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AckqMU M AUW NmtzeiiNg Nr. 65. zu Nr. 109 des Hauptblattes. 1927. Beauftragt mit der Herausgabe RegierungSrat Brauße in Dresden. LandlagsdrrhaMlmgtn. 39. Sitzung. Dienstag, den 10. Mai 1927. Präsident Schwarz eröffnet die Sitzung 1 Uhr S Minuten nachmittags. Am Regierungstisch die Minister Dr. Apelt Bünger, vr. Kaiser, vr. Weber und vr Wilhelm, sowie Negierungsvertreter. Punkt 1: Ltrafversolgung von Abgeordneten. (Drucksachen Nr. :t35, 336, 3.17, :»9.) Berichterstatter Abg. Neu (Soz): Bon den fünf Fällen, über die ich Bericht zu erstatten habe, find zwei Fälle gleich gelagert, die Fälle der Abgg. Liebmann und Dobbert, die als verantwortliche Redakteure in einer Zeitschrift während der vorigen Landtagswahl ein die Reichswehr beleidigendes Bild brachten, in dem auf die bekannten Vorfälle in Freiberg angespielt wird. In dieselbe Kategorie fällt ein weiteres Flugblatt, wegen dessen die Abgg. Arzt und Weckel verfolgt werden. In dem Flugblatt wird ebenfalls auf das Freiberger Blutbad angespielt. Der vierte Fall betrifft den Abg Lieberasch. Auch er hat ein Wahlflugblatt herausge. geben, worin eine Bordellszenc dargestellt wird, die auf den bekannten Bolksnotopferskandal anspielt. Der Abg. Siewert brachte als Geschäftsführer der Bereinigung Internationaler Verlagsanstalten G. m. b. H. in Berlin in deren Zeitschrift „Tie Internationale" einen Leit artikel, in dem die Reichsflagge als „Lappen" bezeichnet wird. Während sich die Abgg. Dobbert, Liebmann, Arzt und Weckel wegen Beleidigung verantworten sollen, Abg. Lieberasch wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften, wird Siewert wegen Vergehens gegen das Ncpublikschutzgesetz verfolgt. Von den zuständigen Staatsanwaltschaften ist die Genehmigung der Strafver folgung der genannten Abgeordneten beantragt worden. Der Rechtsausschuß beantragt, zum Teil gegen die Stimmen der Rechtsparteien, die Strafverfolgung nicht zu genehmigen. Das Haus beschließt, zum Teil gegen die Stimmen der Rechtsparteien, demgemäß. Punkt 2:Zweite Beratung über Kap. 1 — Forsten des ordentlichen Staatshanshattptans sür das Rech nungsjahr 1927. (Mündlicher Bericht des Haushalt- ausschnsseS 8, Drncksache Rr. 341.) Der Antrag Nr. 341 lalltet: lDi« MinderhettSantrLge sml> durch > b«I»»drr< bejcich»«t > Der Landtag wolle beschließen: » I. 1. die Regierung zu ersuchen, die Landesforst verwaltung anzuweisen, ») den Lohnausfall für Sitzungen des Betriebsrates restlos zu vergüten; b) den staatlichen Forstverwaltungsarbeitern die Notstandsbeihilfe in derselben Höhe auszuzahlen, wie sie die übrigen staatlichen BerwaltungSarbeiter erhalten haben; Graupe. 2. die Regierung zu ersuchen, die Forst- Verwaltungen anzuweiscn, das Betreten der staatlichen Wälder frcizugeben; Ferkel. S. die Regierung zu ersuchen, ») im Rahmen des Kap. 1 bei Tit. 2 im Interesse des Heimatschutzes Vorsorge zu treffen, daß der Verfall der Wildzäune im Hochwildrevier verhütet wird, d) sich mit aller Kraft gegen die Bestrebungen der Landesversicherungsanstalt, 200 Hektar Waldbesitz des Langburkersdorfcr Forstes und weitere größere Waidflächen in einem westlichen Staatssorstrevier käuflich zu erwerben, zu wenden; Grellmann. 4. die Regierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß ») Bauholz an kommunale Baugesellschaften, Arbeiter-, Bau- und Siedlergenojsen- schaften für Wohnungsbauzwecke, sowie Holz für das Spankorbgewcrbe im Erz gebirge zum Selbstkostenpreise abgegeben wird; d) den Gemeinden, die eine starke Erwerbs losigkeit haben, Hausbrandholz unentgclt- lich geliefert wird zur weiteren Verteilung an die Erwerbslosen und sonstige Minder- bemittelte; o) Wasser aus den Staatsforsten an wirt schaftlich schwache Personen sowie Land- wirtschaften mit einer Ackernahrung, Handwerker und Händler bis 5000 RM. Einkommen, Gemeinden oder Bezirks verbände für den Preis von 1 Pfp. pro Kubikmeter abgegeben wird; ck) allen der Staatsforstverwaltung unter stehenden Arbeitern die Beihilfe in der gleichen Höhe wie den staatlichen Verwal- tungsarbeitern sofort ausgezahlt wird; H den Forstarbeltern eine Werkzeugzulage von 4 Proz. und eine Regenzulage von 2 Proz. des tariflichen Stundenlohnes gezahlt wird^ t) die Arbeiter Wegegelder erhalten, und zwar bei über 3 Km in der Löhe eines Stunden- lohnes, bei 6 km in der Höhe von zwei Stundenlöhnen; 8) den Arbeitern Gummimäntel und wasser dichte Stiefel unentgeltlich geliefert werden; K) das Feierabendholz nicht als Teil des Lohnes gilt und daher auch nicht dem Steuerabzug unterliegen darf, sondern unentgeltlich an die Arbeiter abgegeben wird ; Opitz. Lieberasch. Schreiber (Oberwürschnitz). II. die Einstellungen bei Kap. 1 des ordentlichen Staatshaushaltplans für 1927 nach der Vorlage zu genehmigen; III. die Regierung' zu ersuchen, die Landesforst- verwaltung anzuweisen, die Forstämter zu ver- Pflichten, die gesetzliche Betriebsvertretung in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht zu beschränken. Berichterstatter Abg. ttretlmann iTuat.): Bei der Beratung des Kap. 1 im Haushaltausschuß 8 herrschte Übereinstimmung in dem Punkte bei allen Parteien, daß es oberstes Bestreben der Staatsregierung jein muß, unsere Forsten nicht nur in dem Umfange, sondern auch in dem mustergültigen Zustand zu erhalten, in dem sie sich jetzt befinden. Das Kap. 1 schließt mit einem Über schüsse von 3570200 M. ab. Es müssen aber noch einige Abstriche gemacht werden, unter Berücksichtigung anderer Kapitel, namentlich des Kap. 59 Tit. 11, der einen Bauaufwand für Forsten vorsieht vou 278500 M. Außer den: Kap-59 Tit. 12 schlägt ein ein Brandkassen beitrag von 8000 M. Ferner sind noch vom Reinerträge in Abzug zu bringen 1056000 M. für Ruhegelder. Ter Reinertrag ist in diesem Jahre wesentlich geringer als der eingesetzte Reinertrag im Jahre 1926. Im Aus schüsse herrschte kein Zweifel darüber, daß das Bild sich zuungunsten des vorjährig vorgelegten Haushaltplaues wesentlich verschieben würde, wenn wir den Rechenschaft», bericht aus dem Jahre 1926 bekommen, denn wir haben gesehen, daß dort der Festmeter Holz mit 30 M. ein gesetzt war. Der Herr Finanzminister III. Reinhold war so optimistisch, zu glauben, daß der Preis, der sich vor übergehend einmal gesteigert hatte, sich für die Dauer so erhalten würde, entgegen der besseren Emjicht der Forstkreise. Bei dieser Frage ist auch erwogen wordcn, ob es richtig ist, daß inan an diesen 500000 Fest- Metern, die alljährlich eingeschlagen werden sollen, fest- hält, oder ob es nicht wünschenswert erscheinen könnte, daß man mit Rücsicht auf die großen Naturkatastrophen, die wir in den letzten Jahren in Gestalt des Nonnen- fraßes in der Hauptsache erlebt haben, für die Tauer zu einem vorsichtigeren Einschläge kommen könnte. Die Regierung wies darauf hin, daß jetzt noch keine Not wendigkeit bestände, an dem Einschläge von 500000 Fest metern etwas zu ändern, und daß es auch das Bestreben der Regierung sein müßte, auS den, Forst möglichst noch einen Betrag heranszuwirtschaften. Für die verkauften Waldungen namentlich in der Gegend von Leipzig be kommt der Staat jährlich 200000 M. Gewinnanteile aus den Aktien der Aktiengesellschaft Sächsische Werte, mit der Bestimmung, die 200000 M. zum Neuanlauf von Wald zu verwenden, vorzüglich in der Gegend von Leipzig. So einmütig wie von allen Parteien der Wunsch geäußert wurde, die Schönheit unseres Waldes zu er- halten, und so dankenswert inan das begrüßen kann, so möchte ich doch bedauern, daß nicht auch diese Ein mütigkeit herrscht in bezug auf den Wunsch, den Heimat- schütz auch auf den Naturschutz nn engeren Sinne zu übertragen, indem man das Lebensgebiet eines Waldes so erhält, wie eS von der Natur ausgestattet worden ist. Wir haben das Glück, hier in der Dresdner Gegend und im Erzgebirge noch einige Reviere zu besitzen, die Hirsche aufweisen, eine Wildart, die sich leider Gottes in Sachsen auf dem Aussterbeetat befindet. Ich habe deil Antrag gestellt, dafür Sorge zu tragen, daß die vorhandenen Wildzäune nicht vollkommen dein Verfall überlassen werden, sondern daß man bestrebt sein möchte, einen verhältnismäßig geringen Betrag alljährlich ein zusetzen und auszugeben, um diese Naturseltelcheiten uns und den Naturfreunden zu erhalten. Es ist eine Erscheinung, die von allen Freunden des Waldes sehr bedauert wird, daß Bestrebungen vorherrschen nament lich von seiten der Großstädte, in ihrer Nähe die Waldstäche zu verringein. Neuerdings ist nun auch die Lauvesvcr- sicherungsanstalt an die sächsische Regierung heran getreten mit dem Ersuchen, ihr 200 in» Waldflüche un Langburkersdorfer Staatforstrevier käuflich zu überlassen, um die Hohwaloer Heilstätte dort zu vergrößern. Außer dem trägt man sich mit dem Plan, ein etwa gleich- großes Gebiet auch in einem der Staatsforsten des Westens Sachfens käuflich zu erwerben. Ter Bericht erstatter stellte sich im Ausschuß, indem er sich der all- gemeinen Ansicht anschloß, daß man sich natürlich der Erweiterung einer so bedeutenden und bekannt guten Heilstätte, wie die Lungenheilstätte Hohwald cs ist, nicht cntgegenstemmen könne, auf den Standpunkt, daß die Staatsforstverwaltung diesem Bestreben entgegen kommen möchte, dagegen wandte er sich gegen die käufliche Erwerbung einer derart großen Fläche von 200 lla für die Erwerterung dieser Heilstätte und glaubte, daß es möglich sein müßte, die Gebiete pachtweise durch die Landesversicherung zu erwerben und sie gleichfalls ebenso gut auSzustatten, wie eS die Lande- Versicherungsanstalt wünscht. Ein dementsprechender Antrag, der von ihm im Haushaltausschuß 8 eingebracht wurde, fand keine Mehrheit. Einen weiten Raum bei den Verhandlungen nahmen endlich die Personalfragen ein. Schon bei Beratung des ersten Kapitels im Jahre 1926 im Haushaltausschuß X hatte der Haushaltausschuß einmütig dem Wunsche Aus- druck gegeben, daß die Besoldungsverhältnisse der Staats beamten gebessert werden möchten, und er hatte damals durch seinen Berichterstatter den Antrag stellen lassen, daß, wie in den meisten andern Beamtenklassen, auch beiden Staatsforstbeamten, die Sechstelung durchgeführt werden möchte. Im neuen Haushaltplan 1927 sehen wir, daß der Wunsch nur zum Teil berücksichtigt worden ist, indem die Oberforstmcisterstellcn nach der Gruppe XII jetzt eine Vermehrung von drei ausweisen und ebenso die Försterstellen in den oberen Gruppen eine geringe Vermehrung zeigen. Die Sechstelung ist aber durch diese Verbesserung bei weitem noch nicht erreicht. Das gleiche gilt bezüglich der Besoldungsverhältnisse der Forstwarte. Eine Eingabe machte uns ja klar, daß die Forstwarte schlechter besoldet seien als die Waldarbeiter. Auch müssen sich die Forstwarte einer längeren Prüfung unterziehen, ehe sie in dieses Beamtenverhältnis ein treten können. Natürlich will sich niemand der Prüfung unterziehen und ein Amt übernehmen, das schlechter besoldet ist, als wenn diese Prüfung nicht abgelegt worden wäre, als wenn der Betreffende noch im Arbeitsverhült- nis, in dem er früher war, geblieben wäre. Nicht unerwähnt lassen möchte ich noch, daß bei der Beratung des Haushaltplanes 1926 im vorigen Jahre der Ausschuß 8 bemängelt hatte, daß man die Stelle des stellvertretenden Landforstmeisters, die ja nach der Gruppe 8 2 vorgesehen war, abgeschafft hatte, und daß der Antrag gestellt worden war, diesen Poften wieder einzustellcn. Des weiteren kam man im Ausschuß auch zu sprechen auf die Arbeiterverhältnisse in den Etaats- forstrevieren. Dem Berichterstatter lagen Klagen über Differenzen nur auf einem Gebiete vor, aus dein Staats forstrevier Altendorf, wo einige Arbeiter deswegen ent- lassen werden mußten, weil sie sich geweigert hatten, in einen: andern Ltaatsforstcemer Aushilfsdienste zu leisten. Selbst die im Staatsdienste verbliebenen Arbeiter waren mit dem Vorgehen ihrer Arbeitskollegen nicht einver standen. Tas kommt deutlich zum Ausdruck durch eine Eingabe, die diese Arbeiter an die Landesforstduektion gerichtet haben und in der sie sich gegen die Wieder- cinstellung der entlassenen Arbeiter wenden. Alles in allem hatte der Ausschuß an den Einstellungen des Kapitel- Nichts auszusetzen. Mehrere Fraktionell haben nun noch die Arbeits- Verhältnisse zum Gegenstand einer Aussprache gemacht, namentlich die Maßnahmen, die getroffen worden sind, um zur Linderung der Erwerbslosennot mit beizutragen. Herr Kollege Graupe hat in dieser Beziehung angefragt, ob es nicht möglich sei, Arbeiten, die im vorigen Jahre begonnen worden sind, Straßenbautcn und andere ähnliche Hilssarbeiten, weiter fortzuführen, und er hat angefragt, warum mail diese Arbeiten eingestellt hätte. Der Herr Vertreter der Regierung gab darauf die Antwort, daß die Mittel erschöpft seien und daß die Staatsforstverwaltung aus den öffentlichen Fürsorge- mitteln ja keinen Zutchuß bekommen könnte, so daß notgedrungen diese Arbeiten eingestellt werden mußten. In dieser Richtung bewegt sich auch eine Eingabe aus Königstein, die an Landtag und Regierung die Bitte richtet, daß die Folgen der Hocbwasserkatastophe des Jahres 1926, die beionders verheerend im Postelwitzer Forstrevier gewesen sind, doch möglichst mit Mitteln der produktiven Erwerbsloscnunterstützung beseitigt werden möchten. Tie Eingabe weist nach, daß das Arbeitsnachweisamt noch für 22000 genehmigte Arbeits tage Zuschuß zur Verfügung hätte und es nur der Anregung und der Mittel der Forstverwaltung bedürfte, um die Aufräumungsarbeiten sofort wieder in Fluß zu bringeu. Außerdem finde» Lie in der Drucksache Nr. 341 noch eine Reihe von Minderheitsanträgen, die haupt sächlich von den Vertretern der Kommunistischen Frak tion gestellt worden sind, und die wir ja auch bei den anderen Kapiteln gehabt Haven. Noch ein persönliches Wort zum Forstkapitel, im besonderen die Frage eines Vergleichs zwischen den Revieren der Staatsforstverwaltung und der Privat- forsten. Es herrscht ja immer noch im Volle die Auffassung, als ob der Forst einen gewaltigen Gewinn brächte, und i die Einnahmen auch aus den Privatsorsten ganz gewaltige seien. Richtig ist, daß früher einmal Forst und Wald einen anlehnlichen Gewinn brachten, heute sind diese Zeilen überholt. Der Herr Regierungsvertreter wies richtig nach, daß, wenn die Staatsforsten genau so wie Privat' forsten verpflichtet, also auch mit Steuern belastet wären, wahrscheinlich auch der immerhin beträchtliche Mehr- ertrag, den wir jetzt noch im Etat aufgezeichnet finden, aufhören würde- Wir haben großes Interesse daran, auch den Privatforst zu schützen, denn wir dürfen uns in Sachsen der Tatsache freuen, daß unsere Waldstächen immerhin noch einen beträchtlichen Teil, etwa den 4 Teil der gesamten Waldfläche des sächsischen Staates einnehmen, und sowohl vom hygienischen Standtpunkt als auch vom Standtpunkte der Wirtschaftlichkeit haben wir alle Ursache, uns in der Holzversorguna unabhängig zu machen vom Auslande. Ich möchte säst dem Forst- mann zustimmen, der auf meine Frage, ob es möglich sein wird, die Gefahren und Schäden unsere- Waldes