$) ZWEITE GRUPPE S 3Keformation unö 30jähriger Srieg $ « A 34 7 N # 2 > V Zwei Ereignisse von ungeheurer Tragweite stehen an der Schwelle der neueren Zeit: die großen überseeischen Entdeckungen der Portugiesen und Spanier um 1500, welche das politische und wirtschaftliche Aussehen der Welt stark verändern, und die Reformation, die der geistigen Vorherrschaft der katholischen Kirche im Mittel- alter ein Ende setzt. Gleichzeitig entsteht eine freie weltliche Wissenschaft, gegründet auf das Wiederaufleben der klassischen Studien, das über Italien auch in Deutschland Eingang findet. Die „Humanisten“ lehren die Freude am Diesseits und streben nach einer allseitigen Ausbildung aller menschlichen Anlagen, nach „Humanität“. „Die Wissenschaften blühen. Die Geister erwachen. Es ist eine Lust zu leben!“ ruft einer ihrer Vorkämpfer, Ulrich von Hutten, in der Erwartung der neuen Zeit. Diese bricht jetzt auf allen Gebieten herein. Kaiser MAXIMILIAN I. (1493—1519), mit dem Beinamen „der letzte Ritter“, hat an der politischen Schwäche des Reiches trotz innerer Reformversuche — 1495 wurde das Reichskammergericht in Frankfurt eingeführt — und allen guten Willens nichts ändern können. Wohl aber bereitet er durch überaus glückliche Heiraten und Verträge das Weltreich seines Enkels vor, der als KARL V. (1519—1556) nach ihm den Kaiserthron besteigt und eine riesige Hausmacht unter sich vereinigt: die österreichischen Lande, Spanien mit seinen Kolonien, Neapel, Sizilien und die reichen Niederlande. So bleibt ihm wenig Zeit, sich um Deutschland zu kümmern. Hier hat sich gerade eins der größten Ereignisse der deutschen Geschichte vollzogen: am 31. Oktober 1517 schlägt der Augustinermönch MARTIN LUTHER seine berühmten 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. 1521 verteidigt er vor dem Kaiser, der ihm das Versprechen eines freien Geleites gibt, auf dem Reichstag von Worms seine neue Lehre. Von Kaiser und Papst in Acht und Bann getan, wäre er verloren gewesen, wenn ihn nicht der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise für einige Zeit auf der Wartburg in Sicherheit gebracht hätte. In aller Stille übersetzt Luther hier die Bibel, deren Studium bisher nur der Geistlichkeit vorbehalten war. Um sie weiten Kreisen verständlich zu machen, schafft er bei diesem Werk zugleich die neuhochdeutsche Sprache. In dieser tief erregten Zeit erheben sich 1524/25 in Schwaben und Franken die Bauern. In Thüringen verbinden sich religiöse Schwärmer mit ihnen. Aber die deutschen Fürsten behalten die Oberhand. Ein Teil von ihnen stellt sich auf den Boden der neuen Lehre. Sie protestieren gegen die Beschlüsse des Reichstags zu Speyer 1529 und erhalten daher den Namen Protestanten. Im Jahre 1531 schließen sie sich zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Luther ( 1546) hat in diese politischen Verwicklungen nie eingegriffen. Er ist der Meinung, daß die gute Sache sich auch ohne Waffen durchsetzen müsse. Dies wäre freilich kaum der Fall gewesen, wenn nicht Karl V. noch lange Zeit mit seinen auswärtigen Unternehmungen gegen Frankreich und die Türken zu tun gehabt hätte. Schließlich beginnt er doch, um die reichsständische Selbständigkeit zu brechen und im Bund mit dem Papst die kirchliche Einheit wiederherzustellen, den SCHMALKALDISCHEN KRIEG (1546/47); er ge winnt ihn, unterliegt aber in neuen Kämpfen mit den deutschen Fürsten. So kommt 1555 der Religionsfriede zu Augsburg zustande. In Schwermut verfallen, entsagt Karl V. 1556 der Krone und stirbt zwei Jahre darauf im spanischen Kloster Sankt Yust. Unterdessen blühen in den deutschen Städten Wohlstand und Bildung. Die großen Kaufmannshäuser der Fugger und Welser zu Augsburg sind hierfür ebenso bezeichnend wie die kraftvolle Gestalt des Schusters und Poeten Hans Sachs. Nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555) breitet sich die neue Lehre weiter aus: vier Fünftel aller Deutschen sind bereits protestantisch, ebenso ein großer Teil der (/5