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Herren! Ich bedauere, das ich nochmals gezwungen bin, auf den Fall des Herrn Ministerialrats vr. Zieger hier an dieser Stelle zurückzukommen. Den Herren von der HauSbesitzerzcitung ist der stenographische Bericht über das, was Herr Ministerialrat vr Zieger im AuL- ichust des Reichstags gesagt hat, mitgeteilt worden. Trotzdem sind die Herren unbelehrbar über da-, was dort zur Sprache gebracht worden ist. Herr Ministerial rat vr. Zieger hat keineswegs dort so weitgehende Forderungen gestellt, wie sie hier vom Herrn Abg. Hentschel vorgetragcn worden sind, im Gegenteil. Mar» war sich wohl hier im Hause im allgemeinen einig, daß eine Reform deS Mietrechts notwendig fei, und er hat auch in Berlin nur zur Sprache gebracht, daß diese Reform in Angriff genommen werden sollte, und hat im Zusammenhang damit auch auf den Antrag Nr. 421 hingewiesen, der hier im Hause eingcbracht worden ist Der Kollege Härtel hat schriftlich und mündlich fest- gestellt (Abg. Lieberasch: Er hat bloß zugestimmt!), daß er sich an der Verteilung diese» Raube», der an den Aufwertung-gläubigern begangen worden ist, nicht beteiligt. Ich komme zur Lockerung der Verordnung selbst. Wir haben auch der Verordnung nicht -»gestimmt, sondern haben die Verordnung über un» ruhig er- geben lassen und konnten ihr ruhig zusehen, denn dec 8 13 der Verordnung läßt eine Änderung zu. Mau mußte doch erst einmal sehen, wie sich die Verordnung au»wirken würde. Run haben wir die Auswirkung der Verordnung und haben gesehen, daß manche» an der Verordnung geändert werden muß. ES sind Klagen gekommen von den Gewerberaummietern einerseits und von den Untermietern anderseit». Diese beiden Gruppen haben un» zu dem bewußten Abänderungs. antrag veranlaßt, den Herr Kollege Härtel mit mir zu- fammen eingebracht hat und von dem Herr Abg. Nehrig gesagt hat, er wäre unter den Tisch gefallen. Das trifft aber nicht zu. Dieser Abänderungsantrag liegt noch im RechtSauSfchuß, und ich habe in der lebten Sitzung des RechtSauSschusse» beantragt, daß er, sobald die Antragsteller eS für notwendig erachten, wieder aus die Tagesordnung zu setzen ist. Wir werden e» für notwendig erachten, wenn das Material derartige Lücken aufweist, die zeigen, daß es notwendig sein wird Wir haben den Antrag Nr. 421 gebracht, der alles das zusammenfaßt, was teilweise in den Anträgen, die heute al» Mindcrheitsanträge vorliegen, von ihnen ge bracht worden ist. Er verlangt das, was sie auch wollen, unverzüglich die Verlängerung der Mieter- schutzgesetze, und zwar bis zur Behebung der Woh nungSnot, also so »veit, als sie es meiner Ansicht nach auch wollten, aber ich weiß, daß andere Leute noch weiter gehe»» wollen, indem sie die Wohnungszwangs Wirtschaft verewigen wolle»». Da machen wir aller dings nicht mit. Wir habe»» weiter in diesem Antrag als Nr. 2 beantragt, daß eine beschleunigte Einbringung eines Gesetzentwurfs über das Wohnungswesen mit einer zeitgemäßen Reform des MietrechteS im Reichs tag gefordert wird Heute liegt um» ei»» EntschließungS- antrag nnserer Partei vor. Dieser EntfchließungSantrag ist zum Teil, ich sage zum Teil, erledigt durch die Er klärung, die die Regierung abgegeben hat. Wir be halte»» uns vor, wenn die Negierung nicht ii» dem Sinne, wie sie ihre Erklärung abgegeben hat, arbeitet, entsprechende Anträge zu stellen. Herr Kollege Rebrig hat heute noch eine EtttschUe- ßung unseres Parteitages in Chemnitz angezvgen, und zwar soll dort kritisiert worden fein, daß »vir der Locke rung der Zwangswirtschaft zugestimmt haben. Ich bin selbst in Chemnitz gewese»» und mir ist von diesen Dinge»» nichts bekannt. Dort ist zu den Mictfragen von unserer Partei eine Entschließung gefaßt worden, die das bringt, »vas für die Mieter gerecht ist. Jede weitere Mieterhöhung wird als Volks- und privat- wirtschaftlich untragbar und schädlich n»it aller Ent schiedenheit abgelebnt. (Lachen b. d. Soz. u. Komm.) Der Ausgleich zwischen Alt- und Neubau,nieten muß durch Senkung der Reubaumieten erreicht werde»», nicht durch Steigerung der alten Miete»,. Die ungerechte unsoziale HanS- und Mietzinssteuer muß baldigst be seitigt »verden, »veil sie auf der Beraubung der Hypo thekengläubiger aufgebaut ist. Die Einnahmen an» der künftige»» Gebäudeentschulduttgssteuer müssen ausschließ lich für WohnungSbeschasfung verwendet werden. Lei Einführung der Gebäudeentschulduttgssteuer müsse»» die Interessen der Hypothekenalaubiger und der Mieter gewahrt werden. Wir werden tm Sinne dieser Ent schließung unseres Parteitages weiterarbeiten. (Beifall b. d. Bolksr. — Ironisches Bravo! b. d. Soz.»». Komm.) Damit ist die Aussprache erschöpft. Nach dem Schlußwort deS Berichterstatters Abg. Nebrig und je einer tatsächlichen Berichtigung der Abgg. vr. Bünger und Hentschel findet die Sitzung 6 Uhr 34 Min. nachm. ihr Ende mU der bisherigen Gesetzgebung über den Mieterschutz gar nicht» zu tun hat. sondern lediglich au- der Er- Wägung herau» entstanden ist und von vielen Parteien vertreten wird, auch bei verschiedenen Organisationen schon Erörterung gesunden hat, daß man das Mietrecht de» Bürgerlichen Gesetzbuches abändern müsse und daß da- dort dargestellte Mietrecht sich nicht allenthalben bewährt habe. ES wird daraelegt: das Mietrecht des Bürgcrlichen Gesetzbuches ist seiner Ausgestaltung nach nickt deutsches Recht, sondern in seine»» wesentliche»» Teuen römisches Recht. Die nächsten Worte und folgen den Gedanken kommen über das rein Formalistische in» wesentliche»» nickt hinaus, und ich habe dabei den Ein druck gehabt, daß der betreffende Redner selbst in dem formalistisch römischen Rechte sehr stark befangen war, als er zn seiner UrteilLbildung kam. Wir brauche»» de,» gute»» Glauben an den Vertrag, an den beiderseitig ge äußerten Millen. Dieser beiderseitig geäußerte und ttiedergeschriebcue Wille ist für beide Teile zunächst in seiner Entwicklung in sich selbst und in ihnen selbst gegeben, und in einem Vollzug bedeutet er für beide Teile die natürliche Erledigung dessen, was sie tatsächlich wollen. Nun soll dieses freie individuelle Bedürfnis auch noch in ein Schema hineingezwängt werden. Was aus Kiefen Scheine»» herauSkommt.daS kam» ich an den» fogenannten Lrbbauvertrags»nuster nachweisen, das wir haben. Es gibt eine», Crbbauvertragsentwurf, der in Sachse»» von den Gemeindett angewendet wird. In einen» solche»» MietvcrtragSmustcr von seiten der Regierung sehen wir eine sehr üble Zeit kommen. Dari,» sehen wir nichts anderes, als die WohuuugSzwaugswirtschaft mit Hilfe ciucs VcrtragsmusterS zu verewigen. Die Anträge, die sich in der Drucksache Nr. 647 ver zeichnet siudeu, bewegen sich nach zwei Richtungen. Sie wollen die Mieterschutzgesetzgebung e»»tweder ganz auf- hebeu oder verschärfen oder die Lockerungsverordnung beseitigt haben. Sie beschäftigen sich mit den» bestehenden Mietrecht. Ter Antrag hat eine Idee, die von uns voll und ganz anerkannt wird. Das ist nämlich die Emrich tung des Schiedsverfahren-. Eir» Schiedsverfahren wollen »vir haben, und zwar ein Schiedsverfahren, wie cs in den» Antrag Nr. 10 formuliert ist. Ich muß hier ausdrücklich feststcllen, daß die Organisation der Haus besitzer, der Sächsische Hausbcsitzerverband, es sich zur Ausgabe gemacht hat, gerade bei der Turchführuug der LockeruugSverorduuug auf seine Mitglieder grundsätzlich intensiv und nachhaltig cinzuwirken, daß sie jede Über schreitung in der finanziellen Auswirkung, die eventuell durch die Lockerungsverordnung gegeben fei», könnte, vermeiden. Mir wcrdcu also die Anträge Nr. 1-0 ab- lehnen und dem Antrag Nr. 10 unsere Zustimmung geben. Daß wir einer Regelung, wie sie in dem Antrag Druck sache Nr. 648 vorgelegt ist, nicht zustimmen können, ist selbstverständlich. Daß »vir unsere Zustimmung dem grundsätzlich versage»» müssen, daß eine Reform des Mietrechtö unter Beseitigung der Bestimmungen des freien Vertrags cingcführt »verden könnte, ist selbst verständlich. Juftijminifter I)r. v. Kumetti: Meine Damen und Abg. GöMing lVollsr. — mit lebhafte»» Zurufe»» von links empfangen): Noch ehe die Verordnung zur Lockerung derWohttttngszwangSwirtschaft überhaupterlassen worden war,gingbereits derStre»t darüber. Esistunsvorgeworfen worden, daß wir unsere Anträge, die letzten Endes an der Verordnung der Lockerung der Wohnung-zwangS Wirtschaft Kritik übten, verschleppt hätten. Dem muß ich immer wieder widersprechen. Die SPD. hat in der letzten Nechtsausschußsitzung ihrerseits beantragt, als die Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Säch sischen LandcSpfandbrlefanstalt zur Debatte stand, den Punkt auSzufetzen, da sie diese Frage erst gründlichst prüfe», müsse. Als damals unsere Anträge gestellt wurden, habe ich »neinerseits gesagt: ich bitte, diese Anträge so lange von der Tagesordnung fernzuhaltcn, bis die gründlichste Prüfung dieser Dinge erfolgt ist. Hier gibt cS nicht nur einen Kampf schärfster wirtschaft licher Interessen, auf der einen Seite Mieter, auf der anderen Seite Hausbesitzer, sondern hier gibt eS noch eine»» zweite»» Kampf, und diesen Kampf führen die Herren, die eS nicht zulassen wollten, eine wirklich gründliche Prüfung vorzunehmen, die Linksparteien. Sie haben versucht, die Mietervereine politisch zu sich herüberzuziehen. Wen»» Sie aber heute beobachtet hätten, wie die Galerie»» besetzt sind und wie sic bei der ersten Beratung besetzt waren, dann dürften Sie bereits in Erfahrung gebracht haben, daß scheinbar die Regie, die Sie früher den Mietervereinei» gegenüber gehabt haben, nicht mehr so klappt. Ich habe hier einen Bries des Landesverbandes im Relchsbund Deutscher Mieter vor mir liegen. In den» Briefe findet sich folgende Stelle: Sollte jedoch Kiefer Antrag ab- gelehnt werden, so halten wir die regionale Aufhebung der LockerungSverorbnung für günstiger als die Ab- Snderuny der Lockerung-Verordnung durch den von Ihnen emgereichten Antrag. ständen de» Mietrechts tm Ausschuß zu üben und darauf hinzuweisen, daß man sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen müsse, ob bet den heutigen Ber- hältnissen das Mietrecht, wie eS un- da» BGB. gibt, auch tatsächlich in Anwendung bleiben kann. Und da möchte ich von mir persönlich ans sagen, daß ich nicht der Meinung bin, daß das Mietrecht des BGB. m der Praxis tatsächlich Anwendung sinket. Wenn Herr Abg. Hentschel jagte, eS würde mit einem BertraaSmuster, da- vielleicht später kommen würde, ein Schema geschaffen werden für die HauSbesitzerver- träge, das auf Bäume steigen würde, so möchte ich einmal daran erinnern, wie eS den»» eigentlich mit dem Schema der Hausbesitzervertrüge steht, die jetzt in der Praxis im Gebrauch sind (Lebhaftes Sehr gut! uni» Sehr wahr! links), das tatsächlich das Recht deS BGB- in vielen Fälle»» außer Kraft setzt. (Lebhafte- Sehr richtig! und Sehr »vahr! links. — Zuruf b. d. Soz.: Da steigen die Mieter auf die Bäume!) Herr Ministerialrat vr. Zieger hat auch im Ausschuß nur darauf hingewiesen, daß erwöge,» werde,» möchte, daß Bestimmungen deS NGB., die jetzt nicht obligatorisch sind, also fakultative Bestimmungen de- BGB. im Mietrecht vielleicht als obligatorisch eingeführt werden. Das möchte ich hier noch betont haben. (Lebhafte Zurufe links, u. a. Abg. Geiser: DaS ist eine peinliche Sache! - Abg. Hentschel: Hier ist das Protokoll!) Herr Kollege Renner hat heute wieder betont — er muß glauben und scheint anzunehmen, daß die Ab geordneten nicht genau Bescheid wissen —, er hat un» »n der Öffentlichkeit damals, als diese Sache zur Sprache kam, beschuldigt, wir hätte»» die erhöhten Mieten in Sachsen bewilligt. (Sehr richtig! links.) Wie können wir zur erhöhten Miete beigetragen haben? Die erhöhte Miete ist durch das Reich gekommen, und da sitzen Ihre Parteien darin genau so, wie die Sozial demokratische Parte» heute noch in der preußischen Koalition sitzt, wo die viel weitergehendere Lockerung >,». unter Hirtsiefer erlassen worden ist. Wäre es ihr wirk- und zur Abstimmung steht Es handelte sich wohl nur lich ernst um die Mieterfrage gewesen, wäre sie au- rarum, einmal eine Kritik au unseren bisherigen Zu-'der Koalition in Preußen ausgetreten. (Zuruf link-.)