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Sächsische Staatszeitung : 02.06.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192206027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-02
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 02.06.1922
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eingestellt ist, und dieser Haurhaltsplan muß in Form eine» Besetze» angenommen werden. Dadurch allein, daß wir eine Ausgabe al» TeU de» Hau»halt»plane» genehmigen, rst gar nicht» getan; erst wenn da» yinanzgesetz den gesamten Haushaltsplan verabschiedet, ist dem Art. 42, Abs. 1 Genüge geleistet. Selbstverständlich ist e» aber auch möglich, eine solche Au»gabe auch in einem SonderhauShalUplan zu fordern. Da» hat die Regierung nicht getan, und e» fragt sich nun, ob es überhaupt möglich ist, die sen Antrag, den wir Ihnen unterbreiten, anzu nehmen. Ich bemerke, daß da» Gesetz Aus nahmen von dem Grundsatz de- Art. 42 kennt. Es ist insbesondere in Art. 44 gesagt, daß, wenn der Staatshau-haltsetat nicht rechtzeitig verab schiedet ist, vor Ablauf des Rechnungsjahre- die rechtlich begründeten Verpflichtungen des StaateS fortgezahlt werden können. Das ist selbstverständ lich, sonst würde die Staat-maschine stillstehen. Es kommt leider außerordentlich häufig vor, daß der Staatshaushaltsplan nicht vor Beginn des neuen Rechnungsjahre- festgestellt ist, das ist insbesondere in diesem Jahre vorgekommen. Um einen solche» Fall wird e- sich hier nicht han deln, obwohl man den Begriff der Fortführung der Verwaltung auch außerordentlich weit fassen und sagen kann: hier handelt e- sich auch um eine Art Verwaltung-alt, man kann schließlich auch von der Fortführung der Verwaltung reden, wenn der Staat einer solchen Ehrenverpflichtung nachkommt. Aber ich glaube, so wird man die Sache kaum begründen können. Weiter gibt noch Art. 47 eine Ausnahme. Dort ist gesagt: Hau-halt-überschreibungen und außerplan mäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung de- Finanzministers. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden. Also für solche außerplanmäßige Ausgaben, die einem unabweisbaren und unvorhergesehenen Bedürknisse dienen sollen, ist eine Genehmigung des Landtages an sich nicht erforderlich, sondern es bedarf nur der Zustimmung des Finanz- Ministers. Man kann daraus folgern: Kann da- Gesamtministerium solche dringende finanzielle Maßnahmen anordnen ohne Landtag, so kann es auch solche Maßnahmen anordnen mit dem Landtage, und es fragt sich nur, ob, wenn die Zeit so drängt, daß es kaum möglich ist, ein Gesetz vorzulegen und zu verabschieden, auch dann das Gesetz notwendig ist. Wir haben bereits zweimal in diesem Sinne verfahren, einmal bei Antraz 248 vom 4. Mai 1921 und vor kurzem bei Antrag Nr. 697 vom 18. Mai 1922. Beide Male hat der Landtag einstimmig diese Ausgaben genehmigt. Wir haben uns entschlossen, auch in diesem Falle die Genehmigung vorzu schlagen, bitten aber die Regierung dringend, von dieser Art des Geldausgebens in Zukunft abzusehen, sondern uns in jedem Falle einen Haushaltsplan vorzulegen oder die Verantwortung nach dem Artikel, den ich vortrug, allein zu übernehmen, wenn es so eilig ist, daß der Haus haltsplan nicht mehr vorgelegt werden kann, ohne daß jemand darunter Schaden leidet. (Bravo recht».) lachen bei den Kom. — Sehr richtig l bei den Dem) Legen der Haltung der Kommunisten ist die Mehrheitssozialdemokratie, obwohl sie Regie rungspartei ist, doch gezwungen, diesen »eg zu gehen, um der Regierung da» Regieren zu e« möglichen, »ir bedauern, au» Opportunität»« gründen die Verfassung nicht verletzen zu können. Sehr richtig! bei den Dem.) Wir glauben, daß ein BersassungSgrundgesed so wichtig und heilig ist, daß e» auch au» Zweckmäßigkeitsgründen niemals verletzt werden darf. (Bravo! bei den Dem) Berichterstatter Abg. Beutler (Dtschnat.): Ich möchte eine Äußerung de- Hrn. Abg. vr Dehne nicht unwidersprochen lassen. Er hat in einer Redefloskel, die wahrscheinlich inter essant sein sollte, un» vorgeworsen, wir legten vielleicht deshalb nicht so viel Gelvicht auf die Erhaltung der Verfassung, well wir diese Ver fassung für eine vorübergehende Erscheinung hielten. Wir haben bisher streng und vielleicht strenger wie jede andere Parte, (Sehr richtig! bei den Dtschnat.) stet- auf Einhaltung der Ver fassung bestanden, sowohl der Weimarer wie der sächsischen Verfassung. Wir haben ja seinerzeit auch für die sächsische Verfassung gestimmt, und wir haben heute erst Gelegenheit gehabt, die Einhaltung der Verfassung zu verteidigen in einem Falle, wo die Regierungsparteien sie ver letzten. Also diese Motivierung, die uns unter- geschoben wird, ist total abwegig. Hierauf wird der Antrag der beiden Berichterstatter gegen 7 Stimmen ange nommen. 10. Punkt der Tagesordnung: Anfrage des Abg. vr. Eckardt u. Gen. wegen einer Äußerung de- Wirtschaftsministers Fellisch über Gewinne der Kohlen grubenherren. (Drucksache Nr. 691.) Die Anfrage lautet: Nach einem Bericht der „Chemnitzer Volks- stimme" Nr. 74 vom 28. März 1922 hat der Wirtschaftsminister Fellisch in der Kreisver sammlung des ehemaligen 19. Wahlkreise- in Lugau geäußert: Ungeheure Gewinne heimsen die Kohlen, barone ein: in kurzer Zeit werden die Kohlen den 75 fachen Friedenspreis kosten. Zu dieser Preissteigerung stehen die Steigerungen der Bergarbeiterlöhne und Betriebsunkosten in keinen, Verhältnis. Jede Preiserhöhung benutzen die Grubenherren zur Vergröße rung ihres Gewinnes. Wer gibt uns die Gewähr, daß die Riesensummen wirklich zur Verbesserung des Betriebes verwendet wer den? Allein die Sozialisierung der Werke könnte hier Wandel schaffen. Ist der Bericht richtig? Wenn das der Fall, wie rechtfertigt der Minister diese Äuße rungen und wie stellt sich das Gesamtmini sterium hierzu ? Zur Begründung der Anfrage erhält das Wort vr. Eckardt. Berichterstatter Abg. Vr. Graf (Soz.): Hr Kollege Beutler hat die Annahme dieses Antrages empfohlen. Ich schließe mich dem Anträge an, wenn ich mich auch den juristischen Konstruktionen, die Hr. Kollege Beutler mit viel Scharfsinn und Fleiß auf eine Keine Sache an- aewendet hat, nicht in vollem Umfange anschließen rann. Ich möchte aber auch namens meiner politischen Freunde die Bitte an die Regierung richten, solche Bewilligungen nicht als Präzedenz- fälle zu benutzen. Abgeordneter Bünger: Ich bin der dritte Jurist, der sich zwar im Ergebnis den beiden Herren anschließt, aber in den Gründen abweicht E» fehlt uns in der Ver fassung ein Paragraph, wie ihn z. B. Bayern hat Bayern sagt: Wenn der Etat noch nicht fertig ist, kann da» Gelamtministertum einen vor läufigen Etat durchführen. Wenn unser Fall in Bayern passiert wäre, hätte da» Ministerium ohne Landtag bewilligen können. Die Gründe die der Herr Abg. Beutler angegeben hat, sin etwa» gezwungen. Wir können aber trotzdem die Zustimmung erteilen. Wir sehen darin eine vorausaenommene Entlastung de» Ministerium» für diese jetzt zu leistende Zahlung jAbg. vr. Dehne (Dem.): Ich glaube, ich brauche die Richtigkeit der Auffassung, die ich früher vertreten habe, hier nicht nochmal» nachzuweisen, die drei Vorredner haben da» so schlagend getan, daß ich ihren Gründen eigentlich nicht- hinzuzufügen brauche. Die Herren haben nachgewiesen, daß der Be schluß, den wir fassen wollen, eigentlich mit der Verfassung nicht im Einklang steht, und etwa» andere» haben wir nicht behauptet. Run meinen die Herren, sie würden trotzdem den Beschluß fassen, d. h. sie würden sich au» OpportunitätS- gründen einmal über die Verfassung hinwea- s»en. Da» ist eine andere Frage. Daß die -irren von recht» da» tun, wundert un» nicht fa sehr. Sie sehen in dieser Verfassung nur eine vorübergehende Erscheinung, bet der e» nicht so sehr darauf ankommt, ob man sie zur gegebenen Zeit auch einmal nicht beachtet. (Heiterkeit und Hört, hört! link».) Bet den Herren Sozialdemo- kvaten aber ist e» bedenklicher, sie sollten, wie Ma, hierin ein bleibende» Gesetz sehen und in- fokgedessen Bedenken tragen, auch in einem Einzelfall einmal die Verfassung zu verletzen, »W» e» auch au» Opportunitätsgründen zweck- erscheint Hier liegt freilich der Ent- „gu»g»grund wo ander». Die Herren fühlen, e» zu solchen Beschlüssen, wie wir sie fassen nur de»balb kommt, well die Regierung», it in diesem Hause so klein und so zer- ist, daß sie nicht da» leisten kann, wa» sie ite, nämlich den Etat rechtzeitig festzu» hr richtig! bei den Dem.) Und daran sind dte HMv» Kommuntsten schuld, (»ide^pruch und Abg. vr. Eckardt (Dtschnat.): Ter Gegenstand, um den es sich bei der An frage handelt, ist aus den Zeitungen bekannt. Es handelt sich um Außeiungen, die Hr. Wirt- schastsminister Fellisch nach Zeitungsberichten in Lugau und nach anderen Zeitungsberichten auch an anderen Orten getan hat, und in denen er den Kohlenwerken vorwirft, daß sie jede Preiserhöhung zur Vermehrung ihre» Gewinnes benutzt hätten, daß die Grubenbarone ungeheure Gewinne eingeheimst hätten und daß die Stei gerung der Löhne und sonstigen Unkosten in keinem Verhältnis zur Preissteigerung der Kohlen stünde. Es gäbe dagegen nur ein Mittel, und das sei tue Sozialisierung. (Sehr richtig! bei den Kom.) Wa» er sonst seinen gläubigen Zuhörern in dieser Rede erzählt hat, will ich hier nicht weiter erörtern. Ich möchte nur auf diese Sache eingehen und erklären, das diese Behauptungen eine glatte Unwahrheit dar- stellen. Daß der Hr. Minister derartige Dinge behauptet hat, ist um so bedauerlicher, al» ihm in seiner amtlichen Eigenschaft al» Minister die Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um ohne weiteres den wahren Sachverhalt llarzu- stellen. Er hätte sich nur die Akten de» Reich»- kohlcnverbandes oder Reich»kohlenrate» geben zu lassen brauchen, er hätte die Handelskammern fragen können, und er hätte schließlich an einer Stelle, die ihm noch näher steht, beim Finanz ministerium, da» an den ganzen Sachen wesent lich beteiligt ist, die wirkliche Sachlage erfahren können. Er hätte dann auch erfahren, daß der Reich-kohlenverband und da» Reich»wittschaft»- ministerium ständig die Betriebsergebnisse der Kohlenwerke nachprüfen, nicht etwa nur im all gemeinen, sondern daß sie ungefähr aller Viertel jahre Kontrolleure schicken und die Buchführung der Werke bi» in» einzelnste nachprüfen. Ei zeigt kein hohe» Verantwort!ichkeit»gesühl und keine Kenntnis der Tragweite seiner Äußerungen, daß er so blindlings auf ein Zeitungtaered« hineingefallen ist und dieses in seiner Eigen schaft al» Minister, die doch von ihm nicht ganz zu trennen ist, weiter verbreitet Ich habe auf dem Usch de» Hause» eine Zu- sammenstellung der Betriebsergebnisse der west- sächsischen Steinkohlenwerke nievergelegt, in der da» Verhältnis der einzelnen Betriebsergebnisse vom Jahre 1913 bi» -um Jahre 1981 echchtlrch ist. In dieser Zusammenstellung sind auch die Gewinne der öffenllich rechnung-legenden Stetn- kohlenwerke angegeben. Au» dieser Zusammen stellung geht hervor, daß die Kohlenpreise im Jahre 1981, gemessen am Jahre 1913, da» 19,8 fache im Durchschnitt betragen haben, daß aber die Bruttolöhne je Lonne auf da» 2S,S fache aestiegen sind, dagegen die Dividenden nur auf oa» 2,7 fach* oder mit anderen Worten: in der Vorkriegszeit Haden die Löhne d) Proz. der Kohlenpretse betrage», dte Dividende» 11 Proz.; im Jah« 1981 mache» dte Löhne ohne dte Va- älter — die sind überhaupt nicht berücksichtigt — W Proz. de« Kohlenpreise» au», die Dividenden aber nur 1,4 Proz., d. h. die Löhne sind auf kosten der Dividenden um 10 Proz. gegenüber »er Vorkrieg»zeit gestiegen. Wo in aller Welt sind da die ungeheueren Gewinne zu erblicken, die dte Kohlenwerle eingeheimst haben sollen? Dte Herren von der Linken werden e» ja nun wahrscheinlich mit Besriedigung begrüßen und gerechtfertigt finden, wenn die Dividenden der Geldentwertung fo wenig gefolgt sind. Aber das hat volkswirtschaftlich seme sehr trüben Folgen, denn eS bedeutet nicht» andere-, als daß die Erträgnisse de» Bergbaue» verzehrt und nicht wie in der Vorkriegszeit zum Teil wieder srucht- bringend angelegt werden. Bei meinen Zu sammenstellungen sind nun allgemein die Kohlen- Preise zugrunde gelegt, die die Werke bekommen, und nicht die Sohlenpreise, die vom Verbraucher erhoben werden; denn in den Kohlenpreisen liegen jetzt eine ganze Menge Belastungen, die e» früher nicht gab. Da sind z. B. 2 M. Lebens- mittelzulagen oder vielmehr Gelder, die jetzt noch von der Allgemeinheit verlangt werden, um die Lebensmittelzuweisungen zu bezahlen, die seinerzeit auf Grund des Spaaer Abkommen- den Bergarbeitern zugeführt worden sind. Damals hatte die Entente versprochen, 10 Goldmark pro Tonne an die Entente gelieferter Kohle dem Reiche für diesen Zweck zu vergüten. Aber da- Reich hat die 10 Goldmark nicht bekommen. (Hört, hört!) Dann lagen im vorigen Jahre auf jeder Tonne Kohle 6 M. Beitrag zur Errichtung von Bergarbeiterwohnungen, seit dem 1. April sind e» 12 M. Tann kommt dazu diel'/, pro- zentige Umsatzsteuer. Dann kommt die Kohlen steuer hinzu, die im vorigen Jahre 20 Proz., jetzt zum TeU 40 Proz., bei den sächsischen Steinkohlenwerken 32 Vroz. des Wertes ab Grube beträgt, und schließlich kommt noch ein mal die Umsatzsteuer für die Kohlensteuer hinzu. Das sind keine Einnahmen der Werke, denn hier sind sie lediglich Verrechnungsstelle für das Reich, und man kann unter keinen Umständen sagen, daß diese Beträge den Werken zugute gekommen wären. Ebensowenig haben die Werke die erhöhten Fracht- und sonstigen Transpottkosten von der Grube aus oder die Kosten des Zwischenhandels zu vertreten. In Betracht kommen kann für die Wette nur das Geld, das sie wirklich für ihre Sohlen erhalten. Und da ergibt sich, daß die Gewinne der Werke die Allgemeinheit überhaupt nicht spürbar belasten. Im Jahre 1921 entfiel auf jeden Zentner verkaufte absatz fähige Kohle ein Gewinn der Werle von 28 Pf. Gegenüber dem jetzigen Kohlenpreise sind das Beträge, die überhaupt nicht ange sehen werden. Das wäre das, was bestenfalls, wenn man die Bergwerksunternehmer ent schädigungslos enteignete, durch die Sozialisie rung als Verbilligung geschafft werden könnte. Die Sündigen wissen aber, daß die Sozialisie rung voraussichtlich eine ganz ungeahnte Ver teuerung der Kohle bringen würde. (Abg. Siewert: Das haben Sie geträumt!) Das will ich sehr einfach einmal an einem Beispiel be weisen. Der Hr. Steiger Werner hat Vorschläge für die Sozialisierung gemacht und hat unter anderem gesagt: der Reichskohlenrat solle aus 150 Mitgliedern gebildet werden. Von diesen Mitgliedern sollen 75 aus den am Betriebe Beteiligten gewählt werden, so daß sie also die Hälfte der Stimmen haben. Dann hat weiter der Hr. Steiger Werner Vorschläge gemacht, wie die an dem Bergwerk Beteiligten bezahlt werden sollen. Er hat gesagt: wenn man den Lohn de- Bergarbeiters gleich 1 setzt, wird der Lohn des Steigers ungefähr 2 sein, der des Obersteigers 3, der des Direktors 4 oder 5, der des Generaldirektors 8 usw. Also sämtliche Ge- hälter der Beamten richten sich nach dem Lohne der Arbeiter. Run stelle man sich einmal vor, daß eine Lohnbewegung im Kohlenbergbau statt- sindet. Dann sind sämtliche von oben bis unten solidarisch. Der Generaldirektor, die oberste Spitze, sagt sich: wenn die Arbeiter so viel zu gelegt bekommen, bekommst du das Acht- oder Zehnfache zuaelegt. Es werden also alle mit Freuden dieser Erhöhung zustimmen. Und wenn dann nur noch ein Mann im Reichs- kohlenrate sich dafür erklärt, dann sind diese Lohnerhöhungen, die natürlich auch nicht ohne Verteuerung der Sohlen abgchen können, an genommen. Und so werden sich, w. nn die Sache so weitergeht, die Verhältnisse entwickeln, sodaß schließlich da» Reich eine Diktatur übernehmen und einfach die Löhne bestimmen muß. Ob dann eine größere Zufriedenheit geschaffen würde, wage ich zu bezweifeln. Wir Haven in den Zwickauer und Lugau- OlSnitzer Revieren schon gewissermaßen einen An fang der Sozialisierung, indem die größten Werke nicht mehr in Privatbesitz sind, sondern vorzugs weise von Körperschaften des öffentlichen Rechte-, in der Hauptfach« vom Staate (Zuruf bei den Som.: Da» nennen Sie Sozialisierung?) maß gebend beeinflußt werden. Daß sie in privat rechtlicher Form betrieben werden, kann dabei nicht stören. Man kommt bei der Sozialisierung auch nicht darum herum. In der gleich ungün- pgm Lag« befinden sich auch die außersächstschen Die Angriffe sind also durchaus unbegründet, und e» ist gerade im Interesse der Allgemeinheit sehr bedauerlich, daß sie vom Minister auSge- gangen sind, und da» ist da», weshalb wir eS für zweckmäßig halten, die Sache hier im Land tage zur Erörterung zu stellen und die Stellung, nähme der Gesamtregierung hierzu zu erfahren Zweierlei Gründe sprechen dafür Ersten» ist e» keine Kleinigkeit, wenn durch derartige un- wahre Behauptungen immer wieder von neuem die Bevölkerung ausgehetzt und ihr di« Über zeugung eingeflößt wird, daß sie von den Kohlen- wetten auf das maßloseste übervorteilt wird. Der Uneingeweihte kann ja leicht zu dieser Überzeugung kommen, wenn ihm da» nicht nur in Zettungen, sondern sogar von einem Minister erzählt wird, venu G gibt ja immer noch naive Gemüter, die glaube«, daß auch im demokratischen Staate ein Minister »och etwa» von seinem Ressort verstehen »mL der Wirtfchaft-minister also von der Wirt schaft. (Zurnf bei den Dtschnat.: Da» ist jetzt nicht mehr notwendig!) Und die Allgemeinheit traut auch einem Minister so viel Verstand und BerantwottlichkeitSgefühl zu, daß er nicht blind- ling» etwa» weitergibt, wa» er irgendwo einmal in der Zeitung gelesen hat. Gan» besonder bedauerlich ist e», daß diese Ausführungen im Kohlenrevier selbst gefallen sind, wobtt es eigent lich einen kleinen Scherz bildet, daß gerade im Lugauer Revier der Kollege des Hrn. Fellisch, der Hr. Finanzminifter, einen ausschlaggebenden Einfluß auf die dortigen Sohlenwette auSüben kann. Wenn den Bergarbeitern nun gesagt wird, ja, die Wette nehmen so kolossale Gewinne bei jeder Lohnerhöhung, dann kommen sie dazu, daß sie immer neue Lohnerhöhungen verlangen, um endlich den vermeintlichen Gewinn der Wette für sich in Anspruch zu nehmen. Augenblicklich schweben wieder Lohnverhandlungen, und e» würde eine außerordentlich gefährliche Einbildung bedeuten, wenn die Arbeiter dabei zu der An nahme kämen, daß diese Forderungen einfach von den Wetten ohne weitere» au» ihren Gewinnen gedeckt werden könnten. Wenn man die sämt lichen Gewinne der Wette verteilen würde, so würde eine Lohnerhöhung von 3 M. am Tage herauskommen, ein Betrag, über den wir un» bei Lohnerhöhungen nicht weiter aufregen. Aber es besteht die Gefahr, daß die Kohlenpreise über den Weltmarktpreis hinaus getrieben werden, und es wird nicht ganz leicht sein, bei den äugen- blicklichen Lohnerhöhung-Verhandlungen eine Einigung zu erzielen, denn es besteht gerade die Gefahr, daß die Worte de- Hrn. Wirtschafts- Ministers den Vertretern der Orgamsanon es erschwert, sie zu einer Einsicht über die wirt schaftliche Lage -u bringen, die für eine Einigung notwendig sein wird. Und so hat möglicherweise der Hr. Minister eine Flamme angeblasen, die für unsere augenblickliche Witt- schäft geradezu vernichtend wirken kann. Der Hr. Wirtschastsminister hätte meiner An sicht nach ein verdienstlicheres Wett getan, wenn er gerade dort im Kohlenrevier darauf hinge- wiesen hätte, welchen Schaden die augenblickliche Kohlenknappheit der Allgemeinheit verursacht. (Sehr richtig? rechts.) Er hätte ihnen da», was General Groener jetzt als Hilferuf an die beteiligten Stellen gerichtet hat, erzählen und sagen sollen, wie dringend notwendig es ist, gerade jetzt, wenn auch nur vorübergehend, durch Mehrarbeit unsere Wirtschaft zu erleichtern. So aber schädigt er noch die vorhandene Arbeitslust, indem er eben sagt, daß andere den Gewinn einsteckten, den man den Bergleuten nicht gönnte. Das andere, weshalb wir die Erörterung hier für notwendig halten, ist die mehr verfassungs mäßige Frage, ob man einen Minister gewisser maßen in zwei Persönlichkeiten spalten kann, eine amtliche, in Uniform, wie Hr. Lipinski sagte, und eine außeramtliche, wobei nun die außeramtliche Persönlichkeit ungefähr das Gegen teil von dem sagt oder sagen kann (Zurufrechts: Sehr häufig sagt!), waSdie amtliche Persönlich keit im Rahmen der gesamtminkstettelken Tätig keit zu sagen hat, z. B. also der WirtschastS- Minister die Wirtschaft beunruhigt, die er ja eigentlich stützen sollte. (Sehr richtig! rechts.) Ter Hr. Ministerpräsident hat uns bei früherer Gelegenheit gesagt, daß das Gesamtministerium nicht für die Äußerungen seiner einzelnen Mit- glieder auf Agitalionsreijen insoweit verantwort lich sei. Ich gebe das bis zu einem gewissen Grade zu, wenn z. B. der Justizmmistcr über die akademische Bildung der Bolksschullehrer spricht, da wird man das von vornherein als seine Privatanjicht anzusehen geneigt jein. An ders aber steht es doch mit den Äußerungen des Hrn Ministers Fellisch, die gerade eben auf dem Gebiete liegen, das dieser Minister im Rahmen des Kabinetts zu vertreten hat, wo also gewisser- maßen die außeramtliche Betätigung die amtliche schädigt. Wir möchten also vom Gesamtmini sterium eine klare Antwort darüber haben, wie eS sich da» Verhältnis der außeramtlichen Wirk- jamkeit de» Minister» zu seiner amtlichen Tätig keit vorstellt. (Bravos recht».) Zur Beantwortung der Anfrage erhält d..s Wort Wirtschaft-Minister Feltschr Meine sehr geehrten Dame« und Herren! ES liegt immer eine gewisse Gefahr dann, au» irgendeinem kurzen Pressebericht zutreffende Schlußfolgerungen über den Inhalt einer Rede oder auch nur eine- Teile» derselben zu ziehen Richtig ist, daß ich in meiner BerjammlungSrede ausgeführt habe, daß da» Reichsverkehrs umiste- ttum bei seiner Etataufstellung mit einem Sohlen- Preise rechnet, der da» 7bfache de- Frieden»- preise» beträgt. Im Zusammenhang mit dieser Feststellung habe ich dargelegt, welche ungeheure Belastung unserer Güterproduktton durch diese ständige Sohlenpreiserhöhung hat. Deshalb wende ich mich gegen die Bestrebungen, die dar auf Hinzielen, den Preis deutscher Sohle unter allen Umständen dem Weltmarktpreise anzupasfen. Dagegen stellte ich fest, daß sich auch d»e Arbei« tervettreter bei den Beratungen über die Fest setzung neuer Sohlenpreise im Grunde nicht gegen notwendige Erhöhungen gesträubt haben. Ich hab« betont, daß auch die mitberatenden Gewerkschaftsvertreter den Srubenherren höhere Abschreibungen zur Wiederinstandsetzung oder Verbesserung der Werle zugebilligt habe». Da« fei an sich ein sehr richtiger Standpunkt, da a» der betrieblichen Instandhaltung der Wette die gesamte Bo'kSwirtschaft und deshalb die Arbei- terklasse da- größte Interesse habe. Zu verhin dern sei nun, daß sich die Summen, die bei der Preisfestsetzung al» notwendige Mederherstel- lungskoste» wieder einkattuliett werden, in Witt« lichkeit mit in direkte Unternehmergewinne ver wandeln. Da» zu erreichen, fei offenbar da» Bestreben der Grubenherren. Diese meine Ver mutung stützte irb auf dte ausfällige Tatsache, daß im Reichskohlenrat ein Antrag der Gewerk- fchaftSvettreter abgeleh»t wurde, der folgender- maßen lautete-
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