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Dunkle Stunde. Lon A. Hottner-Grefe. (Nachdruck »erbaten.) Der breite Flugarig des Wiener Hauses war erfüllt von dem kahlen, grauen Licht des Herbsttages. An die Scheiben der Fenster schlug gleichmäßig der Regen, und manchmal rüttelte der Wind befug daran. Die halbkahlen Zweige der Aylantusbäume im Hase klapperten gegenein ander, und ihre dürren Blätter w-mten wie tauuielude, müde Schmetterlinge durch die Lust. Van der Straße drang bis hier heraus in das zweite Stockwerk das Rattern der Elektrischen und ihr Helles Signal; dann brauste ein Krastwagen vorüber; halbverweht drangen die Töne eines Leierkastens herauf: „Scheint die Sonne noch so schön, Einmal muß sie untergehn — Fast unbewußt sprach die Fran, welche eben aus ihrer Eigenwobnung trat und die Tür hinter sich abschiaß, die Worte nach. Allbekannte Worte, deren Sinn sie viel leicht nie so ties ersaßt hatte, als heute; Grvßuotccweis- heit, die immer neu bleibt. Die Frau strich mit den beiden schmalen Händen über ihr braunes Haar. Unwillkürlich dachte sie: „Diese Bewegung hatte Erich stets so gern." Und bei diesen Gedanken wurde sie so;usagen wach. Plötz lich stand sie ganz in der Wirklichkeit. Wußte klar wieder alles, was die letztvcrgangeneu Wochen gebracht hatten, wußte, daß ausgeiüscht war, was ihres Frauenlebens tiefster Inhalt gewesen; fü lte es wieder deutlich, daß rings um sie sich eine große Leere breitete. Ganz mechanisch ging sie den Gang entlang. Von irgendwoher klang Klaoierüveu; eine Nähmaschine surrte. Regina Frank stand schon vor der Tür, welche ihrer Wohnung gerade gegenüber lag, getrennt durch den langen Gang. Da war noch die Lasel:, „Doktor Ernst Holm. Sprechstunden von ? bis 5 Uhr." Regina nickte, während sie den Schlüssel ins Schloß steckte. Ja! So war das gewesen. Gewesen! Konnte das denn Wahrheit sein, daß es nie niemals wieder wurde wie einst? Daß jener Ernst Holm, dessen gerrcuester Lebenskanrerad sie gewesen, dem sie als hilfreiche Assistentin in seinem schweren Berus als Kinderarzt f - uneuibehrlich war, daß er nie mehr hier einlreteu würbe mit seinem federnden, leichten Schritt, daß er nie m hr hier tröstende Worte sprechen konnte zu verzagten Müttern, zu weinen den Kindern? Das war doch alles gar nicht ausdenkbar! Nicht recht möglich. Man träumte wohl. — Mit leisem Knarren drehte di. Tür sich in den Angeln. Zum erstenmal, seit Holm eingerückl war, wurde sie ge öffnet. Zum erstenmal betrat se toer ;e naud diese stillen Räume, in denen noch ein Avglauz seiner starken Per sönlichkeit zu hasten schien. Eine dumpw Lust schlug der Frau entgegen. Die Ialounen waren oerabgelassen. Unsicher stand das fahle Licht in den Räumen. Regina öffnete Tür um Tür. lind dann saß sie im Studierzimmer. Saß aus ihrem altgewohnten Platz neben dem Schreibtisch. Sah hin aui den Lehnstuhl davor, auf die Papiere, welche da noch lagen. Tote Dinge. Was ihnen Leben, Seele gegeben, war ausgestrichen aus dem Buche der 'Atmenden. Am Jfonzo unten lag ein Stillgewordener, der nie mehr helmkehrtc. Regina besann sich. Sie nahm die «chtüjjel und öffnete die Laden. Es mar sein letzter Wunsch gewesen, daß „seine langjährige Freundin und Helferin" seine Sachen ordnen und sichten möge. Bou seiner Frau sprach er in diesem letzten Willen bloß insofern, als er sie zu seiner Erbin einsetzte. Regina kannte genau die Tragik dieser, in sehr jungen Jahren geschloffenen Ehe. Ein Vierundzwanzigjähriger war non Eltern und Tanten mit einem hübschen, reichen, neunzehnjährigen Mädchen „zu sammengeredet" worden. Es gab bald Stürme und Un stimmigkeiten. Er war ernsthost. tief, voller Ideale. Und sie war ein tändelndes, verzogenes Wclttind. Im erste» Jahr wurde ihm ein Töchterchen geboren, das zwei Tage nach der Geburt starb. Seither war die Frau trank. Mußte ewig geschont werden. Und so ging das Leden mehr als fünfzehn Jahre lang dahin. Bis eines Tages Regina Frank in seinen Gesichts kreis trat. Bis sich aus gemeinsamer Arbeit, aus Streben und Ringen ein festes Band wob um zwei sehr einsame Menschen. Sie waren beide still und grüblerisch, streng in der Auffassung ihrer Pflichten. Wenn da etwas war in ihnen, was nach Erfüllung riei, so zwangen sie es nieder. Und so blieb, trotz aller Klarheit, doch ein unbe- kannter Rest in der tiefsten Seele eines jeden von ihnen. Nur in den letzten Minuten vor dein Abschied hatte der Mann die Maske fallen lagen. Da war eine große Leiden schaft zum jähen Durchbiuch gekommen. Aber Minuten verrauschen so rasend schnell — Reginas Hände gripen nach einem Buch. Tagebuch blätter? Eine Sekunde laug zögerte sie. Durfte sie das lesen? Aber dann schlug sie das Bach auseinander. Sein Innerstes gehörte ihr. Niemandem sonst — Aber das Buch war in jpaniuher Sprache geschrieben. Ernst Holm hatte diese vorzüglich beherrscht. Und wahr scheinlich wollte er den Inhalt vor fremden Blicken schützen. Aber da sprang ihr der eigene Name entgegen. Und da zwischen der seiner Frau — „Mimi." Regina blätterte weiter. Immer wieder tauchten die Namen nebeneinander auf. Was hätte sie jetzt darum gegeben, den Inhalt zu kennen! Was hatte der Mann, welcher ihr so viel gewesen, über sie gedacht? Weshalb lüste er nicht jenes andere Band und bckannte sich frei und offen zu ihr? Immer hatten sie zusammengehört im tiefsten Innern. Weshalb scheute er vor den letzten Schluß folgerungen ? Warum? Zitternd flog der Ton der Klingel durch den Raum. Und eine Minute später stand hier, neben Regina Frank, zum erstenmal die Fran jenes Mannes. Ein überzartes Figürchen, dein die tiefe Trauer etwas Un- irdisches gab. Aus schmalem Gesicht leuchteten ein Paar fanatische Augen. Regina hatte ihre Hand über das kleine Buch gelegt. Gleichgültige Worte gingen hin und her. Dann saß die Frau sekundenlang still. Sah sich um. „Ich war nie hier," sagte sie in einem seltsamen Ton, „nie! Ernst wollte das nicht. Er war ja in vielem so eigen. Aber: er hat mich — trotz allein — sehr geliebt. Sehr! Und er war mir treu!" Die irrlichternden Augen blieben nun fest auf dem weißen Gesicht der andern. „Er wußte er: Wenn er mich fortschob aus seinem Leben, dann sprang ich hinüber in das große Nichts. Denn, wissen Sie: trotz mancher Verschiedenheiten habe ich ihn doch immer heiß geliebt. Und eine Trennung hätte ich nicht ertragen. Das habe ich ihm hundertmal gesagt. La gibt'» doch so allerlei Wege : Beronal und solche Sachen! Ich kenn' mich da gut aus!" Sie schöpfte Atem. Ihre Hellen Fanatikeraugen hingen noch immer fest au dem Gesicht der andern. Die schwieg. Schwieg und dachte zurück. Dachte an die Vorliebe dieses Toten für Ruhe, Stille, Gleichmaß. Für ein Empfinden in festen Grenzen. Und sah neben ihm diese hysterische Frau, die ihn sesthielt mit ihren eigensinnigen Kinder händen. Die ihn band durch Drohungen . . . Frau Mimi Holm hatte das kleine Buch entdeckt. Mit einem raschen Griff zog sie es unter den Fingern de> andern hervor. Regina stand wie erstarrt. Verstand diese Frau die fremde Sprache? Dann las sie vielleicht hier ihr Urteil. Las die Wahrheit . . . Fast wäre das eine Erlösung gewesen. Die glitzernden Augen der Frau flogen hin über dl« Sckriftzeichen. Sie schüttelte den Kopf. „Verstehen Sie das?" „Nein", entgegnete Regina schwer. „Ich auch nicht. Und doch sind da Namen. Ihrer. Und daneben der meine. Was denken Sie? Sollte man das übersetzen lassen?" „'Nein", sagte Regina wieder. — „Er schrieb es nicht für Fremde. Es war sein Allerliebstes vielleicht, was er hier klarlegte." „Was wollen Sie mit diesen Blättern tun?" Regina Frank antwortete nicht. Hätte sie die Wahr- heit sagen sollen: Ich würde noch heute beginnen, diese Sprache zu erlernen, denn ich, ich will es selbst lesen können, was er schrieb. Mir galt es! Mir gehört es! Nein. Das konnte, das wollte sie nicht sagen. Und so ver sank sie wieder in das dumpfe Schweigen. Dieses Schweigen umfing sie beide wie ein schwerer Mantel. Ganz von fern klang der Leierkasten: „Brüderlein sein —" Mimi Holm lachte jäh auf. Es war ein spitzes, böses Lachen. Ein Lachen, welches von einem halben Begreifen zeugte. Und dann nahm sie vorsichtig ein Zündholz; die kleine Flamme brannte lustig auf. Die schlanken Finger der Frau schlugen das kleine Buch auseinander, hielten das Hölzchen daran — Rasch loLeite» die schmalen Blätter auf und sanken in sich zusammen. Ein Häuflein Asche lag auf der Messing tasse am Schreibtisch. „So!" sagte die Frau und holte tief Atem. — „Nun ist das tot! All s ist tot! Kein Wort lebt mehr und kein Gedanke! Nichts! Was ist da drinnen gestanden? Daß er mich liebte, nur mich! Ich weiß das! Ich glaube daran —" Ihre Hände wühlten in allen Laden; in allen Pa- i pieren. ' Aber da waren nur bekaiiglofe Aufzeichnungen. Sache» vo» allgemeinem Iiucrejjc. Die Frau stand auf. S rich glättend über ihren Scheitel. Um redete ganz gleüymüttg von Ferneliegen- üem. Daß sie nun fortgingc von Wien; daß sie sich zer- stteueu müsse — Ein oiachtlüiig ihrer flüchtigen Worte blieb noch in dem stillen Plaum, als sie schon längst gegangen. Regina saß und starr.e auf das Häuflein Asche. Tausend unge löste Fragen hätte es ihr viellei gl beantworten können. Aber es war nun stumm. 'Nem! Doch nicht stumm! Er sprach zu der Frau, und ullwühiich verstand sie seine Worte. „Gräme dich nicht! Was einst gelebt hat, wird alles Lu Asche! Du sieh zu, daß der Name des Toten, der fein Leben gab für üus höchste ä-eiliguim, rein bleibel Day ei Hollen bleibt, was sein Gehr schuf! Was Ewig keirswecte hot! Baue dir sei» Bild, wie d u es slel- fahsl, und fo behalte cs! Auch was hier nicht geschrieben wurde, waren nur Worte! Worte verhallen!" Es war, als schiene ein Licht aus ocr Ferne und durchleuchte die schwere, dunkle stunde und weife der F.raiHcM-u Weg in eine ferne Zutuns» Gemeinnütziges. Die man eiu Feld bett n, Chaiselongue ver wandeln kann. Bei den beschränkten Naumnerhältnissen der Großstädte ist man manchmal gezwungen, ein Bett in einei» Zimmer aufzuflellc», wo man es lieber nicht haben mochte. Für sülche Fälle kann man, ohne teure Patentmöbel »uschaffcu zu müssen, das Bett wahrend de, Tages i» ein Sofa ocrwandel». Plan nimmt ein so genanntes Feldbett, und zwar ei» beffercs, gut gepolstertes, so daß keine Matratze nötig ist. Am Tage legt man Lake» und Stcppdecke hübsch glatt zusammen (ein etwaiges Federdeckbett muß anderswo untcrgebracht werden), deckt sic aus das Lett und legt anstatt der teuren Chaise- longuedccke wenn man nicht eine solche hat — einen passend gearbeiteten Bezug aus Möbelcretonne oder Velourbarchem darüber, den man a» der vorderen Längs- sowie Kopf- und Fußseiteu mit einer Quetsch- faltenfalbel versieht, die fast bis auf den Boden reicht. Ebensolche Ueberzüge mit Volants ringsum fertigt man für die Kissen, die man tagsüber hineinsteckt und neben einander an der Wand aufstellt. Aus das Kopfende kann ein anderes, aus Seide gefertigtes oder gesticktes Soka- kissen zum Schmuck gelegt werden. Unter die Füße des Feldbettes,"die leicht den Fußboden verschrammen, stellt man die hübschen Glasuntersetzer, die in jedem Haus haltungsgeschäft zu kaufen sind, und bis zu ihnen muß die Falbel des Ueberzugs reichen. Einen zuverlässigen Kutscher (guten Pferdewärter) suchen in dauernde Stellung Wolf L Lis., Lleioöl8n - kkldvvau SWbMlehEe stellen sür Ostern 1919 ein 8ekmiltt L 60. WraWe Bettstelle mit guterh. Matratze 175><77 zu verknusen. C. Seidemann. trafen ein bei Fritz Pfotenhauer. Alter u. Geschlecht angeben. Ausk. umsonst.VersandhausWohlfahrt. München ff 507, Isabellastr. 12., MWMM, Ersatz nebst passendem Brennstoff, empfiehlt Uob. vorm. Herm. Eisler. Die neuen ^ostLSbüfirsn, gültig ab 1. 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