergebracht in den Pädagogischen Hochschulinstituten. Hierzu werden verwendet die alten Internate der Seminare. Ich möchte aussprechen, daß ich diese Anstalten, die jetzt als Lehrer- heim dienen, nicht für völlig geeignet halte, ihren Zweck als Studentenheim zu erfüllen. Ich möchte daher der Regierung zur Erwägung geben, ob es sich nicht empfiehlt, bei den Erweiterungsbauten, die in beiden Instituten notwendig sind, die Räume, die jetzt sür die Studenheime verwendet werden, Lehrzwecken zuzuführen und dann dafür zu sorgen, daß an beiden Orten selb ständige Studentenheime errichtet werden, die dann auch wirklich nicht nur den Namen eines Studenten heimes tragen, sondern auch ihrem Wesen nach wirk liche Studentenheime sind. Die Leipziger Universität wartet noch auf das Studentenhans, was die Dresdner Hochschule nun schon besitzt. Auch in Leipzig arbeiten die Öffentlichkeit, die Studentenschaft und der Lehrkörper gemeinsam daran, daß das Ziel erreicht wird. Wir möchten die Regierung bitten, daß sie diese Bestrebungen auf das kräftigste unterstützt, und wir werden daher dem Anträge des Haushaltausschusses der hierfür Mittel anfordert, zustimmen. Im übrigen aber können wir den Anträgen der sozialistischen und kommunistischen Minderheit nicht zu stimmen, denn wir glauben nicht, daß mit ihrer An nahme die Universität gefördert würde, wie wir es wünschen. Unher diesen Anträgen begegnet uns zunächst wieder einmal der Antrag auf Aufhebung der Theologischen Fakultät. Wir sind der Meinung, daß die Theologische Fakultät nicht nur mit Rücksicht auf die Vorschrift der Reichsverfassung nicht abgebaut werden kann, sondern daß sie ein Erfordernis ist an einer Univsrsitas I^tsrarum, die ihrem Wesen entsprechen will. Es ist auch ganz verkehrt, wenn man glaubt, die Zahl der Professuren einer solchen Fakultät in Beziehung setzen zu können zu der Zahl der Studierenden. ES würde für manches andere wissenschaftliche Gebiet das Verhältnis der Studierenden zu der Zahl der Lehrenden noch weit ungünstiger ausfallen als für die Theologische Fakultät. Ebenso glauben wir, daß das Besetzungsverfahren nicht in der Weise zu verändern ist, wie es der Antrag vorschlägt, wenn wir auch auf dem Standpunkt stehen, daß man den außerordentlichen Professoren einen weiter- gehenden Einfluß in den Fakultäten recht wohi zu erkennen kann. Die Errichtung neuer Professuren, wie sie in den Anträgen gefordert wird, ist immer eine sehr diskutable Frage. Selbstverständlich werden mit dem Fortschreiten der Wissenschast und zur Erschließung neuer Forschung-- gebiete mit der Zeit neue Professuren eingerichtet werden müssen. Wir haben uns ja seinerzeit auch für den Lehrstuhl sür soziale Hygiene erklärt, glauben aber, jetzt gegen den Antrag stimmen zu müssen, weil er der Re gierung, der Verwaltungsbehörde einen Zwang auf erlegt, der nach dem, was uns berichtet worden ist, etwas Unmögliches von der Regierung verlangen würde. Wir sind nicht gegen die Errichtung dieses Lehrstuhles und verlangen auch nicht, daß der Beschluß, der eine solche Errichtung fordert, jetzt aufgehoben werden soll, sondern wir wollen nur, daß die Regierung nicht ge nötigt wird, sofort diesem Antrag nachzukommen, weil, wie uns glaubwürdig mitgeteilt worden ist, im Augen blick Schwierigkeiten bestehen. Was die Professur für Marxistische Soziologie an- langt, so haben wir früher schon unseren ablehnenden Standpunkt zur Kenntnis gebracht. Weiter wird von uns anerkannt, daß dem Zeichnen eine größere Bedeutung beizulegen ist und die Möglich keit geboten werden muß, auf der Leipziger Universität die Zeichenlehrerprüfung abzulegen. Wir glauben aber, daß diesem Wunsch auch dadurch entsprochen werden kann, daß der schon für Zeichnen angestellte haupt amtliche Lektor mit dem Prüfungsrechte belehnt wird. Endlich bewegen sich die Minderheitsanträge auf dem Gebiete des Studentenrechtes in ausgiebiger Weise. Sie fordern vor allen Dingen, was der Herr Minister schon hervorgehoben hat, daß unsere Studentenschaft veranlaßt werden soll, aus der Deutschen Studenten schäft auszutreten. Da können wir uns nur dem Stand punkt des Herrn Ministers anschließen. Wir glauben, daß wir nichts Schlechteres für die Leipziger Universität und für die Technische Hochschule tun könnten, als wenn wir die Studenten unter ein Ausnahmerecht stellen und die akademische Freiheit damit als erledigt anfehen wollten. Wir glauben vielmehr, daß es gerade auch im Sinne der Linken wäre, die Studenten in akademischer Freiheit leben zu lassen und dafür zu sorgen, daß ar den sächsischen Hochschulen die akademische Freiheit ge wahrt bleibt. Wir werden also diese Anträge ablehnen (Beifall b. d. D. Bp.) Abg. Frau Schilling (Soz.): Wir haben zu der neu erbauten Universitätsklinik in Leipzig den Antrag ein- gebracht, daß der bestehende Arbeitszwang für die Haus schwangeren beseitigt werden soll. Wir halten es für nötig, heute noch einmal besonders auf diesen Antrag hinzuweisen. Die Hausschwangeren sind die Frauen und Mädchen, die schon vor ihrer Entbindung in der Klinik Ausnahme finden und gegen Arbeiten im Hause, in der Küche oder im Waschhaus Anspruch auf freie Entbindung und Verpflegung haben. Dieser Arbeits zwang, der hier auf werdende Mütter ausgeübt wird, ist genau so eine Kulturschande wie die, wenn schwanyere Frauen bis zur letzten Stunde im gewerblichen Betriebe beschäftigt werden. Für den Arbeitszwang führt man gern an, daß die Beschäftigung nur im Interesse der werdenden Mutter liegt; die Entbindung sei durch die Arbeit vorher usw. erleichtert. Bei den Frauen des Bürgertums wendet man diese Begründung aber nicht an. Wie wenig dem Direktor der Frauenklinik die Haus schwangeren bedeuten, geht schon aus der Festschrift hervor, die, was ich nebenbei bemerken möchte, nicht sämtlichen Festteilnehmern bei der Eröffnung unter breitet wurde, sondern nur den Herrschaften, die an dem sogenannten Festessen im Zoologischen Garten teilgenommen haben. Wir hätten sehr gewünscht, daß man genau so, wie den Privatstationen 2—3 Seiten in der Festschrift gewidmet sind, auch den Haus schwangeren einige Worte gewidmet hätte. Das hat man nur deshalb nicht getan, weil man keinen Staat mit dieser ganzen Einrichtung, wie sie heute besteht, machen kann. Unsere Auffassung hinsichtlich der Privatstationen weicht ja von der des Herrn Ministers Kaiser ab. Wir haben ja schon immer verlangt, daß die Privatstationen in den Kliniken überhaupt beseitigt werden sollen. In der Festschrift ist z. B. das wunder- schöne Wort geprägt von den „dreiklassig gebärenden Schwangeren . Dann wird gesagt, daß von der Privatpraxis des Direktors der Ruhm einer Klinik ab hängt. Daß das nicht der Fall ist, beweist die Dresdner Frauenklinik aufs beste. Die Vorfälle werden noch in aller Erinnerung sein. Ich habe jetzt viel Ge legenheit gehabt, zu beobachten, wie die Frauen in Dresden alles mögliche ausdenken, um in das Fried- richstädter Krankenhaus und andere Krankenhäuser zu kommen, bloß damit sie die Dresdner Frauenklinik meiden können. Man sieht also, wenn ein Kranken haus so geführt wird, daß jeder dort zu seinem Rechte kommt, und daß nicht bloß dafür gesorgt wird, daß einzelne dort gut behandelt werden, sondern daß die allgemeine Behandlung gut ist, dann ist auch der Ruhm der Klinik gut. Davon hängt der Ruhm der Klinik ab und nicht bloß von den paar Privatstationen! (Seh, richtig! b. d. Soz.) Dann ist auch mit besonderer Genugtuung in der Festschrift daraus verwiesen worden, daß man eS fertig gebracht hat, tue Unehelichen von den Ehelichen zu trennen. Auch das halten wir für eine Ungeheuerlich keit einer neuen Klinik (Sehr richtig! b. d. Soz.), und eS zeugt wirklich von dem Klassengeist, der von der ganzen bürgerlichen Gesellschaft auf diese Kliniken mit über- nommen worden ist. (Fortsetzung in der nächsten Beilage.)