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IN 8MMU M ZiWti ZtMtzeitNS Nr. 43. zu Nr. 69 des Hauptblattes. 1927, Beauftragt mit der Herausgabe ReglerungSrat Brauße in Dresden. Landtagsverhandlnngen. St. Sitzung. Dienstag, 22. März 1927. Präsident Schwarz eröffnet die Sitzung 1 Uhr 9 Minuten nachmittags. Am RegierungStifche Ministerpräsident Heldt, die Minister Bünger, ElSner, vr. Kaiser, Weber und vr. Wilhelm sowie Regierungsvertreter. Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt Vizepräsident vr. Eckardt eine kurze Erklärung wegen eines von ihm dem Abg. Siegel erteilten Ordnungsrufes ab und nimmt diesen Ordnungsruf zurück. Präsident: ES ist ein Schreiben von der Partei für Volkerecht und Aufwertung eingegangen, worin sie uns mi.teilt, dass sie beschlo sen hat, eine Umbesetzung ihrer Mitglieder in den Aus chüssen stattsinden zu lassen, und zwar soll der Hausha tausschuß der bis jetzt von Herrn Abg. Mack im Auftrage seiner Fraktion besetzt war, durch Herrn Abg. Göttling besetzt werden, und Herr Abg. Mack wird dafür anstelle deS Herrn Abg. Göttling in den Prüfungsausschuß kommen. (Abg Böchel: Abgeschoben!) Das Halis ist damit einverstanden. Abg. Menke (Soz.) zur Geschäftsordnung: Dem Landtage ist die Vorlage Nr. 10, den Entwurf einer 15. Änderung des Beamtenbesoldungsgesetzes betr., zu gegangen. Der Besoldungsausschuß hat sich heute morgen damit befaßt und beantragt, die Beratung der Vorlage Nr. 10 heute mit auf die Tagesordnung zu setzen, um zu ermöglichen, sie so schnell als möglich zu erledigen, und er bittet das Haus gleichzeitig, diesen Antrag sofort in Schlußberatung zu nehmen. Es be stand über diesen Antrag im Ausschüsse Einstimmigkeit, und zwar schon deshalb, weil ja die ganze Regelung in dieser 15. Änderung eine schematische für das ganze Reich ist. Präsident: Die Vorlage Nr. 10 wird an geeigneter Stelle der Tagesordnung einrangiert werden. Dann wird zunächst die Schlußabstimmung über den Antrag Berg und Gen., Drucksache Nr. 131, die in der letzten Sitzung ausgesetzt worden war, nachgeholt. Der Antrag Nr. 131 lautet: Das Gesetz über die Anerkennung Neuer Feier tage vom 10. April 1922 wird aufgehoben. Ter Antrag wird abgelehnt. Hierauf wird in die Tagesordnung eingetretcn. Punkt 1: Kurze Anfrage des Abg. Aßmann, Staatsgelder für die Debewa betr. (Drucksache Nr. 217). Die kurze Anfrage Nr. 217 lautet: 1. Der Bcamtenwirtschaftsbund, kurz Bewisa genannt, ist im Jahre 1925 in die Deutsche Beamten-Waren- Versorgung G. m. b. H., kurz „Dcbewa" genannt, aufgegangen. Diese hat sich wiederum mit der Firma Köster, Lewin L Sohn-Hamburg liiert. Nach meiner Information sollen der Bewisa so wie der Debewa Staatsgelder zur Verfügung gestellt worden sein. Ist die Regierung bereit, mir Auskunft zu geben: ») Wann und in welcher Höhe und zu welchen Be dingungen sind diese erfolgt? b) In welcher Weise hat die Rückzahlung statt- gefunden? v) Bestehen noch Zinsverpflichtungen? 2. An der Deutschen Beamten-Warenversorgnng, G. m b. H., Anstalt des deutschen Beamtenwirtschafts bundes (Zweigstelle Dresden) ist seit Anfang 1926 die Firma Köster, Lewin L Sohn mit einem Kapital von 70000 RM. bei nur einem Gesamtkapiral von 100000 NM. beteiligt. Den Beamtenorganisattonen steht lediglich ein Kontrollrecht zu. Ist der Herr Justizminister bereit, mir Auskunft zu geben, ob genannte Firma sich vollinhaltlich dieses NamenS bedienen darf, da doch festgestellt ist, daß eS ein Privatunternehmen ist? Ministerialdirektor vr. Hedrich: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die kurze Anfrage Nr. 217 habe ich zn Punkt 1 der Tagesordnung namens der Regierung folgendes mitzuteilen. Im Herbst 1924 sind die Organisationen der Beamten an die SLclsische Regierung mit dem Ersuchen herangekreten, den Be- amten Vorschüsse zur Beschaffung von Wintervorräten an Kohlen und Kartoffeln zu gewähren. Die Regierung hat sich diesen Wünschen nicht verschlossen und zwecks Einschränkung von BerwaltungSkosten sich zur Durch führung der Kreditaktion der beiden Organisationen Beamtenwirtschaft Sachsen, G. m. b. H., in DreSden-R, (Bowisa) und Beamtenselbsthilfe, Hauptvertrieb, e. G. m. b. H., DreSden-A., bedient. Mit ihnen ist am 7. November 1924 ein Vertrag ge schlossen worden, nach dem das Finanzministerium der Bewisa 500000 M. und der Beamtenselbsthilfe 250000M. zu einem Zinssatz von 6 Proz. jährlich zur Verfügung gestellt hat. Die beiden Organisationen haben sich hierbei verpflichtet, diese ihr zur Verfügung gestellten Mittel nur zur Anschaffung von Kartoffeln und Kohlen für sächsische Staatsbeamte, Behördenangestellte und Berwaltungsarbeiter und für die aus der Staatskasse besoldeten Lehrer sowie zur Gewährung von Vorschüssen an solche Personen zwecks selbständiger Beschaff»- g dieser Vorräte zu verwenden, ohne daß die Zugehörig keit zu einer bestimmten Organisation zur Bedingung der Belieferung oder der Gewährung von Vorschüssen gemacht werden durfte. Die Rückzahlung der so zur Verfügung gestellten Mittel follte vertragsgemäß durch monatliche Teilzahlungen, beginnend am 1. Dezember 1924, in Höhe von je Vs der in Anspruch genommenen Summen bis spätestens zum 1. Mai 1925 erfolgen. Den bewilligten Vorschuß hat die Beamtenselbsthilfe mit Zustimmung der Regierung bis zur Höhe von 263000 M., die Bewisa bis zum Betrage von 433950 M. in Anspruch genommen. Während die Rückzahlung der Vorschüsse durch die Beamtenselbsthilfe im allgemeinen glatt vor sich ging, entstanden bei der Bewisa sehr bald Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtungen. Der Grund dafür, daß die Rückzahlung nicht reibungslos vor sich ging, lag einmal darin, daß die Bewisa es unterlassen hat, rechtzeitig mit den» erforderlichen Nach druck die Tilgungsraten und die Zinsbeträge von den einzelnen Darlehnsnehmern einzutreiben, und anderer seits darin, daß die Bewisa von dem staatlichen Dar- lehen mindestens rund 30000 M. in ihrem Unternehmen im Interesse der Beamtenschaft anderweit investiert hatte, anstatt diesen Betrag an Beamte usw. weiter- zugebcn bezw. die von diesen zurückgezahltcn Beträte unmittelbar wieder an die Staatskasse zurückgelangen zn lassen. (Hört, hört! rechts.) Von dem Gesamtdarlehen von 433950 M. sind trotz der entstandenen Schwierigkeiten bis jetzt 422768,97 M. zurückgezahlt worden Es bleibt somit noch ein Darlehnsrest von 11181,03 M. Hierzu treten die Zinsverpflichtungen für den gesamten Vorschuß nach 6 Proz. seit seiner Inanspruchnahme, da von der Bewisa bisher noch keine Zinsen gezahlt worden sind. Die Zahlungsschwierigkeiten der Bewisa führten im Herbst 1925 zu deren Liquidation. Um den Konkurs zn vermeiden, bei dem die nicht gesicherten Gläubiger voraussichtlich leer ausgegangcn wären, haben sich sämtliche Gläubiger der Bewisa damit einverstanden erklärt, daß das Geschäft von der Beamten-Waren- Versorgung G. m. b. H. in Berlin (Dcbewa) mit Aktiven und Passiven in der Weise übernommen wird, daß die Debewa von ihrem Umsatz im Bereiche des Freistaates Sachsen 2. Proz., mindestens aber 2000 M. monatlich, zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der Bewisa ver wendet. Diese Abwicklung ist noch im Gange. Die Debewa ist bisher ihren Verpflichtungen im wesent lichen nachgekommen. Für die Abschlagsverteilungen wird nach den getroffenen Vereinbarungen zunächst nur die zur Zeit der Geschäftsübernahme durch die Debewa bestehende Kapitalschuld zuzüglich 6 Proz. Zinsen bis 31. Oktober 1925 zugrunde gelegt. Jedoch hat sich die Sächsische Regierung Vorbehalten, nach Tilgung dieses Betrages auch die Begleichung der weitergehenden Zinsansprüche (Zinsen auch für die Zeit seit 1. November 1925 sowie erhöhte Zinsen für die anderweit investierten Beträge) von der Debewa zu verlangen. Sonstige Beziehungen bestehen zwischen dem Staat und der Debewa nicht. Der Antragsteller Abg. Aßmann (Wirtsch.) behält sich nach dieser Erklärung weiteres vor. Punkt 2: Anfrage des Abg. Härtel u. Gen. über die Wiederverwendung von Wartegeldempfängern. (Drucksache Nr. 171.) Die Anfrage Nr. 171 lautet: AuS der Begründung des Herrn Finanzministers zur Vorlage Nr. 2, den Entwurf eines Gesetzes über den Staatshaushalt 1927 betreffend, geht hervor, dav noch 1430 Beamte, 410 nichtplanmäßige Beamte, 970 An gestellte und 1400 Lehrer Wartegeld beziehen und dasür der Gesamtbetrag von 3659800 RM. bei Kap. 16 eingestellt ist. Anderseits ist z. B. allein bei Kap. 23 die Neueinstellung von über 600 neuen Hilfskräften vorgesehen und der Mangel an Lehrkräften für Schulen aller Art bekannt. Die Regierung wird um Auskunft darüber erfncht: 1. Wieviel von den Wartegeldempfängern sind ») auf Grund von § 9, d) auf Grund von 8 10, o) auf Grund von § 11 der Personalabbauverordnung abgebaut worden? 2. ») Auf welche dienstliche Stellungen beziehentlich Verwaltungszweige, d) auf welche Altersstufen verteilen sich die Wartegeldempfänger? 3. Nach welchen Grundsätzen wird bei der Wieder einstellung von Wartegeldempfängern verfahren? 4. Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu treffen, um die unproduktiven Ausgaben. für Wartegelder zu verringern beziehentlich künftig ganz in Fortfall zu bringen? Ministerialrat Schulze: Meine Damen und Herren! Ich habe die Anfrage Nr. 171 namens der Regierung wie folgt zu beantworten: Die von dem Herrn Finanzminister in seiner Etat- rede am 8. d. M. gemachten Angaben über den im wesentlichen im Jahre 1924 vollzogenen Personalabbau geben die Gesamtzahl der damals au-geschiedenen plan mäßigen und nichtplanmäßigen Beamten und Lehrer sowie der Angestellten wieder. Die auSgeschiedenen Angestellten beziehen kein Wartegeld, belasten also die Staatskasse laufend nicht mehr. Warteaeld erhalten nur die unwiderruflich oder unkündbar angestellten plan mäßigen Staatsbeamten und Lehrer sowie solche kündbar oder widerruflich angeslellte planmäßige und nichtplan mäßige Staatsbeamte und Lehrer, die eine ruhegehalts fähige Dienstzeit von wenigstens 10 Jahren zurück gelegt hatten. Gemäß § 9 deS Personalabbaugefedes war bei ihrer Auswahl zum Abbau nach Maßgabe des sachlichen Bedürfnisses der Wert ihrer dienstlichen Lei stungen für die Verwaltung maßgebend. Bei gleich wertigen Leistungen waren nach 8 10 des Gesetzes die über 60 Jahre alten Beamten vorweg auszuwählen. Das sind in der. Hauptsache diejenigen, die jetzt ein Lebensalter von 62 und mehr Jahren erreicht haben. Solche Wartegeldempfänger gab es am 1. März d. I. noch 632. Dazu kommen 302 Wartegeldempfänger in niedrigerem Lebensalter, und zwar: 25 inr Alter von 31—35 Jahren, 39 - - - 36 -40 - , 38 - - - 41-45 - , 38 - - - 46-50 - , 47 - - - 51—55 - , 115 - - - 56-61 - . Insgesamt sind also von den seinerzeit auf Grund des Personalabbaugesetzes in Wartegeld versetzten 1907 Be amten und Lehrern jetzt noch 934 Wartegeldempfänger vorhanden. Die übrigen 973 sind inzwischen durch Wiederanstcllung, durch Versetzung in den dauernden Ruhestand oder durch Tod ausgeschieden Die noch vor handenen Wartegeldempfänger verteilen sich wie folgt: 6 Geschäftsbereich des Gesamtministeriums, 30 Bereich der Justizverwaltung, 18 Polizeiverwaltung, 137 sonstige innere Verwaltung, 24 Geschäftsbereich des Arbcits- und WohlfahrtS- ministeriums, 26 Geschäftsbereich des Wirtschaftsministeriums, 12 Forstverwaltung, 23 Straßen- und Wasserbauverwaltung, 35 sonstiger Geschäftsbereich deS Finanzministeriums, 15 Beamte im Geschäftsbereiche des Ministeriums für Volksbildung, 535 Volks- und Fortbildungsschullehrer und 73 Lehrer an höheren Schulen. Nach § 6 Abs. 2 des Personalabbaugesetzes sind die auf Grund dieses Gesetzes in den einstweiligen Ruhe stand versetzten und ausgeschiedenen Beamten umer Berücksichtigung des Wertes ihrer dienstlichen Leistungen und ihrer Verwendbarkeit bei eintretendem Personal bedarfs vorzugsweise zu berücksichtigen. Zur Durch führung dieser Bestimmung wird beim Ministerium deS Innern ein Verzeichnis derjenigen Wartegeldempfänger aller Verwaltungszweige geführt, deren Wiederver-. Wendung mit Rücksicht auf den Wert ihrer dienstlichen Leistungen im Staatsmteresse liegt. Bei neu eintrelen- dem Peisonalbedarfe wird nach Möglichkeit auf die in diesem Verzeichnisse vorgemerkten Beamten zurückge griffen. Das Verzeichnis steht allen staatlichen Anstel lungsbehörden zur Verfügung. Diese WartestandS- beamtcn werden bei Bedarf auch zu vorübergehender Aushilfstätigkeit herangezogen. Insbesondere ist eine Anzahl von solchen, die im Bureandienst verwendbar waren, in den Justizdienst zur Förderung der Auf- wertungsiachen eingestellt worden. Gewisse Beschrän kungen ergeben sich dabei einmal durch Wohnungs- schwierigkeften und zweitens dadurch, daß Beamte auS anderen Berwaltunsbereichen erst einer längeren Ein arbeitung bedürfen, ehe sie in dem ihnen fremden Justizbureaudienste mit Vorteil beschäftigt werden können. Aus der mitgeteilten Altersüversicht geht hervor, daß die weit überwiegende Mehrzahl der Wartegeld empfänger sich in einem so hohen Lebensalter befindet, daß, insbesondere auch mit Rücksicht auf ihre mehr jährige Nichtbefchäftigung, mit ihrer nutzbringenden Wiederverwendung im Staatsdienste nicht zu rechnen ist. Dadurch, daß in den nächsten 4 Jahren etwa 659 von ihnen die Altersgrenze erreichen, wird in dieser Zeitspanne eine bedeutende Herabminderung des Auf wandes für Wartegelder eintreten. Soweit eS sich aber um brauchbare jüngere Beamte handelt, wird die Regierung fortfahren, sie nach Möglichkeit in plan mäßigen Stellen wieder anzustellen oder sie doch wenigstens bei vorübergehendem Bedarf an Hilfs kräften zu berücksichtigen. Hierauf wird in die Aussprache über die Anfrage Nr. 171 eingetreten. Abg. Vogel (Soz.): Es ist Tatsache, daß durch den Beamtenabbau eine große Anzahl Beamter und Ange stellter der bittersten Not überliefert worden sind. Aber des weiteren liegt auch ein außerordentlicher seelischer Druck auf denjenigen, die zwar nicht abgebaut worden sind, über deren Haupt aber dauernd der Abbau hing. Eine weitere Folge de- Abbaus war und ist noch die