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turnen und 'üymnastil^ V ON den kämpferisch eingestellten Sportarten darf man sagen, daß sie in Los Angeles die üb liche Weltbeteiligung aufwiesen. Das kann für das Turnen nicht gelten. Die folgenden 1928 beteiligt gewesenen Nationen blieben daheim: Deutsch land, England, Frankreich, Holland, Jugoslawien, Luxem burg, Schweiz und Tschechoslowakei. Unter diesen be finden sich die4Besten der Wertungsfolge von Amsterdam. Diese Tatsache läßt klar erkennen, daß dem olympischen Wettstreit sein wesentlichster Reiz schon im voraus ge nommen war. Nur ein Träger einer olympischen Medaille von Amsterdam war zur Stelle. Das war der Schweizer Georg Ihm war es aber, obgleich er wohl mit dem Anspruch, der weltbeste Geräteturner zu sein, nach Los Angeles kam, nicht möglich, seine hohe Rangstellung voll Zu verteidigen. Die olympischen Wettkampfbestimmungen schreiben vor, daß am Einzelkampf nur derjenige teilnehmen darf, der zugleich einer Ländermannschaft angehört. Miez kam aber von der Schweiz allein. Er beteiligte sich als Einzel gänger. Den Bemühungen seiner alten Mitbewerber aus Ungarn und Italien hat er es zu danken, daß er dennoch für den Einzel-Fünfkampf zugelassen wurde. 1928 mußte noch ?in Zwölfkampf bestanden werden. Leider schied Miez schon allzu schnell aus. Als ersten Teil des Fünfkampfes wertete man eine Kunstfreiübung. Dieses gymnastische Kunststück bereitete den Schweizern schon 1928 Kummer. Sie hatten eine, dem neuzeitlichen Wandel der schweizerischen Turnschule entsprechende Verflüssi gung der Bewegungsführung vorgenommen, der eine im allgemeinen noch recht starre Auffassung bei der Mehr zahl der Kampfrichter entgegenstand. So kam es wohl, daß Miez trotz großer Leistungshöhe und sicherer Durch führung seiner Kürfreiübung einen halben Punkt geringer bewertet wurde als der Ungar Pelle. Er glaubte in dem ungarischen Schiedsrichter den Sündenbock zu sehen und stellte diesen in rauhem Turnerton zur Rede. In der Folge trat er dann von der Weiterführung des Fünfkampfes zurück. Damit war den weiteren Kämpfen ein sehr großer Reiz genommen. Ein wenig enttäuscht haben in der Folge die Finnen. Sie waren 1928 in Amsterdam als turnerische Neulinge er schienen. Der deutsche Zwölfkämpfer Kobs hatte sie, die bisher wesentlich schwedisches Turnen trieben, längere Zeit trainiert. Sie waren damals auf die 5. Stelle in der Gesamtwertungsliste der Nationen aufgerückt. Jetzt in Amerika kamen ihnen die Italiener wieder zuvor, die mit ihrer starreren Ausführungsform bessere Richter fanden. Allerdings sind die Leistungen ganz allgemein erheblich gesteigert worden. Der Riesensprung am Pferd, vom Federbrett aus, den der Italiener Guglielmetti zeigte, ist so ein Beispiel von der restlosen Körperbeherrschung, die diesen Südeuropäern eigen ist. In der U. S. A.-Mann- schaft fallen wiederum die vielen deutschen Namen auf. Man kann daraus ersehen, daß das Turnen in Nord amerika ganz wesentlich von deutschstämmigen Yankees betrieben wird. Wie allgemein, so sind die Nord amerikaner auch im Turnen wesentlich über das hinaus gewachsen, was man von ihnen erwartete. Mit 6 goldenen, 6 silbernen und 4 bronzenen Medaillen stehen sie weitaus an der Spitze der in Los Angeles turnenden Nationen. Der Ungar s. Pelle wurde Erster in den Freiübungen und Pferdstützübungen der olympischen Tumwettbewerbe. In der Gesamtwertung des Fünfkampfes rangierte er an zweiter Stelle.