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LMKilU zm AWn NuisKW Nr. 324. zu Nr. 94 des Hauptblattes. 1926. Beauftragt mit der Herausgabe Regierungsrat Brauße in Dresden. Landtagsverhandlungen. (Fortsetzung -er 18V. Sitzung von Dienstag, den 2«. April.) Punkt 6: Zweite Beratung über den Antrag des Abg. Böttcher u. Gen., betr. die Gewährung weiterer StaatSkredite an die notleidenden Stick maschinenbesitzer — Drucksache Nr. 1722 — sowie über die hierzu vorliegenden Eingaben. (Mündlicher Bericht des Haushaltausschusses8 —Drucksachen Nr. 1755 und 1774 — Der Antrag Nr. 1755 lautet: Die Minderheitsanträge sind durch O besonders bezeichnet. Der Landtag wolle beschließen: » I. 1. den Antrag Nr. 1722 abzulehnen; 2. die Regierung zu ersuchen, in Erfüllung des Landtagsbeschlnsses vom 7. April 1925 (Druck sache Nr. 1241) die Mittel bereitzustellen und beschleunigt zur Auszahlung zu bringen, die nach eingehender Prüfung der vorliegenden Kreditgesuche gemäß der vereinbarten Richt linien noch benötigt werden. Schmidt. 3. den Antrag Nr. 1722 mit der Änderung, statt „IVr Millionen": „2^/z Millionen" anzunehmen. . Lieberasch. II. 1. im außerordentlichen Staatshanshaltplan für das Rechnungsjahr 1926 unter einem neuen Titel einzustellen und zu genehmigen: „Darlehen an notleidende Lohnstickmaschinen- besitzer zwecks Modernisierung ihrer Maschinen ini ganzen, also einschließlich der bereits be willigten Darlehen . . . 1500000 RM.", 2. zu genehmigen, daß mit der Verausgabung vor Verabschiedung des Haushaltplans be gonnen werden kann; III. den Antrag Nr. 1722 abzulehnen, IV. die Eingaben Nr. 2575 (Prüfungsausschuß) der Maschinenfabrik Kappel, A.-G., Chemnitz-Kappel, des Verbands Sächs.-Thür. Stiümaschinenbcsitzer, e. V-, Plauen i. V-, und der Lohnstickmaichinen- besitzer, Bezirksgruppen Auerbach i. V-, Falkenstein und Plauen i. B. auf sich beruhen zu lasse». Der Antrag Nr. 1774 lautet: Der Landtag wolle beschließen: 1. die Regierung zu ersuchen, bei den Stickmaschinen besitzenden Fabrikanten die Mietzinssteuer nur von den im Betriebe befindlichen Maschinen zu erheben, bei Berechnung der Mietzinssteuer für eine Stick maschine einen jährlichen Mietzins von höchstens 100 RM. und bei einer kleineren Maschine oder einer Handstickmaschine nicht mehr als 80 NM. jährlichen Mietzins zugrunde zu legen, 2. die Eingabe Nr. 2515 (Prüfungsausschuß) der Vogtländischen Fabrikantenschutzgemeinschaft,e. V., Plauen i. V, durch den gefaßten Beschluß für erledigt zu erklären, Es findet eine Geschäftsordnungsdebatte statt. Abg. Lchnirch (Alte SPD.): Zwischen der Beratung im Ausschuß und hellte haben sich Dinge ereignet, die es mir angezeigt erscheinen lassen, daß endlich Klarheit darüber geschaffen wird, was eigentlich in den Kreisen der Stiümaschinenbesitzer vorgeht. Es werden dem Landtag heute Anträge unterbreitet, welche weit über das hinausgehen, was der Ausschuß beschlossen hat. Solche Dinge kann man nicht mitmachen, und ich erachte es für eure Pflicht, daß der Ausschuß die Sache in den nächsten Tagen noch einmal ordentlich vornimmt und die Sache gründlich beräumt, damit nach außen zum Ausdruck kommt, wie der Wille des Landtages in dieser Frage eigentlich ist. Beim Antrag Nr. 1774 will es mir scheinen, daß es zunächst das Recht des Ausschusses 8 nicht war, über die Sache zu befinden, und daß schon deshalb die Rückverweisung an den Ausschuß erfolgeu muß. Ich beantrage also, die beiden Allträge an den Aus schuß zurückzuverweisen. Abg. Günther sPlauens (Dem): Die Angelegenheit der Stickmaschinenbesitzer hinsichtlich der Modernisierung ihrer Maschinen ist durch die Verhandlungen im Ausschuß 8 durchaus klargestellt. Es bestehen keinerlei Differenzen darüber. Wenn irgendein Abgeordneter oder lder Berichterstatter einen Antrag einbringen will, der über den Beschluß des Ausschusses hinausgeht, so ist es das Recht jedes Mitgliedes des Landtages auf Grund von § 30, Zusatz- oder Abände- rungsänträge zu stellen. Einen solchen Antrag hatte ich als Berichterstatter gestellt, indem ich bean tragt hatte, die Summe von 2 221000 M. einzusetzen Das ist die ganze Sache, um die es sich handelt Es ist also durchaus nicht so, wie das der Herr Kollege jetzt vorgetragen hat. Es könnte vielleicht scheinen, als ob irgendwelche Geheimnisse noch hier enthüllt werden sollen. Nichts davon ist richtig. Es liegt also keinerlei Grund vor, die Vorlage von der Tagesordnung abzu- sctzen. Wenn die Regierung den Anträgen, die über den vom Ausschuß angenommenen Antrag hinausgehen, nicht zustimmen kann, so trägt die Regierung dafür die Verantwortung, oder der Landtag, wenn er nicht dafür stimmen kann. Der AntragNr. 1774, der die Eingabe des vogtländischen Fabrikantenschutzverbandes in Plauen betriff», ist nach meiner Ansicht formell im Ausschuß 8 durchaus richtig behandelt worden, ich habe aber nichts dagegen einzu wenden, wenn dieser Antrag bezüglich der Mietzinssteuer für die Maschinen der Fabrikanten, Drucksache Nr. 1774, nochmals an den Ausschuß 8 zurückverwiesen wird. Abg. Graupe (SPD.) wendet sich gegen die Rück- Verweisung der beiden Anträge. Wenn wir den Stick maschinenbesitzern helfen, so helfen wir rasch, aber machen den Leuten keine platonischen Versprechungen. Der Antrag Drucksache Nr. 1774 ist übrigens zum Teil schon durch eine Verfügung des Ministerums vom 12. August 1925 behoben worden, die an Stelle von 80 M. jährlichen Mietzinses bereits 50 M. gesetzt hat. Wirtschaftsminister Hermann Mütter: Ich bin auch der Auffassung, die der Herr Abg- Graupe ausgesprochen hat, daß, wenn die Hilfe überhaupt Zweck haben soll, sie schnell kommen muß, daß man die Leute nicht monatelang weiter hinausziehen kann. Ich würde also bitten, über den ersten Pnnkt — Drucksache Nr. 1755 — heute abzustimmen, und zwar den Ausschußantrag anzu nehmen,alle übrigen weitergehenden Anträgeabzulehnen, und den zweiten Teil des Antrages an den Haushaltaus- schuß 8 znrückzuverweisen. Abg.Lieberasch (Komm.): Es ist uns unverständlich, wie der Herr Abg. Schnirch hier den Antrag stellen kann, die Erledigung der ganzen Angelegenheit in weite Ferne zu schieben. Marr hat dort an den Orten der Leitung verschiedenes versprochen (Abg. Schnirch: Wer denn?) Natürlich Ihr! (Lebhafte Zurufe b. d. Alten SPD.) Jetzt will man nun die Leute um das, was man ihnen versprochen hat, prellen. Es liegt keinerlei Veranlassung vor, noch weitere Differenzen oder Dunkelheiten in dieser Frage zu klären. Wenn man den Leuten helfen will, dann muß uran den Antrag Nr. 1755 heute er- ledigen, um ihnen die Möglichkeit zu geben zu arbeiten. Abg Schmidt (Dtsch. Bp.): Herr Kollege Lieberasch, will mir scheinen, weiß gar nicht, was gespielt wird. Er ist derjenige geweien, der die größten Versprechungen gemacht hat. (Zuruf des Abg. Lieberasch.) Wenn der Herr Wirtschaftsminister glaubt, einer Zurückverweisung an den Ansschuß 8 nicht zustimmen zu können, weil er der Meinung ist, daß dadurch eine Verschleppung der Angelegenheit cintritt, so glaube ich, wäre es besser gewesen, wenn das Wirtschaftsministerium früher etwas dazu getan Hütte, um die Angelegenheit nicht so in die Länge zn ziehen. Ich erinnere daran, daß der Beschluß des Landtages vom 7. April ist, nnd erst im Dezember ist man dazu gekommen, den Betrag festzulegen. Für uns ist die ganze Angelegenheit so wichtig, daß wir uns die Zeit nehmen, noch einmal in» Ausschüsse mit zu beraten, nachdem ganz andere Ge sichtspunkte sich heransgostellt haben; denn es handelt sich nicht bloß um die Lohnstickmaschinenbesitzer, sondern es handelt sich um die Stickereiindustrie des Bogtlandes, es handelt sich um die gesamte Wirtschaft des Vogt landes nnd des Erzgebirges. Deshalb werden wir dem Antrag des Herrn Kollegen Schnirch znstimmc». Wirtfchaftsminister Hermann Mütter: Meine Damen und Herren! Ich muß den Vorwurf der Verschleppung an den Herrn Vorredner zurückgeben. Die Negierung hat alles getan, so schnell wie möglich die Tinge zu erledigen, und wenn nicht die Herren mit ihren Sonder- anträgen gekommen wären, wären die 1^'g Millionen heute längst ausyeworfen, und die Leute hätten ihre Reparaturen fertig. Wir wenden uns entschieden da gegen, daß Mittel bewilligt werden, von denen wir die Überzeugung haben, daß sie nicht wirtschaftlich angelegt werden. Die Regierung »nutz ganz entschieden einer weiteren Erhöhung widersprechen. Abg. Lchnirch (Alte SPD): Ich will dem Herrn Kollegen Günther nur sagen, daß ich ihm durchaus nicht das Recht abspreche, daß er im Plenum Anträge stellt, die meinetwegen nach Wölkenkuckucksheim gehen. Aber es ist erklärt worden, daß, wenn der Antrag, der jetzt von Herrn Kollegen Günther erneut hier, ohne daß irgend eine Fraktion ihn kennt, gestellt ist, bereits im Ausschuß mit zur Beratung gestanden hätte, und der Kollege Anders als Vorsitzender die Abstimmung nicht so schnell vorgenommen hätte, die Sozialdemokraten für den Antrag Günther gestimmt hätten und dadurch eine Erhöhung auf 2^ Millionen zustande gekommen wäre. Das ist eine Unwahrheit, und um das festzustellen, ist es notwendig, die Sache eben noch einmal zu klären. Aber wenn heute der Herr Finanzminister, wenn auch nicht persönlich, so doch durch den Mund des Herrn Wirtschaftsminister erklären läßt, daß e^ jedenfalls gar nicht möglich sei, den Betrag in Ansatz zu bringen, und wenn anderseits von der Regierung gesagt wird, daß die Generalversammlung der Lohnstickmaschinenbesitzer mit den 1V, Millionen und ihner Verteilung einver standen gewesen sei, so ist das ein Faktor, der zu be achten ist. Fmanzmiuistervr.Dehne . Meine Damen undHerren! Vom Standpunkte ineines Ressorts auS kann ich nicht widersprechen, wenn Sie beabsichtigen, Drucksache Nr. 1722 nochmals an den Ausschuß zurückzuverweisen. Ich muß aber auf den Boden des Hern» Wirtschasts- Ministers treten und unterstreichen, was er gesagt hat, daß nämlich etne E'höhung der bis jetzt vorgesehenen Summe auch bei einer nochmaligen Beratung des Aus schusses für die Regierung nicht annehmbarer werden wird. Wir sind an die Grenze des Möglichen gegangen und müssen bitten, daran feftzuhalten. Was Drucksache Nr. 1774 anlangt, so muß ich allerdings den dringenden Wunsch aussprechen, daß diese Angelegen heit nochmals im Ausschuß beraten wird, und zwar des wegen, weil sie außerordentlich wichtig ist, ein Re- gierungsvertreter aber bei der Beratung des Antrages im Ausschuß nicht anwesend war. Die Negierung muß aber Wert darauf legen, daß sie ihre abweichende Meinung den» Ausschuß mitteilen kann. (Abg. Granz: Die demokratische Fraktion gegen ihren Finanzminister!) Nach weiteren kurzen Bemerkungen der Abgg. Liebe rasch und Güntshcr werde»» die Anträge Drucksache Nr. 1755 und 1774 au de,» Ausschuß zurückverwiesen. Die Erledigung von Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung über de»» Antrag des Abg. Böttcher u. Gen. (Drncksache Nr. 1726) auf Hinzuziehung von Vertretern des Arbeiter-Radioklubs Deutsch- ands zu den Beiräten bei den Rundfunkgesell schäften. (Mündlicher Bericht des Haushaltaus- schusses 8 — Druckfache Nr. 1775) wird ohue Bericht und Aussprache mit 30 gegen 29 Stimmen beschlossen: 1. die Regierung zu ersuchen, bei allen Nundsunk- gesellschaflen Beiräte von je 7 Mitgliedern zu bilden und bei deren Besetzung dem Arbeiteradio klub je 3 Vertreter zuzusprcchen. 2. den Antrag Drucksache Nr. 1726 für erledigt zu erklären. Punkt 8: Zweite Beratung über den Antrag des Abg. Arzt u. Ölen. (Drucksache Nr 1674), betr. den Achtstundentag und die Ratifizierung des Wash- ngtoner Abkommens. (Mündlicher Bericht des Haushaltausschusses 8. — Drucksache Nr. 1776.) Die Ausschußmehrheit beantragt: den Antrag Drucksache Nr. 1674 anzunehmen. Die Kommnttistischc Ausschuß Minderheit beantragt: die Negierung zu beauftragen: 1. im Verordnungswege zu bestimmen, daß in de»» staatlichen Werken und Pehördenstellen der acht stündige Arbeitstag als Maximalarbeitstag sofort wieder cingcftthrt wird. Jede Überschreitung des achtstündigen Arbeits tages in den staatliche»» Werken ist strengstens zu verbiete» und zu bestrafe»». 2. bei der Reichsregierung sofort und energisch dahin zu wirken, daß a) durch Reichsgesetz der achtstündige Arbeitstag als Maximalarbeitstag sestgelegt wird, 6) iin Vcrördnungswege jede Überschreitung der achtstündigen Arbeitszeit bei Strafe verboten wird. Berichterstatter Abg. Glombitza (ztomm.): Der An trag Drucksache Nr. 1674 basiert auf denselben Gründen, aus denen ii» letzter Zeit wiederholt versucht worden ist, das Arbeitslosenproblem zn lösen. Es muß doch zugestandcn werde»,, daß es zu einer Zeit, wo Millionen von Erwerbslosen und Kurzalbeitern vorhanden sind, eine eigenartige Wirtschaftspolitik bedeutet, wenn auf der anderen Seite Arbeiter, Arbeiterinnen und Beamte gezwungen werden, 10, 12 und mehr Stunden täglich zu arbeiten. Ter Antrag Nr. 1674 war aber mch» zwingend genug formuliert, weshalb ich als Bericht erstatter in» Ausschuß beantragte, den Antrag abzu lehnen und unseren eindeutiger formulierten Minder- heitsantrag anzunehmen. Wenn der Vertreter der Negierung in» Ausschüsse behauptete, daß man die staatlichen Werke nicht außer halb der Privatindustrie stelle»» könnte, weil sie mit Annahme dieses Antrages konkurrenzunfähig würden, wenn er weiter behauptete, daß irgendwelche Auslands darlehen, die in nächster Zeit angefordert werden müßten, wahrscheinlich nicht bewilligt würden, wenn man unsern Antrag annehme, weil dann das Ausland jedenfalls be fürchten würde, daß die Staatlichen Werke das nicht ertragen könnten, so kann man das von einem Re gierungsvertreter verstehen, der vom Koalitionsmini sterium abhängig ist, aber unverständlich bleibt eS, wenn auch der Redner der Sozialdemokratischen Fraktion, Herr Abg. Langhorst, dieselbe Tonart an schlug. Wer es also wirklich ernst meint mit der For derung nach den» Achtstundentage, wer der Arbeiter- schäft nicht nur weiße Salbe bieten will, der müßte unseren Antrag annehmen. Nachdem aber der Ausschuß, zur gegenteiligen Ansicht gekommen ist und meinen Antrag ablehnte und dafür beantragt hat, den Antrag Nr. 1674 anzunehmen, ist es meine Pflicht als Bericht erstatter, das Haus zu ersuchen, in gleicher Weise zu beschließen. Als Redner „»einer Fraktion aber möchte ich be merken, daß die sozialdemokratische Landtagsfraktion ja schon immer dahingehende Anträge der kommunistischen ' Fraktion regelmäßig abgelehnt hat und der Arbeiter schaft immer nur ein Manöver vorspielt, indem sie etwas fordert, was dem Staat als Unternehmer nicht wehe tut, in den Arbeitern aber die Hoffnung erweckt, daß man doch etwas für die Wiedereroberung des Acht stundentages tun wolle. Was die Forderung nach Ratifizierung des Washing toner Abkommens bedeutet, so müssen wir einmal untersuchen, was das Washingtoner Abkomme,» eigent-