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Ml ÄckOkilv M 8iWm Autztilng 95. zu Nr. 159 des Hauptblattes. 1927. Beauftragt mit der Herausgabe Regierungsrat Brauße in Dresden. LandtagsverhandluuM. <Kortsetzung der 45. Sitzung von Donnerstag, den 7. Juli 1927.) Fortsetzung des Auszugs aus der Vorlage Nr. 24, eine Denkschrift über die Frauenklinik für den Südwesten Sachsens betr. Bei sehr wesentlichen Einrichtungen, wie Küche, Wäscherei usw., würde eine Verquickung von staatlichem und städtischem Betriebe sicherlich nicht ohne Reibungen ablaufen und sich daher nicht empfehlen. Jedenfalls würden die Kosten des Betriebs erheblich höher werden als bei Errichtung der Frauenklinik in Berbmdnng mit dem Krankenstift in Zwickau. Die Hochbaudirektion im Finanzministerium hat sich dahin ausgesprochen, daß vom technischen und Wirtschaft lichen Standpunkt aus die Erweiterung der Zwickauer Krankcnstiftsanlage durch eine Frauenklinik mehr zu empfehlen sei als die Verbindung einer staatlichen Frauenklinik mit dem städtischen Krankenhause in Plauen. Durch eine intensive Ausnutzung der Zwickauer maschinellen Anlagen werde die Wirtschaftlichkeit des technischen Betriebes dort gehoben werden, die Kosten für Wäschereintgung, Heizung und Elektrizität würden dadurch ve»haltnismäßig sinken. — Hingegen würden durch den Anschluß der staatlichen Frauen- tlinik an das Stadtkrankenhaus Plauen, abgesehen von Berwaltungsschwierigkeiteu und der Notwendigkeit, ein Grundstück erst bereitzustcllen, das in Zwickau gerade sür diesen Zweck schon erworben ist, erhebliche Betriebs- Mehrkosten erwachsen, z. B. durch Übernahme eines Teils der Ausgaben für Besoldung des technischen Per« sonals in einer beide Anstalten versorgenden Heiz- und Kraftzentrale und durch die anteilige Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals für diese Zentrale. Tie Kosten für Wäschereinigung, Heizung. Marmwasserver« soraung und Elektrizität würden mindestens doppelt so hoch werden als in Zwickau. „ Die Errichtung einer Frauenklinik mit 200 Betten würde nach einer rohen Schätzung der Hochbaudirektion im Finanzministerium in Verbindung mit dem Kranken« stift Zwickan etwa 3 250 OVO RM, m Verbindung mit demstLdtischen Krankenhause in Plauen aber 3680000RM-, also rund 430000 NM. mehr erfordern. Bei der letzten Schätzung ist die Hochbandirektion von der Annahme ansgegangen, daß 1. die Stadt Plauen das Baugelände unentgeltlich zur Verfügung stellt; 2. sie auf ihre Kosten bis an die Gebäude der Klinik beran die Leitungen für Wasser, Elektrizität rind Gas sowie die Schleusen legt und die Abwässer der Klinik ohne Klärung aufnimmt oder sebst klärt; 3. Elektrizität, Gas und Wasser von der Stadt in der zum Betrieb der Klinik erforderlichen Menge bezogen werden können und besondere Anlagen vom Staate für diese Zwecke nicht herzustellen sind; 4. die Stadt die Wohnungen sür das zum Betrieb der Klinik gehörige Kanzlei- und Betriebspersonal auf ihre Kosten beschafft. Würden diese Boraussetznngen nicht erfüllt, so würde sich der Mehraufwand noch entsprechend erhöhen. — Auf die besonderen örtlichen Verhältnisse und auf die Bodenbeschaffenheit in Plauen ist bei dieser Schätzung noch nicht Rücksicht genommen worden, da fte sich noch nicht übersehen lassen. Einer nen zu errichtenden Klinik etwa einen gerin geren Umfang zu geben, als vorstehend vorgesehen, kann nicht empfohlen werden. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß es unvorteilhaft ist, eine Anstalt nicht von vornherein den vollen zn erwartenden Bedürfnissen anzupasseu, da dann spätere Erweiterungen unaus bleiblich sind und die Anstalten, die auf diese Weise zur Entstehung kommen, im Endergebnis wesentlich teurer sind, als wenn sie von vorherein in dem ent sprechenden Maße ausgeführt worden wären. IV. Einzelne besondere Gesichtspunkte. In dem Abänderungs- und Ergänzungsvertrag mit der Stadt Zwickau vom Jahre 1923 hat sich der Staat verpflichtet, „wenn einmal die Errichtung einer staatlichen Frauenklinik und einer Akademie für praktische Medizin im Südwesten Sachsens in Frage kommen sollte, in erster Linie in Erwägung zu ziehen, ob diese Einrichtungen an daS Krankenstift Zwickau angegliedert werden können." Wenn diese Zusage der Stadt Zwickau auch nicht einen Rechtsanspruch darauf gibt, daß die Frauenklinik in Zwickau errichtet wird, so wird der Staat sich doch insoweit für gebunden halten müssen, als er nicht ohne zwingende Gründe die Einlösung dieser Zusage wird verweigern können. ES kommt ferner hinzu, daß daS Krankenstist bei Errichtung der Klinik in Plauen auf absehbare Zeit ein Torso bleiben würde. Das Krankenstift Zwickau hat sich auch zu einem bedeutsamen Mittelpunkt der ärztlichen Fortbildung entwickelt. Die Einrichtungen des Pathologischen In stituts, insbesondere die Sammlungen und der große Hörsaal, tragen dieser Tatsache Rechnung..'ES ist un- bedingt notwendig, daß daS Gebiet der Gynäkologie, wie eS von jeher geplant war, im Zusammenhänge mit den Gebieten der Ehirurgie und der inneren Krank heiten behandelt werden kann. Eine Zerreißung dieses Zusammenhanges, wie sie eintreten würde, wenn an das Krankenstist nicht auch eine Frauenklinik ungeglie dert werden würde, würde einen schweren Schaden für die ganze Einrichtung bedeuten. Diesen Gesichtspunkten gegenüber kommt auf eiten der Stadt Plauen nur die Tatsache in Betracht, >aß die Stadt Zwickau durch daS Krankenstift auch in einem heutigen Umfange auf dem Gebiete der Kran- enpflege bereits in außerordentlichem Maße entlastet st, so daß der Wunsch der Stadt Plauen, nun auch eine derartige Entlastung zu erfahren, verständlich erscheint. Die vorliegenden Tarlegungen ergeben ein starkes Überwiegen der Gründe, die sür Errichtung der Klinik in Verbindung mit dem Krankenstist Zwickau sprechen. Nach diesem Ergebnis kann die Regierung nur Vor schlägen, die von dem Landtag in den HauShaltplan für 1927 als ersten Teilbetrag zur Errichtung einer staatlichen Frauenklinik für den Südwesten Sachsens bereits ein gestellten 50O00ORM. als ersten Teilbetrag zur Er- richtung einer staatlichen Frauenklinik in Verbindung mit dein Krankenstift Zwickau zu verwenden. Es wird gegen den Einspruch des Abg. Enterlcin (Tnat.) beschlossen, die Vorlage in Schlußberatung zu nehmen. Abg. Mütter (Chemnitz— Altsoz.): Tie Tenkschrist der Regierung macht auch uns die Entscheidung nicht leicht, wohin die Frauenklinik kommen soll, denn die Denkschrift beweist, daß wir mit einer Frauenklinik in Zwickalt nicht auskommen, sondern noch eine Frauen klinik brauchen. Um aber die Sache wenigstens in Fluß zu bringen, damit mit dein Ban in Zwickan begonnen werden kann, stimmen wir heute für die Vorlage der Regierung. Ich möchte dazu bemerken, daß der Antrag Arzt, der noch vorliegt, unsere Zustimmung auch findet. ES ist unser Wunsch, daß die Regierung Vorbereitungen trifft, daß im nächsten Jahre bereits die erste Baurate für eine weitere Frauenklinik in Plauen eingestellt wird. Wir verkünden jetzt schon, daß, wenn das nicht für das nächste Jahr in den Etat eingestellt wird, wir es dann beantragen. Abg. Frau Thümmel (Soz.): Die Vorlage Nr. 24 ist die Ausführung des Landtagsbeschlusses vom 15. März Wenn damals die Abgeordneten, die unserem Antrag widersprochen haben, etwas weitsichtiger gewesen wären, könnte jetzt schon mit dem Bau einer Frauenklinik in Zwickan angefangen worden sein. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Nun ist die Frage glücklich drei Monate verschleppt worden, ohne daß man zn einem anderen Ergebnis gefühlt worden wäre. Aus der Denkschrift ist zu entnehmen, daß die Bewerbungen für die Errichtung einer Frauenklinik für beide Städte etwas für sich haben. Beide Bezirke haben eine starte weibliche Bevölkerung. Aus der Denkschrift ist aber auch zu entnehmen, daß Zwickau in der Mehrzahl ist. Zwickau hat im Verhältnis zu Plauen eine überwiegend weibliche Bevölkerung, haupt sächlich sehr viele Frauen, die im Erwerbsleben stehen. Für Zwickau könnte noch geltend gemacht werden, daß dort sehr viele Bergarbeiterehefrauen wohnen, die nach unserem Dafürhalten ohne weiteres den erwerbstätigen Frauen gleichzustellen sind wegen der Art ihrer Lebens haltung und Lebensführung, indem sie gezwungen sind, sehr oft in der Nacht aufzustehen, die Nacktruhe zu unterbrechen, wenn der Mann in die Schicht gehen muß oder von der Schicht zurücktehrt. Tiefe Lebens- bedingungen bringen es mit sich, daß diese Frauen sehr oft zu Erkrankungen neigen. Tazu kommt die schlechte Entlohnung der Bergarbeiter, die allen bekannt ist, und der dadurch entstehende Zwang, etwas durch Heimarbeit usw. mit zu verdienen. Wir l-aben schon bei der Behandlung dieses Kapitels am 15. März betont, daß wir »ins nicht etwa aus be sonderer Neigung für Zwickau gerade für den Ba»» in Zwickau einsetzen, sondern uns kam es darauf an, die Frage aus dem Stadium der Ungewißheit einmal heraus- zubringen und sie zu einem Ende zu bringen. Unserer Meinung nach ist sie schon viel zu lange verzögert worden. Wenn wir also diese Notwendigkeit cinsehen und dafür eintreten, daß mit dem Ban in Zwickan be gonnen wird, so sind damit die berechtigten Forderungen von Plauen für uns durchaus nicht erledigt. Wir sehen durchaus ein, daß auch Plauen ein gewisses Anrecht hat und gute Gründe dafür geltend machen kann, daß auch Plauen eine Frauenklinik bekommt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Wir sind im allgemeine»» der Meinung, daß die heutigen Lebensverhältnisse der breiten Masse, die Wohnungsnot, das Wohnungselend darauf drängen, mehr Entbindungsanstalten zu schaffen als zur Ber- sügung stehen. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Es leuchtet jedem ein, daß eine Entbindung in einer Klinik hygienisch einwandfreier durchyeführt werden kann und für die Frauen in gesundheitlicher Beziehung vorteilhafter ist als in einer überfüllten Privatwohnung. Deshalb habe»» wir einen Entschließ ungSantrag vorgelegt, dahingehend, der Landtag wolle beschließen: die Regierung zu ersuchen, Vorbereitungen zu treffen, daß unbeschadet der Errichtung einer Frauenklinik in Zwickau auch der Ba»» einer Frauenklinik in Plauen bald ermöglicht wird. Durch die Annahme der Vorlage Nr. 24 und diese» Entschließungsantrages wird den berechtigten Forde rungen beider Städte und Bezirke und ihrer Be völkerung entgegengekommen. (Bravo! links.) Abg. vr. Schmincke (Komm.): Bei der Behandlung der Frage, ob die Frauenklinik in Plauen oder Zwickau errichtet werden soll, hat sich die Kommunistische Frak tion zuerst auf den Standpunkt gestellt, daß die Frauen klinik in Plärren errichtet werden solle. Wenn mal» sich nun aber vorstellt, daß zurzeit der Andrang der Kranke»» zu den Krankenhäusern außerordentlich groß ist — ich »veise darauf hin, daß der Andrang bei der Heil- und Pslegeanstalt Sachsens 1926 so groß gewesen ist, daß »nai» daran gedacht hat, eine neue Heil- und Pslegeanstalt zu bauen, wenn man sich also vorstellt, daß bei den schlechten Wohnungsverhältnissen es häusig nur möglich ist, daß eine Entbindung in den» einen Zimmer statt- findet, wo die Familie zusammen wohnt, wo die Groß eltern, Ettern und Kinder sind, so erkennt man die dringende Notwendigkeit, Krankenbetten zu schassen- Die Vorlage der Regierung bringt die verschiedenen Gründe dafür, daß es zweckmäßig wäre, sie in Zwickan zu errichten. Unter anderem bringt sie eine Statistik über die Bevölkerung-- und Berkehrsverhältnisse. Uber diese Statistik kann man sehr geteilter Meinung sein. Man kann eine ähnliche Statistik auch für Plauen aufstellen, je nachdem man die Zahle»» benutzt. Tarüber will ich hinweggehen. Was die klimatischen Verhältnisse anlangt, so unter liegt es keinem Zweifel, daß diese Verhältnisse in Plauen besser sind als in den» kohlenverrußten Zwickau, »venn auch angegeben ist, daß das Krankenstift sehr günstig aus einer Höhe in Zwickau liegt. Aber was für Zwickau spricht, ist der Umstand, daß in» Zwickauer Krankenstist schon alle die Einrichtungen technischer Art vorhanden sind für den Anbau für 200 Betten, wie ihn die Frauen klinik notwendig macht, so daß mit den» Anbau der Frauenklinik in Zwickau ein geschlossenes Ganze dort geschaffen würde. Aber das Wichtigste für uns ist, ist da» Moment, daß so sckmell wie möglich diese 200 Betten für die Frauen in Wcstsachen geschaffen werden. Wir sehen darin, daß die Regierung, wie sie in der Denk schrift zugibt, vertraglich schon gebunden ist mit Zwickau, daß es große Schwierigkeiten machen würde, wenn »vir jetzt für Plauen stimmten und eine Mehrheit sür Plauen in» Landtage vorhanden wäre, denn dann würde wahrscheinlich dieser Ba»» einer Frauenklinik wieder verzögert werden, während, wen»» wir für Zwickau eine Mehrheit haben, die Regierung sofort den Bau der Frauenklinik in Angriff nehmen würde und somit die Not der Frauen, die unbedingt einer Krankenhaus behandlung bedürsen, gelindert würde. Wir stimmen deshalb i>» diesen» Falle für Zwickau, sind aber der Meinung, daß in Plauen auch unbedingt in» nächsten Jahre eine Frauenklinik errichtet werden muß. Die Regierung hat ja iinmer erklärt, daß sie nicht dazu da wäre, für Krankenhäuser zu sorgen, sonder»» daß für Errichtung voi» Krankenhäuser»» die Kommunen oder die Kommunalverbände da wären. Aber ich meine, in bezug auf Errichtung von Bette»» sür gebärende und kranke Frauei» hat doch die Regierung insofern ein Interesse, als ja die Gesundheit der Frauen und damit auch die Gesundheit der Heranwachsenden Kinder doch ein wesentliches und wichtiges Moment ist sür die Volksgesundheit üherhaupt, und so hoffe ich, daß im nächsten Jahre der Landtag Mittel zur Verfügung stelle»» wird, daß auch die Stadt Plauen und somit das obere Vogtland eine Frauenklinik erhält. (Bravo! b. d. Komin) Abg. Ur. Eberle (Tnat ): Ich kann für meine Per« so»» die vorgcschlagcne Lösung nicht als glücklich an- sehcn. Während der Landtag in seiner Mehrheit die Notwendigkeit einer Klinik irr Plauen bejaht, ist heute morgen im Ausschuß darauf hingewiesen worden, daß der Aufwand, der jetzt sür Zwickau mit reichlich 3 Milli onen gemacht werden soll, wahrscheinlich verhindern würde, daß eine ähnliche Anstalt in Plaue»» errichtet wird. Wenn man die geographische Lage des Landes airsieht, so ist klar und eindeutig, daß durch die günstige,» Verkehrsverhältnisse von Zwickau »»ach Chemnitz für die äußerste Not ii» Zwickau bereits heute gesorgt ist. Wenn nun in Zwickau aus den Gründen der Linke»» mit höchster Dringlichkeit geholfen werden soll, so darf man nicht vergessen, daß die Dringlichkeit in Plauen eine größere ist als in Zwickau, um so mehr, als ein wandfrei festgestellt worden ist, daß die Kranken- vcrsorgungsverhältnisse im allgemeinen in Plauen zu wünsche»» übrig lasse»». ES wäre, wenn man nicht sicher ist, daß Plaue»» im nächsten Jahre eine ebensolche Klinik bekommt, l»ach »»»einer Meinung richtiger gewesen, wenn man voi» der» 3*/, Millionen eine halbe Million nach Chemnitz abgezweigt hätte, um damit dort 50 Betten zu erstellen, und mit den» Rest in Plauen eine Klinik errichtet hätte. Ich »veiß, daß dem allerlei Pläne, die in der zuständigen Verwaltung im Ministerium vor handel» sind, entgegenstehen, aber über die Pläne hin weg muß doch eine richtige, daS ganze Land be friedigende Lösung erfolgen, und so lange ich nicht dessen sicher bin, daß Plauen zn seinem Rechte kommt und der Antrag der Linken verwirklicht wird, Vor bereitungen zu treffen, daß unbeschadet der Errichtung einer Frauenklinik in Zwickau auch der Bau einer Frauenklinik in Plauen bald ermöglicht wird, ist da für mich ein Wechsel auf die Zukunft, von dem ich nicht weiß, ob wir die finanzielle -rast haben, ihn ein-