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Sächsische Staatszeitung : 19.01.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192801193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19280119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19280119
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-01
- Tag 1928-01-19
-
Monat
1928-01
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 19.01.1928
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Wenn man sich da- alle» vor Augen führt, so muß man zu der Überzeugung kommen — man kann zu der Verwaltung stehen, wie man will —, daß die Verwaltung der Reichsbahn durch die rücksichtslose Durchführung der Dienstdauervorschriften außerordentlich viel Schuld an den erheblichen Verspätungen trägt, die wir bei der Reichsbahn haben. Wenn man die Dienstdauervor- schristen auskalkuliert bis auf einen halben Mann, so daß keine Reserve mehr vorhanden ist, so muß natürlich, wenn irgendwelche Witterungsschwierigkeiten einsetzen, der Verkehr ins Stocken geraten. Der Einheitsverband der Eisenbahner hat ja um die Weihnachtszeit herum in der Presse einen sehr eingehenden Artikel veröffentlicht. Mir ist nicht bekannt, daß vom Wiener Platz in irgend einer Form eine Erwiderung darauf gekommen wäre. Folglich muß eS zutresfen, was dort von fach- und sach kundiger Seite behauptet wurde. Bei der Aufstellung der Dienstdauervorschriften hat man auch ganz genau die Krankenziffern einkalkuliert, natürlich alles von nor malen Verhältnissen ausgehend. Dann natürlich, wenn solche starke Kälteperiodcn, wenn schlechtes Wetter, wie cs jetzt ist, cinsetzt, steigen die Krankenziffern, und das übrige Personal wird zu Ilberleistungen herangezogen, nnd dann fehlt cs hinten und vorne. Run ein anderes Argument der Reichsciscnbahn- verwaltnng! Die Reichscisenbahuverwaltung hat seiner zeit, als wir hier in seltener Einmütigkeit Stellung nahmen zu dem Streik der Friedrichstädtcr Arbeiter, gleich darauf und noch während des Streiks gesagt: Der Streik hat absolut keine wirtschaftlichen Auswir kungen. Und in der Konferenz am 21. oder 22. Dezem ber hat die Reichsbahnverwaltnng erklärt, daß bis zu diesem Tage, also zum 22. Dezember 1927, der Güter verkehr noch nicht in Ordnung gebracht worden sei leit dem Streik in TreSden-Fricdrichstadt. Man über lege sich einmal: bei einem Betriebe, der nicht dazu da ist, wie eine Sticsclwichsefadrik, um Stiefelwichse zu erzeugen, sondern der den Interessen des Volkes zu dienen hat, sind vier Wochen nicht in der Lage, die Verkehrsstörungen zu beseitigen, die ein nur kleiner Teilstreik brachte! Wie soll cs dann erst anssehen, wenn die Eisenbahner aufmarschieren müßten, um in größerem Format einen Streik auszuführen! Was die Gütcrzügc bctrisst, so hat der Gütcrzug8507 zwischen Freiberg und Dresden eine Verspätung von 11 Stunden 10 Minuten gehabt; das Personal auf diesem Zuge hat eine ununterbrochene Arbeitszeit von 23 Stunden 21 Minuten gehabt, also oben auf dem Bock. Ein Güterzug Görlitz—Dresden hat eine Ver svätung von 16 Stunden 57 Minuten gehabt: die Arbeitszeit betrug 28^ Stunden. Ein anderer Güter zug ans derselben Strecke hatte 13f^ Stunden Ver spätung: Arbeitszeit 27>!, Stunden. Und so habe ich 12 verschiedene Güterzüge herausgezogen, die mit sehr unheimlichen Verspätungen in Dresden ankamen. Man möchte bald glauben, daß die Reichsbahnverwaltung besonders bemüht war, einen neuen Rekord aufznstellcn, den Rekord: wie kann ich möglichst langsam irgendein Produkt von einem nach dem andern Ort befördern. Es wird vielleicht in Zukunft, wenn man den Super lativ der Langsamkeit darstellen will, gesagt werden können: es geht bald so langsam wie bei Dörpmüllers. Es ist vorhin von den Herren Vorrednern auch be reits Bezug genommen worden auf das Thema: Sach- seu als Stiefkind der Reichsbahuverwaltung. Wir hätten außerordentlich viel Wünsche ans diesem Gebiet, aber wir wollen hentc die Diskussion nicht in die Länge ziehen. Ich glaube, wenn die Regierung dein nach- kommt, was der Herr Kollege Voigt verlangt hat, und uns einmal die Denkschrift vorgelegt wird, dann werden wir überall unseren Hebel ansetzen können, wo wir glauben, daß die Reichsbahn ihre Bedingungen nicht erfüllt. Ich muß darauf Hinweisen, daß die Zugver spätungen auf manchen Strecken unseres sächsischen Retzes eigentlich zur Regelmäßigkeit geworden sind. Tic wir von Zwickau hcrauffahren — früh um 6 Uhr 19 soll der V-Zug gehen —, wir können uns nicht erinnern daß dieser Zug einmal um 6 Uhr 19 iu Zwickau gewesen sei. Kommt mau aber von Plauen herunter, so findet man meistens, daß dieser Zug genau um ö Uhr 22 von Plauen abfährt. Es geht bis Reichenbach, bis Lichten- ranne, und wenn dann die Schlote der Maxhütte bei Zwickau sichtbar werden, dann steht cs, und es dauert bis ^7, bis 10 Minuten vor 7, dann läuft dieser V-Zug, wie man ihn fälschlicherweise nennt, endlich in Zwickau ein, und die Passagiere, die früh um 9 Uhr in Dresden sein wollen, kommen uni 10 Uhr dort an. Sie haben den Zuschlag bezahlt, aber Stunde später mit dem Eilzug hätten sie genau so sicher nach Dresden kommen können. Ein ähnlicher Znstand bestand lange Zeit gar nicht weit vom Dresdner Hauptbahnhof, im Plauenschen Grunde bei der Haltestelle Plauen. Es ist vorgekommen, daß wir pünklich mit dem Zuge hereinkamen, dort riß es ab, zwei Stunden haben wir dort gesessen, haben uns die schönen Felsen angelchaut, haben »ins an dem schönen Bilde der flutenden Weißeritz ergötzt, wir haben gewartet, bis die Bahn so gefällig war, un» weiter zu befördern. Bei solchen Zuständen kommt man tatsäch lich zu dem Zwischenrllf, den ich vorhin machte: wir scharfen das Botenfuhrwerk wieder an,, wir fahren wieder Expreß mit dem Schwager Postillon, dann kann man, da man weiß, wie weit man die physische Kraft der Pferde in Anspruch nehmen kann, ungefähr voraus- sehen, wann man an Ort und Stelle eintrifft. Wir haben alle Ursache, uns von Sackyen aus ganz energisch zu beschweren auch über die sonstige Ber- nachlä'sigung der Bahn. Unlängst ging durch die Presse eine Rachricht über die Elektrifizierung der Reichsbahn. Mit Bedauern habe ich feststellen müssen, daß von den gesamten sächsischen Strecken nicht eine einzige iu das Elektrifizierungsprogramm einbezogen worden ist. Ich verweise ferner darauf, wo sich Sachsen gleich falls wieder im Hintertreffen befindet, daß wir auf dem gesamten sächsischen Netze meiner Kenntnis nach nicht in einem Falle das Vorhandensein eines Triebwagens Nachweisen können. Auf den preußischen Linien experi mentiert man überall damit, hat man überall in viel dünner besiedelten Bezirken den Triebwagenverkehr eingestellt. Wir haben in Sachsen eme leistungsfähige Fabrik, die Waggonfabrik in Werdau, die sich die größte Ar (Fortsetzung in der Beilage.) Im Bi Eden b y II und Parteien c Iraten, nisten ai «ber S 16 folgende ( Ta bei n ergebe» d reiche» wo: Magrnphe ßiehen wir H 16 im Krawon »i 1. öi» Ian» mit - 2. Mit! geMiche n gleich de» s 3. linse t i Beschll flau in zu ic sehende Sri i» betrauen lche Stellei 4. Sollt richt eindei vtschen er Niiternng i Oie S schu Rachd rbend zu ecltS die siihrun, bekannten gelegt wo Länder x de» Ach Tie Reich schusses, d In den nc lich werd« Vertreter sein wird, angehörcn ,'chaftsmin lvmmt w< wird an einer Star Pesten off verständig »erden, man dami Woche ersten <: Ivnnen. de» Kreiß jehner-Aui der Kor die födera Ausschuß I die Weitei vielmehr schnelle Seine Bc er in dei umstliUens belaiintlich ausschuß t ständen u Rcichsreg« einflußreich es zu ein kani. Tie unlerbroch« sammentra haben Grui stpnng soj zieh« ng angekün AngclegenI des Reich überlassen justaudc, -ueschusses erfolgreiche stehenden ' Ministerialdirektor vr. Klien: Meine Damen und Herren! Unmittelbar nachdem sich die ersten Folgen des außergewöhnlichen Frostes und Lchneefalles zeigten, hat sich das Wirtschaftsministerium mit der Reichsbahndirektion in Verbindung gesetzt und gebeten, alle» zu tun, damit die Auf rechterhaltung de» Verkehr» nach Möglich keit gesichert sei. Schon damals bat die Reich-- Mühe gibt, ihre Triebwagen, die durchkonstruiert sink, die fertig sind, zum Gebrauch auf da» Reich»bahnnetz überzuleiten. Da» hat man am Wiener Platz noch nicht begriffen, daß ein Triebwagen etwa» sein kann, Wa den Verkehr in irgendeiner Form fördern könnte. Auch das ist eine Frage, die einer eingehenden Betrachtung wert ist. Ganz besonders interessiert uns als Arbeiter die Frage, wie der Arbeiter für sein teures Geld in der IV. Klasse zu seiner Arbeitsstelle befördert wird. Ein Kollege von der Rechten des Hauses hat einmal in der Bahn einen sehr guten Witz gemacht. Da wurden wir unterwegs in einen Wagen II. Klasse hineingepackt mit Polstersitzen, der aber nur mit dem Regenschirm zu betreten war; es regnete durch die Löcher. Da meinte Herr Kollege Bauer: Das ist wieder einer von den Wagen, den man vergessen hat, nach den Frieden an die Entente abzuliefern. Ich glaube, daß die Mehrzahl der Beförderungsmittel IV. Klasse solche Vehikel sind, die man vergessen hat, damals au die Entente abzu liefern, oder aber ich vermute, daß die Reichsbahnver- waltuug infolge der mangelnden Besucherzahl in ihrem Eisenbahn-Museum glaubt, daß sie die altmodischen Kästen zu MuseumSzwecken im Lande herumfahren muß. Moderne Beförderungsmittel sind das nicht im gering sten mehr. Wenn mau in Betracht zieht, daß die IV. Klasse eigentlich der finanzielle Träger des gesamten PersonenzugsverkehrS ist, dann müssen wir wohl ver langen, daß auch die Arbeiterschaft in Waggons befördert wird, die deS Namens „Waggon" würdig sind. Statt dessen werden die Arbeiter m ungeheizten, überfüllten und schlecht beleuchteten Wagen zusammengepreßt und an Ort und Stelle befördert.. Es ist in diesem Zusammenhänge noch eine Frage aufzuwerfen: wir haben in Sachsen auch einen Ver treter in der Reichsbahnhauptverwaltung, Herrn Buck. Ich will darüber weiter nichts sagen, als nur das eine: wenn vielleicht die Aufwandsentschädigung nicht aus- reichen sollte, die Herr Buck bekommt, um die Interessen Sachsens dort richtig zu vertreten, müßte man eben dafür Sorge tragen, daß diese Aufwandsentschädigung erhöht wird. (Heiterkeit und Zurufe links: Das ist bei der Besolduugsrcform geschehen!) Wir haben bis heu tigen Tags noch nichts davon gehört, daß Herr Kreis Hauptmann Buck in irgendeiner Form einmal der sächsischen Regierung etwas verraten hätte, was er denn getan hat, um dort in Berlin die Schwierigkeiten und Erschwernisse der Reichsbahnverwaltung in Sachsen zur Spräche zu bringen, was er getan hat, um für Ab hilfe zu sorgen. Ich will nur noch auf eins Bezug nehmen. Wenn z. B- in Dresden Hauptbahnhof während der kritischen Zeit ein Referent vom Wiener Platz eingesetzt wird, um den Zugverkehr zu entwickeln oder die Störungen abzustellcn, ist der Herr hingegangen und hat einen Leerzug von Dresden Hauptbahnhof nach Dresden- Neustadt fahren lassen. In DreSdeu Hauptbahnhof warteten Hunderte von Leuten, um nach Görlitz zu fahren. Von Dresden Hauptbahnhof aber läßt man diesen Zug leer nach Dresden-Neustadt fahren, und wie er nach Dresden-Neustadt kam, stellte sich heraus, daß von dort bereits ein Zug nach Görlitz abgegangen war. (Lebhaftes Lachen links.) Die Passagiere in Dresden Hauptbahnhof aber konnten warten. Das ist ein Beispiel dafür, wie es vielfach auch au den Per sonen liegt, die gar nicht in der Lage waren, den ganzen Betrieb so zu übersehen, wie es notwendig war. Es ist von anderen Rednern auch auf die Haltung des Personals Bezug genommen worden. Auch ich will unterstreichen, was schon von allen Seiten betont wurde, daß die Arbeiterschaft voll und ganz ihre Pflicht erfüllt hat. Soweit ich im Bilde bin, sind im letzten Vierteljahre 1927 allein auf dem Bahnhofe Zwickau volle 900 Uberschichten vom Personal geleistet worden. (Lebhaftes Hört, hört! links.) Ich habe vorhin darauf verwiesen, daß der Urlaub gesperrt wurde und daß andere Maßnahmen getrosten wurden. Es wäre, will ich einmal sagen, eine Unverschämtheit, wollte man dem Personal aus der ganzen Sache irgendwelche Vorwürfe machen. Aber im März laufen die Tarife der Reichsbahnangcstellten und -arbeiter ab, und da wäre es vielleicht gut, die Reichsbahnverwaltung rechtzeitig daran zu erinnern, welche Schwierigkeiten entstehen könnten, wenn das Personal auf der gauzen Linie einmal vielleicht dazu kommen müßte, in den Ausstand zu treten, wie das in Dresden-Friedrichstadt der Fall war. Wenn die Reichsbahnverwaltung ihr Pflichtgefühl gegenüber der Arbeiterschaft und ihren Angestellten in der Form auffassen würde, wie es die Angestellten und Arbeiter gegenüber der Verwaltung und Öffentlichkeit getan haben, dann könnte ich heute schon sagen, daß die Reichsbahnarbeiter, die Reichs bahnangestellten vollständig zufrieden wären. Aber ich zweifle daran, daß das geschieht. Unser Antrag deckt sich mit der Anfrage der Demo- kratlschen Fraktion, aber wir waren uns bewußt, nach dem der Einheitsverband der Eisenbahner sein Material veröffentlicht hat, daß hier nicht mehr eine einfache Anfrage hilft, sondern daß man der Regierung m ihrem Vorgehen gegen die Reichsbahn den Rücken vielmehr steifen muß. Deshalb kamen wir zu der Überzeugung, daß das nur in Form eines konkreten Antrages geschehen kann. Wir erwarten von der Re gierung, daß sie die Verhandlungen mit der Reichs- bahnverwaltung über alle diese Differenzen, über alle die Zurücksetzungen Sachsens aufnimmt, recht bald auf- nimmt, und daß sie selbstverständlich dem Landtage auch recht bald Bericht erstattet über das Ergebnis ihrer Verhandlungen. Ich bitte, daß unser Antrag in sofortiger Schluß beratung angenommen wird. (Sehr gut! und Bravo! b. d. Soz.) bahndlreltlon erklärt, daß sie angesichts der ganz außergewöhnlichen Schwierigkeiten, die sich a»-d dem Zusammentreffen dreier Umstände de» übermäßig starken Verkehr» mit einer seit Jahr zehnten nicht erlebten Kälte und überaus starker Schneefällen ergaben, nicht in der Lage sei, den Verkehr reibungslos durchzuführen. Als dann infolge des eingetretenen Tauwetters die Verhältnisse sich gebessert hatten, hat das Wirtschaft». Ministerium die Neich-bahndirektion am 23. Dezember gebeten, ihm eine Darstellung über den Umfang der eingetretenen Stockungen und über Ur- fachen sowie insbesondere auch über die Frage zu geben, welche Maßnahmen ge troffen werden können, um eine nochmalige derartige Beeinträchtigung der sächsischen Wirtschaft nach menschlichem Ermessen zu Verbindern. Die ReichSbahndirektion hat sich inzwischen sehr ausführlich am 14. Januar wie folgt geäußert: Die Verkehrsstockungen im Dezember vorigen Jahres sind zurttckzuführen auf das gleichzeitige Zusammentreffen eines selbst gegenüber den Bor- kriegsverhältnissen außerordentlich starken Verkehrs mit dem starken Sckneefall und dem überaus plötzlich nnd scharf einsetzenden Frost. Wenn man die Witterung im Dezember vorigen Jahres und die Betriebsstörungen, die sie zur Folge gehabt hat, mit ähnlichen Vorkommnissen der Vor kriegszeit vergleichen will, so wird man sehr weit zurttckgreifen müssen. Scharfe Kälte und Schnee verwehungen sind zwar in den BorkriegSjahren ver- schiedentlich ausgetreten, sie haben sich aber in den meisten Fällen entweder nur in einzelnen Landes teilen ausgcwirkt oder sie sind nur von kurzer Dauer gewesen. Vor allem aber haben sie niemals seit Menschengedenken in gleichem Umfange zusammen- gewirkt und sich so gleichmäßig über das ganze Land erstreckt wie eben im Dezember deS verflossenen Jahres. Einigermaßen vergleichbar erscheint der Dezember des Jahres 1886. Damals sind nach amt- Uchen Feststellungen in der Zeit vom 21. bis 23. De zember im Gebiete der sächsischen Staatseisenbahnen 1483 Züge ganz ausgefallen. War es damals haupt sächlich die Menge des niedergehenden Schnees, die den Betrieb gestört hat, so ist cS für den Dezember vorigen Jahres, wie bereits erwähnt, der Umstand ganz besonders bemerkenswert und kann nicht ein dringlich genug betont werden, daß Kälte (bis zu 30 Grad) und Schnee mit einer selten beobachteten und daher ganz unvorhersehbaren Heftigkeit gleich zeitig oder doch in unmittelbarer Folge aufgetreten sind. Ein solches Zusammentreffen ist nach Auskunft der Landeswetterwarte ganz außergewöhnlich. Haben doch einzelne Dienststellen des hiesigen Bezirks be richtet, daß ein derartiges Wetter seit unvordenklichen Zeiten nicht beobachtet worden ist. Außerdem kam noch hinzu, daß im Chemnitzer und Zwickauer Ge biet zum Teil zu gleicher Zeit dichter Nebel einsetzte, der sonst bei so starker Kälte nicht beobachtet wird Diese unvorhersehbaren Naturgewalten Haber selbstverständlich in ganz ungewohnter Weise auf die Anlagen der Reichsbahn eingewirkt. Die Gleise waren von hartgefrorenem Schnee überdeckt. Au Gleisen und Weichen trat starke Eisbildung auf. Zum Teil war der Schnee infolge der starken Kälte körnig und wirkte auf den Schienen bremsend wie Streu sand. Die Kuppelungen an den Wagen waren vereist und ließen sich nur mit allergrößten Anstrengungen und daher unter großen Zeitverlusten aufdrehen und aus haken. In den Achslagern erstarrte das Ol. Nach gegossenes heißes Ol kühlte sofort wieder ab. Auf getaute Weichen froren immer wieder an. Diese Umstände bewirkten auf den Stationen eine starke Behinderung des Personen- nnd Gütcrzugverkehrs. Sie erschwerten aber auch das Verschubgeschäft ans den Rangierbahnhöfen ganz außerordentlich. Ans den Ablaufbergen, von denen die Wagen sonst selbst tätig in schneller Folge abrollen, liefen die Wagen aus den oben genannten Gründen überhaupt nicht mehr oder nur sehr langsam ab. Es mußten daher teil weise besondere Kolonnen zum Abschieden der Wagen eingesetzt werden, um den Ablauf einigermaßen in Gang zu halten. Daß die Verzögerung im Ablauf die schwerwiegendsten Folgen, wie Verzögerung der Zug- bildung, Zugverspätungen, Störungen des Loko motivumlaufs und der Zugpersonaldienstpläne, zeitigen mußte, wird man verstehen, »venu man sich vergegen wärtigt, daß z. B. auf dem Verschiebebahuhof Dresden- Friedrichstadt jetzt planmäßig mit einem täglichen Ausgang von etwa 4000 Wagen gerechnet werden muß und daß diese Leistung nur erreicht werden kann, wenn sich der Wagenablauf reibungslos voll zieht/ Erwähnt sei ferner, daß infolge des Rauh- reifs auch der betriebliche Nachrichtendienst zum Teil empfindlich gestört war. Während im mittleren und westlichen Teile Sachsens am 22. und 23. Dezember schon Tauwetter eintrat, herrschten in Ostsachsen an diesen Tagen schwere Schneestürme, wodurch 12 Strecken, darunter das eine Gleis der wich tigen Linie Dresden-Görlitz zwischen Bischofswerda und Löbau, verweht wurden und deshalb gesperrt waren. Die Schneeverwehung zwischen Bischofswerda und Löbau war so stark, daß das Gleis trotz Einsetzens militärischer Hilfe 33 Stunden unfahrbar war, und ver- ursachte erneut ganz außerordentliche Störungen im Betriebe, die besonders auch die Dresdner Bahnhöfe stark in Mitleidenschaft zogen. Wenn man etwa den schnee- und frostreichen Winter 1916/17 zum Vergleich mit heranziehen will, so ist zu bemerken, daß in diesem Winter infolge der Kriegsverhältnisse der Verkehr sehr schwach war. Die im Dezember 1927 von außen auf den Be trieb einwirkenden äußerst ungünstigen Witterung-- Verhältnisse können indessen in ihrer vollen Aus wirkung nur beurteilt werde«, wenn man sich gleich« zeitig vor Augen hält, mit welcher allgemeinen Betriebslage sie zusammentrafen. Hierzu ist folgen de- zu sagen.
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