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Sächsische Staatszeitung : 21.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192202217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220221
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-21
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 21.02.1922
- Autor
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ÄMMU M AlhUa Amlszeitmli. 119» Beauftragt mit der Herautgabe: Negi««.lgSrat Do enge« tu Dresden. 1922 LandtagsverhandlunM. (Fortsetzung der Sitzung vom 16. Februar.) Minister des Innern Lipinski: (Fortsetzung.) Darüber hinaus ist gegen den Ministerialdirek tor Ur. Schmitt der besondere Vorwurf erhoben worden, daß er minderwertige und noch dazu dienfljüngere Herren tüchtigeren Kräften vorge- zogen habe. ES ist darauf hingewieseu worden, daß die Ernennung eines Vortragenden Rate» im Lande großes Befremden hervorgerufen habe, da dessen Leistungen unter der Kollegcnschast hin reichend bekannt seien und er auch keine Eignung für da» betreffende Amt mitgebracht babe. Ter Betreffende ist aber in den Akten früher als „vor züglich in der Gesinnung" beurteilt worden. Der Entwurf der Ernennung ist von I)r. Schmitt mit gezeichnet. Ein Obcrregierungsrat ist zum stell vertretenden Vorsitzenden der Landesversicherungs, anstatt ernannt worden, obwohl er nirmal» in diesem Ressort gearbeitet hatte und er von einem Berliner Posten von der sächsischen Regierung plötzlich abberufen worden war. Bon seinem bürgerlichen Vorgesetzten ist er als oberflächlicher Arbeiter mit herrischem Auftreten bezeichnet worden. Nnterm 1. September 1919 ist ein Regierungs rat zum Amtshauptmann ernannt woroen, ob- wohl er nach zwei Urteilen seiner Persönlichkeit nach für da» Amt eines Amtshauptmanns nicht geeignet und auch nervenkrank war. (Abg. vr. Reinhold: Das Gesamtministerium hat ernannt!) Bon einein Mitte l919 ernannten Amtshaupt mann heißt es in der Beurteilung: „Hinreichende Aussicht muß ihn bewahren, minder eilige und weniger interessante Sachen ungebührlich lange liegen zu taffen." (Heite^eit links.) Der Hervorhebung bedarf auch folgende An- gelegenhcit: In einer Differenz zwischen dem Geh. Regierungsrat Ebmeyer und dem Freiherrn v. Finck, die dadurch entstanden war, daß Ebmeyer dein Amtshauptmann von Leipzig Verletzung des guten Tone» und der guten Sitte anläßlich einer Verhandlung vorgeworfen hatte, hatte sich Freiherr v. Finck unter Übergehung de» Kreis- Hauptmanns Lange unmittelbar an das Mini sterium des Innern gewandt. Ministerialdirektor Ur. Schmitt hat die Angelegenheit zwischen beiden zum Austrag gebracht, indem er sein Vorgehen in seinem Schreiben von: 29. März 1920 folgendermaßen begründet: „Im regelmäßigen Geschäftsgänge würde der KreiShaup mann darüber zu verfügen habe». Ich glaube aber, daß es im beider- fettigen Interesse liegen muß, eine solche Ent schließung zu vermeiden." (Heiterkeit links.) Ein hinsichtlich seiner Befähigung und Kennt- nis gut beurteilter Regierungsassessor wurde unterm 1. März 1920 durch Verfügung des Ministerialdirektors I)r. Schmitt aus der inneren Verwaltung abgedrückt und als Rcgierungs- assessor in ein Oberversicherungsamt gesteckt. Sein Vater ist Sticker. Dagegen wurde für einen adligen Herrn mit angeborenem Schwachsinn» der den Staatsdienst wegen Unfähigkeit am .91. Oktober 1920 ausgeben mußte, noch eine Lanze gebrochen (Hört, hört! links.), indem die I. Abteilung des Ministeriums unterm 26. April 1921 an das Polizeipräsidium schrieb: „Der Entschließung des Polizeipräsidiums bleibt es überlassen, ob bei dieser Gelegenheit das von dein Assessor v. X eingereichte Gesuch, das mit beifolgt, berücksichtigt werden könnte." (Leb- Haftes Hört, hört! und Zurufe links.) Ein Beispiel dafür, daß man trotz aller Un fähigkeit als Regicrungsassessor in der inneren Verwaltung angestellt werden kann, ist der Fall des Freiherrn v. Zschinsky. In Kiew in Ruß land geboren, sein Vater war Großgrundbesitzer, ist er 1908 in Leipzig durch die Referendar- Prüfung gefallen und hat erst bei dem zweiten Versuche die erste Staatsprüfung mit der Zen- für lV bestanden. (Heiterkeit links.) 1912 ist er durchs Assessorexamen gefallen, und erst die infolge des Krieges eingeführte Notprüfung hat es ihm im September 1914 er möglicht, diese Prüfung mit der Zensur „noch genügend" zu bestehen. (Heiterkeit links.) Nach der Beurteilung werden feine juristischen Kenntnisse als äußerst lückenhaft bezeichnet, und cs wird festgestellt, daß er im Jahre 1915 ver schuldet gewesen ist. In den Alten des Justiz ministeriums befinden sich mehrere Anfragen von Rechtsanwälten, die sich nach dem Aufenthalte des verschuldeten Freiherr» v. Zschinsky erkun digt haben. (Zurufe rechts.) Bitte sehr, jeder Untcrbcamte, der verschuldet ist, wird aus dem Dienst entlassen. (Zurufe rechts: Auch jetzt noch?) Gleichwohl ist er als Assessor vom 1. April 1915 an zum Dienst in der inneren Verwaltung zu- gelasscn worden, wenn auch mit dem Bemerken, daß er auf dauernde Anstellung im sächsischen Verwaltungsdienste nicht rechnen könne. Im April und Mai 1915 hat er als Assessor bei der Amtshauptmannschaft Zwickau eine Gastrolle gegeben. Bereits im Juni 1915 ist er Kriegs gerichtsrat. Tie Tatsache, daß er ausweislich der Kriegsrangliste bei zahlreichen mobilen und immobilen Formationen Gastrollen gegeben hat und bald in sächsischen, bald in preußischen Dien- stcn gestanden hat, läßt vermuten, daß er überall abgeschabcn worden ist. Im Juni 1919 hat der Freiherr v. Zschinsky beim Ministerium des In- nern um Übernahme in den sächsischen Berwal- tungsdienst nachgesucht, und die Anstellung im Bereiche der Polizeidirektion Dresden als ihm besonder» erwünscht bezeichnet. Obwohl ih» i« I»ui »»» vo» «iniftlriv« »e» Jouer» er„> t z» erkenn«« Gegeben worve« ist, daß er auf über- nähme in den sächsischen Verwaltungsdienst nicht rechnen könne, ist Freiherr v. Zschinsky Vorstand der Bezirksamts für Kriegerfürsorge in Werdau geworden, und zwar seit Februar 1920 mit Ge nehmigung der IV. Abteilung nnter «egr»»eich- nung von Ur. Schmitt. (Lebhafte» Hört, hört! links.) Unterm 15. Mai 1920 zeigt der Amtshauptmann v. Römer in Werdau dem Ministerium des In nern an, daß er ohne Genehmigung des Ministe riums des Irmern den Vorstand des Bezirks amts für Kriegerfürsorge, Freiherrn v. Zschinsky, als juristischen Hilfsarbeiter der Amtshaupt mannschaft in Pflicht genommen habe und sucht um nachträgliche Genehmigung dieser eigen mächtigen Maßnahme nach. Am 28. Mai 1920 hat das Ministerium des Innern die Beschäftigung des Freiherrn v. Zschinsky als juristischen Hilfs arbeiter bei der Amtshauptmannschaft auch ge nehmigt und erneut eröffnet, daß er keine Aus sicht auf dauernde Übernahme in den Staats dienst habe. Mit Hilfe zweier militärischer Zeugnisse über seine militärische Tätigkeit, aus gestellt vom Wirklichen Geheimen Kriegsrat Sturm und vom General Löffler, ist es dem Freiherrn v. Zschinsky unterm 1. August 1920 schließlich ge lungen, als Regierungsassessor und Staatsdiener im Bereiche des Ministeriums des Innern an- gestellt zu werden. Die Verfügung ist vo» Ministerialdirektor Ur. Schmitt gezeichnet. (Hört, hört! links und Zurufe: Unglaublich!) Dabei ist in den Akten vermerkt, daß beim Landesamt für Kriegerfürsorge schon mehrfach Klagen und Be- schwerdeu von verschiedenen Stellen eingegangen seien, weil die Geschäfte in: Bezirksamt für Krieger fürsorge in Werdau nicht in der wünschenswerten Weise erledigt würden. Die 1V. Abteilung hatte Freiherrn v. Zschinsky als Vorstand des Bezirksamts für Kriegerfürsorge in Werdau eingestellt und auf Kap. 51 des Haus haltplans übernommen. Nachdem dies erreicht war, ist von der I V. Abteilung unterm 24. Juni 1921 au die I. Abteilung des Ministeriums der Antrag gestellt worden, den Freiherrn v. Zschinsky nunmehr auf Kap. 43 zu übernehmen. Umerm H.JuU 1921 hat die (.Abteilung den Freiherrn v. Zschinsky auf Kap. 43 übernommen, und damit war der Freiherr v. Zschinsky auf Umwegen io die innere Verwaltung eiugeschobeo. Dem Mi nister ist von diesem Vorgänge keine KrnoluiS gegeben worden. (Lebhastes Hört, hört! links.) Ich fasse zusammen: mäßige Begabung, reiche Herkunft, Versippung und eine repräsentable Frau waren Lie Ecksteine der früheren Personalpolitik. Und es war höchste Zeit, mit ihr gründlich auf zuräumen. (Lebhaftes Sehr richtig! links.) Mit Verordnungen allein ist nichts getan. (Sehr gut! links.) Ein Personenwechsel im Perjonalamte mußte vorgenommen werden (Erneute Zustim- mung links.) und wird weiter vorgenommen werden, um Wandel zu schaffen. Mir liegt es fern, aus diesen Vorgängen allgemein den Schluß zu ziehen, daß alle höheren Beamten nicht ge- nügend juristische Kenntnisse besitzen. Es ist zu verwundern, daß trotz dieser Personalpolitik so viele vorzügliche Juristen der Verwaltung an gehören. Das angewandte System mußte aber zu einer Hcrabdrückung der Leistungen der Ver waltung führen. (Na, na! rechts.) Tas muß anders werden. In der inneren Verwaltung soll nur ausgenommen und gefördert werden, wer dazu fähig ist (Zurufe und Bewe gung rechts.) und sich vorbehaltlos auf den Bo- den der republikanischen Verfassung stellt. Tas ist das Ziel der jetzigen Personalpolitik. (Leb hafter Beifall links.) Nun gestatten Sie mir, nachdem ich aus den Akten Vorgänge vorgetragen habe, zu dem, was der Hr. Ur. Wagner vorgetragen hat — das übrige behalte ich mir für die weitere Darstel lung vor — einiges über die persönlichen An griffe, die er gegen Hrn. I>r. Lempe gemacht hat, zu sagen. Ich weise diese Anwürfe zurück. Hr. vr. Wagner hat nicht den Schimmer eines Beweises dafür erbracht, daß Hr. Or. Lempe für sein Amt nicht fähig wäre. (Sehr richtig! links.) Ob ich einen Beamten in ein Ministerium aufnehme, der Jurist ist und tüchtig ist, oder ob ich einen Politiker in ein Amt hincinjetze, darauf kommt es gar nicht an. (Zuruf: Bei Ihnen!) Für Sie kommt es nur darauf an, daß es ja kein Sozialdemokrat sein soll. (Lebhaftes Sehr richtig! links.) M. D. u. H.! Vor etwa zwei Jahren ist unter den älteren höheren Beamten die Verabredung getroffen worden, daß jeder ältere Beamte in seinem Amt bleiben solle, trotz dem er das 65. Lebensjahr überschritten hat, damit kein solch verdammter Sozi in solch ein Amt kommt. (Huhurufe links.) So ist es wörtlich. M. D. »i. H.! Damit glaube ich einen Teil der Personalpolitik der Vergangenheit, auch so weit Hr. vr. Schmitt in Frage kommt, dargelegt zu haben.- Es zeigt, daß sowohl der Minister als auch der Kreishauptmann hintergangcn wor den sind, daß sie im unklaren gelassen worden sind, wenn eS den Zwecken der Beamtenpersonal politik diente. (Lebhaftes Bravo! links.) Hierauf wird in die Besprechung der An frage eingetreten. Da» Wort zu einer Erklärung erhält Abg. Müller (Chemnitz) (Soz.): Im Auftrage meiner Fraktion habe ich folgende Erklärung adzugeben: Wir betrachten die Anfrage als einen wetteren Vorstoß gegen die sozialistische Regierung, im besonderen gegen ihre Beamten. Derartige Aktionen sind von den bürgerlichen Par teien bi» zu dem des Radikalismus verdächtigen ZemrumSabgeordneten schon so ost unternommen worden, daß e» sich nicht mehr lohnt, lange darüber zu reden. (Sehr richtig! links.) Der Zweck der selben ist zu durchsichtig, und auch der größte Teil der Beamten dar bereit» erkannt, daß e» sich bei solchen Vorstöße» nicht um Wahrnehmung von Staat». u»d veamteatuteressen handel» (Sehr nchttal liuk».), sondern um reaktionäre Manöver (Leb- i hafteS Sehr richtig! links.) Zur Beamtenpolitik der Regierung im allgemeinen erklären wir im Gegensatz zu den deutschnationalen Fragestellern, daß daS, was bis jetzt aus dem Ge biete der demokratischen Umgestaltung der V.r waltung erreicht worden ist, uuS durchaus noch nicht befriedigt. Wir wünschen, daß die Regierung die Temokratisierung des BeamtenkörperS energischer und zielklarer in die Wege leitet. (Bravo! links.) Tas ist unsere Erklärung Dazu noch ein Wort! Man könnte versucht sein, die Ausführungen deS Hrn. Vizepräsidenten vr. Wagner, die in höflicher, verkleideter Form eine schwere Beleidigung der wirk lich freigewordenen Beamten bedeutet, noch zurück zuweisen. Aber ich verzichte darauf angesichts deS reichhaltigen Materials, da- der Hr. Minister des Innern hier vorgetragen hat, und mit Rücksicht auf das, wa» er weiterhin aus die Anwürfe deS Hrn. Vizepräsidenten vr. Wagner, der ja berufen ist, die Ordnung dieses Hauses mit zu schützen, ge antwortet hat. (LebhasteS Sehr richtig! links.) Abg. Bünger (Tisch. Bp.) Weder die energische Erklärung von Hrn. Kollegen Müller (Chemnitz) noch auch die komische Art, wie der Hr. Minister des Innern (Zuruf links: Komisch?) die Frage beantwortet hat, wird mich abhalten, das zu sagen, was ich sagen möchte. Tas steht fest, daß der Ministe rialdirektor Ur. Schmitt in einer, ich möchte sagen, recht unfreundlichen Weise aus feinem Amte entlassen worden ist (Zuruf links: Viel zu rücksichtsvoll!), indem er von seiner vorgesetzten Dienstbehörde zum Schlüsse noch in einer öffent lichen Zeitung angegriffen worden ist. Ter Satz: Durch Neubesetzung der Leitung der ersten Abteilung des Ministeriums des Innern sollte die künftige Personalpolitik freigemacht wer- den von Familienanwartschaften . . . ist nur dahin zu verstehen, daß der Ministerial direktor Ur. Schmitt in dieser Beziehung große Fehler gemacht hat und daß er Familienanwart- schasten zum Siege vcrholfen hat ohne Rücksicht auf die Tüchtigkeit der Beamten. Es ist etwas sehr Ungewöhnliches, daß man so etwas in die Zeitung bringt, und zwar noch dazu von der vor gesetzten Behörde. (Abg. Renner: Well es unangenehm ist!- Ob das unangenehm ist oder nicht, darauf kommt es weniger an. Aber es ist ein durchaus mißlicher und zu verurteilender Zu- stand, wenn aus diese Weise, ich möchte sagen, parteipolitische Kämpfe auf dem Rücken der Be amten öffentlich ausgetragen werden. (Zuruf links: Durch Ihre Provokation!) Wenn man von Provokation reden wollte, so mühte man davon reden, daß es überhaupt höchst überflüifiig war, daß darüber etwas in der Zeitung stand. Früher wurde das so gehalten: wenn Anlaß vorlag, eine Änderung vorzunehmen, so machte man das stillschweigend. Wenn das die Errungenschaft der Revolution sein soll, so ist das eine schlechte Errungenschaft. Nunmehr hat, was die objektive Seite dieser Frage anlangt, der Hr. Minister des Innern uns heute ein ganz gewaltiges Material vorgetragen. Ich muß offen sagen, ich hatte das schon erwartet. Es ist so ähnlich, wie damals bei der Orgejchver- Handlung. (Sehr richtig! rechts.) Ta kam er auch mit einem Riesenmaterial heraus. Ist das sonst so üblich gewesen, daß man ein solches Material hier öffentlich vorträgt, ohne daß die geringste Möglichkeit für diejenigen, die anderer Ansicht sind, bestanden hat, dieses Material zu prüfen? (Lebhafte Zurufe links.) Oder verlangt man etwa, daß wir alles das, was der Minister uns vorgetiagen hat, als ein Evangelium hm- nehmen? Tas kann man von uns nicht ver langen. Denn möge dieser Bericht auch aus objektivem Untergrund beruhen, so ist es doch eine ganz bekannte Tatsache, daß es ganz darauf ankommt, von wem, zu welcher Zeil, unter weichen Umständen und mit welcher Tendenz diese Aufstellungen erfolgt sind. (Sehr richtig! rechts.) Jedenfalls ist das gänzlich unangängig, und ich möchte direkt jagen, es widerspricht jedem parlamentarischen Brauche, daß mit einem Male plötzlich ein solcher Überfall mit Material erfolgt, zu dem man gar nicht Stellung nehmen kann. (Unruhe und Lachen links.) Zunächst gehört ja sehr viel von dem, was vorgetragen worden ist, überhaupt nicht hierher. Es wird trotzdem alles das, was, um mich so auszudrückcn, das frühere Regime betrifft, was damals unrichtig war, auch von uns zum großen Teil, jedenfalls von mir verurteilt. Auf keinen Fall aber kann Hr. Mini- sterialdirektor Ur. Schmitt dafür verantwortlich gemacht werden, denn er hat die damaligen Bräuche nicht geschaffen, er hat die damaligen Verordnungen, insbesondere die Kabinettsordre, die vorgetragen worden ist, nicht gegeben. Es ist aber nicht nachgcwiejen worden vom Hrn. Minister, ber in sehr witziger Weise von Bier familien gesprochen da», daß der Hr. Mimsterial- direktor in einzelnen Fäucn auf d>ese sogenannten Bierverwandtjchastcn bei Berufungen Rücksicht genommen hat. Was der Hr. Minister im übrigen voogctragen hat, bleibt, selbst wenn man es als richtig an- nehmcn würde, immer noch den Beweis schuldig, daß tatsächlich FamilienanwarUchaften, d. h. Ver wandtschaften vom Hrn. Ministerialdirektor bei der Besetzung von Stellen berücksichtigt worden sind. Wa» über die einzelnen Fälle zu sagen ist, so kann man da natürlich beute nicht darauf ein- gehen. Wenn der Hr. Ministerialdirektor z. B. mit einzelnen Verfügungen nicht einverstanden war und dagegen seine Bedenken geltend gemacht hat, so würde meines Erachtens darin noch nicht einmal etwas zu finden sein. ES wäre aber ver fehlt, auf da» Material im einzelnen einzugehcn, denn e« fehlen die Grundlagen dafür, ob sich bei ganz objektiver Betrachtung auch da» Material so verhält, wie es vorgetragen worden ist. Ich möchte nicht unterlassen zu sagen, daß auch der Adlatus des Hrn Ministerialdirektors Ur. Schmitt, wie mir heute mitgetcilt worden ist, ein gewisser Obcrsclretär Efflcr, gegen den bisher keine Klagen eingegangen waren, abgclöst worden ist, und zwar durch einen Herrn ans Chemnitz, so viel ich weiß, namens Köthe, der Wortführer der Sozialisten ist. (Aha!-Rufe rechts.) Das ist ein Zusammentreffen, das doch erwähnt zu werden verdient. (Zuruf links: Wer hat Ihnen denn das weisgemacht!) Es liegt hier aus unserer Seite doch der starke Verdacht nahe, darin möchte ich Hrn. Abg. Ur. Wagner beitreten, daß es wider das gewöhnliche System gewesen ist; es wird bei der Besetzung von Bcamtenstellen der partei politische Gesichtspunkt in den Vordergrund ge rückt, dgs ist das wirklich Ausschlaggebende. Und das ist das, wogegen wir uns schon sehr oft ge wendet haben und uns immer wieder wenden werden. Ich will aus die Persönlichkeiten, die hier in Frage kommen, gar nicht weiter eingehen, aber das ist ein grober Fehler, wenn man einen Be amten, der sein Amt infolge jahrelanger Erfah rungen vollkommen beherrscht und der vor allen Dingen seinen Untergebenen überlegen ist, durch einen Herrn ersetzt, der zunächst diese Fähigkeiten ganz unmöglich haben kann, denn es sehlt ihm zunächst die Vorbildung, die erforderlich ist, einen so schwierigen Posten zu verwalten, und es ist auch fraglich, ob er intellektuell aus derselben Höhe steht wie Hr. Ministerialdirektor vr. Schmitt. Denn darüber sind sich auch Herren von links nicht im Zweifel gewesen, daß dieser auch intellektuell ein hervorragender Mann gewesen ist. Ich habe gehört, daß auch Mehrheitsjozialisten gesagt haben, daß, wenn es überhaupt jemand verstanden hat, sich in die neuen Verhältnisse hineinzufinden und mit den Parteien gut zustellen, Hr Ministerial direktor Schmitt es gewesen ist. Ich meine, einen solchen Mann schickt man nicht weg, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Nun sagt der Hr. Minister des Innern, es ist unbedingt not wendig. Wenn man das alles so annimmt, wie er es vorgetragen hat, dann muß ich mich doch aber wundern, warum vor allem kein Disziplinarverfahren gegen Hrn. Ministerial- dir.ktor b»r. Schmitt eingeleitet worden ist, denn das sind ja alles ganz erhebliche Verfehlungen. Bei einem Disziplinarverfahren hätte er sich auch gegen das alles verteidigen können, aber was hier im Landtage gesagt wird, gegen das kann er sich nicht verteidigen, er muß das alles so hinnehmen. Im übrigen muß man sich wundern, daß diese Lotterwirtschaft so lange geduldet worden ist. Es sind doch noch verschiedene Vorgänger vom Hrn. Minister Lipinski dagewesen. Es bleibt für uns also doch als Untergrund bestehen, daß dieses Prinzip, möglichst nur nach dem politischen Bekenntnis zu fragen, durchgesührt werden soll, und zwar in einer übertriebenen, das Staats leben schädigenden Weise. Tas wird ja auch bei jeder möglichen Gelegenheit betont, und ich muß es sehr bedauern. Ich möchte nicht daran vorübergehen, daß der Hr. Wirtschaftsminister bei seinen Reden neulich in Meißen und Bautzen, die großes Aufsehen erregt haben, in dieser scharfen Weise sich auch auf diesen Standpunkt gestellt hat. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß der ver- waltungStechnifche und verwaltung-rechtliche Ge- sichtspunkt bei der Besetzung von Beamlenstellen an allererster Stelle steht, und daß das politische Moment demgegenüber zurücktreten muß. Wir kommen sonst zu einem ganz unfähigen Beamten tum (Lebhaftes Sehr richtig! rechts.) und kommen, das ist die Hauptsache, das hat Hr. Kollege Ur Seyfert am 4. Oktober schon genügend her vorgehoben, zur Streberei und Kriecherei. (Leb haftes Sehr richtig! rechts.) Wenn sich jemand bei seinen Vorgesetzten e.»schmeicheln will, so ist das der bequemste Weg, wenn er es auf diesem politischen Gebiete tut und sich dadurch eine gute Nummer verichafft. (Zuruf links: Ten schmeißen wir hinaus!- Diese Gefahr liegt dann vor, wenn man die Demokratisierung und Politi sierung des Beamtentums übertreibt. Wenn wir einmal zur Regierung kämen — (Lachen links.) das wäre doch nicht ganz unmöglich —, würden diejenigen Beamten, die bei der Bewerbung um Stellen oder, um bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Erfolg zu haben, einen politischen Gesinnungs wechsel vornehmen, (Abg. Schwarz: Die schmeißen wir raus!) allerdings gleich derausgejchmissen, die gehören nicht dahin, denn mit charakter- schwache» Leuten können wir nicht regieren, damit wird der Staat nur geschädigt. Wenn der Hr Wirtschaftsminister in seiner Rede in Meißen gesagt hat, die früheren Beamten wären lauter Heloten gewesen, und Kadaver gehorsam hätte bei ihnen geherrscht, so ist da» falsch. Ick- glaube, die Beamten werden sich für solche Bezeichnungen bedanken. Es ist doch noch immer derselbe Beamtenstanb.den wir früher gehabt haben, und diesen selben Beamten wird vor- geworfcn, sie hätten in spartanischer Versklavung gelebt. (Unruhe links.) Ich kann das nur daraus verstehen, daß der Hr. Wirlschaftsminister selbst nicht Beamter gewesen ist, und ich kann sagen, daß ich in meiner Beamtcnkarriere andere Erfahrungen gemacht habe. (Abg. Menke: Weil Sic deutschnational waren!) Das Beamtentum ist das starke Gerüst eines Staates, wie früher, so auch jetzt noch, und das bedingt Fachkenntnis, Überlegenheit über die Unterstellten, Pflichttreue, Charakterfestigkeit und vor allen Tingen (Abg. Menke: Eme hübsche Frau!) Verständnis für die Allgemeinheit ohne ParteifanatismuS. (Bravo l rechts.) Abg. Ur. «etntzol» (Dem.): Wir sind vom Ministertisch au» manche» ge wöhnt, aber ich muß doch sagen, daß die Ant-
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