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IM SEGELN KEIN GUTES SCHIEDSGERICHT ausging 1 Nach der vierten Regatta, durch dauernden Mißerfolg entmutigt, gab der Südafrikaner Goodricke, der seit Jahren in Long Beach lebt, den Wettbewerb ganz auf, er startete nicht mehr. Am Montag gab es wieder nur ein Rennen. Der Franzose Le Brun siegte vor dem Spanier Cansino und dem Holländer Maass. Behr kam nach schlechtem Anfang zuletzt noch auf den sechsten Platz. Am Dienstag wieder nur ein Rennen bei leichter Brise. Der Kanadier Dixon endete in Front vor dem Österreicher Riedl, dann Le Brun- Frankreich, Cansino-Spanien. Fünfter Behr, Sechster Maass. Der Stand nach sechs Wettbewerben: Punkte Holland Maass 55 England Ratsey 45 Deutschland Behr 44 Frankreich Le Brun 44 Spanien Cansino 44 Kanada Dixon 40 Amerika Jessup 3i Schweden Thorell 29 Österreich Riedl 28 Italien Treleani 16 Südafrika Goodricke 15 aufgegeben. Gleichmäßig gute Leistungen haben dem Holländer Jan Maass einen beruhigenden Vorsprung gesichert. Aber er wie Ratsey haben das Schreckensboot noch nicht segeln brauchen. Der Mittwoch brachte sogar drei Rennen! Die Amerikaner hatten statt des Ersatzmannes Jessup wieder dem robusten 17jährigen Lyon ihr Vertrauen geschenkt. Zu spät. Der Österreicher Riedl bekam das Unglücksboot. Im Rennen 7 siegte Spanien vor Italien, Frankreich, Deutschland, Schweden, Amerika, England, Holland ( 1), Kanada, Österreich. Le Brun wurde immer besser, sicher holte er Rennen 8. Hinter ihm Spanien, Amerika, Holland, Italien, Deutsch land, Kanada, England, Österreich, Schweden. Schon gegen Mittag wurde das dritte Rennen dieses Tages gesegelt. Eine steife Brise hatte sich aufgemacht, für den leichten Behr, mit seinen kaum 130 Pfund der leichteste von allen, eine schwierige und gefährliche Sache. Wie schnell kann es mal Zum Kentern kommen I Aber der Hamburger meistert die Situation vorzüglich, sein dritter Platz ist eine brillante Leistung. Eine der Medaillen ist ihm so gut wie sicher ! Die schwereren Leute von Kanada und Holland hatten die ersten beiden Plätze belegt. Vierter Österreich, Fünfter Frank reich. Die Folge an der Spitze war also: Holland 77, Frankreich 72, Spanien 68, Deutschland 67, Kanada 59, England 56 Punkte. Erst am folgenden Nachmittag nach dem 10. Rennen erfährt Behr, daß er wegen Berührens einer Boje im Rennen 9 gestrichen wurde ! ! Man hatte ihn weder gehört, noch ihm Mitteilung gemacht, was nach den Bestimmungen hätte geschehen müssen. Auf die Meldung eines Richters aus einem 50 Meter entfernten Begleitboot erfolgte die Entscheidung der drei Schiedsrichter — alle drei Amerikaner. Behr bestreitet entschieden, berührt zu haben, und der ihm folgende Riedl hat auch nichts gesehen. Behr läuft von Pontius zu Pilatus, aber es bleibt dabei: das Berufungsgericht, besetzt durch drei Ameri kaner und einen Schweden, erklärt: „man entscheide nicht gern über einen Schiedsrichter hinweg“ und als weitere Begründung wird angegeben: „an dem bereits feststehenden Endresultat kann nichts mehr geändert werden“. Der Deutsche hatte auf Grund dieser merk würdigen Erledigung demnach nicht 67, sondern nur 58 Punkte nach Rennen 9 — ohne es zu wissen! Seine beigebrachten Zeugen, welche die technische Unmöglichkeit der Behauptungen des Schiedsrichters nachweisen konnten, wurden gar nicht vernommen, da die — wenngleich willkürlichen — Entscheidungen der Schieds richter endgültig sind. Nichtsahnend segelte Behr Donnerstag vormittag aus letzter Position heraus ein feines Rennen, das ihn schließlich auf den zweiten Platz brachte hinter dem jungen aussichtslosen Amerikaner Lyon. 3. Schweden, 4. Frankreich, 5. Kanada, 6. Holland. Diesmal wurde der Franzose disqualifiziert, weil er angeblich keinen Raum gegeben hatte. Das elfte und letzte Rennen, durch die Disqualifikation verärgert und deprimiert, konnte Behr bei auffrischender Brise nur als Sechster beenden. Der durchweg in Front gebliebene Holländer Maass mußte das Schreckensboot segeln und wurde — Neunter von zehn 1 Immer hin, sein Sieg war sicher. Aber nun kommt das Unglaubliche. Frankreich hatte energisch protestiert gegen Le Bruns’ Disqualifikation. Und nun änderte das Schiedsgericht viele Stunden später die Entscheidung. Der Franzose bekam 8 Punkte hinzu, und damit -— den olympischen Sieg, die Goldmedaille! Obwohl der Holländer Bob Maass im olympischen Stadion bereits als olympischer Sieger gefeiert worden war! So endete dieser siebentägige Wettbewerb sehr unbefriedigend. Das amtliche Endergebnis: Frankreich Le Brun Holland Maass Punkte 87 8j Fortsetzung: Punkte Spanien Cansino 77 Deutschland Behr 74 Kanada Dixon 72 England Ratsey 7° Amerika Lyon 67 Italien Treleani 63 Schweden Thorell 58 Österreich Riedl 48 Südafrika Goodricke 15 aufgegeben. Wenn Behr sein Recht bekommen hätte — bei dem Franzosen nach- her ging es — wäre er mit 83 Punkten sehr guter Dritter gewesen, und die bronzene Medaille hätte ihm bei seinen ausgezeichneten Leistungen gebührt. Empörend ist es, daß ihm nicht einmal Mittei lung gemacht wurde, so daß Deutschland keine Möglichkeit zum rechtzeitigen Protest bekam. IN DER STAR-KLASSE war der Amerikaner Gilbert Gray durch sein Boot „Jupiter“ klar überlegen. Er siegte mit 46 Punkten, während Colin Ratsey, mit „Joy“ für England segelnd, auf 35 Punkte kam. Dann „Swedish Star“ mit Gunnar Asther, sowie „Windsor“ von dem Kanadier Wiley, je 27 Punkte. Der vorzüglich segelnde Franzose Jean Peytel mit „Tremontaine“ hatte ausgesprochenes Pech, so daß er einen Punkt dahinter nur auf den fünften Platz kam. Sechster der Holländer Maass, der wie Ratsey und Goodricke gleichzeitig auch in der Mono type-Klasse mitmachte. Maass büßte seine Aussichten ein, als er sich einmal schleppen lassen mußte nach dem Vorbereitungsschuß, seit dem machte er nicht mehr mit. Siebenter „Springbock“, gesegelt von Goodricke-Südafrika, nach zwei Rennen zurückgezogen. IN DER 8-m-KLASSE stellte sich nur „Santa Maria“ unter kanadischer Flagge dem vor züglichen amerikanischen Boot „Angelita". In vier Rennen siegte Churchill-Amerika überlegen über seinen einzigen Rivalen Mattland. IN DER 6-m-KLASSE gingen auch nur drei an den Start. Fünf Regatten brachten dem Schweden Tore Holm mit „Bissbi“ nach beträchtlicher Überlegen heit die Goldmedaille. Amerika belegte mit dem südkalifornischen Boot „Gallant“, gesegelt von Conant, den zweiten Platz. Die bron zene Medaille bekam das dritte Boot „Caprice“, eine amerikanische Konstruktion, von Kanada gechartert und von Jones gesegelt. Der Amerikaner Gilbert Gray siegte in der Star-Klasse mit seinem Boot „Jupiter“ klar und überlegen.