Volltext Seite (XML)
zuwendet, zeigt eines seiner berühmtesten Gemälde, „Die Mühle von Wijk bij Duurstede" in Amsterdam. Ebenso gibt er den Bildern von Strand und See, auf die schwere Wolken schatten in dunklen Streifen fallen, einen mächtigen Zug in die Tiefe, und um 1670 wird auch das Motiv der weiten Flachlandschaft mit hoch gespanntem Himmel in mehr als 30 Fernbildern der Stadt Haarlem von dem Formwillen des r eifen Meisters durchdrungen. Wir bringen eines der beiden Berliner Bilder, den „Blick auf Haarlem von den Overveener Dünen aus“ (52 X 65 cm), auf dem man rechts vorn ein Stück der Dünen, daran anschließend die großen Bleichen für das Haarlemer Leinen und das Dorf Overveen sieht. Am weit gedehnten, ins Grenzenlose hinströmenden Horizont erblickt man die Stadt, aus der die Stadtkrone der St.-Bavo-Kirche, hier und da ein weiterer Kirchturm, ein paar Hausdächer und zahlreiche Windmühlen emporragen. Besonnte und be schattete Streifen gliedern das flache Land, aber der wun derbaren Weite der Landschaft gibt erst der prachtvoll durchgeformte, raumüberspannende Himmel die wirkliche Vorstellung eines unendlichen Tiefenraumes. In den sieb ziger Jahren entstehen immer noch bedeutende Bilder (eine herrliche „Landschaft mit Kornfeldern“ in New York), aber der Höhepunkt ist überschritten, und in den letzten Werken macht sich der Einfluß französischen Geschmacks, der auch die Arbeiten der Genremaler dieser Zeit verdirbt, unerfreulich bemerkbar. MEINDERT HOBBEMA (31. X. 1638 bis 7. XII. 1709). Amsterdam, wo seit der Jahrhundertmitte Künstlerin Men gen zusammenströmen, hat auch selber eine ansehnliche Reihe bedeutender Maler hervorgebracht. Unter ihnen steht mit an erster Stelle Meindert Hobbema, der, laut dem Zeug nis Ruisdaels vom Jahre 1660, einige Jahre bei ihm gedient und gelernt hat, und zwar wahrscheinlich noch in dessen Jacob van Ruisdael: Blick auf Haarlem von den Overveener Dünen aus. Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum Meindert Hobbema: Die Allee von Middelharnis. London, National Galler)) Haarlemer Zeit, also vor 1656. Seit 1657 tritt er mit eigenen Arbeiten hervor, in denen er sich allerdings eng an Bildkompositionen des Meisters, oft mit nur geringen Änderungen des jeweiligen Vorbildes, an schließt. Seine Motive sind auch dann, wenn er nicht ein Gemälde des Lehrers in seine frische, farben freudige und gefällige Darstellungsart überträgt, im allgemeinen die gleichen, die Ruisdael in seinen ersten Amsterdamer Jahren geschaffen hat: Land wege und Dorfstraßen, durchlichtete Waldblicke mit einem Kirchturm oder einer Windmühle in der kla ren Ferne, schlichte Bauernhäuser und Gutshöfe, die mit ihren roten Dächern zwischen hellen, lebhaft umrissenen Laubbäumen auf blinken, hin und wieder eine zwischen Baum- und Strauchwerk eingebettete Ruine und vor allem Wassermühlen, die sich im Flußlauf spiegeln oder von Buschwerk halb verdeckt im saftigen oder mattgrauen Grün liegen. Ganz selbständig ist Hobbema eigentlich nur in dem hier wiedergegebenen Bild „Die Allee von Middelharnis“ in der Londoner National Gallery (1,05x1,44m). Das Gemälde mit seiner schnur geraden, fast genau in der Bildmitte und ziemlich senkrecht auf die vordere Bildfläche zustoßenden Allee ist eine völlige Neuformung in der hollän dischen Landschaftsmalerei. Die anmutig gezeich neten, bis zu den luftigen Kronen kahlgeschlagenen Bäume sind in ihrer Steilheit durch horizontal ge führte Linien kunstvoll ausgeglichen, so daß eine für Hobbema ungewöhnliche Klarheit der Raumauftei lung erreicht wird, die an Claudes klassizistische Landschaftsdarstellung (vgl. S. 25) denken läßt. Wunderbar ausgewogen sind einige rote Farbakzente 88