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Antrag sich durch diese Erklärung, die heute wiederholt worden ist, auch erledigt hat, nicht in der Weise, daß wir nicht wollen, was darin steht, sondern in der Weise, daß wir alle miteinander darüber einig sind, eS muß nunmehr mit größter Beschleunigung daran ge gangen werden, daß die Zusage der Regierung in bezug auf den Abschluß der Prüfung und dem- entsprechende Maßnahmen auf 8 13 der Lockerungs- Verordnung in die Tat umgesetzt wird, denn mit Prozentsätzen kann man hier nicht arbeiten. Die Ge fahren, die gegenwärtig bestehen, sind wesentlich größer, als ein Teil de- Hauses annimmt. (Hört, hört! ImkS.) Es sind nicht Gefahren für den einzelnen, unter dem rein individuellen Gesichtspunkte anzusehen, sondern auch Gefahren, die die Wirtschaft des Landes bedrohen und darum der Regierung und den beteilig ten Ministern eine außerordentlich große Verant wortung auferlegen. (Bravo! b. d. Dem) Abg. Müller (Planitz! (Soz.): Zur Negierungs- erklärung über den Fall Tannenhaus muß sestgestellt werden, daß die Regierung eigentlich die Hauptaesichts- punkte dabei durchaus nicht bestritten hat. Sie hat sich nur darauf zurückgezogen, daß der Forstmeister dort oben an seinem Umzüge durch Krankheit ver hindert gewesen wäre. Trotzdem muß man sich die Frage vorlegen, ob mail damit die Verzögerung, die in dem Bezug liegt, rechtfertigen kann. Das ist doch unter keinen Umständen damit zu entschuldigen. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Deshalb kann man wohl anch sagen, daß die Regierungserklärung in dieser Richtung in keiner Weise befriedigen kann, noch dazu, wenn man bedenkt, daß gegenüber den Räumungsschuldnern eine solche Rücksicht durchaus nicht gebraucht wird (Sehr richtig! b. d. Soz.), vor allen Dingen dann nicht, wenn es sich um die arbeitenden Schichten handelt. Die Regierung hat gegenüber diesem Beamten also vollkommen versagt. Aus dem Berichte des Kollegen Nebrig ist ja hervorgegangen, daß die Regierungs parteien, und zwar mit Hilfe ihrer Freunde aus der Alten Sozialdemokratischen Partei, in erster Linie Zeit gewinnen wollten. In Preußen hat man diese Frage und die Anträge der Sozialdemokraten und Kommunisten bereits vor einem Jahre behandelt und zur Ent scheidung gebracht. (Abg. vr. Bünger: Weiter gelockert wie bei uns!) Jawohl, Herr vr. Bünger, weiter ge lockert wie bei uns, es kommt aber vor allen Dingen darauf an, in welcher Weise sich dort die Arbeiter- Vertreter verhalten haben! Ta besteht die Tatsache, daß Anträge der Kommunisten und Sozialdemokraten vorgelegt worden sind, die, soweit sie sich auf die Ge- werbcraummiete beziehen, von den Demokraten unter stützt worden sind, denn der Antrag der Demokraten geht ebenfalls dahin, die Lockerungsbestimmungen vom 11. November von Hirtsiefer aufzuheben. Das ist der Unterschied, der zwischen Sachsen und Preußen in dieser Richtung besteht. (Abg. vr. Bünger: Sie ist aber nicht aufgehoben worden!) Es ist bereits zum Ausdruck gekommen, daß man und auf welche Weise man. die Verzögerung hier erreicht hat. Man hat Anträge gestellt, die man dann später wieder fallen ließ oder die man so stark cin- schränkte oder umgestaltete, daß mit diesen Forderungen eben alles beim alten bleibt. Und auch die Forde- rungen, die die Volksrechtpartei gestellt hat und die in den Anträgen ihren Niederschlag finden, gehen durch aus nicht über den Rahmen dessen hinaus, was die sächsische Bürgerbloüregiernng zugibt. ES läßt sich herite sehr leicht an die Reichöregierung die Forderung stellen, die Gesetze hinsichtlich der Zwangsbewirtschaf- tung und der Mictschutzgesetze zu verlängern, nachdem man die Gewißheit hat, daß die Bürgerblockregierung im Reichstage durchaus nicht daran denkt, ein soziales Miet- und Wohnrecht zu schaffen, ein Miet- und Wohn recht, welches den Interessen der deutschen Mieter schaft und damit auch der übergroßen Masse des deut- schon Volkes entspricht. Herr Kollege vr. Bünger hat vorhin darauf Hinge lviesen, daß es etwas ganz Leichtes sei und im übrigen gar nichts Weltbewegendes, daß diese Kündigungs frage einer Änderung unterzogen worden ist. DaS beweist allerdings, ebenso wie die anderen Aus führungen des Herrn vr. Kollegen Bünger, daß er diesen Dingen außerordentlich weltfremd gegenübersteht, denn »vir wissen doch, wie die Praxis aussieht; wir wissen, daß es gerade innerhalb der Mieterschaft eine»» sehr großen Prozentsatz gibt, der mit dem Gericht absolut nichts zu tun haben will, und daß sich diese sog. Ein spruchsscheuen infolgedessen des Einspruchsrechtes be geben und dann auf der anderen Seite die Folgen zu tragen haben. (Abg. Bünger: So ein Boaen Papier genügt 1) WaS Kollege Röllig bei den ersten Debatten hier zum Ausdruck gebracht hat, ist nicht eingtztreten. Er hat damals betont: wir Hausbesitzer werden sehr wohl in der Lage sein, Hausbesitzer, die sich bereichern »vollen, zur Räson zu bringen. Er ist damals auf die Ausführungen eingegangen, die ich hinsichtlich der LockerungSoestimmungen und der durch sie an gerichteten Verheerungen gemacht habe. ES zeigt sich aber heute, daß die Hausbesitzer in dieser Richtung keinen Einfluß auf diejenigen haben, die die Gewerbe raummieter auSbeuten wollen. In Chemnitz z.B. haben die Proteste der Chemnitzer Gewerberaummieter gegen die Auspowerung durch ,hre Hausbesitzer die Zahl von 140 erreicht. Wer also ernstlich bemüht sein will, den Mieter inleressen zu dienen, wie e» gerade die VolkSrecht- partei zu tun voraibt, der muß den Minderheitsanträgen zustimmen, weil sie ja für Sachsen, wo die Bolksrecht- partei mit ihren vier Stimmen ausschlaggebend ist, das Positive, nämlich die Aufhebung der Verordnung, »»ach sich ziehen würden. Aber wo eS sich un» eine positive Aktion handelt, wo es sich darum handelt, daß damit auch etwas angefangen werden kann, da lehnt es natürlich die Bolksrechtpartei ab, dafür einzutreten. Nun aber einige Worte zu der Übung, die seit einem Jahre im sächsische»» Landtage eingerissen ist, und -war zu den Ausführungen, wie sie heute wieder Herr Bethke zu wiederholte»» Male,» gemacht hat, daß man bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten darauf ver weist, daß in Preußen, Bade»» und Anhalt ebenfalls Sozialdemokraten mit in der Regierung säßen und daß um»» dort ganz andere LockerungSbestimmungen eingesührt habe. Wer auf solche Weise noch vor gibt, Mieter- oder gar Arbeiterinteressen zu vertreten, wie es vorhin Herr Bethke getan hat, bei dem ist natürlich auch jede Belehrung und jeder Wahrheit-- beweis, der erbracht wird, von vornherein vollständig mißglückt. Wen»» Herr Bethke sagt, die Lockernngs- Verordnung trifft die breite Masse der kleinen Handwerker und Händler überhaupt nicht, so kau»» das nur darauf zurückzuführen sein, daß sich eben Herr Bethke in solche»» Kreise»» nicht bewegt. Und wen»» er hinzufügt, daß sich die MietprciSsteigerungen, die eben durch die Lockerungsbestimmungen zn Tatsache»» ge worden sind, nicht auf die breite Masse der Arbeiter auswirken, so will er meines Erachtens absichtlich diese Wirkungen nicht sehen; denn daß er sie nicht verstünde, das ist nicht wahr; er weiß eS sehr wohl, aber er fühlt sich ja nui» einmal als der politische Hausdiener der Reaktion dazu berufen, in einer solche»» Weise die Tatsachen zu verdrehen und in solcher Weise zn versuchen, den Mietern und den Arbeitern, die etwa noch der ASP. Nachläufer», Sand in die Augen zu streuen. Und dann: die Verordnung vom 11. November 1926 in Preuße»» ist eine Verfügung des Ministers Hirtsiefer, die zunächst mit dem Kabinett gar nichts zu tun hatte, sie gehörte also zu dem Ressortbereich des Ministers Hirtsiefer. Nachdem die Verordnung heraus war, hat die Sozialdemokratische Fraktion bereits im Januar der» Urantrag gestellt: „Die Verordnung vom 11. November 1926 betr. Loäerung des Mieterschutzgesetzes wird aufgehoben." Das ist ein konkreter Antrag, der im preußischen Landtag gestellt worden ist, und das Ergebnis der Abstimmung, und zwar der namentlichen Abstimmung war, daß 142 für die Aufhebung der Lockerungsbestimmungen gestimmt haben und 222 dagegen, bei 3 Stimmenthaltungen. Der weitere Antrag, der im Anschluß daran behandelt wurde, war der Antrag der Demokraten (Hört, hört! link-), der dahin ging, die Lockerungsbestimmungen, soweit es sich um die Gewerberäume handelt, aufzuheben, und der ist mit 163 gegen 204 Stimmen abgelehnt worden. Ich will hiermit nur darlegen, daß auch die Demokraten es schon sehr oft gewesen sind, die sich die preußischen Sozialdemokraten zum Muster genommen haben Wir haben nur den Wunsch, daß sich die Alten Sozial demokraten und die Demokraten heute die preußischen Sozialdemokraten in bezug auf die Beseitigung der Lockerungsbestimmungen zum Muster nehmen möchten, dann müßten sie mit uns für die Aufhebung stimmen. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Es ist auch weiter hier gar nicht uninteressant zu sehen, welchen Standpunkt die Demokraten überhaupt eingenommen haben. Sie haben durch ihren Sprecher Herrn Abg. Hoff ja erklären lasten — und da haben sie natürlich ganz andere Ausführungen gemacht, wie das heute von Herrn Bethke geschehen ist —, daß sie gerade in den Lockerungsbestimmungen, soweit sie sich auf die Gewerberäume beziehen, eine ungeheure Schädigung der kleinen Gewerbetreibenden sehen und au- diesem Grunde de»» Antrag auf Aufhebung gestellt haben. Aber auch die Wirtschaftspakte» soll sich durchaus nicht etwa darauf -urückziehen, daß sie nun immer sich o verhält, wie sie da» angeblich in ihrem Programm estgelegt hat. Ursprünglich hatte die Wirtschaft-Partei olgende Programmsätze: Die Wirtschaft-Partei fordert die Beseitigung der WohnungSzwang-wirtschast mit von wirklichen Sach verständigen zu schaffenden Übergangsbestimmungen. Bei diesem Abba»» lehnt die WirtschaftSvartei aber Experimente nach dem Rezept de- vr. Eisenbart ab. Deshalb bekämpft sie den von der Deutschen Volks- Partei und dem Zentrum unterstützten Antrag der Deutschnationalen, welcher zunächst die Gewerbe treibenden au» der Zwangswirtschaft herausnehmen und damit die gewerblichen Mieter zugvnste»» der übrigen Mieter belaste»» will. (Hört, hört l b. d. Komm.) DaS war die ursprüngliche Auffassung der Wirtschafts pakte». Wir haben aber gesehen, wie sie in Preußen und auch in Sachsen ganz ander- handelt, als sie in ihrein Programme festgelegt hatte. DaS nur als tatsächliche Feststellung zu der hier gewordene»» Übung, die Sozialdemokraten Sachsens gegen die Preußens auszuspielen! . Zur Frage der Steuerung der Wohnungsnot ist eS ja beachtlich, daß heute die Demokratische Partei eine Anfrage stellt, nachdem sie in» vorige»» Jahre die weitgehenden Anträge, vor allen Dingen, soweit es sich um die Fassung eines Wohnungsbauprogramm- gehandelt hat, abgelehnt hat. Sie hat eben an die Versprechungen und Dar legungen der Regierung geglaubt. Die Sache ist doch wirklich so: eil» Beschluß des Landtages wäre sicher für die Regierung etwas ganz anderes gewesen, als wenn sie bloß verspricht: na ja, wir werde»» zunächst einmal versuche»», mit den bestehende»» Mitteln 25 000 Wohnungen zu erstellen, und geht das nicht, werde»» wir eine Anleihe ausnehmen, um die noch fehlende»» Wohnungen zu erstellen. Die Schuld dürfte deshalb bis zu einem gewissen Grade mit auf die Demokratische Partei znrückfallen. Es ist ja aber in der Tat so, man hat auf selten der bürgerlichen Parteien ja gar nicht den Willen, ein Wohnungsbauprogramm zu schaffen, auch wen»» e» sich nur auf die Zeit eines Jahres erstreckte. (Abg. Edel: Sehr ivahr!) Wir haben ein fünfjähriges Wohnungs- bauprogramm gefordert in Anlehnung an die Forderungen der deutschen Gewerkschaften. Diese haben, nachdem die Reichszählung ergebe,» hatte, daß die seinerzeit gegriffenen Wohnungsnotziffern gerechtfertigt sind, erneut ihr Progrcunm dein Reichstage übersandt, und wir werden erleben, daß in den emzelnen Ländern leider die Leute, die die Möglichkeit hätten, ein solches Programm zur Durchführung zu bringen, eS allerdings unterlassen, auch positiv dafür einzutreten. Das zeigt, daß tatsächlich der Wille auf der anderen Seite vollkommen fehlt. Hinzu kommt, daß man nun heute glaubt, die Dinge mit anderen Mitteln bekämpfen zu müssen, daß man die Wohnungsnot jetzt damit abzutu»» gedenkt, daß man einfach der Arbeiterschaft zumutet, sich künftig mit der Einzimmerwohnung zu begnügen. Wir sind uns auch darüber klar, daß die Forderung des Bürgertums uach Aufhebung der Zwangswirtschaft und der Schutzbestimmnngen und ferner die Versäum nis der wirksamen Bekämpfung der Wohnungsnot ganz seiner wirtschaftlicher» politischer» Einstellung entspricht. Bei den bürgerlichen Parteien entscheidet eben der Grundsatz „Angebot und Nachfrage" den Preis; wenig Wohnungen, kleines Wohnungsangebot bedeutet auf der anderen Seite große Nachfrage und nach Lockerung der Zwangsbestimmungen Preissteigerungen ins un gemessene. Würde man den Wohnungsbau so fördern, wie es die Sozialdemokratische Partei auf der Grund- age des GewerkschaftS-WohnungSbauprogramms ge fordert hat, dann würde natürlich bei den Hausbesitzer»» drüben die Aussicht schwinden, die Wohnungswirtschaft m Sinne der Wohnungsspekulanten zu einem rentablen Geschäft zu gestalten. ES ginge natürlich da ein Ge- chäftszweig, der in der Vorkriegszeit seinen Mann ge nährt hat, verloren, und das ist der wahre Grund. (Sehr richtig! links.) Hätte man nicht Angst vor bei» Neuwahlen, der Bürgerblock im Reichstage wäre de»» Wünschen der Reaktion viel willfähriger gewesen, als er es jetzt ge wesen ist. Es ist lediglich Angst vor der drohenden Entscheidung der Wählerschaft und insbesondere der Mieterschaft, auf die es ankommen wird, und wir nehme»» an, daß die Mieterschaft dieses Mal eine andere Entscheidung fällen wird, daß sie eine Entscheidung fällen wird, die eS auf alle Zeit hinaus unmöglich macht, die alten Zustände, nämlich die Ausbeutung der Mieter, wieder herbeizuführen. (Bravo! b. d. Soz.) (Fortsetzung jn der nächsten Beilagen