Volltext Seite (XML)
'M' Abg. vr. Kastner (Leni ): Ter ganze Komplex der Fragen, die wir hier miteinander verbandeln, hat ein vierfache- Besicht. Die Grundfrage ist die der Be schaffung neuen Wohnraumes, davon hängen alle d>e grosten Probleme, die wir sonst zu erörtern haben, ab. Ich darf mich für heute begnügen, zu der Erklärung der Regierung auf die Anfrage meiner Kollegin vr. Ulich-Beil zu sagen, daß diese Regierungserklärung eigentlich einen niederschmetternden Inhalt gehabt hat; ich glaube nicht, daß damit das letzte Wort in dieser Frage gesprochen worden sein kann. Wir weiden uns mit den Fragen noch sehr eingehend beschäftigen müssen, und ich möchte mir das auch für meine Freunde vorbehalten. Alle die Erörterungen über die Aufhebung der Zwangswirtschaft und was damit zusammen- hünat, hängen aber grundsätzlich davon ab, daß man endlich wieder einmal in der Lage ist, ähnlich wie es früher in normalen Verhältnissen war, Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt in direkte und be gründete Beziehungen und Verhältnisse zu bringen. DaS wird aber auf lange Zeit nicht der Fall sein. So sehr wir alle und insbesondere meine politischen Freunde der Ansicht sind, daß die Zwangswirtschaft nur als vorübergehendes ttbel ertragen werden kann bei anormalen Zuständen, daß sie aber so schnell al- möglich beseitigt werden muß, ebenso werden wir wohl alle darin einig sein, daß die Voraussetzung für die endgültige Beseitigung die Wiederschaffung annähernd normaler Zustände sein muß. Ich möchte in dem Zusammenhang noch auf eins Hinweisen, was meisten- in der Öffentlichkeit übersehen wird, daß nämlich bei der Erstellung neuen Wohn raume» es sich säst durchgängig doch darum handelt, Wohnungen zu schaffen, daß aber die Erstellung neuen Gewerberaum» nicht in dem Maße fortschreitet, wie selbst tue bescheidenste Wohnraumerstellung. Der zweite sif«ge*r»mpln W Üe F«Oe der Miet man dazu kommen, daß da», »r» man haben will, nämlich einen absolut gerechten Standpunkt, hier und da verlaffen werden würde. Wenn man aber über haupt Änderungen im bürgerlichen Recht vornehlnen will, soll man da» nicht jetzt tun, weil jetzt anormale Verhältnisse sind. Gerade da», was Herr Kollege Vr. Kastner im Zusammenhang mit diesem Antrag -um Ausdruck bringt, läßt mich auf die Vermutung kommen, daß er diese anormalen Zustände tatsächlich berück sichtigt haben will, sonst würde er nicht gefordert haben, daß gerade jetzt eine solche Novelle käme. E» würde auch kein Anlaß vorliegen, zurzeit eine solche Novelle herbeizuführen, sondern e» würde dmn der Standpunkt richtiger sein, daß man sagt: wir warten erst einmal ab, bis die Verhältnisse sich beruhigt haben, dann wird sich zeigen, ob das Mietrecht sich als ab- änderungSbedürftig erweist. Ich möchte zunr Schluß allgemein sagen: wir stehen natürlich auf dem Standpunkt, daß der Mieterschutz noch nicht aufgehoben werden kann, weil die Raumnot noch nicht beseitigt ist, daß er aber allmählich abgebaut werden muß, darüber ist man im sächsischen Landtag viel mehr mr Zweifel al» im Reichstag. Brauns hat, und zwar mit vollem Recht, gesagt, daß ein schritt weiser Abbau erfolgen muß, „darüber sind sich die Parteien einig von den Deutfchnationalen bis zu den Kommunisten", wobei ich allerdings nicht weiß, ob er die Kommunisten mit eingeschlossen oder ob er sie ausgeschlossen hat. Er hat dabei als einen der vielen Gründe angegeben — und das ist in der Tat einer der Hauptgründe —: wir müssen da für sorgen, daß das Privatkapital an den Wohnungs bau herankommt. Sie haben heute aus den Dar legungen des Herrn Regierungsvertreters gehört, daß es an Kapital zum Bauen fehlt, die verschiedenen Quellen für die Beschaffung des BaukavitaiS wer- den im nächsten Jahre nicht mehr so stießen, wie eS vielleicht bisher geschehen ist. Darum ist die ganze Frage sehr ernst, und es bleibt nichts übrig, als daß man das Privatkapital heranzubekommen sucht. Das wird man aber nicht so leicht herankriegen wenn man nicht schrittweise die Zwangswirtschaft lockert; die bestehende Zwangswirtschaft ist für das Privatkapital immer noch das hemmende Moment, und gerade im Interesse einer Belebung des Bau- marlteS durch das Privatkapital ist^es erforderlich, daß die Lockerung weiter erfolgt. Preußen hat bereits die Zwangswirtschaft in viel weitgehende»em Maße ge lockert. Preußen arbeitet ununterbrochen an einem schrittweisen Abbau der Wohnungszwangswlrtjchaft, aber in einer Weise — das muß anerkannt werden —, die möglichst schonend ist. Und dann möchte ich noch einmal ausdrücklich be tonen, daß durch unsere Lockerung der Zwangswirt, schäft bezüglich der Wohnungen in Sachsen nur eine einzige Kategorie getroffen wird, und ich gebe zu, daß sie zum Teil schmerzlich getroffen wird, das sind die Inhaber der großen Läden. Die Wirkung der Ver ordnung beschränkt sich auf die Kaufleute in den Zentren der Städte, während alles andere kaum in Betracht kommt. Wir haben dafür volles Verständnis, daß für derartige Existenzen die Verordnung unter Umständen geradezu vernichtend sein kann, die sie aus der Zwangs wirtschaft herausnimmt. Aber wir haben uns doch bemüht, diese Wirkung, die wir vorausgesehen haben, ab zuschwächen; »vir haben die Wirkung des Gesetzes um em ganzes Jahr hinausgeschoben, wir haben Schieds gerichte bei den Gerichten eingerichtet, und ich habe neuerdings den Antrag gestellt, daß auch die srei willigen Schiedsgerichte gefördert werden. Und end lich habe ich als Jupizmmister Erläuterungen zu dem Wucherparagraphen gegeben, die jedenfalls die Anwen dung dieses Paragraphen erleichtern. Der Hauptpunkt ist aber der, daß wir uns bereits darüber geeinigt haben, es soll, wenn die Statistik de- endet ist — und das wird bald sein — erwogen werden, ob diese Lockerung rückgängig gemacht werden kann, regional oder für einzelne Fälle. Darüber sind wir schon in den Koalitionsparteien einhellig in der Mehrheit, dazu hat auch schon die Regierung ihre Zu stimmung gegeben. höhe. Auch darüber ist heute nicht viel zu sagen. DG Dmge sind aus längere Zeit hinaus geregelt. Das Wichtigste, was heute von besonder» akuter W rkung ist, ist die Lockerung»verordnung und ihre Auswirkungen. E« ist ja kein Geheimnis, daß diese Lockerungsverordnung eben da» Ergebni» eine» Kom- promiskes unter zahlreichen Parteien ,st, und Kom promisse sind nie erfreulich. Ich glaube aber, gerade die Herren von der Sozialdemokratie hoben ja bei ihrer politischen Abstinenz an aktiver Verantwortlichkeit am allerwenigsten Anlaß, zu diesen Dingen sich irgendwie vorwurfsvoll zu äußern, insbesondere wenn man auch ihre Taten auf diesem Gebiet etwa in Preußen mit in Betracht zieht. (Zuruf b. d. Soz) Ich darf aber feststellen, daß die Auswirkungen der Lockerungsverordnung dock, noch katastrophaler geworden sind, als die schwersten Warner ausgesprochen haben. (Hört, hört! b. d. Soz.) Man kann nicht mit dem Argument operieren, wie es in einigen Reden vorhin geschehen ist und auch in der Presse bisweilen geschieht, daß der Prozentsatz der benachteiligten Gewerberaum- mieter im Verhältnis zur Gesamtzahl der Gewerbe raummieter in Sachsen außerordentlich klein sei. Das wußten wir, aber eS will mir scheinen, daß, wenn auf e«nem Massenfest etwa 30000 Menschen sind und durch einen Unglückssall davon 100 oder 200 verletzt und ge tötet werben, man nicht sagen könnte: das ist ein ge ringer Prozentsatz, da» interessiert uns nicht. Es ist auch zuzugeben, daß nur eine bestimmte Kategorie von Gewcrberaummietern getroffen ist, nämlich die in ein klein wenig gehobener Lage befindlichen Ladenmieter. Ich möchte das gerade den Herren Kollegen von der Wirtschaft-partei sagen auf Grund von manchen Zwilchenrusen, die wir früher gehört haben, denn das find doch auch Leute, die in erster Linie zu dem ge- sunden und braven Mittelstand gehören (Sehr richtig! b. d Dem.) und die wir in weitestgehendem Maße zu schützen bestrebt sein muffen. Ich gebe zu, daß ein großer Teil der Vermieter und Mieter sich aus vernünftiger Basis geeinigt hat, ich gebe durchaus zu und bestreite gar nicht, dav zum Teil, was die Miethöhe anlangt, durch Ausmieten das Treiben verrückt gemacht worden ist, durch Überangebot von verschiedenen Mietparteien, die sich in einen Laden innemdrängen wollen, das wissen wir, aber man kann daraus, daß ein ganzer Teil der Tinge fick, applaniert hat, wobei auch der Hausbesiyerverein, soweit seine Macht reichte, sich ehrlich bemüht hat, man kann auch aus der weiteren Tatsache, das; der Prozentsatz für das ganze Land nicht allzu groß ist, nicht schließen, daß die Fälle sich nicht in einer derart grogen Zahl ereignet hätten, daß sie schleunigst der Abhilfe bedürften. Aus diesen Gesichtspunkten heraus stammt ja auch der Gedanke der freiwilligen Schiedsgerichte. W>r Haven oen Antrag des Herrn Abg. Vr Bünger durchaus be grüßt und ihn angenommen. Wir wünschen, daß er erfüllt wird. Aber wir glauben nicht, daß er eine allzu große Wirksamkeit ausübt, denn, wenn beide Parteien erst so weit sind, daß sie sich miteinander einig sind, vor ein Schiedsgericht zu gehen, um eme Verständigung herbeizuführen, dann ist der Kall nicht so akut wie bei denjenigen, wo eine Gefahr besteht. In die'em Zusammenhänge noch ein Wort zu dem Anträge wegen der obligatorischen Schiedsgerichte! Ich glaube, ich bin mit dem Herrn Kollegen vr. Bünger darüber einig, daß, lvenn wir einmal, namentlich unter den gegenwärtigen anormalen Zuständen, den Ge danken des schiedsgerichtlichen Ausgleiches in die Rege lung der Verhältnisse beider Parteien überhaupt ein- sühren, man von der gegenwärtigen Rechtsauffassung und Rechtsgestaltung nicht so weit entfernt ist, wenn man den Gedanken der verbindlichen Kraft in irgend einer Form in diese schiedsgerichtliche Arbeit mit hinein- sticht. Ich darf daran erinnern, daß nicht nur zum Ausgleich von Gefamtstreitigkeiten, sondern auch zum Ausgleich einer Reihe von anderen Stie>tigke,ten doch die Schlichtungsausschüsse in ähnlicher Form wie die Schiedsgerichte funktioniert haben und daß die Möglich keit, Schiedssprüche mit Verbindlichleit von einer In stanz aus, ganz g eichgüllig von welcher, zu versehen, immerhin nicht garz von der Hand zu weisen ,st. Und dann ein Weiteres! Wir glauben in bezug auf dw Auffassung des MietrechteS nicht daran, daß der Gedanke, daß das Mietrecht im großen und ganzen >n dem früher und noch heute vorzüglichen BGB. ver ankert ist, in der Zeit auch der Wiederherstellung nor maler Verhältnisse in den Mietfragen der allein gang bare sein wird, denn eS ist doch , twaS anders zwuchen den Beziehungen rein obligatorischer Art, wie sie etwa die Darlehnsbeziehungen und dergleichen sind, und denjenigen, die ihre Fundierung im Unbeweglichen, im Grundstück, mr Hause haben. Es kommt dazu auch das Weitere, daß schließlich auch in der Öffentlichkeit unter dem sozialen Gesichtspunkte der Frage der Mietwirt- ichaft eine besondere lnusmerksamkeit gewidmet werden kann. Und wenn hier gerade wegen der Eigenart der Mietbeziehungen, die man — da bewege ich mich durch aus in altgermanischen Rechtsbahnen — nicht mit rein obligatorischen Formen ausbeuten kann, der Gedanke einer gewissen sozialen Sicherung hineingefügt wird, so würde das nach meiner Auffassung der Gesundung der Verhältnisse, auch verfassungsmäßig gedacht von der Verpflichtung des Eigentums, durchaus entsprechen. Ich lasse es offen, ob im Augenblick schon der Zeitpunkt gekommen ist, d,c Novelle zu erlassen und nicht lieber zu warten, bis die Verhältnisse wieder in normale Bahnen eingelenkt sind, aber den Gedanken anzuregen und ihn zu bringen, wie ein Parteifreund von mir ihn in Preußen gebracht hat, erscheint mir notwendig, und deshalb, glaube ich, werden wir den Antrag auch an nehmen müssen. Nun zum Schluß noch ein Wort zu dem Antrag des Herrn Kollegen Göttling, der mir durchaus sympathisch ist, der sich aber schon nach der Erklärung, die seitens deS Justizministeriums tm Rechtsausschuß abgegeben worden ist, erübrigt hat ! ES ist nicht ganz praktisch, daß man, wenn die Regierung bereits eine verbindliche Zusage gegeben hat, nachträglich dann noch von feiten einer Partei, ganz gleichgültig von welcher, da» beantragt. (Sehr richtig! b. o. Dem- Und ich nebme an, daß die Herren der Ansicht sind, daß der Die Regierung ist sich ber dringenden Notwendigkeit durchaus bewußt, die Wohnungsnot mit allen zur Her- fügung stehenden Mitteln zu bekämpfen, ist aber dabet an die aus der allgemeinen «trtschaftökaae sich er- gebenden Grenzen gebunden. Sobald dre Wirtschaft»- wge sich irmndwie bessert, wird sie erneut bemüht bleiben, die Bautätigkeit durch wettere Kapitalzusührung zu beleben. Hierauf wird in die Au-sprache etngetreten. Abg.Vr. Viinger lD-Bp): Zunächst veranlassen mich die Au-führungen de» Herrn Kollegen Siegel dazu, einige Korte zu sagen. Ich alaube, über den Inhalt der neuen Novelle zum Mteterschutzaesev bestehen noch weitgehende Irrtümer, und die Ausführungen deS Herrn Kollegen Siegel haben mich in dieser Annahme geradezu bestärkt. In der Novelle steht ja eigentlich, wir wollen einmal ganz offen sein, gar nichts Neue». Da» materielle Mieterschutzrecht ist überhaupt gar nicht berührt worden. (Sehr richtig! recht» ) Den Mietern ist, wie das schon bisher der Fall gewesen ist, die Füg- lichkeit, ihrerseits Lockerungen vorzunehmen, gelassen worden. Keinerlei Vorschriften sind ihnen gegeben worden, daß sie etwa nach gewissen Richtungen weiter- gehen sollten, al» e- bisher geschehen ist. Die einzige bedeutendere Neuerung ist die Vorschrift, daß aus Auf hebung de» Mietverhältnisse» jetzt nicht mehr geklagt zu werden braucht, sondern e» kann direkt gekündigt werden durch den Gerichtsschreiber oder das Gericht. Ist denn das eine so weltbewegende Neuerung? Das kann nran doch wirklich nicht lagen, denn gegen diese Kündigung ist doch auch ein Einspruchsrecht gegeben, und zwar nicht bloß innerhalb einer Woche, wie Herr Kollege Siegel gesagt hat, sondern die Ein spruchsfrist beträgt jetzt zwer Wochen. Außerdem ist eS nicht richtig, wenn er sagt, da» könnten die Mieter gar nicht wissen, denn eS steht ja aus der Kündigung: „Gegen diese Verfügung ist binnen zwei Wochen ein Einspruch möglich." Es müßte also einer geradezu schlafen, wenn er diese zwei Wochen Frist ver säumen wollte. WaS steht sonst noch drin? Es steht zunächst etwas sür Mieter Günstiges drin, daß nämlich die Mieter- schutzgesepgebung bis zum Jahre 1930 verlängert wird. Und alles, was noch an Kleinigkeiten in dem ganzen Gesetz enthalten ist, ist günstig für die Mieter, jeden falls nicht für die Vermieter. Es steht z. B. drin, daß immer nur zu Quartalsfchluß gekündigt weroen darf, es ist also vierteljährliche Kündigung vorgeschrieben, die durch Mietverträge ausgeschlossen sein könnte. Die Kündigung kann nur auf Grund einer Bestimmung deS Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen, während sonst alle möglichen Gründe angegeben werden konnten. Die Mieter können dnrch Aufrechnung gewisse Ansprüche der Vermieter herabsetzen, und endlich sind noch gewisse RäumungSfristen zugegeben. Ich behaupte nicht, daß das etwas Kolossales für die Mieter ist, aber jedenfalls, was gegeben wird, ist aus schließlich zugunsten der Mieter und nicht der Ver mieter. Man kann ja zweifelhaft sein, ob es über haupt zweckmäßig war, diese ganze Novelle einzubringen, denn sie bedeutet nämlich weder für .4 noch für L etwas Besonderes und hat nur z.ur Agitation beigetragen. Was den Antrag Nr. 648 anlangt, so wird Wahlschein- sich unsere Fraktion diesen Anträgen nicht vollzählig zustimmen. Ich z. B. bin dagegen, und zwar, weither Antrag unter 1,1 bereits überholt ist, da die Verlänge rung der noch bestehenden Mietcrschutzbestimmunaen bereits bis 1930 beschlossen worden ist und wir es für dem Ansehen des Landtages nicht dienlich halten, wenn man etwas beantragt, was eigentlich schon vollkommen überholt ist. Und Nr. 1, 2 eine zeitgemäße Reform des Mieterrechts können wir erst dann vornehmen, wenn wir wieder zu normalen Zuständen gekommen sind. Daß zurzeit noch eine Raumnot vorhanden ist, darüber ist sich keilt Mensch im unklaren, aber das bürgerliche Mietrecht kann man nicht gerade in dem Moment ab ändern, wo in dieser Beziehung eben ein unnormaler Zustand besteht. Das ist überdies auch der Standpunkt der Reichsregierung. Was soll der Reichstag mit emem solchen Antrag anfangen? ES wäre das der zweite Antrag, den der Reichstag ohne weiteres im Papier- korb verschwinden lassen würde, weil er nicht wüßte, was er damit macken sollte. AuS diesen Gründel«, ob wohl ich mit einem Teile der Tendenzen, die im Anträge enthalten sind, einverstanden sein könnte, werden wir dagegen stimmen. Null kommt in Drucksache Nr. 647 zunächst ein Kon- glomerat der abgelehnten Anträge. Darauf gehe ich nicht ein. Darüber haben wir uns schon oft genug ullterhatteu. Ich bedauere, zu I, 9 des Antrags Nr. 647 dem Herrn Kollegen vr. Kastner nicht folgen zu können. Ziff. 9,1 betrifft die Schiedsgerichte mit bindender Recht, sprechung. Der Richter soll nicht nach dem Geietz urteilen, sondern aus Gründen der Billigkeit, man kann auch sagen, der Gnade und des Mitleids oder dgl. mehr. Er muß also ausgesprochenermaßen gegen das Gesetz urteilen, und das kann ich iln Interesse der Auf- recyterhaltnng einer geordneten Rechtspflege doch nicht wünschen Das ist eine Art Gnadenpraxis, die im Strafverfahren angebracht ist, in allen Zivilsachen aber handelt eS sich um einen Anspruch von Kläger und Beklagten, also von zwei Gegenparteien. Hier ist es also ganz unmöglich, eine Art Gnadenpraxis anzuwen- den, denn man kann sie immer nur bloß sür den einen anwenden, und der andere ist dadnrch benachteiligt. Dazu kommt, was ich früher schon gesagt habe, es würde eine absolute Ungleichmäfigkeit entstehen. Rach welchen Grundsätzen und Richtlinien würden die Richter verfahren sollen? Der eine würde sehr weit gehen, und der andere würde nicht so wett gehen. Ich kann das im Interesse der Justiz nicht billigen, und ich kann auch sty en, im Reiche wird es nicht angenommen werden. Dann der andere Punkt unter Rr. 9,2! Darin billigen wir selbstverständlich den weiteren Ausbau des SchiedSaerichtSwesen», aber wir billigen es nicht, wenn weiter darin gefordert wird, daß aus .wichtigen Gründen" gekündigt werden darf. Wir können nur die besonder» wichtigen Gründe gelten lassen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch bereit» berücksichtigt worden sind. Davon können wir nicht abweichen. Sonst würde