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^Rudern in '^ong.'SBeacTi E INE der erstaunlichsten Erscheinungen war das rie sige Interesse, das die Süd-Kalifornier den Ruder- Wettkämpfen entgegenbrachten. Manmuß wissen, daß die Millionenstadt Los Angeles bisher kein Rennrudern gekannt hat und auch nicht kennen konnte, denn man besaß keinen geeigneten Regattakurs. Diese Strecke wurde erst für die olympischen Spiele geschaffen durch künstliche Verlängerung und Verbreiterung des Marine-Stadions in Long Beach. Baggerarbeiten großen Maßstabes waren nötig. Mit amerikanischer Fixigkeit wurde es geschafft, und vier Wochen vor den Spielen war das gigantische Werk vollendet. Eine ideale Rennstrecke, 2000 Meter lang, schnurgerade, stehendes Wasser, einigermaßen windgeschützt. An der Seite die ragenden Bohrtürme, die Los Angeles zu so erstaunlicher Blüte gebracht haben. Vier Boote nebeneinander hatten bequem den nötigen Bewegungsraum. Obwohl die Beteiligung an den einzelnen Konkurrenzen quantitativ nur spärlich war, obwohl jeden Nachmittag nur wenige Rennen in größeren Zwischenräumen aus getragen wurden, obwohl die Eintrittspreise gepfeffert waren, gab es Tag für Tag ausverkaufte Tribünen, und zu Zehntausenden drängten sich die Menschen an den Ufern. Für die Presse war eine Sondertribüne dicht vor dem Ziel erbaut; mit dem Glas war die ganze Strecke zu übersehen. Springende Fische, eine Makrelenart, sorgten in den langen Pausen für Zeitvertreib, bis zu einem Meter Höhe schnellten sie aus dem Wasser empor und freuten sich ihres Daseins. Tausende von Autos parkten an den Ufern. Auf den schönen breiten Straßen nach und von Long Beach herrschte Hochbetrieb. Der kalifornische Achter — wenn auch in dem 400 Meilen entfernten San Franzisco beheimatet — und der famose amerikanische Scullermeister Miller hatten das Interesse in weitgehendem Maße entfacht, die Zeitungen brachten täglich spalten lange Artikel und schürten die Hoffnungen der Ameri kaner. Zwei Fragen wurden täglich nach allen Richtungen ventiliert: Pearce oder Miller, und der kalifornische Achter oder Kanada ? Man sprach und schrieb auch mal von anderen, aber im Grunde doch nur, um der Pflicht zu genügen, um nicht unhöflich zu erscheinen. Der amerikanische Journalist kennt die Psyche seiner Leser, meisterhaft weiß er die Reklametrommel zu schlagen. Es kommt ihm weniger auf Richtigkeit an, aber die Zündung muß da sein. Schließlich war das Interesse bis zur Siedehitze gesteigert, aus den olympischen Wett bewerben war eine nationale Sache geworden. Die richtige Atmosphäre war geschaffen. In hellen Scharen kamen die Amerikaner, um ihren kalifornischen Achter, den Sieger von 1928, um ihren Miller siegen zu sehen. Wie in Amsterdam saßen in dem kalifornischen Achter durchweg große, kraftvolle Gestalten, das Durchschnitts gewicht betrug an die 90 Kilo ! Alles Kerle, mit denen man Bäume ausreißen kann, Studenten, durch keine Sorgen beschwert, mit unbegrenzter Zeit und allen er denklichen Erleichterungen für das Training. Die Massen fanden Geschmack an dieser neuen Sportart, und bald griff das Interesse auf alle Wettbewerbe über, auch auf die, an denen Amerika nicht beteiligt war. Das Eis ist gebrochen, die Ruderstrecke ist da. Der Rudersport wird nun auch in Südkalifornien bald in hoher Blüte stehen. Das Wichtigste, das erstklassige Menschenmaterial, ist an den Universitäten reichlich vorhanden, und das Interesse für Rudern ist entfacht. Eine prächtige Luftaufnahme vom Ziel der Ruderregatten: Endlauf der Achter.